Sonntag, 19. Oktober 2014

Öl - islamischer Fundamentalismus und US-Imperialismus im Nahen Osten

Zur Erinnerung ein Artikel über den Hintergrund von Isis und Kobane:

"Öl, Profit und Terror
Jörg Miehe
Junge Welt v  25.09.2001 

Wer die Terroranschläge am 11. September in den USA verübt hat, weiß man noch nicht. Die Folgen aber sind absehbar."

Was in der Überschrift als Zusammenhang angedeutet ist, hat im 20.Jahrhundert eine lange Vorgeschichte, die nicht erst mit dem Putsch gegen eine demokratisch legitimierte bürgerliche Regierung im Iran 1953 durch den US-Geheimdienst, im Verbund mit royalistischer einheimischer Reaktion zur Verhinderung der Nationalisierung des iranischen Erdöls, beginnt.
Zur Erinnerung an die nur kurz zurück liegende Geschichte des gleichen Zusammenhanges aus dem Jahr 2001 - richtig, die Sache von 9/11: Der Artikel ist aus heutiger Sicht zu tolerant gegenüber der Version der US-Regierung - eine wirkliche Verschwörungstheorie von bodenlos schlampiger Dreistigkeit. Wobei es bisher keine glaubhafte Version gibt - wenn auch viele Vermutungen.
Und er geht noch davon aus, dass es der US-Regierung nicht gelingen würde ihre Koalition der Willigen gegen Afghanistan durch einen UN-Beschluß zu legitimieren - eine Folge des Zusammenbruchs der Sowjetunion.
Außerdem ist die Öl-Rente als das ökonomisch wirklich Ziel der US-Interventionen im Nahen Osten noch nicht richtig benannt.
Und der Nebenkriegschauplatz zwischen Kurden und der Türkei ist ebenfalls nicht erwähnt, obwohl der schon aus der Zeit des Zerfalls des osmanischen Reiches vor und im 1. Weltkrieges stammt, als das Erdöl auch des Nahen Ostens seine imperialistische und industrielle Karriere beginnt.

Die aufgezählten Probleme der Region zur Selbstbestimmung sind immer noch vorhanden - oder vielmehr noch schlimmmer geworden, nachdem der Irak zerbomt, die Gesellschaft zerfallen ist und militante Kräfte sie permanent terrorisieren, der Staat, die Gesellschaft und die Infrastruktur Libyens zerstört sind und das Gleiche seit drei Jahren an Syrien exekutiert wird.

"Die Anschläge gegen das World-Trade-Center in New York und das Pentagon in Washington zielten auf die Zentralmacht des Weltkapitalismus. Allerdings wird auch dieser Terroranschlag wieder zeigen, daß diese Kampfesweise die Herrschenden stärkt, diesmal auch international. Von einer solchen Geschlossenheit nach innen und außen und einem Freifahrtschein für ihre Pläne konnte die kapitalistische Führungsmacht seit dem Golfkrieg nur träumen.
Wenn wir die Anschläge näher betrachten, kommen sehr widersprüchliche Dinge zutage. Folgen wir der Medien-Version der Herrschenden, die Urheber seien in islamistischen Kreisen aus dem Nahen Osten zu finden, dann wäre die weltpolitische Zielsetzung »antiimperialistisch« - sie richtete sich gegen Einfluß, Macht, gesellschaftliche Folgen und moralische Wirkungen des von den USA vorangetriebenen und geschützten Kapitalismus in dieser Weltgegend. In deren Zentrum steht das Öl, stehen Saudi-Arabien, Kuweit, Irak, die Emirate und der Iran - mit den westlichen Ölkonzernen als Interessenten, mit ihren Eigentümern, Profiten und den staatlichen Hütern dieser Verhältnisse.
Statt Kolonien zu erobern oder formelle Imperien einzurichten wird der Einkauf des Öls nach dem Zweiten Weltkrieg mit den herrschenden Kreisen formell unabhängiger Staaten vertraglich geregelt. Erweisen sich diese politisch und ökonomisch als nicht fähig oder nicht willig, so müssen sie beseitigt und ersetzt werden. Die Geschichte des Nahen Ostens ist nach 1945 voll von Intrigen, Coups, Putschen, Revolutionen und Konterrevolutionen und auch Kriegen um den Zugang des »zivilisierten« Westens zum billig sprudelnden, profitablen Öl.

Rohstoffaneignung
Aus einsehbaren historischen Gründen repräsentieren die willigen Kräfte nicht die nationalen Bourgeoisien, die sich nur zögernd entwickeln, und auch nicht die abhängigen bäuerlichen oder kleinbürgerlichen städtischen Massen, die sich langsam aus den spätfeudalen Verhältnissen herauswinden. Sie kommen vielmehr aus den ökonomisch noch verankerten feudalen Schichten und ihren adeligen Spitzen.
Diese spätfeudalen Kräfte stützen sich ideologisch und institutionell immer noch stark auf die Religion des Feudalismus des Nahen Ostens, den Islam. Die Ähnlichkeit mit den entsprechenden Verhältnissen im spätfeudalen christlichen Abendland ist nicht zu übersehen. Eine Folge der Herrschaft der spätfeudalen Strukturen, ihrer Verbindung mit der Religion und ihres Paktierens mit dem Öl-Imperialismus ist, daß die Opposition gegen diese Strukturen, gegen den Imperialismus und gegen die korrupte Kapitalisierung der Gesellschaften inhaltlich und sozial die Form der religiösen Reaktion annehmen kann.
Besonders ausgeprägt war dies bei der durch schiitische Mullahs organisierten Revolution gegen das Schah-Regime im Iran. Das Schah-Regime war von imperialistischen Kräften gegen die sich regende nationale Bourgeoisie in Stellung gebracht worden, als diese mit einer parlamentarischen Regierung den nationalen Reichtum des Öls in die eigenen Hände nehmen wollte. Ökonomisch und klassenpolitisch komplizierter wurde dies später, als dieser spätfeudale Pappkamerad der Imperialisten einen scharfen Kurs der ökonomischen Modernisierung, sprich der Kapitalisierung einschlug. Die ökonomische Stoßrichtung der Mullah-Revolution war antiimperialistisch, zunächst im Bündnis mit dem städtischen Kleinbürgertum, der Handelsbourgeoisie und der modernen Intelligenz, innenpolitisch allerdings auf Dauer nicht weniger reaktionär als die Schah-Diktatur.
Im Irak ist die antiimperialistische Stoßrichtung des Regimes auf andere Weise zustande gekommen. Teile des Militärs hatten das von den Imperialisten nach dem Ersten Weltkrieg eingesetzte Königshaus, das nach dem Zweiten Weltkrieg willfähriger Partner der auswärtigen Ölinteressen und der globalen antisozialistischen Allianz war, gestürzt und eine militärische Revolutionsregierung eingerichtet. Unter dem Banner des radikalen, sozialistisch firmierenden, arabischen Nationalismus der Baath-Bewegung war die rigorose nationale Inbesitznahme der Ölquellen eine der wichtigsten Maßnahmen - wogegen der »zivilisierte« Westen zunächst wenig ausrichten konnte, u.a. wegen der antiimperialistischen Rolle der Sowjetunion. Mit den Öleinnahmen wurden u.a. Bildungssystem und Krankenversorgung organisiert und große Entwicklungsprojekte finanziert. Später änderte sich die außenpolitische Stoßrichtung und die personelle Spitze des Militärregimes. Dagegen wurde die sozialpolitische und die säkulare Orientierung beibehalten. Vermutlich hatte sich mit der Aneignung der Öleinnahmen auch eine Änderung in der Klassenkonstellation der Gesellschaft ergeben.
Die doppelte Angst der Mullahs
Der Irak griff den Iran wegen territorialer Streitigkeiten an. Es ergab sich eine merkwürdige historische Konstellation. Eine im inneren sozial fortschrittliche und säkulare Militärdiktatur mit antiimperialistischer Orientierung beim landeseigenen Öl griff das innenpolisch religiös-reaktionäre, aber hinsichtlich des Öls ebenfalls antiimperialistische Mullah-Regime militärisch an - finanziell und politisch unterstützt von den reaktionären Feudalregimen der Saudis, der Kuweitis und der Emirate. Zudem unterstützten die USA diese Entwickung in guter imperialistischer Manier und ließen dabei den einen Antiimperialismus den anderen bekämpfen.
Die reaktionären arabischen Unterstützer des irakischen Expansionskrieges unterschieden sich nicht in der Deklaration des religiösen Fundamentalismus vom Iran, sondern in ihrem Bündnis mit den Ölkonzernen und den USA - womit ihre religiöse Position automatisch unglaubwürdig wurde. Sie hatten also doppelte Angst - vor dem gesellschaftlich zur Macht gekommenen religiösen Fundamentalismus im Iran und vor dem dadurch vermittelten Druck zur Aufgabe ihres Bündnisses mit den Ölimperialisten. Dieser Widerspruch zu dem Anspruch islamischer Rechtgläubigkeit, sozialer Gerechtigkeit und Sorge um den arabischen Reichtum erzeugte religiös formulierte Opposition, aus der später auch bin Laden hervorging.
Der nationale Expansionskrieg des Irak gegen den Iran scheiterte. Als neues nationales Projekt der irakischen Führung wurde die Einverleibung von Territorium und Öl Kuweits in den Irak ins Auge gefaßt. Kuweit war historisch ein integraler Bestandteil der Provinz des Zweistromlandes und erst nach der Auflösung des osmanischen Reiches von den westlichen Kolonialmächten einer gesonderten Dynastie übereignet worden. Die USA schienen ihrem früheren Verbündeten freie Hand zu lassen - bauten dies aber als Falle auf. Das Öl von Kuweit sollte bei den Konzernen bleiben und jenes des Irak wieder zurückgeholt und in Konzernprofite verwandelt werden.
Das Verhältnis zum Imperialismus war in diesem zweiten Expansionsversuch also anders. Der Irak als antiimperialistisch orientiertes, bürgerliches Militärregime nahm sich diesmal ein spätfeudales, religiös beweihräuchertes Adelsregime, einen engen Bündnispartner der Ölkonzerne und der USA, zum Gegner - und damit unversehens den Imperialismus selber. Dabei mußte es feststellen, daß es in der Region ohne Bündnispartner war und die antiimperialistische Rückenstärkung der Sowjetunion ebenfalls abhanden gekommen war. Die USA konnten den Irak, gedeckt von einer überwältigenden politischen Koalition, in einem Blitzkrieg aus der Luft und über Land kurz und klein schießen.
Die religiös auftretende Opposition in Saudi-Arabien hatte auf einen eigenen Kreuzzug gegen den säkularen Bösewicht aus dem Irak gehofft. Statt dessen holte die herrschende Dynastie das Militär der USA ins Land und überließ ihm nach dem Sieg sogar Stützpunkte im heiligen Land - das Militär jenes Landes, das die Okkupation anderer heiliger Stätten des Islam in Palästina offen unterstützte und erst möglich machte. Die Saudis versuchten, diesen Widerspruch mit der Finanzierung von reaktionären fundamentalistischen Bewegungen in der Welt zu überspielen, in Afghanistan, in Tschetschenien, in Bosnien und sonstwo in der Welt.
Bin Laden, als gut und modern ausgebildeter Sohn aus der ökonomischen Bourgeoisie Saudi-Arabiens, meldete sich an die früher entstandene Front in Afghanistan. Dort hatte eine Modernisierungskoalition aus Militär, Intelligenz und Teilen des Kleinbürgertums nach einem Putsch im Königshaus die politische Macht übernommen. In der Radikalisierung gab sich diese Koalition sogar sozialistische Orientierungen und verschärfte damit die Klassenauseinandersetzungen dramatisch. Nachdem die einheimische Reaktion, massiv unterstützt von Pakistan, finanziert von Saudi-Arabien, gedeckt und teils auch militärisch ausgerüstet von den USA, zur Konterrevolution antrat, rief die in Bedrängnis und Isolation geratene und gespaltene Führung dann den staatlichen Sozialismus militärisch zu Hilfe. Bin Laden kämpfte gegen die fremden, sozialistischen Heiden aus der Sowjetunion in einer religiös auftretenden, sozial archaischen und reaktionären Front mit den modernen Methoden und Mitteln seiner sozialen Herkunft und seiner beruflichen Ausbildung.
Wie bekannt, erlitten Sowjetarmee und Modernisierungskoalition eine schreckliche Niederlage. Die Führer der Stämme und der islamistischen Kampfverbände konnten sich aber nach ihrem Sieg politisch nicht einigen, der Bürgerkrieg wurde zwischen den Koalitionären der Anti-Modernisierungs-Front fortgesetzt. Wiederum mit Hilfe Pakistans wurde ein Teil der jungen Exilanten aus den paschtunischen Stämmen, in Koranschulen in Pakistan islamistisch weitergebildet, nun als religiöse Ordnungstruppe gegen Stammesrivalitäten und korrupte islamistische Kriegsgewinnler in Marsch gesetzt und wiederum auch mit dem Wohlwollen der USA - mit Erfolg.
Nach dem Sieg gegen die Modernisierer in Afghanistan erschien dann bin Laden und seinen arabischen Gotteskämpfern das heimatliche Regime der Saudis selber als das eigentliche historische Übel, das vom wahren Teufel in der Welt, den kapitalistischen USA, zum Sündenfall verführt und angetrieben worden war. Bin Laden wird nun zum Exekutor des inneren Widerspruchs des saudi-arabischen Regimes auf der Seite des religiösen Fundamentalismus, der mit seinem Asketismus auch soziale Bedeutungen hat.
Nach dem objektiv antiimperialistischen, aber eben auch antizivilisatorischen Terroranschlag in den USA rufen die USA wiederum eine weltweite Koalition zusammen. Diesmal ist die gesamte EU und ist auch Deutschland mit im Boot, obwohl alle Vorhaben der USA gegen internationales Recht tendieren. Diesmal ist nicht einmal das Theaterstück eines internationalen Gerichtshofes vorgesehen - es soll angeblich gegen bin Laden und ungenannte andere gehen: »Fangt sie, tot oder lebendig.«

