Samstag, 11. Oktober 2014

Ukraine - zum Stand der Dinge

zum Stand der Dinge und den im Moment absehbaren Entwicklungsperspektiven Hat Uli Cremer eine sehr vertändige Übersicht geschrieben!

JM


11. Oktober 2014 Uli Cremer
Waffenstillstand in der Ostukraine?


Der in Minsk unter Moderation der OSZE am 5.9.2014 vereinbarte Waffenstillstand in der Ostukraine hat nach einem Monat überraschenderweise überwiegend noch Bestand, von den Kampfhandlungen um neuralgische Punkte wie den Donezker Flughafen abgesehen. Oder sollte man angesichts von 331 Toten im letzten Monat[1] den Begriff »Waffenstillstand« besser nicht verwenden? Jedenfalls hat eine gewisse Deeskalation stattgefunden.

Richtigerweise ließen die Minsker »12 Punkte« von September 2014 sämtliche politische Streitfragen offen, insbesondere den genauen zukünftigen Status der Ostukraine. Das Kiewer Parlament lieferte wie zugesagt Gesetze zum Sonderstatus und zur Amnestie der Kämpfer, die bis dato als »Terroristen« bezeichnet wurden. Ausgenommen von der Amnestie sind besonders schwere Verbrechen.

weiter unter :

http://www.sozialismus.de/index.php?id=7265&tx_ttnews[tt_news]=15629&cHash=da25cc5ee9d3552de1815c9da559a870&type=98


Freitag, 10. Oktober 2014

"Längst sind tonangebende deutsche Wirtschaftsforscher selbst Konjunkturrisiko"

Herbst-Gutachten 2014 - bestenfalls stagniert die Konjunktur 

10.10.14
Hier die Einleitung zu einem ersten verständigen kritischen Kommentar zu gestern öffentlich vorgestellten Gutachten der sog. "Fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute " zur Konjunktursituation und ihren Aussichten - von Thorsten Hildt in seinem Blog Wirtschaft und Gesellschaft"

JM

"Gestern kamen wieder die großen Konjunkturauguren zu Wort. Sie mussten allesamt zurückrudern. Das Institut für Makroökonomie und Konjunktur (IMK) senkte seine Prognose aus dem Frühjahr von 1,6 auf jetzt 1,5 Prozent für das laufende Jahr...."
- See more at: http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/2014/10/konjunktur-journalismus-wirtschaftsforschung-und-wirtschaftspolitik-langst-sind-tonangebende-deutsche-wirtschaftsforscher-selbst-ein-konjunkturrisiko/#sthash.6WwKcgzK.dpuf

Eine wichtige negative Bedingung für die unkritische Dominanz der neoliberalen Angebotsökonomie in den wirtschaftspolitischen Empfehlungen benennt Hildt am Ende seines kurzen Kommentars:
JM

"Selbst hier regiert die Angebotsökonomie: Die wirtschaftspolitischen Empfehlungen des aktuellen Herbstgutachtens konzentrieren sich, nicht anders als die vorangegangenen Herbstgutachten auf “Investitionsanreize” und “Abbau von Beschäftigungshemmnissen”. Diese Wirtschaftsforscher sind damit längst selbst zu einem Konjunkturrisiko geworden. Dass diese Wirtschaftswissenschaftler damit durchkommen, liegt nicht zuletzt an den mehrheitlich nicht minder angebotsorientierten Journalisten und Politikern (wir zeigen dies regelmäßig auf, indem wir Beiträge und Interviews tonangebender Medien aufgreifen und analysieren). Entweder sie sind nicht entsprechend geschult und neugierig, um jene haarsträubende Missachtung der Wirklichkeit durch die Wirtschaftsforschung angemessen zu hinterfragen, oder sie sind selbst ideologische Überzeugungstäter. Dass dies keine Frage von “rechts” oder “links” ist, zeigt zum Beispiel die amerikanische Wirtschaftspolitik, insbesondere die der amerikanischen Notenbank, die nun schon über geraume Zeit wesentlich bessere Ergebnisse bei Wachstum und Arbeitslosigkeit erzielt und auch entsprechend bessere Aussichten auf eine weitere konjunkturelle Erholung rechtfertigt."

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Montag, 22. September 2014

Die Krise in der Ukraine und ihre Rezeption in den Publikationen der DKP bis Anfang September 14



Ukraine – auf der Suche nach dem Hauptfeind

Jörg Miehe – 9.9.14


Noch ist die Krise in und um die Ukraine nicht beendet und ob der faktische Waffenstillstand vom Fr. dem 5.9.14, der bis heute, dem 21.9.14, gehalten hat, zu einer tragfähigen Lösung führt, ist weiterhin offen. Von einer Regelung der Ukrainefrage durch einen Kompromiss zwischen Rußland und dem „Westen“ ist bisher weit und breit nichts zu sehen. Die Propaganda der Medienmaschine legt eher ein gegenteiliges Interesse nahe. 
Das Thema hat in der UZ und den Marx-Blättern zurecht einen prominenten Platz eingenommen, sowohl in der aktuellen Berichterstattung, als auch in vertiefenden Berichten und ausführlichen Analysen verschiedener Autoren. Dabei gab es sowohl Übereinstimmungen als auch Unterschiede in den Einschätzungen. Bemerkenswert waren vor allem die offenen Fragen, die die unterschiedlichen analytischen Beiträge hinterließen. Entsprechend unklar blieb die politische Bewertung, was denn aus kommunistischer Sicht die weitere Linke, andere politische Kräfte, und verschiedene Klassenkräfte tun sollten – außer dass alle für Deeskalation sorgen und kriegerischen Aktivitäten widerstehen.

Die Regierung der Republik im Spagat
Angesichts des zumindest opportunistischen „Mitmachens“ der Regierung bei den Sanktionsbeschlüssen, der Einstimmung in die atlantischen Schuldzuweisungen, und der Phalanx von Dämonisierung und Kriegshetze in fast allen Medien, ist eine solche Position zwar moralisch ehrenwert, aber ohne ernsthaften Effekt. Wie kommt es, dass das öffentlich geäußerte ökonomische Interesse eines offenbar nicht unwichtigen Teils der deutschen Groß- und Mittelindustrie durch ihre Manager, doch wohl auch für ihre Kapitaleigner, bei uns nur erwähnt wird, aber keine theoretischen Fragen und schon gar keine Erwägungen zu politischen Fronten aufwirft? 
So gibt es einerseits die Bemerkung von Fülberth im Kommentar in der UZ vom 11.4. 14 S. 8 über den Kurs der Kooperation der deutschen Industrie mit Rußland, dieser Kurs sei zwar weniger gefährlich, als jener der aktuellen Beteiligung an der Konfrontation durch die Regierung, aber letztlich auch nur eine Variante kapitalistischer, imperialistischer Politik, mit der man sich wohl besser nicht gemein machen solle. Daneben im Aufmacher der UZ vom 15. August 14 - „Die Schuld“ der Russen – ein längeres Zitat des Chefredakteurs des Handelsblattes Steingart aus seinem Aufmacherartikel mit der Überschrift : Der Irrweg des Westens vom 8.August 14. Die Autorin, Nina Hager, setzt den Gedanken von Steingart über die wohlverstandenen Interessen nicht nur der deutschen Industrie an Deeskalation in der Ukraine und ökonomischer Kooperation mit Rußland fort, indem sie auf die Interessen der russischen Seite an Stabilität verweist. Aber die Konsequenz, dass auch die ökonomische Kooperation der bundesdeutschen Industrie mit Rußland im Interesse der bundesdeutschen Bevölkerung liegt und daher die Bundesregierung von vielen Interessenten und politischen Seiten her aufgefordert werden muß, diesen wohlverstandenen Interessen an friedlichen Beziehungen zu Rußland nachzukommen, statt als Vasall oder Pudel der angloamerikanischen Interessen an der Eindämmung oder Übernahme ihrer vermeintlichen Gegner mitzuwirken, kann in der UZ anscheinend nicht gezogen werden.
Plausibel wird das nur, wenn das Interesse der bundesdeutschen Industrie an Waren- und Kapitalexport nach Rußland in Verkürzung und historischer Deplazierung Lenins nicht nur als kapitalistisch, sondern als Imperialismus wahrgenommen wird, wie bei Fülberth – auf diese Schiene darf natürlich kein deutscher Anti-Imperialist oder Kommunist geraten, gerade wenn es gen Osten geht.
Begonnen hatte die herausgehobene Berichterstattung der UZ über die Zuspitzung der Ukraine-Krise mit drei gut informierenden Artikeln von W. Gerns, von denen die ersten beiden geradezu prophetischen Charakter hatten: am 24.1.14 >Ukrainische Ultras proben den Bürgerkrieg<; am 7.2.14 >Gemeinsame Sache mit Brandstiftern< und am 28.2.14 >Staatsstreich in der Ukraine<.
Dieser Staatsstreich erwies sich auch als rabiater Schnellschuß gegen den Vertrag zwischen der damaligen Noch-Opposition im Parlament und auf dem Maidan und Präsident Janukowitsch über eine künftige gemeinsame Politik. Dieser Vertrag war durch Vermittlung und Druck der persönlich anwesenden Außenminister Frankreichs, Polens und der BRD, Steinmeier, zustande gekommen.
In den genannten Artikeln wurde der „Westen“ allgemein als Antreiber des Umsturzes und als Interessent an einer anderen Politik der bisherigen Führung der Ukraine geschildert, und im letzten Artikel auch als „westliche Strippenzieher“ apostrophiert, jedoch auch der „deutsche Imperialismus“ mit einer „Tradition als Vertragsbrecher“ von W. Gerns ins Spiel gebracht. Patrick Köbele betonte in einer kurzen Stellungnahme in der UZ ebenfalls :„Ganz offensichtlich hat Steinmeier hier ein gutes Stück Oststrategie des deutschen Imperialismus umgesetzt. …“
Generell herrschte aber Einverständnis darüber, dass sich alle bisher noch politisch gebliebenen Manöver des „Westens“ gegen die Interessen Rußlands richteten, ohne dies genauer zu bestimmen – die entschiedene und harsche Reaktion der russischen Regierung auf den Wechsel der Kiewer Regierung und ihre Politik in der Krim-Angelegenheit hatten bis dahin weder die genannten Autoren noch die Mainstream-Medien in der BRD auf dem Schirm.