Der Weg in den Iran und Irak
Zwar muß die Schutzfunktion der US-Regierung für ihre einheimische Militärverwaltung und ihre einheimischen Kapitalhändler auch propagandistisch wiederhergestellt werden, aber die wirklich wichtigen objektiven Interessen sind mit dem Öl und mit der Beherrschung des Nahen Ostens verbunden. Noch immer verhindert das säkulare, bürgerliche Militärregime im Irak, daß die Ölkonzerne sich dieser zweitgrößten (gleichauf mit Kuweit) billigen Ölreserven bedienen können; und noch immer hindert die islamische Mullahherrschaft im Iran die Ölkonzerne daran, die drittgrößte, wenn auch nicht so profitable Reserve in den eigenen Verkehr zu bringen.
Es geht also um die Einbeziehung von zwei Staaten in einer immer noch unentwickelten Region in die kapitalistische Weltwirtschaft des Öls. Diese ist das mit Abstand profitabelste stofflich basierte weltweite kapitalistische Geschäft - nach den weltweiten Finanzgeschäften. Die Folgen bestünden nicht in der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise mit breiter Einführung moderner Produktivkräfte und bürgerlicher Gesellschaft. Daher ist vom Ausgang einer solchen Entwicklung kein sozialer Fortschritt zu erwarten. Allerdings versprechen die von Iran und Irak vorgeführten antiimperialistischen Varianten staatlicher Selbständigkeit und nationaler Verfügung über die Ölreserven auch keinen Erfolg. Die eine nach innen und außen religiös expansiv und daher in beiden Richtungen reaktionär, die andere, zwar säkular, aber diktatorisch nach innen und expansiv nach außen, ist ebenfalls wenig fortschrittsträchtig. Wobei gesehen werden muß, daß beide Regime sich bemüht haben, den nationalen Ölreichtum im Lande selber zu verwenden und nicht, wie die meisten Öldynastien, im Luxus zu verschwenden.
Eine sozialistische Perspektive auf dieser unentwickelten Basis kann man wohl nach den jüngsten historischen Erfahrungen ausschließen, eine Bewegung in diese Richtung ist jedenfalls nicht abzusehen. Man muß also die bittere Wahrheit zur Kenntnis nehmen, daß der Kapitalismus als Formation noch nicht ausgedient hat. Dazu wäre es allerdings unmittelbar erforderlich, neben vielem anderen, seine imperialistische Variante zu beseitigen, ihm den imperialistischen Handlungsraum zu nehmen, wie ihm ja auch schon der Kolonialismus abhanden gekommen ist.

Willfährige Dynastien
Historisch überfällig und notwendig ist daher der Sturz der reaktionären spätfeudalen Dynastien am Golf. Dies wäre die minimale Voraussetzung einer national je eigenständigen inneren Entwicklung zu bürgerlichen kapitalistischen Gesellschaften. Da aber die inneren sozialen und politischen Kräfte dafür nicht ausreichen, oder wegen der Verteilung des Ölreichtums im Inneren kein Interesse daran haben, ist ein regionales Bündnis sozialer Kräften und Staaten unumgänglich - von Irak und Iran aber bisher nicht zu erwarten. Erforderlich wäre eine gemäßigt säkulare, dem Islam weiter verbundene Koalition von Intelligenz, Teilen des sich entwickelnden Bürgertums, der umfangreicher werdenden, zunehmend verarmten Massen in den Städten und von Teilen des Militärs. Wobei die Massen weder in Kuweit noch in den Emiraten oder in Saudi-Arabien zu finden sind - höchstens als ausgebeutete Arbeitsmigranten. Die Massen leben in Ägypten, in Palästina, in Syrien, in der Türkei und in den Ölstaaten Irak und Iran, mittendrin die Kurden.
Die USA werden mit Hilfe der jetzt geschmiedeten Koalition alles versuchen, um Irak und Iran wieder zu übernehmen und dort eine regionale soziale Bewegung zu verhindern. Die soziale, ideologische und nationale Zersplitterung ihrer Gegner kommt ihnen dabei zu Hilfe: Die auf eine unentwickelte Bourgeoisie gestützten säkularen Diktaturen des Irak und Syriens sowie das fundamentalistische kleinbürgerlich-spätfeudale Regime der Mullahs im Iran sind die wenig erfolgsträchtigen Gegner - von den Libanesen, den Palästinensern und auch den Kurden gar nicht zu reden. Die spätfeudale, religiös verbrämte Macht der willfährigen Dynastien, wie in Kuweit, in Saudi-Arabien und den Emiraten, mit ihrer reinen Ölexport-Ökonomie, das ausgehaltene Königsregime in Jordanien und das ebenfalls fremdfinanzierte Militärregime Ägyptens, mit ihrem klein- und großbourgeoisen Kapitalismus ohne eigene Produktionsbasis, der industriell hochentwickelte bürgerlich-demokratische Siedlerkolonialismus Israels und das demokratisch verbrämte Militärregime der Türkei mit einer spätfeudalen Landwirtschaft und schwachen Industrie, sind die noch intakten, sehr heterogenen regionalen Stützen, aber fast alle historisch ohne jede Perspektive.
Die nächsten Wochen und Monate werden sich darum drehen, ob ein Feldzug gegen Afghanistan unter dem Vorwand, bin Laden zu fangen, die Verbündeten der USA im Nahen Osten, am Golf und auf dem indischen Subkontinent an der Macht halten und den USA einen indirekten Weg in den Iran und den Irak öffnen kann. Dabei ist es natürlich nicht unwichtig, ob die imperialistische Koalition zwischen USA und Europa mit ihren konkurrierenden Ölkonzernen hält.
Die Friedensbewegung und die Antiglobalisierungsbewegung mag im Meinungsklima des »zivilisierten« Westens eine gewisse positive Rolle spielen. Entscheidend aber wäre es, wenn die hiesigen Lohnarbeiter sich weigern würden, den imperialistischen Machtspielen ihrer Regierungen ihre Arbeitsergebnisse hinterherzuwerfen - Imperialismus kostet nicht nur Menschenleben, sondern auch die Arbeitskraft, die Arbeitszeit und das Geld der arbeitenden Massen. Der Einkauf des Öls direkt bei den rechtmäßigen Besitzern, ohne den Umweg über Konzerne und durch die teure Militärmaschine der USA gesichert, käme allemal billiger - das wäre die richtige Stoßrichtung globaler Solidarität, ein Kapitel des heute anstehenden Internationalismus. Wenn dann noch weniger gearbeitet werden müßte, könnte sicher auch der bisher unbezähmbare Drang der arbeitenden Massen, möglichst viel Benzin in die Luft zu jagen, gebremst werden. "

Den Artikel finden Sie unter:
http://www.jungewelt.de/2001/09-25/005.php
(c) Junge Welt 2001

Montag, 13. Oktober 2014

Deutscher Imperialismus - Die Gespensterjagd geht weiter

Jens Wernicke interviewt Jürgen Wagner, Politikwissenschafter und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Tübinger Informationsstelle Militarisierung und Redaktionsmitglied der Zeitschrift Wissenschaft und Frieden.

Die Informationsstelle und Jürgen Wagner gehören, neben dem Verein "German Foreign Policy" zu den Hauptvertretern in der bundesdeutschen Linken, die die Gefahr eines Wiederauflebens des (überkommenen) deutschen Imperialismus an die Wand malen. Ein Zitat aus dem unten wiedergegebenen ersten Absatzes des Interviews macht das schlagartig deutlich:
 "dient dies dabei vor allem einem Ziel: Deutschland mit allen Mitteln wieder als Weltmacht zu etablieren und im Kampf um Rohstoffe, Marktzugänge und Handelswege ganz vorne mit dabei zu sein."
Nun könnte man denken, dass in dem Interview Tatsachen und objektive Interessen benannt werden, die dies belegen können. Aber es gibt nur etwas luftige Interpretationen eines politischen Strategie-Papiers einer US-deutschen Organisation, dem German-Marshall Fund of the United States in Zusammenarbeit mit der regierungsnahmen Stiftung Wissenschaft und Politik, in dem diese Phantasien über eine neue Weltmachtrolle der Bundesrepublik dargelegt werden und dann den Verweis auf die aktive Rolle der BRD und vor allem der CDU bei dem Umsturz in der Ukraine und bei der Ausdehnung der EU über Mitgliedschaft und Assoziationsverträge in Osteuropa.
http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/projekt_papiere/DeutAussenSicherhpol_SWP_GMF_2013.pdf
Den beiden Gesporächsteilnehmern kommt nicht einmal in den Sinn, dass beides nur im Kontext der Allianz mit den USA, innerhalb und außerhalb der Nato stattfindet und stattfinden kann - und es daher eher um die Ausgestaltung und ideologische Überhöhung der Rolle der BRD als Vasall und Hilfssheriff der USA geht, als und eine eigenständige mit den USA konkurrierende Rolle als Weltmacht.

Die übliche gestanzte Formel:
"Deutschland mit allen Mitteln wieder als Weltmacht zu etablieren und im Kampf um Rohstoffe, Marktzugänge und Handelswege ganz vorne mit dabei zu sein, "
wird im Interview mit keiner Zeile belegt. Dass die weltwirtschaftlichen Verhältnisse eine solche Sonderrolle Deutschlands aus eigener Kraft, gar mit eigenem Militär, überhaupt zulassen könnten oder eine erfolgversprechende Strategie darstellen könnten, wird im Interview nicht einmal erwogen. Wenn selbst die USA einen solchen allgemeinen Kampf um exklusive Wirtschaftszonen nicht führen, sondern in Zusammenarbeit mit ihren Bündnispartnern in der Nato und in Fernost (mit ihren Vasallen) einen für alle Teilnehmer offene und befriedete Wirtschaftsraum organisieren, dann sind alle Proklamationen eines deutschen Sonderweges entweder Propaganda zur Täuschung des Publikums, oder zum Teil auch Selbsttäuschung - Analyseergebnisse ähnlicher Art fallen dann wohl unter die Rubrik Selbsttäuschung.

Jedenfalls müßt noch gezeigt werden welche "Vorteile" ein detuscher Imperialismus durch seine vielen lächerlichen Beteiligungen an den US- oder anderen westlichen Interventionen gehabt hätten. Oder soll alles auf jenen Tag warten, wenn die BRD wieder mit einer größeren Interventionsarmee die Führung Westeuropas übernimmt und Wo?? ihre imperialen Vorteile einsammelt?

Dass die Nachdenkseiten dieses Interview ohne kritischen Kommentar abdrucken, ist doch etwas bedenklich, wo sie doch seit der Ukraine-Geschichte begonnen haben, die offene provokativ-aggressive Rolle der USA in der Weltpolitik deutlicher zu benennen!


JM 

das Interview Lesen hier: 
http://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=23564

Deutschland: Wider die Großmacht!
Verantwortlich: Jens Berger

Deutschlands Armee ist längst von einer „Verteidigungsarmee“ zur „Armee im Einsatz“ mutiert. Hinter allen euphemistischen Begründungen für derlei Handeln – mal dient es dem Frieden, dann den Frauenrechten, dann der Versorgung der Armen in der Welt – dient dies dabei vor allem einem Ziel: Deutschland mit allen Mitteln wieder als Weltmacht zu etablieren und im Kampf um Rohstoffe, Marktzugänge und Handelswege ganz vorne mit dabei zu sein. Manch Linker bemüht diesbezüglich inzwischen das Wort Neokolonialismus, andere sprechen von Neoimperialismus, meinen jedoch dasselbe. Zum Bestreben deutscher Eliten, wieder Weltmacht zu werden, das inzwischen kampagnenförmig daher kommt und sich in fast allen aktuellen sicherheitspolitischen Debatten widerspiegelt, sprach Jens Wernicke mit Jürgen Wagner, geschäftsführendem Vorstandsmitglied der Tübinger Informationsstelle Militarisierung.

Herr Wagner, vom 14. auf den 15. November veranstaltet die Informationsstelle Militarisierung einen Kongress mit dem Titel „Deutschland: Wi(e)der die Großmacht!“. Worum wird es da gehen?

das ganze Interview Lesen hier: 
http://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=23564


Funktioniert die unheilige Allianz wieder ?

JM - Seit Mitte Juno 20014 ist der Weltmarktpreis für Öl um 24 Dollar gesunken. 
Zufall ? oder:  

USA benutzen Ölpreis um Russland vernichtend zu schlagen

Von Wilhelm von Pax - Am 13. Okt. 2014 - unter Politik 4 Kommentare

US-Präsident Barack Obama // Foto: Center for American Progress Action Fund from Washington, DC // Lizenz: CC-BY-SA-2.0

Der Rubel rollt – jedoch weit nach unten. Die russische Währung ist auf Talfahrt und die Wirtschaft ist stark angeschlagen. Doch das ist nicht nur ein Ergebnis des Sanktionskrieges zwischen dem “Westen” und Russland, sondern ein Symptom eines weitreichenden und unbemerkten Ölkrieges. Die Auswirkungen, Methoden und die (fehlende) mediale Beachtung sind einmalig.

Russlands Ölpreisabhängigkeit ...

weiter hier:
http://www.neopresse.com/politik/ukraine-krieg-usa-benutzen-oelpreis-um-russland-zu-vernichtend-zu-schlagen/

Kriegs-Beteiligung, Waffenlieferung, Imperialismus und die Linke

Vor allem in der PDL gibt es anhand der Bedrohung verschiedener kurdischer Bevölkerungsgruppen durch die djihadistische Militärformation "ISIS" eine aktualisierte Debatte über Waffenlieferungen aus der BRD in dieses Krisengebiet und über die Duldung oder gar Propagierung einer militärischen Unterstützung der verschiedenen Kurdengruppen durch Staaten des "Westens".
Konzentriert ist dies in dem Aufruf von 14 teils prominenten Politikern der Linken, wie er in einem Artikel des ND wiedergegeben worden ist - "Kobane retten" !