Geschäftsinteressen der Beteiligten
Mit dem inzwischen erlangten Abstand fällt es naturgemäß etwas leichter, die Umstände, die Interessenlagen und die Handlungen zu bestimmen und den Versuch zu unternehmen, die anschließenden Deutungsversuche der Autoren in der UZ und den Marx-Blättern einzuschätzen.
Die erste Frage betrifft die Lage in der Ukraine und die daran geknüpften Interessen der beiden Lager des „Westens“ und Rußlands, dieses zunächst ohne eigene Alliierte gedacht. 
Mit Klaus Wagener in seinem Artikel >Janukowitsch hat überreizt< in der UZ vom 21. März , S. 13, können wir festhalten, dass die ökonomische Lage der Ukraine desolat und das Land völlig überschuldet ist. Außerdem könnte seine ökonomische Struktur keinerlei ökonomisches Interesse weder der BRD-Unternehmen, noch solcher aus der EU (oder auch aus den USA) hervorrufen – das Land ist ein Faß ohne Boden. Die Phantasien über ukrainisches Fracking-Gas können wir wohl beiseite lassen.
Die Interessen Rußands an der Ukraine liegen seit vielen Jahren auf der Hand: es beherbergt die bislang immer noch wichtigste Transit-Trasse für das russische Erdgas nach Westeuropa – und der Erlös sowie der Überschuss daraus bilden immer noch einen wichtigen Posten in der Handelsbilanz und den Staatseinnahmen Rußlands. Die Querelen um die unbezahlten Entnahmen aus dem Transitgas durch die Ukraine und damit einhergehende Blockaden, hatten Rußland zum Bau der Ostsee-Pipeline und zur Projektierung der Schwarzmeer-Pipeline für Gas motiviert, wobei der Bau der letzteren durch Bulgarien jetzt von der EU blockiert wird. Dass Rußland an der Bezahlung des der Ukraine zu liefernden Gases auch zu einem vernünftigen weltmarktnahen Preis ein berechtigtes Interesse hat, ist selbstverständlich. Ebenso liegt das Interesse Rußlands an einem reibungslosen und kostengünstigen Transit des Gases nach Westeuropa auf der Hand. Das gilt auch für die Interessen der Empfängerländer in der EU. Beide Seiten müßten also an einer politischen Führung der Ukraine interessiert sein, die das technisch, ökonomisch und politisch garantiert. Das Verhalten der EU und eines Teils der beteiligten Länder deuten jedoch in eine andere Richtung.
Ob Rußland noch an Rohstoffen der Ostukraine interessiert ist, oder ob die Verbindungen zu den Unternehmen der Rüstungsindustrie (Flugzeuge, Raketen u.a. militärische technische Ausrüstungen) noch unverzichtbar sind, ist in der linken und sonstigen öffentlichen Debatte unklar geblieben.

Militärische Begierden ?
Die militärische Seite der Lage und Interessen ist einerseits sehr einfach, andererseits liegen die Interessen im Nebel von Projekten und der Propaganda. Die Krim als Herberge der russischen Schwarzmeerflotte und als Heimathafen eines Teils der Mittelmeerflotte, zumindest für den Nachschub, ist von großer strategischer Bedeutung für Rußland. Daher ist die die Verhinderung der Überlassung der Krim an die Marine der USA oder anderer Nato-Staaten von allergrößtem Interesse. Insofern entstand durch den mit dem Putsch erreichten Regierungswechsel zu der US-Marionette Yasenyuk wirklich die Gefahr einer tiefgreifenden militärstrategischen Schwächung Rußlands gegenüber und durch die USA . Die staatliche „Umwidmung“ der Krim durch Rußland kam dieser unmittelbaren Gefahr zuvor. Anders als bei der „Umwidmung“ des Kosovo durch die Nato brauchte aufgrund der militärischen und politischen Kräfteverhältnisse auf der Krim und gegenüber der Ukraine, keine militärische Gewalt angewendet zu werden.
Die Armee und die Rüstung der Ukraine liegen völlig im Argen, trotz der vielfältigen Zusammenarbeit durch Nato-Beratungen und in gemeinsamen Manövern mit der Nato. Für Verteidigungszwecke brauchen weder die EU noch die Nato das Territorium oder die Armee der Ukraine. Das Gleiche gilt spiegelbildlich für Rußland. Und für dieses sind auch keinerlei Pläne oder Absichten bekannt oder werden ihm zugeschrieben, die eine in die Ukraine vorgeschobene Abwehrverstärkung durch ukrainisches Militär oder Territorium vorsehen. Angriffsabsichten Rußlands nach Westen mit Hilfe der Ukraine werden nicht einmal in der „westlichen“ Propaganda unterstellt. Dagegen werden von den Regierungen der baltischen Staaten und Polens Rußland Absichten des direkten Angriffs auf ihre Territorien und ihre Vereinnahmung in ein „Neurussisches Imperium“ unterstellt. Dafür werden die Vereinnahmung der Krim und die Unterstützung der „Separatisten“ in der Ostukraine als erste Schritte in diese Richtung gedeutet. Vor welchen politischen Veränderungen die genannten Regierungen tatsächlich Angst haben oder haben müßten, oder ob sie nur im außenpolitischen Auftrag ihre vermeintliche Angst beschwören, bleibt dagegen unklar,
Die militärische Zusammenarbeit der meisten post-sowjetischen Regierungen der Ukraine mit der Nato und damit besonders den USA muß daher anders gedeutet werden. An eine ernsthafte konventionelle angriffsorientierte Kräfteverschiebung in der Ukraine gegen Rußland und seine Grenze wird dabei wohl nicht gedacht. Das gilt im Übrigen auch für die Natomitgliedschaft vom Baltikum bis Bulgarien. Allerdings besteht dadurch die Nötigung für Rußland sich den potentiellen Natoverstärkungen, gerade auch von Luft- und Raketenwaffen, präventiv zu widmen und damit aufrüsten zu müssen oder den militärischen Abwehrschirm auszudünnen. 