Hier der Link dazu:
 http://www.neues-deutschland.de/artikel/948391.linke-abgeordnete-offenbar-fuer-militaereinsatz-gegen-is.html

Am schärfsten und ausführlich hat sich  Oskar Lafontaine dazu in einem Artikel im Tagesspiegel geäußert:

Die Linke und der Krieg
Gegen den globalen Interventionismus von USA und Nato!

von Oskar Lafontaine
10.10.2014
http://www.tagesspiegel.de/meinung/die-linke-und-der-krieg-gegen-den-globalen-interventionismus-von-usa-und-nato/10822178.html

Die verschiedenen Elemente der Debatte sind auf den Nachdenkseiten dokumentiert oder verlinkt:

Wenn sich die Rechten in der Linken durchsetzen, sind alle fünf Bundestagsparteien auf US-Interventionskurs
13. Oktober 2014 um 9:29 Uhr
http://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=23560

Dazu einige Bemerkungen:
Lafontaine sieht, anders als es etwa in der DKP diskutiert wird, die Regierung der BRD als Vasall der USA in den vergangenen und laufenden Interventionen der USA, im Nahen Osten und auch in der Ukraine.
Allerdings führt er, ebenfalls anders als in der DKP diskutiert, die versuchte militärische Beherrschung der Welt durch das US-Militär, die US-Geheimdienste und die US-MilitärBündnisse sowie die tatsächlichen Militär- und sonstige Interventionen als unmittelbaren Ausfluß der US-Interessen an Absatzmärkten und Rohstoffen.
Dagegen wird in der DKP die Kennzeichnung der USA als den größten gegenwärtigen Imperialisten, und den damit einhergehenden ideologischen sowie praktischen Weltherrschaftsambitionen nicht so unvermittelt gesehen - was richtig ist.
Allerdings wird bei der Einschätzung der Rolle der BRD in der gegenwärtigen Weltlage diese Unterscheidung ebenfalls gemacht:, und führt zu absurden Einschätzungen:
Einerseits die schon hundert Jahre existierenden Pläne eines "Deutschen Imperialismus" Mitteleuropa, und damit den westlichen Kontinent überhaupt zu dominieren oder gar zu beherrschen, um damit dann mit um die Weltherrschaft zu konkurrieren. Andererseits der Versuch Rohstoffbedarf, Sicherung von Handelswegen und Möglichkeiten von Waren- und Kapitalexportmärkten als Einflußzonen durch Beteiligung an US-Interventionen zu sichern. Beide Sichtweisen sind empirisch haltlos und historisch völlig deplaziert.
Da ist Lafontaines Sichtweise auf das Verhältnis der USA zu ihren Vasallen, eben auch die BRD, schon
realistischer.
Lafontaine, aber auch die DKP und verschiedene Marxisten können nicht richtig zwischen den unmittelbaren ökonomischen Interessen der USA, oder richtiger ihrer Konzerne und ihrer Großbourgeosie, und ihren daraus, wie aus ihrer Stellung in der Welt und ihrer Geschichte entstehenden Weltherrschaftsansprüchen unterscheiden:
Im Nahen Osten geht es um die (Rohstoff-) Rente aus dem Ölgeschäft: 
D.h.: Die Differenz zwischen den sehr niedrigen Förderkosten im Nahen Osten und den höchsten Förderkosten in anderen Gegenden in der Welt, deren Förderkosten, einschließlich einer angemessenen Profitrate noch durch den gegenwärtigen Preis des Erdöls auf den Weltmärkten abgedeckt werden:
Ganz grob geschätzt etwa: 3-4 Dollar in günstigen Feldern des Nahen Ostens und bis zu 80-90 Dollar in den extremen  Stellen in der Tiefsee oder in Alaska. Es ist diese Differenz, die die großen Ölkonzerne zu ihren jährlichen Profiten von 20, 30 oder bei Exxon auch 40 Millarden Dollar führen.
http://www.t-online.de/wirtschaft/boerse/aktien/id_61995774/groesste-us-oelkonzerne-verdienen-fast-80-milliarden-dollar.html
Dagegen erreichen die Rüstungskonzerne der USA gerade einmal Umsätze von dieser Größenordnung!

Im Nahen Osten ging und geht es also um den Erhalt der Beteiligung an dieser Rente über die Förderverträge mit den reaktionären Golfstaaten, um die Eroberung einer solchen Beteiligung gegen die alleinige Aneignung dieser Renten des verstaatlichten Öls durch die Staaten Irak und Iran. Im Irak ist das Staatsmonopol und die alleinige Aneignung durch die zwei Kriege zerschlagen - aber die westlichen Konzerne konnten bisher keinen eigenen günstigen Zugang bekommen und schon gar kein Monopol. An einer "Demokratisierung"  des Iran wird seit jahrzehnten weiter eifrig gearbeitet. Dagegen ist die Möglichkeit des Sturzes aller reaktionären mittelalterlichen Golfmonarchien noch offen und unter der Parole der "Demokratisierung"und "der Durchsetzung Menschenrechte" könnten die USA ohne ernsthaften mitlitärischen Widerstand die alten Regime beseitigen und ihren Konzernen von einer "demokratischen Regierung" dann die Rente aus dem Öl in neuen Verträgen übereignen lassen. - Aber wenn man statt "demokratischen Sunniten" dann unfreiwillig "undemokratischen Schiiten" an die Macht verhilft, wie im Irak - geht die ganze Sache, trotz Billionen!-Kriegskosten - in die Hose!
Damit diese unmittelbaren Interessen überhaupt verfolgt werden können, müssen eben die militärischen Mittel der USA diese Dimension beibehalten, müssen die westeuropäischen und japanischen Vasallen an der Kandarre bleiben und muß ihnen das Zuckerbrot der Beteiligung angeboten werden und muß alles unter der Hegemonie der USA auch ideologisch zusammengehalten werden.
Da es aber nicht nur die Interessen an der Ölrente gibt, sondern die anderen US-Weltkonzerne ebenfalls in aller Welt Geschäfte machen sollen, dient die eben skizzierte faktische Welthegemonie auch der Offenhaltung aller Märkte für alle westlichen Konzerne, wenn sie und ihre Staaten sich den US-Regeln beugen, sogar die Heimatmärkte in den USA selber werden ihren Konkurrenten geöffnet.
Es gibt also ohne Zweifel den direkt ökonomisch motivierten (für ExxonMobil, Cevron, Conoco Philipps) Rohstoffimperialismus der USA und ihrer Bündnispartner im nahen Osten, aber darüber hinaus gibt es die US-Hegemonie, mitlitärisch, ökonomisch, politisch und kulturell, die nur mittelbar mit den ökonomischen Interessen des US-Kapitals verbunden ist und für die es welthistorisch kein Vorbild gibt - und das mit gutem Grund als informelles US-Empire bezeichnet wird. Diese schafft, organisiert und verteidigt, stellvertretend für das Kapital der USA und seiner Vasallen, einen kriegs- und imperialismusfreien Verwertungsraum.

Im Moment steht mal wieder eine Homogenisierung diese Verwertungsraumes zwischen den USA, Nordmerika und Europa an - TTIP - und seine Promotoren finden sich konsequenter
Weise in den Konzernen, den Bourgeoisien und den Staaten beiderseits des Atlantik !
13.10.14
JM



US-Vize Biden: Europäer zeigten mangelnden imperialen Eifer

Remarks by the Vice President at the John F. Kennedy Forum
3. Okt 2014
Throughout we’ve given Putin a simple choice: Respect Ukraine’s sovereignty or face increasing consequences. That has allowed us to rally the world’s major developed countries to impose real cost on Russia.
 It is true they did not want to do that. But again, it was America’s leadership and the President of the United States insisting, often times almost having to embarrass Europe to stand up and take economic hits to impose costs. And the results have been massive capital flight from Russia, a virtual freeze on foreign direct investment, a ruble at an all-time low against the dollar, and the Russian economy teetering on the brink of recession.
Quelle: Weißes Haus

Anmerkung WL:

Es war also Amerikas „Führerschaft“ und der Präsident der Vereinigten Staaten, die darauf bestanden und gedrängt haben, dass Europa aufsteht und wirtschaftliche Schläge (Sanktionen) (gegen Russland) führt, um wirtschaftlich zu schaden. Es ist schon hochinteressant, was der amerikanische Vizepräsident hier einräumt: Die amerikanische Regierung hat also die Europäische Union genötigt, Sanktionen gegen Russland mitzumachen.

aus: Nachdenkseiten v. 13.10.14:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=23556#h01

Anmerkung JM: 

so viel zum deutschen Imperialismus in der Ukraine -  selbst wenn man einräumt, dass Biden die Rolle von Obama etwas aufbauscht.  

Sonntag, 12. Oktober 2014

Plan und Wirklichkeit in der DDR

Ökonomische Betrachtungen zum Untergang des Sozialismus in der DDR

J.Miehe
1999
Wie war das mit der Ökonomie des Sozialismus in der DDR? Am Anfang des Jahres erschien ein Buch mit dem Titel
<Plan und Wirklichkeit - zur DDR-Ökonomie>;
von Siegfried Wenzel. Es ist dieser Frage gewidmet und gibt anhand der Darstellung Anlaß bisherige Ansichten neu zu resumieren.
Wenzel gibt in seinem kurzen und nüchternen Buch, er nennt es im Untertitel <Dokumentation und Erinnerung>, einen problembezogenen Überblick zur ökonomischen Geschichte der SBZ/DDR. Dabei konzentriert er sich auf die Versuche zunächst der sowjetischen Besatzungsmacht und zunehmend der SED-Führungen mit zentraler Leitung und Planung ihre jeweiligen ökonomischen Interessen und Vorstellungen angesichts der objektiven Ausgangsverhältnisse und ihrer Veränderungen ins Werk zu setzen. Wenige sind dafür so kompetent, wie der Autor, der jahrzehntelang an hervorragender Stelle im operativen Apparat der staatlichen Plankommission der DDR tätig war. Es handelt sich also bei dem Buch durchaus um Ansichten aus dem "Inneren" der Planwirtschaft.
Über die Intention seines Buches sagt der Autor im Vorwort:
".... Viele von ihnen waren "Überzeugungstäter". Sie gingen aus von der Vision einer solidarischen Menschengemeinschaft, deren Entwicklung von Frieden, Rationalität und sozialer Ausgeglichen bestimmt wird,.... Dieses Bemühen in der praktizierten realsozialistischen Form ist im Irrtum gelandet. Die DDR ist untergegangen. Die Mehrheit des Volkes hat sich von ihr abgewandt. War es deshalb ein "umsonst gelebtes Leben",...? Es kann mit der Formel "gewagt und verloren" beschrieben werden; aber nach dem verloren kommt noch etwas, nämlich die Gewinnung von Erkenntnissen und Erfahrungen."(S.III)
Sein Buch ist ein wichtiger Beitrag dazu.

Die historischen Bedingungen

Was dem Sympathisanten des Sozialismus in der Ex-DDR seit langem bekannt gewesen ist, wird hier nochmal belegt. Die materiellen Entwicklungsvoraussetzungen für eine eigenständige ökonomische Entwicklung waren in Ostdeutschland bis 1949 und noch länger danach nicht gegeben und konnten während der Lebensgeschichte der DDR nur ganz unvollkommen nachgeholt werden. Die Schwierigkeit eines zusammenfassenden Urteils in dieser Frage liegt u.a. darin, daß ein Teil dieser materiellen Bedingungen Ergebnisse von politischen Entscheidungen und Entwicklungen waren, die einerseits mit der Auflösung des Anti-Hitler-Koalition und des Übergangs in den Kalten Krieg zu tun hatten und die andererseits mit der inneren Entwicklung der SU nach dem verlustreichen Krieg und dem militärischen Sieg über den deutschen Faschismus verbunden waren.
So verschärften die weiteren inneren politischen Entwicklungen in den USA und der SU und dem weltpolitischen Verhältnis zueinander die missliche Ausgangslage für die SBZ und künftige DDR. Die Stalinführung konnte sich bis 1952 offensichtlich nicht entschließen, die SBZ/DDR zu einem ökonomisch integrierten Teil des entstehenden Ostblocks zu machen. Die massiven Demontagen und später die Entnahmen aus der Produktion machten eine nachholende Industrialisierung zum Ausgleich der Disproportionen, gar eine beschleunigte Entwicklung nur unter erheblichem Konsumverzicht möglich. Auf der anderen Seite haben sich die westlichen Besatzungsmächte, unter Führung der USA, relativ früh entschlossen, die Westzonen zu einem politischen, ökonomischen und militärischen Glacis gegen die SU auszubauen. Die daraus folgenden Maßnahmen, Verweigerung von Reparationen für die SU aus den Westzonen, Verweigerung einer integrierten ökonomischen Entwicklung aller Zonen, zunehmende Kappung des für die SBZ und DDR lebenswichtigen Interzonenhandels, Einführung des Marshallplanes, ökonomische Verselbständigung der Westzonen zur Trizone mit einer eigenständigen Währung 1948, waren eine ökonomische Kriegserklärung gegen die SU als Besatzungsmacht. Damit sollte offenbar auch ein der SU unterstellter Versuch unmittelbar und langfristig Sozialismus in der SBZ einzuführen unterbunden oder zumindest behindert werden.
Erst im Rahmen der sich ändernden äußeren Umstände und auf dem Hintergrund der sich entwickelnden Strukturen in der DDR läßt sich die jeweilige ökonomische Politik der verschiedenen SED-Führungen einordnen und kritisieren. Eine vernünftige Politik sozialistischen Aufbaus schien in diesem Feld innerer und äußerer Bedingungen fast unmöglich zu sein. Darüber hinaus haben dann die politischen Führungen durch ihre Planentscheidungen den Untergang der DDR aber auch selbst mit organisiert.
Pläne und Krisen: 1951 - 1961
Der erste Fünfjahrplan von 1951 bis 1955 ging nach Wenzel vorrangig auf die Intentionen der SED-Führung zurück, wenn auch zumindest entscheidende Teile der Sowjetischen Militär-Administration (SMAD) dies vor Ort gebilligt oder gefördert haben müssen. Nach Wenzel war es das Ziel des Planprojektes, daß für die Milderung der Disproportionen der Wirtschaftsstruktur eine eigene metallurgische Basis und eine entsprechende Energieproduktion sowie eine eigene Handelsflotte geschaffen und dafür der Schwermaschinenbau als Grundlage aufgebaut werden sollten. Die Industrieproduktion sollte bis 1955 verdoppelt werden. Durch den kalten Krieg und die Währungsreform im Westen schrumpfte der Handel mit den Westzonen/BRD ständig. Das hatte verheerende Auswirkungen auf die Versorgung der Wirtschaft und der Bevölkerung in der SBZ/DDR, besonders mit Rohstoffen, Halbfabrikaten, Zulieferungen und Lebensmitteln.
Die Ziele des Planes bedeuteten eine beträchtliche Erhöhung der Akkumulation insbesondere in der Schwerindustrie, die sich erst sehr langsam amortisieren würden. Die Folge war ein sehr niedriges Wachstum der Leicht- u Konsumgüterindustrie. Das Konzept war also mit Stagnation und sogar Verschlechterung des ohnehin unzureichenden Lebensniveaus der Bevölkerung verbunden.
Wenzel urteilt, das Konzept des 5-Jahrplanes habe seine Logik gehabt, jedoch hätten angesichts der gegebenen Zweigstruktur und der sowjetischen Reparationspolitik wichtige materielle Voraussetzungen dafür gefehlt, es seien Wunschziele gewesen. Anstatt die Situation nüchtern einzuschätzen und daraus entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen, hätte die SED Beschlüsse gefaßt, um diese Schwierigkeiten durch schnelleres Wachstum zu überwinden. Es hätte sich um den ersten Versuch einer Flucht nach vorn gehandelt, womit sich Subjektivismus und Voluntarismus in der Wirtschaftspolitik zum ersten Mal durchgesetzt hätten. (S.25-27)
Der 2. Parteikonferenz wurde dann nochmal eine Verschärfung dieses Kurses unter dem Stichwort der "Schaffung der Grundlagen des Aufbaus des Sozialismus" vorgeschlagen. Wenzel kennzeichnet dies als doktrinäre Verschärfung des ohnehin illusionären Kurses.
Schon Ende 52 zeigten sich dramatische Krisenerscheinungen. Die SED Führung bat um Hilfe aus der SU, sie wurde aber noch nicht gewährt. Daraufhin versuchte sie mit Sparpolitik, unter anderem Preiserhöhungen und Normenverschärfungen, die Sache in den Griff zu bekommen. Ulbricht geriet im Politbüro in die Defensive. Nachdem Stalin im März 1953 gestorben war, forderte die neue SU-Führung ultimativ eine Änderung der Wirtschaftspolitik, die dann unter dem Stichwort "Neuer Kurs" von der SED-Führung angekündigt wurde. Dabei nahm sie, gleichgerichtet mit den Vorgaben der SU-Führung, die Normenerhöhungen für die Arbeiter von der Rücknahme der vorherigen Sparmaßnahmen aus. Das verschärfte innerhalb der Arbeiterschaft die Mißstimmung zur teilweisen Opposition, die Proteste und Streiks entwickelten sich zur massenhaften Forderungen nach Änderung der Politik, der Führung und teilweise des Regimes auf der Straße. Der ökonomische und politische Rückzug kam zu spät und an der wichtigsten sozialen Stelle überhaupt nicht. Der weitere Ablauf ist bekannt.
Mit dem "Neuen Kurs" wurden die ad-hoc Maßnahmen zurückgenommen sowie die Planziele und entsprechend die Investitionspolitik geändert. Auch die SU änderte ihre ökonomische Strategie gegenüber der DDR. Sie beendete die Reparationspolitik, verringerte die Besatzungskosten, weitete die Lieferungen aus und gewährte einen erheblichen Kredit.
Dieser Vorgang ist hier so ausführlich geschildert worden, weil sich dieses Muster nach Wenzels Darstellung und Urteil in der Ulbrichtära mehrfach wiederholt. Planansätze, die gerade noch realistisch oder selbst schon illusionär sind, werden aufgrund von jeweils besonderen, teils günstigen Umständen in einem politischen Willkürakt quantitativ oder qualitativ drastisch erhöht oder erweitert. Dies führt zu Krisen in der Produktion, der Versorgung der Bevölkerung und zu politischer Instabilität, die nur mit heiklen und meist unproduktiven Maßnahmen eingedämmt werden können.
Nachdem der geänderte Plan bis 1955 relativ erfolgreich beendet wurde, wird der Plan 1956 bis 1960 wiederum relativ hoch angesetzt, um die weiter bestehenden Disproportionen der Zweigstruktur zu vermindern. Auch aufgrund des Aufstands in Ungarn kann der Plan schon 1956 nicht erfüllt werden. Es gibt mehrere kurzfristige Plankorrekturen. Die SU greift 1957 wiederum mit erheblichen zusätzlichen Lieferungen ein. Die Lage kann sich stabilisieren, aber die SED Führung beschließt dann im Gleichtakt mit der SU einen neuen 7 Jahrplan von 1959-1965. Darin kündigt sie an, den pro Kopf Verbrauch an Konsumgütern der BRD bis 1960 zu erreichen. Dies auf der Grundlage der immer noch unzureichenden Wirtschaftstruktur, der mangelnden Produktivität und der offenen Grenze. Zudem wird die Kollektivierung der Landwirtschaft durchgesetzt. Die Krise läßt nicht auf sich warten und kann nur mit dem Mauerbau unter Kontrolle gebracht werden.
Wenzel merkt dazu an: Es habe zu den Mängeln des Systems gehört, daß die Sicherung der Rohstoffbasis ab 1957/58 durch die Lieferungen der SU zum Ausgangspunkt einer weitreichenden Fehlentscheidung von Ulbricht und der SED-Führung geworden sei. (S. 37)
Die Lage stabilisiert sich erstaunlich schnell schon 1961 und verbessert sich dann ab 1962 auch aufgrund einer erneuten Ausweitung des Warenaustausches mit der SU, einer Vertiefung der Kooperation und einem erneuten erheblichen Kredit.