Atomare Geopolitik der USA
Am gewichtigsten ist aber das seit der Bush-II-Ära verfolgte Projekt der USA, in der Nähe der Grenzen Rußlands Kurz- und Mittelstrecken-Abfangraketen zu stationieren, die angeblich, zusammen mit entsprechenden Radaranlagen, einen Abwehrschirm gegen iranische strategische Angriffsraketen gegen die USA bilden sollen. Die Albernheit dieser Begründung muß hier nicht erklärt werden. Dagegen ist aus der strategischen Diskussion und Planung der USA nicht erst unter Bush II bekannt, dass solche Raketen tatsächlich dem Zweck dienen sollen, die Zweitschlagsfähigkeit der russischen strategischen Raketenwaffen gegen die USA außer Kraft zu setzen – was umgekehrt eine taktische und strategische straflose Erstschlagsfähigkeit der USA gegen Rußland begründen würde. 
Würde eine solche Stationierung gelingen und würde sie technisch funktionieren, dann würde die militärische Weltherrschaft der USA durch reine Drohung endlich Wirklichkeit (China, Indien und Pakistan als Atommächte könnten dem als zweit- oder drittrangige Atommächte nichts ernsthaft entgegensetzen). Bis 1991 stand dem die Sowjetunion im Wege und danach ist es nicht gelungen, durch Destabilisierung der SU unter Jelzin deren strategische atomare Fähigkeiten für längere Zeit außer Kraft zu setzen. Bisher waren Polen und Tschechien als Stationierungsorte für Radar und Rakentenabschußvorrichtungen vorgesehen. Die Stationierung konnte dort aber politisch (noch) nicht durchgesetzt werden, sodaß jetzt die Stationierung auf Schiffen in der Nordsee und im Mittelmeer erfolgen soll. Die Ukraine und Georgien sind daher zwar keine völlig unersetzbaren Territorien, wären aber bei dieser Raketeneinkreisung eine erhebliche Vergrößerung der Gefahr für Rußland.
Ein funktionierendes Raketenabwehrsystem der USA an den Grenzen Rußlands würde eine strategische und taktische Erpressbarkeit durch die USA bedeuten und weltpolitisch eine grundstürzende Veränderung, gerade auch für China und Indien herbeiführen, für alle anderen Staaten außerhalb der US-Militärbündnisse ebenfalls: Afghanistan, Irak und Libyen lassen grüßen, wo Rußland duldend zugeschaut hat. Syrien und evt. der Iran wären sicher längst auf den libyschen Weg getrieben worden, wenn Rußland dem bis heute nicht entgegengestanden hätte.
Wie gehen nun die Autoren in den verschiedenen Beiträgen mit diesen Tatsachen, den Umständen, Interessen und strategischen Kalkülen der genannten weltpolitischen Akteure um?

Die USA als praktischer Kern des Übels - aber EU und Deutschland sind auch dabei
Die Autoren, Gerns mehrfach in der UZ und einmal in den Marx-Blättern, Wagener in der UZ und Müller in der gleichen Nr. der Marx-Blätter sind sich weitgehend einig darin, dass die USA der Hauptantreiber der Ukrainekrise sind. Wagener verweist dafür auf die geopolitische Begründung einer Strategie des „containment“ (etwa Einhegung) durch die USA. Wegen des faktischen Verhaltens der USA brauchen sie dafür keine theoretischen oder historischen Begründungen. Sie liefern sie auch nicht, stellen nicht einmal Fragen oder verweisen nicht, wie sonst ja immer, auf Lenins Imperialismus-Theorie. Ist das der Selbstverständlichkeit geschuldet oder hat das tiefere Gründe?
Weitgehend offen bleibt bei allen Autoren und Beiträgen die praktische Rolle der EU und der BRD in der Ukraine. Selbst der eigentliche Anlaß der dortigen Opposition in Teilen der Bevölkerung, von rechten nationalistischen politischen Kräften und von einer veränderten Koalition der Oligarchen gegen Yanukowitsch, das Aussetzen des Assoziierungsvertrages der Ukraine mit der EU durch diesen, wird kaum erwähnt, nicht untersucht oder im Lichte der Imperialismus-Theorie interpretiert. Nur in den punktuellen Bemerkungen von W. Gerns und von P. Köbele wird Deutsch-Imperialistisches angedeutet. In dem Artikel von Müller, >Zwei Strategien der Ostexpansion< wird ähnlich ein besonderes Interesse der bundesdeutschen Bourgeosie und ihrer Konzerne an der Expansion ihres Kapitals nach Osten postuliert (deutscher Imperialismus?), das entweder mit dem Instrument der Ausdehnung der EU gegen die Interessen Rußlands oder einvernehmlich mit der Vergrößerung des Austausches mit Rußland erreicht werden soll. Er macht dabei die zwei Lager der „Atlantiker“ und der „Putinversteher“ aus. Er übersieht hier, dass zwar die Interessen der bundesdeutschen Industrie an Export von Waren und Kapital nach Rußland offen formuliert werden (siehe u.a. die beiden Sonder Nrn. des Handelsblattes), aber die „Atlantiker“ keine deutschen ökonomischen Interessen ins Feld führen, sondern ein allgemeines „westliches“ Interesse an der Bestrafung Rußlands für dessen vermeintlichen Imperialismus, oder offen von der Notwendigkeit der „Solidarität“ mit der westlichen Führungsmacht sprechen, mit all den Demokratie-, Humanitäts-, Menschen- und Völkerrechtsappellationen. Manchmal wird auch TTIP als Alternative für die Stärkung der ökonomischen Bindungen mit Rußland formuliert.
In diese Kerbe haut auch Fülberth in seinem oben erwähnten kleinen Kommentar „Drei Hände“ in der UZ zu einem Plakat der DKP zur Ukrainekrise . Eine richtige Version des Plakates müsse u.a. die Hand der EU mit einem „dicken deutschen Daumen“ zeigen, der nach der Ukraine greife, womit die politische Frage nach dem Hauptfeind im eigenen Land geklärt sei. Dass die bundesdeutsche Industrie an Sanktionen gegen Rußland kein Interesse habe und sich wichtige außenpolitische Experten für eine Kooperation mit Rußland aussprechen, ist ihm auch nur eine Variante „kapitalistischer, wohl auch imperialistischer Poliltik“, wenn auch weniger gefährlich.