Internationale Arbeitsteilung und Technologie

Allerdings konnten die alten Verflechtungen Mitteldeutschlands mit dem Westen und die entsprechende Abhängigkeit der DDR nicht durch eine gleichwertige Verflechtung mit der SU und dem RGW ersetzt werden. Für die Ökonomie der BRD wurde die intensive Integration in den zunehmend arbeitsteiligen westlichen Weltmarkt zu einem starken Wachstumsmotor. Nach der Währungsreform konnte eine ähnliche selbständige Integration der DDR in den kapitalistischen Weltmarkt nicht hergestellt werden. Dieser Mangel entwickelte sich zu einem stetig größer werdenden Nachteil gegenüber der BRD. Die Integration in den östlichen Wirtschaftsraum der SU und des RGW konnte dies nicht ersetzen, da der zunehmende Bedarf der DDR-Ökonomie an technologisch hochwertigen Zulieferungen weder aus der SU noch aus dem RGW gedeckt werden konnte. Dabei kann man die Probleme der mangelnden Integration und Arbeitsteilung wegen der Form der Planung erst einmal außer Acht lassen.
Das Fehlen des Zugangs zur Mikroelektronik des kapitalistischen Weltmarktes, verschärft durch das Nato-Embargo der sog. CoCom-Liste, war letztlich einer der größeren Sargnägel für die RGW-Länder und speziell der DDR. Die prinzipielle Möglichkeit der SU, ihren enormen Binnenmarkt und ihre erheblichen Forschungskapazitäten für eine entsprechende technologische Entwicklung und Ausrüstung des RGW zu nutzen, wurde nicht einmal für die Industrie der SU umgesetzt. Die entsprechenden Produktionen für den Militärsektor der SU wurden dort eingesperrt und blieben für die Zivilproduktion unzugänglich. Eine Politik, die rein gar nichts mit der Eigentums-Verfassung oder ökonomischen Planungs- und Lenkungsproblemen des Sozialismus zu tun hatte, wie man an der zivilen kapitalistischen Nutzung der Militärforschung der USA in der dortigen Industrie sehen konnte und kann. Dies bleibt ein ökonomisch unverständlicher und unverzeihlicher strategischer Fehler der KPdSU in der Auseinandersetzung der Systeme, der erheblich mit zum Untergang des europäischen Sozialismus beigetragen hat. Der verzweifelte Versuch der DDR mit westkreditfinanzierten Investitionen nach 1985 eine eigene Produktion mikroelektronischer Bauelemente in Gang zu setzen konnte das nicht aufhalten, sondern beschleunigte eher noch den Prozeß.
Die Arbeitsteilung mit der SU verblieb auf dem Niveau des Austausches von Rohstoffen gegen Industriegüter, wobei die DDR wegen der Spezialisierung als dauerhafter Monopollieferant für manche Ausrüstungen durchaus Vorteile wegen der großen Serien erlangen konnte.

Das "Neue Ökonomische System"

1963 beschließt die SED das sog "Neue Ökonomischern System der Planung und Leitung"(NÖS). Die bisher vorrangig materielle und mengenmäßige Planung und die Leitung durch Auflagen, soll durch wertmäßige Planung und durch rentabilitätsgesteuerte Leitung ersetzt werden. Wenzel hält diese Reform für dringend erforderlich. Sie hätte die Anerkennung der Warenproduktion und die Geltung der Wertzusammenhänge im Sozialismus bedeutet. Allerdings wurde das Grundkonzept mit inkonsequenten Richtlinien beschlossen. Unter anderem wurde die auf allen Ebenen erforderliche Preisreform nicht konsequent durchgeführt, sodaß das NÖS nicht voll wirksam werden konnte. Wenzel macht noch weitere grundlegende Fragezeichen, die hier nicht ausgeführt werden können.
Der Plan bis 1965 wird offenbar relativ passabel abgeschlossen und der nächste von 1966-1970 auf realistischer Grundlage entwickelt. Der wesentliche Entwicklungsweg soll die Intensivierung aufgrund der Verwissenschaftlichung der Produktion werden.
Auf dem Parteitag von April 67 wird der schon laufende Plan mit neuen Projekten befrachtet. Jetzt sollten sog "führende Zweige" besonders beschleunigt ausgebaut werden, was natürlich nur durch administrative Zuweisung von Investitionsmitteln, die anderswo entzogen werden mußten, gelingen konnte. Sie sollten als "Lokomotiven der wiss.-techn Revolution" die Automation voranpeitschen und wiederum durch schnelles Wachstum die entstandenen Disproportionen nachträglich beseitigen. " Es triumphierte erneut Wunschdenken, ..." (S.46) "Die Kluft zwischen Anspruch und Realität wurde zu einer Hauptursache von ungenügender Effektivität und wirtschaftlichen Verlusten in volkswirtschaftlicher Größenordnung."(S.47)
Damit war das NÖS praktisch ausgehebelt, was dann in den nächsten Jahren Schritt für Schritt auch institutionell nachgeholt wird. Die Folge war wiederum eine krisenhafte Entwicklung der Produktion, der Produktivität und der Versorgung durch die entstandenen Disproportionen mit vielen Investitionsruinen und zunehmender Unruhe der Arbeiterschaft.
Dies führte dann, wie bekannt, zur Ablösung Ulbrichts als Generalsekretär durch die Mehrheit des Politbüros mit Einverständnis, wenn nicht Unterstützung der SU-Führung.

Rückkehr zur Solidität? - Sozialpolitik überfordert die Ökonomie

Die Honeckerführung wollte offenbar all die alten Fehler vermeiden. Sie kehrt konservativ zum alten Planungs- und Leitungssystem zurück und nimmt Abschied von den Versuchen, durch vorrangige und beschleunigte Akkumulation die Ökonomie der DDR zu entwickeln, zu modernisieren und gegenüber der BRD und für den Weltmarkt wettbewerbsfähig zu machen. Jetzt sollen jeweilige Produktions- und Produktivitätsfortschritte gleichmäßig und planmäßig auch in Verbesserungen der Lebensverhältnisse umgesetzt werden, "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik". Offenbar wird daraus auch eine verstärkte Motivation für effektive Arbeit erhofft. Als gemäßigtes Ziel wird langfristig ein Wachstum des Nationalproduktes von 4% angesetzt. Die Verbesserung der Lebensverhältnisse wird u.a. stark mit einer Ausweitung der direkt staatlich finanzierten Güter und Leistungen umgesetzt, der sog zweiten Lohntüte. Größtes und deutlichstes Beispiel war das Wohnungsbauprogramm, das die neuen Wohnungen zu weiterhin spottbilligen hoch subventionierten Mieten vergab. Nach Wenzel konterkarierte dies auf Dauer die Ausrichtung der Ökonomie auf Effektivität und das Leistungsprinzip.
Die notwendigen und wichtigen sozialpolitischen Maßnahmen konnten auf Dauer nicht und immer weniger aus dem eigenen Nationaleinkommen erbracht werden. Es war eine Politik auf Pump. Einerseits durch Zurückfahren der Akkumulationsrate in der Industrie, später sogar in großem Ausmaß durch Aufschiebung der Ersatzinvestitionen in Ausrüstung, Bauten und Infrastruktur - verheerend für die Entwicklung der Effektivität und später auch für die Lebensqualität selbst. Sie wurde zunehmend auch durch Verschuldung im westlichen Ausland finanziert, mit langfristig dramatischen Folgen bei Zinszahlungen, Tilgungen und internationaler Zahlungsfähigkeit.

Das Öl als Devisen- und Schuldenquelle

Die Öllieferungen der SU spielen dabei, in Abhängigkeit von den Weltmarktverhältnissen und den inneren Schwierigkeiten der SU selber, ein besondere Rolle. Mit dem ersten dramatischen Anstieg der Rohölpreise auf dem Weltmarkt bis 1974 kam die SU unverhofft in die komfortable Lage, mit dem Export von Öl Devisen auf dem kapitalistischen Weltmarkt eintauschen zu können. 1975 setzte sie, in der zunächst richtigen Erwartung weiterer Steigerungen der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt, eine neue Preisregelung mit den RGW-Partnern durch: Grundsätzliche Orientierung am Weltmarkt, Preise aufgrund des Durchschnitts der letzten fünf Jahre. Das bedeutete eine erhebliche Verteuerung für die DDR, entsprechend erheblich höhere Lieferverpflichtungen, war aber bis zum Einbruch der Rohlölpreise auf dem Weltmarkt 1986 immer noch günstiger als dort. Ende 1976 verweigerte Kossygin für die Regierung der SU eine Erhöhung der Rohöllieferungen um 2 Mill Tonnen an die DDR, die mit dem erhöhten einfachen Reexport ins westliche Ausland ihre sich zuspitzende Zahlungsbilanzsituation gegenüber dem Kapitalismus lindern wollte.
1979/80 verdoppelte die Opec die gestiegenen Rohölpreise und die SU setzte die langfristig zugesagte Lieferung von 20 Mill Tonnen auf 17,5 Mill Tonnen herab, um eigene Zahlungsbilanzprobleme zu lösen. Inzwischen waren Ölverarbeitungskapazitäten aus Japan in die DDR importiert worden, die mit dem späteren Export der Produkte hätten bezahlt werden sollen. Da sie nicht ausgelastet werden konnten und die Devisenschulden sich erhöht hatten ohne plangemäß getilgt werden zu können, verschärfte die vermehrte Zinszahlung die Lage. Als Reaktion baute die DDR die Verarbeitungskapazitäten für eine tiefere Ausnutzung des Rohöls aus, wiederum mit Technologieimporten aus dem westlichen Ausland, um aus der verbliebenen Importmenge aus der SU mehr westexportfähiges Produkt zu erschließen. Parallel dazu wurde die Energieversorgung der DDR wieder zurück auf die Verwendung der Braunkohle umgestellt, ebenfalls mit ganz erheblichen Investitionen und mit drastischer Einbuße an Effektivität und verheerenden ökologischen Wirkungen.
Letzte Station dieses komplexen Zusammenwirkens von sozialistischer Ökonomie der SU, Wirtschaftsstruktur der DDR und kapitalistischer Weltmarktentwicklung bei Öl durch die partielle Rückbildung des Neokolonialismus war der drastische Rückgang der Rohölpreise am Weltmarkt ab 1986. Die SU konnte nur noch erheblich weniger Westdevisen erwirtschaften, ihre ökonomische Krise spitzte sich zu, wie die hilflosen Reformversuche der Gorbatschow-Führung zeigten. Die DDR-Strategie einer tieferen Verarbeitung des Öles und seines Weiterexportes und sowie der dafür aufgewandten massiven Investitionen aus dem westlichen Ausland liefen nun ins Leere. Die vorher erlangten Devisenzuflüsse reduzierten sich drastisch, die DDR mußte weiter die nun gegenüber dem Weltmarkt höher liegenden Preise an die SU zahlen und sie hatte die Schulden mit den laufenden Zinsverpflichtungen in Westdevisen zu bedienen, sowie eine teuer erkaufte Energieproduktion auf Braunkohlebasis, die sich nun nicht wieder einfach auf billiges Importöl umstellen ließ.
Leider ist die Geschichte des Scheiterns der "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" lang, nämlich an die 20 Jahre mit 4 Fünfjahrplänen. Die Erklärung kann sich aber kurz fassen. Nach Wenzel blieb die Struktur der sich verschärfenden Probleme immer die gleiche: Es wurde mehr konsumiert als produziert wurde. Speziell Honecker verweigerte eine Änderung dieses Kurses bis zum bitteren Ende, das Politbüro setze ihn erst ab und eine Änderung durch, als es zu spät war, das ZK hatte keine eigene Kraft, die SU-Führung reagierte nicht entschieden, später wollte und konnte sie dies auch nicht mehr.

Das Besondere und das Allgemeine an der DDR

Es ist durchaus fraglich, ob die DDR in ihrer speziellen Lage je die Chance hatte einen stabilen ökonomischen Entwicklungspfad zu erreichen. Dabei kann man das Problem zentraler, direktiver, materieller Planung und Leitung einer entwickelten und sich differenzierenden Ökonomie zunächst außer Acht lassen. Es steht aber nach der Darstellung von Wenzel außer Frage, daß unter Ulbricht das vorwärtsgerichtete ökonomische Abenteurertum und unter Honecker der korrekturlose Konservatismus die gegebenen Probleme erheblich verschärft und auf diese Weise am Untergang der DDR mitgewirkt haben. So gesehen, scheint ökonomisch eine Zentralplanwirtschaft durchaus einigermaßen leistungsfähig und stabil sein zu können, wenn sie nur ordentlich geführt wird. Warum die kommunistischen Parteien zumindest dies nicht hinbekommen haben, auch die SED nicht, ist eine der wichtigsten Fragen an den gewesenen Sozialismus. Daß dies wohl auf Dauer gegen den Kapitalismus noch nicht ausgereicht hätte, muß man dann gesondert betrachten.
Hieraus ergibt sich das Bild einer administrativ doch leidlich effektiv geleiteten, jedoch politisch fehlgesteuerten Ökonomie, die ein unglaubliches Maß von Überlebensfähigkeit bewies. Anders gefragt: Wäre bei besseren objektiven Bedingungen und einer realistischen ökonomischen Politik Sozialismus auf mäßig entwickeltem Niveau möglich gewesen? Wenzel diskutiert dies implizit mit seiner Antwort auf die Frage, ob es in der DDR ein eigenständiges Wertsystem gegeben habe. Gab es eine eigenständige Lebensweise in der DDR, die mit anderen, materiell beschränkteren Mitteln und mit anderen Wertorientierungen der Menschen als im kapitalistischen Westen befriedigende Verhältnisse zustande gebracht hätte?
In diesen Zusammenhang gehört das andere Dilemma der Entwicklung der DDR und sicher auch der CSSR - die Nachbarschaft zur BRD als dem Glanz- und Ausstellungsstück des Kapitalismus nach 1950 in Europa. Die sog. soziale Marktwirtschaft wirkte als Aufhebung der vorherigen Alternative von tödlicher Krise des Kapitalismus ab 1929 und Sozialismus als der einzigen Überlebensmöglichkeit jenseits von Faschismus und Krieg. Die Lebensweise Westdeutschlands strahlte durch die Nachbarschaft, die Präsenz von Westberlin sowie das Fernsehen auf die DDR aus und setzte die dortige sozial-ökonomische Entwicklung unter einen Konkurrenzdruck, dem sie auch bei einer radikal besseren Politik wohl kaum hätte standhalten können. Der von Wenzel dargelegte Vergleich des Entwicklungsniveaus der DDR mit anderen kapitalistischen Ländern in Europa belegt dies schlagend. Allerdings scheinen sich die gleichen Mechanismen der Konkurrenz der Lebensweise aufgrund des unterschiedlichen Entwicklungsniveaus auch bei den anderen europäischen sozialistischen Ländern, CSSR, Ungarn und Polen jeweils auf verschiedene Weise durchgesetzt zu haben, bei der Bevölkerung oder bei den Führungsschichten, wie zuletzt in der SU.