Bedingter Freispruch für das kapitalistische Rußland?
Die von Fülberth geforderte „Dritte Hand“ im kritisierten Plakat, nämlich die von Rußland, untersucht Gerns in einem längeren Artikel in der UZ mit dem seltsamen Macho-Poster Putins und der merkwürdigen Überschrift „Putins Rußland – weder Satan noch Heilsbringer“. Es handelt sich um eine recht prinzipielle Untersuchung der Eigenart des kapitalistisch gewordenen Rußland. Ist es nun imperialistisch, wie Fülberth andeutet? Geht es also um imperialistische Konkurrenz zwischen Rußland und dem „Westen“, wie man folgern müßte? W. Gerns konstatiert, dass in Rußland das private und staatliche Großkapital ökonomisch dominiere und die Politik in der Ökonomie eine große Rolle spiele. Man könne daher von staatsmonopolistischen Strukturen reden, also der ökonomischen Grundlage des Imperialismus. Imperialistische Politik hingegen kann er nur in kleinen Ansätzen im Umgang etwa mit Weißrußland oder als Tendenz mit einigen früheren sowjetischen, jetzt selbständigen Teilrepubliken sehen. Hingegen sei gegenüber dem weiteren Ausland, ausdrücklich auch gegenüber den Baltischen Staaten und der Ukraine weder von imperialistischen Absichten noch von imperialistischer Politik etwas zu sehen.
Man könnte nun hinzufügen, dass es für Rußland auch nicht um den Export von überschüssigen Waren oder überschüssigem Kapital gehe, für die mit Einsatz von Macht gegen Konkurrenten Raum geschaffen werden müsse, wie eine leninsche Hypothese dazu lauten müßte. Vielmehr prägt die Notwendigkeit des Rohstoffexportes die Ökonomie und damit gleicht die Situation eher jener der vom „Imperialismus“ abhängigen Länder. Aber ein Land, das politisch und ökonomisch, wie auch militärisch die Souveränität über seine Rohstoffe und seinen Export hat, ist natürlich kein Opfer seiner Abnehmer – es sei denn, es ist Manipulationen des Weltmarktpreises hilflos ausgeliefert, wie das für kleinere monostrukturell geprägte Rohstoffexportländer gilt. Die angesichts der Verhältnisse etwas merkwürdige Frage nach einem eventuellen Interesse Rußlands (seiner ökonomischen und/politischen Führungsschichten) an der „Weltherrschaft“ beantwortet Gerns negativ mit Hinweis auf die Kräfteverhältnisse. Aber dieses Dementi umgeht die Frage, ob Rußland nicht allen Grund hat, zumindest atomar und allgemein militärisch gegenüber den USA eine Weltmacht zu bleiben oder wieder zu werden, um nicht von den USA zerrieben und u.a. seiner Bodenschätze beraubt zu werden, wie unter Jelzin.
So ist das Ergebnis der Untersuchung von Gerns zwar zutreffend, aber es gibt im Verhältnis zu den USA keine richtige Auskunft und die leninsche Imperialismustheorie ist dafür anscheinend nicht besonders hilfreich.
Hier zeigt sich an der Untersuchung des einen Pols der Auseinandersetzung in und um die Ukraine, nämlich bei Rußland, dass es verfehlt ist, den anderen Pol, die USA und ihre Nato-Trabanten in Europa völlig aus der Analyse auszusparen und ihre imperialistische Aggressivität einfach als gegeben zu unterstellen. Schon bei der Frage der Angliederung der Ukraine an die EU durch den Assoziationsvertrag war kein verständiges ökonomisches Interesse daran feststellbar, auch nicht bei der BRD, und ebenfalls keines, das aus geopolitischer Konkurrenz zu den USA oder Rußland entspringen würde, das den Aktivismus der EU und zumindest die „Duldung“ durch die BRD zu erklären vermöchte.
So bleibt die Frage, welche ökonomische, politische oder militärische Lage der USA in der Welt gebiert ein objektives Interesse ihre Weltherrschaftsabsichten und -praktiken zu verfolgen? Und wie werden die europäischen Verbündeten zu Vasallen der US-Strategie? Für die Antwort ist eine stichpunktartige Aufzählung historischer Umstände seit 1945 unvermeidlich.

1945 – Versuch des Roll back der Sowjetunion nach dem Ende des Krieges
Spätestens seit den Test-Zündungen der Atombombe 1945 in den USA und der Unterwerfung des Faschismus Deutschlands und Japans mit der Kapitulation und der Besetzung beider Länder und ihrer vormaligen Verbündeten, sowie der militärischen und vor allem ökonomischen Abhängigkeit der alten Kolonial-Länder England und Frankreich und auch Italiens, waren die USA militärisch völlig unbedroht. Das galt solange, wie die SU mit dem Wiederaufbau beschäftigt war, und der außenpolitische modus vivendi zwischen den USA und Rußland mittels des Sicherheitsrates der UNO aufrecht erhalten blieb. Die USA haben allerdings mit dem Wechsel zur Truman-Administration und dem Abwurf der beiden Atombomben über Japan diesen Konsens aufgekündigt, und faktisch eine Roll-back-Politik gegenüber dem zunächst nur militärischen Besatzungsraum Rußlands und ab 1949 auch gegenüber Rotchina gefahren. Die US-Militärmacht, u.a. in Korea und Vietnam eingesetzt, war eine ständige Drohkulisse gegenüber dem entstehenden sozialistischen Block. 

Zweigleisig fahren – eine neue Weltwirtschaftsordnung für den Kapitalismus – Bretton Woods 1944
Neben dieser militärischen Einkreisung, bestenfalls dem „containment“, wie es Wagener  richtig erwähnt, bestand die Politik der USA darin, schon vor dem Sieg gegen die Faschismen, in Bretton Woods eine neue Weltwirtschaftsordnung in umfassenden Verträgen auf den Weg zu bringen, in die auch die SU eingebunden werden sollte:
Dollar mit Goldanbindung als Weltwährung, US-Finanzministerium und die US-Zentralbank als Steuerung der Dollarversorgung und des Dollarkurses, und die Wallstreet-Banken als Weltzentrum der Kapitalversorgung, die Weltbank als internationales Investitionsvehikel und der Währungsfonds (IWF) als Instanz für Kapitalbeistandskredite gegen kurzfristige Ungleichgewichte der Zahlungsbilanzen der Mitgliedsstaaten, dazu etwas später das GATT als Mechanismus zur Entwicklung des Freihandels. Unterhalb dieser institutionellen Weltregelungen im Rahmen des US-Staates und der UNO entwickelten die USA getrennt für Japan und Westeuropa Wiederaufbauprogramme der kapitalistischen Ökonomien, der industriellen Produktion, der wirtschaftlichen Ordnungsregime und sogar der Wiedereinsetzung der meisten kapitalistischen Eigentümer. Die Altschulden und Reparationsverpflichtungen Japans und Westdeutschlands, wie auch Italiens wurden erlassen oder zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft. Der Binnenmarkt der USA wurde für Importe aus Japan und Westeuropa geöffnet und die durch niedrige US-Zölle und günstige Kredite unterstützte! Konkurrenz der Industrien dieser Länder mit ihren niedrigen Löhnen hingenommen. Auf diese Weise wurde die drückende technischen Überlegenheit der US-Industrie nach und nach abgebaut oder sogar ins Gegenteil verkehrt: Z.B. setzte irgendwann die westeuropäische Autoindustrie die technischen Standards und die großen „Amischlitten“ gerieten auch in den USA außer Kurs und Detroit in eine Krise. Ähnliches geschah in der optischen und elektronischen Industrie zwischen Japan und den USA. Aber von Anfang an mußten diese Länder im Gegenzug ihre Märkte nach und nach den amerikanischen Importen öffnen und vor allem Investitionen in den Aufbau von Zweigwerken und später die Übernahme von Firmen zulassen. 
Zur Organisierung von Hilfskrediten für und Warenlieferungen nach Westeuropa aus den USA wurde der sog., Marshallplan entwickelt, mit eigenen überstaatlichen Verteilungsinstitutionen, wie der OEEC in Europa, aus der dann später die OECD hervorgegangen ist. Deren späterer Hauptzweck war die Entwicklung der freien Bewegung von Waren und Dienstleistungen, Kapitalverkehr und Währungstransaktionen und später auch von Arbeitskräften. Noch später wurde dies auch einer der wichtigen, vor allem ideologischen Transmissionsriemen für die neoliberale Wende vom Keynesianismus zum Neoliberalismus, also u.a. der Form der Globalisierung mit geringen staatlichen Leitplanken. Inzwischen wechselte die Lage der US-Wirtschaft vom Überschuss bei Handels- und Zahlungsbilanz zum Defizit in der Handelsbilanz, was eine völlig veränderte Konstellation in der kapitalistischen Weltwirtschaft erzeugte. Kompensiert wurden die Defizite durch zunehmende Gewinnimporte aus den auswärtigen Kapitalanlagen und durch ausländischen Anlagen im US-Amerikanischen Kapitalmarkt u.a. durch den Verkauf von US-Staatsanleihen. Im Zusammenhang damit konnte die Goldbindung des Dollar Anfang der 1970er Jahre nicht mehr aufrecht erhalten werden und wurde von Präsident Nixon einseitig aufgekündigt, der Dollar drastisch abgewertet und die Beziehungen der Währungen untereinander wieder den Währungs- und Kapitalmärkten überlassen – einer der wichtigsten Schritte für die neoliberale Wende des Nachkriegskapitalismus. 

Umfassende Bewegungsfreiheit für das Kapital in der Welt – Imperium oder Imperialismus ?
Ist das nun die Wiederauferstehung des „Freihandelsimperialismus“ des englischen Empires? Das ist keineswegs der Fall. Jenes war von den privilegierten Beziehungen zu den Kolonien und den Dominions und einer festen Einflußzone in Südamerika geprägt. Solche staatlichen oder ökonomischen Privilegierungen gibt es im ökonomischen Hegemonieraum der USA nicht mehr. Der Zugang zu allen Märkten ist für alle westlichen Konzerne weitgehend offen und die Konkurrenz auch bei den verbreiteten Oligopolen im Prinzip nicht eingeschränkt. Ausnahmen waren und sind immer noch die natürlichen Monopole, die oft staatlich organisiert wurden. Aber selbst diese, wie z.B. die Wasserversorgung und die Entsorgung, die Elt-Anbindung, der öffentliche Verkehr und manches andere werden inzwischen neoliberal einer künstlichen Privatisierung unterworfen.
Die USA haben ihre militärische Herrschaft in Westeuropa durch die Besatzungen und dann ihre Dominanz durch die Stationierungen im Rahmen der Nato zunehmend auf eine indirekte Steuerung durch die Ökonomie und allerlei politische Arrangements und Einflußnahmen zurückgenommen – ähnlich in Japan und Südostasien.

Der Sozialismus als Realität und als „Schreckgespenst“
Konnte man noch bis in den Anfang der 70er Jahre unterstellen, dass die Bourgeoisie der USA wirklich Sorge hatte, dass aktuelle wirtschaftliche oder politische Krisen in ihrem Hegemonieraum kommunistische Kräfte an die Macht und damit ihren weltweiten „Binnenmarkt“ in Gefahr bringen könnte, so war das spätestens seit Mitte der 70er vorbei, seit die Anziehungskraft der Ökonomie der SU für das Proletariat in Europa und Japan weitgehend verschwunden war. Die vermeintliche Gefahr für die Weltdominanz bestand aber immer noch im möglichen Übergang einiger Drittweltländer auf neutralistische oder sozialistische Bahnen. Und insofern war das militärische und geheimdienstliche imperialistische Gebaren der USA noch von der Existenz einer nach vorn gerichteten Alternative zum eigenen kapitalistisch/bürgerlichen Regime motiviert.
Dieses Motiv und die damit gegebenen Interessen verschwanden mit dem europäischen Sozialismus – China war Anfang der 90erJahre anscheinend noch kein Grund für Ängste um das US-Empire. Aber vorsichtshalber haben die USA selbst den kümmerlichen institutionellen Resten der jugoslawischen sozialistischen Selbstverwaltung erst mit der diplomatischen und dann der militärischen Zerschlagung des Gesamtstaates den Garaus gemacht – mit unrühmlicher Initiative durch die BRD.

Das US-Empire als Hegemon des Weltkapitalismus ist weiter sehr lebendig
Aber weder verschwanden das ökonomische Weltregime der USA, noch ihre politischen Hegemoniestrukturen im Weltkapitalismus und, nun doch nicht überraschend, auch nicht ihre überwältigende Militärdominanz.
Wer immer noch glaubte, dass die innerkapitalistische imperialistische Konkurrenz nur durch die Systemkonkurrenz der SU und ihres Blocks im Zaum gehalten wurde, mußte sich durch die Realität eines besseren belehren lassen. Die USA verschärften die Freisetzung der Bewegung der Kapitalien in der Welt noch einmal deutlich. Im Innern der Staaten mit Durchsetzung des Neoliberalismus unter Prasident Reagan mit Unterstützung von Englands Premier Mrs. Thatcher, und international durch die Deregulierung der internationalen Finanzmärkte. Das Ergebnis war eine neue Stufe der Internationalisierung der Kapitalanlagen und -bewegungen, technisch eine neue Stufe der internationalen Arbeitsteilung, und quantitativ eine neue Größenordnung bei Güter- und Kapitalströmen. Das neu konzipierte Freihandelsabkommen mit Asien und TTIP für Europa könnten zusammen eine weitere Runde der Befreiung des Kapitals im Hegemonieraum der USA, im Raum ihres Empires, darstellen.

Der Ölimperialismus der angloamerikanischen Mächte im Nahen Osten
Zwei Besonderheiten dieser allgemeinen Tendenzen müssen noch angemerkt werden, weil sie die 90er und die NullerJahre weltpolitisch dominiert haben – neben dem Aufstieg Chinas. Zum einen der Versuch im Nahen Osten die verstaatlichten Ölreserven und ihre Förderung wieder zu reprivatisieren, angefangen mit den Kriegen gegen den Irak – was letztlich auf den wirklich Großen Preis der Reprivatisierung des Saudi-Öls hinausläuft – nicht um das dortige Öl billig oder politisch verfügbar zu halten oder für Boykotte benutzen zu können, sondern um die seit langem und absehbar mit dem Ende des Ölüberflusses zunehmende Vergrößerung der Ölrente für die angloamerikanischen Ölkonzerne auf Jahrzehnte hin aneignen zu können (das waren Anfang der 2000er Jahre bei einem Ölpreis von 90 Dollar allein für Saudi Arabien eine Summe von über 15 Billionen ((europ. Zahlen)) Dollar!). Alle NahOst Kriege und Verwicklungen sind davon direkt oder indirekt in Gang gesetzt und motiviert, neben dem Siedlungskolonialismus Israels. Hier kann man wirklich den Imperialismus bei der Rückgewinnung der Ausbeutung der Bodenschätze durch die Heimatkonzerne mit Hilfe  von militärischer oder terroristischer Gewalt beobachten. Hier waren und sind Bündnisse mit der schwärzesten Reaktion, wie Saudi-Arabien oder säkularen und teils modernisierenden Militärdiktaturen wie Irak, Libyen, oder anders Ägypten möglich, und mit islamistischen Terrorganisationen, die je nach Lage gesponsert oder bombardiert werden – wie in Afghanistan (Taliban) oder jetzt aktuell im Irak oder Syrien (Nusra-Front, oder ISIS). 
Allerdings erfolgen die Aktionen meist im Einvernehmen der Heimatstaaten der Ölkonzerne, den USA für Exxon und Chevron, England für BP, ebenso England und die Niederlande für Shell, Frankreich für Total und Spanien für Repsol, manchmal auch noch Italien für Eni. Der Öl-Imperialismus wird also kollektiv organisiert – trotz der Konkurrenz der Konzerne.

Die Drittrangigkeit von Platz zwei und drei – Japan und Deutschland
In der Ölfrage gibt es noch eine weltpolitisch relevante Besonderheit – Japan und die BRD haben keine weltweit operierenden Förder-, Verarbeitungs- und Distributionskonzerne, sind aber beide zum erheblichen Teil von Ölimporten als Rohstoff für ihre Industrie und für Energie abhängig. Daher rührt ihre weitgehende Zurückhaltung bei den US-geleiteten Ölabenteuern im Nahen Osten, die aber von den USA immer weiter versucht wird aufzubrechen – wie jetzt erfolgreich bei dem neuen islamistischen Gespenst ISIS. Die „Konzernlosigkeit“ ist nicht nur ein diplomatischer Vorteil, sondern summiert sich auch mit dem Faktum nicht als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat zu sitzen und ohne eigene Atomwaffen zu sein, wie auch bei Italien, zu einer nachgeordneten Stellung vor allem gegenüber dem großen Bruder.

Das kapitalistische Rußland als mögliche Beute und als geopolitische Grenze des Empire zusammen mit China
Die zweite Besonderheit ist dann schon direkter mit der Ukrainefrage verbunden. Dabei geht es ebenfalls um Öl und um andere Rohstoffe, wie Gas und Mineralien: alles was in Rußland zu holen und auszubeuten war und ist. Die Absicht der Verscherbelung der russischen Ölreserven an den weltgrößten Ölkonzern Exxon durch Chodorkowski, konnte von der wieder erstarkten innerstaatlichen Macht, die von Putin geleitet wurde, gerade noch verhindert werden. Chodorkowski war einer aus jener Nachwuchsnomenklatura in der SU, die sich einen großen Teil des Volksvermögens durch den Aufkauf von Volksanteilsscheinen mit Hilfe von dubiosen Bankguthaben angeeignet hatten und zu Oligarchen mutierten. Diese oligarchische Aneignung der Rohstoffe in Rußland und die Realisierung dieses Reichtums in Dollar konnte nur durch den Zerfall der Staatsmacht in Rußland unter Jelzin gelingen. Und beinahe wäre damit auch die Beseitigung des atomaren Weltmachtstatus des inzwischen kapitalistischen Rußland gelungen.
So bleiben die beiden in verschiedener Weise großen Ökonomien Rußlands und Chinas außerhalb der militärischen und politischen Hegemoniezone der USA und seines Kapitals. Was in beiden Fällen nicht heißt, dass sie außerhalb der sonstigen kapitalistischen Weltwirtschaft und des von den USA organisierten und immer noch dominierten Weltwirtschaftssystems operieren. Allerdings können beide Staaten das im gegenseitigen Verhältnis und im Verkehr mit Drittstaaten langsam soweit verändern, dass sich aus der politischen auch eine ökonomisch multipolare Welt herausbilden kann – die aber wohl auf absehbare Zeit kapitalistisch bleiben wird.
Und das ist für die reaktionäre Variante der US-Weltherrschaftsstrategie immer noch nicht akzeptabel. Daher das Weitertreiben der Nah-Ost-Probleme und die Versuche Rußland aus der Unterstützung Syriens herauszulösen und mit der Ukraine-Krise unter ökonomischen und militärischen Druck zu setzen und es international zu isolieren. Und auch hier versuchen die USA, u.a. die BRD im Rahmen der Nato und der EU in die Auseinandersetzung hinein zu ziehen und zum Engagement zu verpflichten. Dazu der frühere US-Botschafter Kornblum kürzlich in der Welt, immer noch als Sprachrohr seiner Herren:
Die Clowns stehen auf beiden Seiten – Putin und der islamische Staat (IS) sind die Schurken und Verbrecher von heute.“ (Kornblum Welt am Sonntag 7.9.14) Oder der einflußreiche konservative Kolumnist Friedman kürzlich in der New York Times: „ First You need to understand how much Putin and ISIS have in common“; Artikel: Leading from within.
Erst wenn wir uns diese Entwicklungen und Verhältnisse als Gesamtheit vor Augen halten, können wir sehen, warum der Versuch mit Hilfe der Leninschen Imperialismustheorie die Ukrainekrise als weltpolitisches Kalkül der USA zu erklären, an den seit 1945 veränderten Verhältnissen scheitern muß! Von daher erklärt sich die Vermeidung aller oben genannten Beiträge, den Ursachen, also den Umständen und daraus resultierenden Interessen der US-Aggression und der zugehörigen Strategie nachzugehen. Das leninsche weltpolitische Imperialismus-Paradigma erklärt all dies nicht mehr – obwohl wir es im Verhältnis der USA zur Welt am Rande und außerhalb ihres Hegemonieraumes mit dem umfassendsten Imperialismus (im allgemeinen Verständnis) der Weltgeschichte zu tun haben, der es im Laufe der Zeit auch nicht an Gewalttätigkeit mit entsprechenden Opferzahlen hat fehlen lassen. Selbst wenn es in Summe wohl noch nicht reicht, die Zahlen des deutschen Imperialismus und Faschismus zu übertreffen.

Aber im Inneren dieses Hegemonieraumes, oder plastischer im Rahmen ihres Empire, haben die USA die ökonomische Konkurrenz der Konzerne sowohl entfesselt als auch für militärischen Frieden zwischen den Staaten gesorgt, in der sicheren Erwartung, dass auf dem sich erweiternden kapitalistischen Feld die US-Konzerne und ihre Großbourgeoisie auch unter Konkurrenz bestens gedeihen.
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Freitag, 14. Februar 2014

Das Sein bestimmt das Bewußtsein - auch empirisch


Auch wenn man es sowieso schon angenommen hat:

Das Sein bestimmt das Bewußtsein - auch empirisch 

wie Lottogewinner ihr politisches Bewußtsein verändern, eine Untersuchung,
aufgegriffen und kommentiert von P Krugman in seinem Blog bei der New York Times.

Die Quelle, aus der Kruman schöpft:

Money makes people right-wing and inegalitarian 
....
Andrew J Oswald, Nattavudh Powdthavee, 13 February 2014

http://www.voxeu.org/article/money-makes-people-right-wing-and-inegalitarian

Kommentar dazu aus: Paul Krugmans Blog in der NYT - The conscience  of a Liberal

February 13, 2014, 11:58 am
80 Comments

Vox Anti-Populi

Right now the online current-policy economics journal VoxEU — edited by my old student Richard Baldwin — has two fantastic pieces on inequality.

First up, Andrew Oswald and Nattavudh Powdthavee test the effect of wealth on political attitudes by looking at people who got richer, not through their efforts or inheritance, but by winning the lottery. Sure enough, lottery winners become more right-wing. Maybe that’s not surprising, but in case you had any doubts about whether to be a cynic, this should dispel them.

Even more interesting is the effect on political attitudes: lottery winners also became more likely to praise the current, unequal distribution of income:

(This is just the top line of the table; a number of other variables are included as controls).

Think about that for a minute. You might imagine that a self-made man, reasoning from his own experience, might come to the conclusion that people get what they deserve. But here are people who demonstrably, by design, got rich(er) through pure chance, having nothing to do with their talents or efforts. Yet their increased wealth nonetheless convinces them that society is fair. Presumably a big enough lottery win would turn them into Tom Perkins.

In the second piece, Davide Furceri and Prakash Loungani use an event-study framework — looking at what happens on average after clear changes in policy — to assess the effects of “neoliberal” policy changes (although they don’t put it that way) on inequality. Sure enough, they find that both fiscal austerity and liberalization of international capital movements are followed by noticeable rises in income inequality.

So, if you were a ranting leftist, you might say that political attitudes are shaped by class, and that ideological justifications for high inequality are just a veil for class interest. You might also say that “sound” economic policies are really just policies that redistribute income upwards. And it turns out that the econometric evidence more or less supports your rant.

http://krugman.blogs.nytimes.com/2014/02/13/vox-anti-populi/?_php=true&_type=blogs&module=BlogPost-Title&version=Blog%20Main&contentCollection=Opinion&action=Click&pgtype=Blogs&region=Body&_r=0

Freitag, 7. Februar 2014

Aufruf zur Arbeitszeitverkürzung - ein lokales Beispiel

Hier anbei ein Aufruf zur Gründung einer lokalen Initiative zur Arbeitszeitverkürzung - zur Nachahmung empfohlen! Für Göttingen gibt es natürlich eine Reihe von Aufrufern für die Unterstützung der Forderung, die aber für dieses Beispiel irrelevant sind und daher hier nicht dokumentiert werden.


Aufruf zur Unterstützung

30 Stunden sind genug – auch in Göttingen!

Die Einen müssen zu viel arbeiten, die Anderen dürfen es gar nicht – oder nur zu kurz und zu schlecht
bezahlt, um davon leben zu können.
Der gesellschaftliche Spagat
- zwischen einer Arbeitswelt mit sicheren Arbeitsverträgen und akzeptabler Bezahlung,
jedoch ständiger Aufforderung zu Mehrarbeit auf der einen Seite,
- sowie Arbeitslosigkeit, prekären Arbeitsverhältnissen mit skandalös niedriger Entlohnung
und unfreiwilliger Kurzarbeit auf der anderen Seite
hat sich mit der Gesetzgebung zu den Hartz-IV-Regelungen ständig vergrößert.
Zwar ist die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse angestiegen – jedoch vor allem durch Aufspaltung von
auslaufenden sozialversicherungspflichtigen Normal-Arbeitsverträgen in mehrere prekäre Verträge.
insgesamt hat sich die Zahl der von Lohnabhängigen geleisteten Arbeitsstunden dadurch aber
langfristig nicht vermehrt.
Vielmehr nimmt die gesellschaftliche Gesamtarbeitszeit seit Jahrzehnten ab – allerdings bei den einen
als Kurzarbeit und bei den anderen als Verlängerung der tariflichen Arbeitszeit und in Form von
Überstunden - statt als Verkürzung der Arbeitszeit für alle Lohnabhängigen.
Die negativen Wirkungen dieser Verhältnisse sind vielfältig – und sie haben die fatale Tendenz, sich
selbst zu verstärken. Das zeigt sich in der ständigen Beeinträchtigung oder gar Beschädigung der
körperlichen, seelischen und sozialen Lebensqualität der abhängig Beschäftigten und der Arbeitslosen.
Und, verbunden mit der bürokratischen Überwachung und den Sanktionen gegen die Arbeitslosen,
führt das zu individueller Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit und einer gesellschaftliche Atmosphäre,
die die Solidarität untergräbt, soziale Mitleidlosigkeit, Ausgrenzung und Ignoranz fördert oder gar
hervorbringt.
Der ökonomische und soziale Abgrund, in den – bzw. an dessen Rand – über 10 Millionen
erwerbsfähige Arbeitskräfte gedrängt sind, wirft auch einen düsteren Schatten auf die
Zukunftsperspektiven der vermeintlich sicher Beschäftigten.
Noch lenkt die verbreitete Ansicht, die Mehrheit der abhängig Beschäftigten sei bei der seit 2008
andauernden Krise bisher glimpflich davon gekommen, von den schon aufgestauten Problemen an den
Arbeitsmärkten ab. Aber sie verschärfen sich weiter durch die laufenden jährlichen
Produktivitätsfortschritte. Diese werden, ebenfalls jährlich, weitere Arbeitszeit und Arbeitsplätze
überflüssig machen. Wenn die gegenwärtige staatliche Wirtschaftspolitik und die Strategien der
Unternehmen beibehalten werden, verschlechtern sich auch künftig die Sicherheit der Arbeitsplätze
und die Entlohnung weiter, auch ohne Krise.
Diese Entwicklungen richten sich auch gegen jede gesellschaftliche und ökonomische Vernunft.
Die Folge wird eine weitere Vergrößerung der ökonomischen Ungleichgewichte sein, wie anhand der
nicht ausgestandenen Krise im Euroraum und beim Anblick der ökonomischen und sozialen
Katastrophen in den Südländern der Eurozone schon zu beobachten ist
Dagegen kann nur eine Abkehr vom neoliberalen Dogma und der dadurch angeblich erforderlichen
ökonomischen Schrumpfkur in der gesamten Eurozone helfen.
Um die schon bisher aufgelaufenen Ungleichgewichte, vor allem am Arbeitsmarkt der BRD, wieder ins
Lot zu bringen, ist eine drastische Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche dringend
erforderlich. Notwendig eingeschlossen dabei: die Beibehaltung der Entgelte und Neu-Einstellungen für
die verkürzte Arbeitszeit.
Auch wenn die Gewinnung einer politischen Mehrheit für dieses Ziel und die anschließende Umsetzung
mit sorgfältiger Planung und sensibler Kooperation noch etliche Zeit erfordern wird, so setzen wir auf
diese Perspektive:
Alle, die es brauchen, werden ordentlich bezahlte Arbeit haben - die Drohung durch und mit der
Arbeitslosigkeit hört auf - und von den enormen Produktivitätssteigerungen können endlich alle
profitieren:
mehr Zeitwohlstand für ein besseres Leben,
weniger Konkurrenz, Hetze und Angst.
Kurze Vollzeit für alle – 30 Stunden sind genug!
Für einen neuen Normalarbeitstag!

Donnerstag, 6. Februar 2014

Todenhöfer an Gauck über Kriegsverantwortung

moralisch ist dem nichts hinzuzufügen. 

Politisch wird man annehmen dürfen, dass Gauck, anders als Steinmeier und von der Leyen, wirklich glaubt, dass die USA das "Gute" auch für die Welt wollen, und die BRD-Führung sich gefälligst mehr an die Seite der USA in ihrem Kampf dafür begeben soll - und nicht vor dem bequemen und unverantwortlichen Friedenswillen ihrer Wähler kuschen darf - Führung ist gefragt, auch moralisch. 

JM

06.02.2014 / Abgeschrieben / Seite 8/Junge Welt

Vier Vorschläge
Der Publizist Jürgen Todenhöfer (»Du sollst nicht töten«) hat sich mit einem offenen Brief an Bundespräsident Joachim Gauck nach dessen Auftritt auf der Münchner »Sicherheitskonferenz« gewandt:


Lieber Herr Bundespräsident,

Sie fordern, daß Deutschland mehr Verantwortung in der Welt übernimmt. Auch militärisch. Wissen Sie wirklich, wovon Sie reden? Ich bezweifle es und habe daher vier Vorschläge:

1. Ein Besuch im syrischen Aleppo oder in Homs. Damit Sie einmal persönlich erleben, was Krieg bedeutet.

2.Vier Wochen Patrouillenfahrt mit unseren Soldaten in afghanischen Kampfgebieten. Sie dürfen auch Ihre Kinder oder Enkel schicken.

3. Ein Besuch eines Krankenhauses in Pakistan, Somalia oder im Jemen – bei unschuldigen Opfern amerikanischer Drohnenangriffe.

4. Ein Besuch des deutschen Soldatenfriedhofes El Alamein in Ägypten. Dort liegen seit 70 Jahren 4800 deutsche Soldaten begraben. Manche waren erst 17. Kein Bundespräsident hat sie je besucht.

Nach unserem Grundgesetz haben Sie »dem Frieden zu dienen«. Angriffskriege sind nach Artikel 26 verfassungswidrig und strafbar. Krieg ist grundsätzlich nur zur Verteidigung zulässig. Sagen Sie jetzt nicht, unsere Sicherheit werde auch in Afrika verteidigt. So etwas ähnliches hatten wir schon mal. 100000 Afghanen haben diesen Unsinn mit dem Leben bezahlt.

Wie kommt es, daß ausgerechnet Sie als Bundespräsident nach all den Kriegstragödien unseres Landes schon wieder deutsche Militäreinsätze fordern? Es stimmt, wir müssen mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Aber doch nicht für Kriege, sondern für den Frieden! Als ehrlicher Makler. Das sollte unsere Rolle sein. Und auch Ihre.

Ihr Jürgen Todenhöfer

PS: Mir ist ein Präsident lieber, der sich auf dem Oktoberfest von Freunden einladen läßt, als einer, der schon wieder deutsche Soldaten ins Feuer schicken will. Von seinem sicheren Büro aus. Fast bekomme ich Sehnsucht nach Wulff. Der wollte Menschen integrieren, nicht erschlagen.

Dienstag, 4. Februar 2014

"Wir sind die Guten - Zur Debatte um die deutsche Verantwortung in der Welt" - Imperialismus heute



Mit dem Hinweis auf zwei völlig unterschiedliche Texte soll dieses Thema eröffnet werden.
Später werden noch etliche eigene Texte und Verweise auf Diskussionen sowie Stellungnahmen folgen.

Zunächst:
Eine wunderbare Aufdeckung der gemeinsamen Quelle all der deutschen Reden über mehr Verantwortung und Interventionseifer auf der Müncher Sicherheitskonferenz von P. Schreyer auf Telepolis (4.2.14)

http://www.heise.de/tp/druck/mb/artikel/40/40913/1.html

"Wir sind die Guten

Paul Schreyer 04.02.2014
Zur Debatte um die deutsche Verantwortung in der Welt
Der Gleichklang ist beeindruckend. Ob Bundespräsident, Verteidigungsministerin oder Außenminister - sie alle fordern zu Beginn des Jahres, beinahe unisono, eine aktivere Rolle Deutschlands. Es sei nicht genug, "Weltpolitik nur zu kommentieren" (Steinmeier[1]), man solle sich "entschiedener und substanzieller einbringen" (Gauck[2]) und die Menschen in den Krisenregionen nicht "im Stich lassen" (von der Leyen[3]). Was steckt hinter dem auffällig einmütigen Vorpreschen in dieser kontroversen Frage?..."

Schreyer zeigt vor allem an der Gauck Rede, dass deren Stoßrichtung und Argumentation aus einem StrategiePapier vom Oktober letzten Jahres stammt, das gemeinsam  von der regierungsnahen Denkfabrik Stiftung Wissenschaft und Politik mit dem German Marshall Fund of the United States ausgearbeitet wurde.

Wichtig scheint hier zweierlei:
1. Diese anscheinend alt-neu-deutsche, sehr imperialistisch klingende weltpolitische Kraftmeierei ist tatsächlich das Produkt gemeinsamer Interessen und gemeinsamer strategischer Einschätzungen durch die herrschenden Kreise in der BRD (obgleich sich da auch ein einschlägiger Prominenter aus Der Linken findet!) und von Vertretern des US-Establishments - wegen der tönenden Worte  könnte man den alten Übeltäter >Deutscher Imperialismus< dahinter vermuten. In Wirklichkeit ist es eine großsprecherische Gehorsamsankündigung gegenüber dem Paten und Großen Bruder - geliefert wurde bisher, wenn auch vergeblich,  nur in Afghanistan. Ansonsten hält man sich lieber und sinnvoller Weise zurück. Und das wird wohl auch so bleiben, denn es kostet nur staatliche Mittel, die besser für Forschungsförderung  der Konzerne ausgegeben werden, und bringt nichts ein - außer man kann an Saudi-Arabien Rüstunsgüter liefern und muß dann an anderen Orten keine Truppen stellen.

2. Und, das ist im Zusammenhang mit den angeführten Reflexionen zu den Strategien Kommunistischer Parteien wichtiger:
Das in einem Schema wiedergegebene Bild der Welt über die Einteilung der Staaten nach Relevanz und Nähe zum Imperium, das aus den USA, Europa und Japan und etlichen anderen gebildet wird, aber mit den USA als unbezweifelter  und allein fähiger Führungsmacht. Auch wenn hier die Staaten, einige Eigenschaften und ihre politische Tendenz im Vordergrund stehen, ist ganz offenbar, dass es um die herrschenden Klassen dieser Staaten geht.

hier noch eine paar Absätze aus dem Text von Schreyer:
"...
Ebenso mag der selten durch Kraftprotzerei oder gar Aggressivität auffallende Steinmeier tatsächlich überzeugt sein von seinen Worten, wenn er sagt[7], es werde "zu Recht von uns erwartet, dass wir uns einmischen.
Dennoch steckt gerade in dieser Formulierung Brisanz. "Es wird erwartet" - von wem denn? Das deutsche Volk kann es kaum sein, das hier fordert. Laut aktueller Umfrage von ARD Deutschlandtrend[8] lehnen 61 Prozent der Befragten weitere militärische Auslandseinsätze ab, nur 30 Prozent sind dafür. Wer also "erwartet" hier etwas?

Neue Macht - altes Spiel
Die Suche führt schnell zu einem Strategiepapier, das, wie sich zeigt, die eigentliche Blaupause sämtlicher der genannten Redebeiträge ist. Bereits im Oktober vergangenen Jahres legte die regierungsnahe Denkfabrik Stiftung Wissenschaft und Politik[9] gemeinsam mit dem German Marshall Fund of the United States[10] eine Studie vor, in der sich viele der Formulierungen Gaucks, Steinmeiers und von der Leyens beinahe wortwörtlich wiederfinden. Ihr Titel: "Neue Macht - neue Verantwortung"[11]. In der Einleitung heißt es dort:
>Dieses Papier ist das Ergebnis des Projekts "Elemente einer außenpolitischen Strategie für Deutschland", einer gemeinsamen Initiative des German Marshall Fund of the United States und der Stiftung Wissenschaft und Politik, gefördert durch den Planungsstab des Auswärtigen Amts. Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren außen- und sicherheitspolitische Fachleute aus Bundestag, Bundesregierung, Wissenschaft, Wirtschaft, Stiftungen, Denkfabriken, Medien und Nichtregierungsorganisationen. Das Papier spiegelt den Konsens, aber auch den Dissens ihrer Diskussionen wider, dawischen November 2012 und September 2013 in vier Arbeitsgruppen stattfanden.<







Die entscheidende Passage in dem Papier, dass die Stellung der BRD zu den USA völlig zutreffend kennzeichnet und daraus die "Neuen Aufgaben" ableitet, lautet:
"In der Studie heißt es:

>Deutschland profitiert wie kaum ein anderes Land von der Globalisierung und der friedlichen, offenen und freien Weltordnung, die sie möglich macht. Gleichzeitig ist Deutschland aber auch besonders abhängig vom Funktionieren dieser Ordnung. Es ist damit auf besondere Weise verwundbar und anfällig für die Folgen von Störungen im System. Das überragende strategische Ziel Deutschlands ist der Erhalt und die Fortentwicklung dieser freien, friedlichen und offenen Ordnung. (…) Gefragt sind mehr Gestaltungswillen, Ideen und Initiativen. Deutschland wird künftig öfter und entschiedener führen müssen. (…)
Dem Westen und seiner auf Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Demokratie beruhenden Legitimität ist kein Gegenpol mit ähnlich universaler Strahlkraft erwachsen.
Und der jahrzehntelange Garant dieser Ordnung, die Vereinigten Staaten, bleibt zumindest auf absehbare Zeit die einzige Supermacht mit globalem Ordnungswillen und Reichweite.
Doch die USA signalisieren
- im Bewusstsein geschrumpfter materieller Ressourcen - deutlich,
dass Amerikas Engagement in der Welt künftig selektiver und sein Anspruch an Partner entsprechend höher sein wird. Vor allem für Europa und Deutschland bedeutet dies einen großen Zuwachs an Aufgaben und Verantwortung.<   (Hvhbg JM)


Der zweite Text ist eine richtige und selbstkritisch gemeinte Reflexion eines intelligenten Kommunisten über die möglichen Ursachen der Differenzen von Kommunistischen Parteien auf ihrer Konferenz von Lissabon Ende letzten Jahres, vor allem zwischen der KKE und anderen Kommunistischen Parteien :

 Kampf gegen Imperialismus oder gegen Monopolkapitalismus


Sunday, February 2, 2014
An anti-monopoly or anti-imperialist strategy?
At the international meeting of communist and workers’ parties in Lisbon in November a different emphasis emerged among the parties gathered there that could be summed up in the question “Do we describe our struggle at this stage as one against monopoly capitalism or against imperialism?” (bearing in mind that these are different descriptions of the same phenomenon).
These differences reflect the different historical experiences and the specific nature of the immediate struggles that the parties are involved in. Furthermore, they arise from the different economic and social conditions and the balance of forces in our countries.
  The Communist Party of Greece (KKE) are always worth listening to ...
....
In this context it has been a Leninist position to seek to exploit differences between enemy forces, which at particular points in time has correctly called for alliances with bourgeois forces to weaken the imperialist system as a whole, something the KKE are now ruling out of their single revolutionary strategy.
Imperialism, rather than equalising power relations among states and indeed among capitalist classes at different stages of development, which might warrant the convergence of communist strategies, accentuates and polarises even further the exploitative core and periphery relations within imperialism.
In a core country, such as the United States, Japan, Britain, or Germany, the local monopoly bourgeoisie are big enough and powerful enough, with a local alliance with the smaller bourgeoisie, not only to dominate and control the state and other classes domestically but also to spread their influence and control overseas and to dominate other states and peoples. The communist movement in a core country’s primary enemy is domestic, is local.
In a peripheral country, such as Ireland, the monopoly bourgeoisie are not strong enough locally to rule unhindered and so have the options of either a local alliance that would negatively affect their monopoly position or becoming integrated in the monopoly system globally and therefore becoming dependent on imperialism to prop up their position domestically.
..."
http://communistperspective.blogspot.de/2014/02/an-anti-monopoly-or-anti-imperialist.html

Der Vergleich zeigt uns, dass die Ideologen der herrschenden Klassen der BRD und der USA einen sehr viel treffenderen  Blick auf die Weltverhältnisse haben, als die selbstkritische und richtige kommunistische aber doch sehr begrenzte Reflexion mittels eines historisch nicht mehr treffenden Paradigmas Leninscher Provinienz erlaubt.

JM