Vom Machen des Sozialismus in der Ökonomie

Das Problem der Anpassung von Planung und Leitung einer sich entwickelnden und differenzierenden Ökonomie im Sozialismus stellte sich in der DDR schon ab Mitte der 50er Jahre und verschärfte sich zum Ende des Jahrzehnts. Wenn auch vorsichtig, verdeutlicht Wenzel, daß der Mechanismus der zentralen Planung und Leitung mit zunehmender Differenzierung ineffektiver, weil inadäquater wird. Dezentralisierung ist dann eine einfache, aber unzureichende Antwort auf das Problem. Selbständigkeit der Wirtschaftseinheiten mit relativ weitgehender Autonomie vieler Entscheidungen war die diskutierte und in der DDR mit dem NÖS praktisch versuchte Variante. Dieser sehr weitreichende Umbau der Produktionsverhältnisse wurde erstaunlicherweise unter dem Patronat von Ulbricht persönlich theoretisch entwickelt und praktisch vorangetrieben. Allerdings wurden zwei der dafür unumgänglichen weiteren Strukturmaßnahmen nicht getroffen, weil die Führung davor zurückschreckte. Das betraf zum einen eine tiefgreifende Preisreform, die die tatsächlichen Aufwendungen an gesellschaftlicher Arbeit, in lebendiger und vergegenständlichter Form, zum Ausdruck gebracht hätte. Für eine realistische Wirtschaftsrechnung von relativ autonomen Wirtschaftseinheiten ist das wohl unumgänglich, damit die tatsächlichen Wertverhältnisse in Preisen und Austausch zum Ausdruck gebracht werden. Das betraf zum anderen eine politische Reform, die eine weitgehende Einbeziehung der Bevölkerung in die Ausarbeitung des sozial-ökonomischen Kurses erfordert hätte. Mit anderen Worten also, einen Verzicht der Partei und ihrer Führung auf die Durchsetzung ihrer Vorstellungen auf direktiv-administrativem Wege.
Beides ist, wie wir wissen, weder in der DDR noch in der SU oder sonst im RGW erfolgt. Einer Veränderung der Mechanismen der gesellschaftlichen Hegemonie des Sozialismus in Politik und Ökonomie, kurz Demokratisierung, standen wohl die Traditionen der kommunistischen Linie der Arbeiterbewegung seit der Oktoberrevolution in der SU und in den anderen Ländern entgegen. Die darin enthaltene Entgegensetzung zur Sozialdemokratie in Europa, die unter dem Banner der Verteidigung der bürgerlichen Demokratie und Freiheiten gemeinsame Sache mit ihren nationalen Großbourgeoisien gemacht hatten und jetzt gegen den Sozialismus kämpften, hatte dieser Position eine nur schwer zu bezweifelnde Legitimation gegeben. Dazu kam die fast allen Teilen der Arbeiterbewegung gemeinsame autoritäre Tradition und Disziplin. Wenn beides zusammen möglicherweise auch der Hauptgrund war, so lieferte doch der strategische Kampf des Kapitalismus gegen den Sozialismus mit seinen überlegenen Kräften und höherem Entwicklungsniveau genügend Gründe für die Parteiführungen, um jede Lockerung der politischen Hegemonie abzulehnen.
Muß man nicht die völlige Unfähigkeit der Führungen der europäischen sozialistischen Länder, im Kern der SU, anstehende ökonomische Reformen wirklich in Angriff zu nehmen und durchzusetzen, mit dieser krampfhaften Aufrechterhaltung einer bestimmten Form der politischen Hegemonie nach außen und innerhalb der Partei in Verbindung bringen? Ist es anders zu erklären, daß fast alle sozialistischen Regime sich sehenden Auges in die gleichen Fallen der Verschuldung bei kapitalistischen Instanzen begeben hatten, um ihre inneren Entwicklungsprobleme aufzuschieben? Muß man nicht die fast durchgängig abenteuerlichen ökonomischen Strategien, entweder große Vorwärtssprünge oder langfristig nicht haltbare Entwicklungslinien, mit dieser tief sitzenden Fixierung auf die politisch direktive Führung der gesamten Gesellschaft durch die Partei und ihr jeweiliges persönliches Zentrum im Generalsekretär in Verbindung bringen?

Siegfried Wenzel:
Plan und Wirklichkeit - Zur DDR-Ökonomie
Dokumentation und Erinnerung
Skripta Mercaturea Verlag
St. Katarinen 1998

Die folgenden Zeilen stellen den Text von 13 Anmerkungen dar. Die zugehörigen Nrn und Stellen konnten leider nicht mit in den Blog-Text übertragen werden.

Was hier nicht geleistet werden kann und soll, ist eine kritische Zusammenfassung der bisherigen Untersuchungen und Diskussionen zum Thema. Diese fehlt bisher aus marxistischer Sicht und wird auch von Wenzel nicht vorgenommen. Er beschränkt sich auf wenige Literaturverweise zur Stützung seiner quantitativen Angaben. Auch in den MBl hat es seit 1990 zu den verschiedenen Aspekten schon Aufsätze und Auseinandersetzungen gegeben, die aber hier nicht umfassend erwähnt oder gar gewürdigt werden können. An geeigneter Stelle wird auf den einen oder anderen beispielhaft hingewiesen werden. Es fehlt also weiterhin eine Übersicht der bisherigen Publikationen und Forschungen zum Thema, bei dem die marxistischen Beiträge nur einen Teil ausmachen. Die frühere DDR-Forschung der BRD ist z.T. weiter erheblich aktiv gewesen und müßte kritisch zur Kenntnis genommen werden. Es geht dabei ja keineswegs nur um die Gewinnung eines zutreffenden Geschichtsbildes, sondern für die Marxisten besonders um die Bedeutung der DDR-Entwicklung für die Ausarbeitung von Sozialismuspositionen für die Zukunft.
"....Siegfried Wenzel (ist) der vielleicht beste Kenner der realen volkswirtschaftlichen Probleme, Zusammenhänge und Verflechtungen der DDR(..). Fast 30 Jahre stand er - formell oder "nur" faktisch - an der Spitze der Perspektivplanung und volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung in der Staatlichen Plankommission. In dieser Zeit gab es keinen Planansatz und Plan, ob Fünfjahrplan oder Jahresplan, an dem er nicht maßgeblich mitgewirkt, keine Beratung oder Auseinandersetzung zu Problemen des Planes in der Führung der SED oder im Ministerrat, an der er nicht teilgenommen hat.; " so schreibt Klaus Steinitz (verantwl f Ökonomie in der PDS-Führung) in seiner Rezension dieses Buches in SOZIALISMUS Nr 5/98, S. 53
Einen ganz anderen Einblick in das "Innere" der DDR-Ökonomie kann man in dem hochinteressanten umfangreichen Buch <Der Plan als Befehl und Fiktion; Wirtschaftsführung in der DDR, Gespräche und Analysen> gewinnen; Hrsg.: Theo Pirker, M. Rainer Lepsius, Reiner Weinert, Hans Hermann Hertle, (Westdeutscher Verlag, Opladen 1995). Abgedruckt sind ausführliche Interviews mit 11 verschiedenen Verantwortungsträgern in hohen ökonomischen Funktionen aus dem Politbüro, mit G. Mittag, H.Tisch dem ZK-Sekretariat mit Klaus Krömke, A. Schalck-Golodkowski, der Plankommission mit G Schürer, S.Wenzel, dem Ministerrat mit Wolfgang Rauchfuß, Günter Wyschowsky, den Kombinaten mit W.Biermann, Christa Bertag, der wissenschaftlichen Beratung mit Helmut Koziolek. Die Interviews wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes am Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin(West) von den Herausgebern gemacht.
So der Titel eines Erinnerungsbuches von G.Schürer, Leiter der Staatlichen Plankommission seit Mitte der 60er Jahre; leider ist das Buch wegen einer angekündigten Neuauflage im Moment nicht zu kaufen
vgl.: Jörg Roesler: Demontagen und Deindustrialisierung, Teil I; (MBl 1993, Nr 3, S. 46); mit ähnlichem Tenor und ähnlichen Zahlen.
Vergl auch Wilfried Loth, Stalins ungeliebtes Kind, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1996
Zur Vorgeschichte des 17. Juni 1953, der Rolle der 2. Parteikonferenz und der SU-Führung vertritt Kurt Gossweiler in: Hintergründe des 17.Juni 1953, (MBl 1993, Nr.3, S.77ff) eine detailliert dargelegte andere Position.
Dietrich Staritz bezeichnet es in seiner <Geschichte der DDR> (Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1996, S. 190) als weiterhin offene Frage, ob die Ulbrichtführung die Krise 1960/61 bewußt zugespitzt habe, um im Warschauer Pakt die Zustimmung zu den Abgrenzungsmaßnahmen zu erlangen.
H.Wolf versucht in seiner Broschüre (s.u Anm 11, S. 28ff) die massiven Investitionsvorhaben ab etwa 1965/66, die, strukturpolitisch begründet ("Lokomotiven d wiss-techn.Revolution"), die materielle Kraft der DDR-Ökonomie überforderten und die Mechanismen des NÖS außer Kraft setzten, dem Übergang von G Mittag in die Reihen der Gegner des NÖS zuzuschreiben, der dieses Vorgehen an Ulbricht vorbei mit unterstützt und damit auch gegen Ulbricht intrigiert habe.
In Verbindung mit der besonders von Ulbricht geförderten Entwicklung und Einführung des NÖS gibt es unter politischen und wissenschaftlichen Beteiligten, wie auch unter Jüngeren, lebhafte Kontroversen, von denen einiges sich auch in den MBl widergespiegelt hat. So argumentiert Ulrich Huar mit dem Artikel <Was hat den Sozialismus zerstört?> (MBl 1993, Nr.3,.S.84ff) überzeugend gegen eine Position von S. Wagenknecht <Marxismus und Opportunismus> (teilw. abgedruckt in MBl 1993, Nr. 2, S.80ff), daß die Ablösung von Ulbricht, der Abbruch des NÖS, sowie der Übergang zu Honecker in der Durchsetzung des Opportunismus seinen Grund gehabt hätte, indem er u.a. auf die bedrohliche Krise Ende der 60er in der DDR verweist, die von Ulbricht mit zu verantworten gewesen wäre. So ja auch Wenzel.
W. Florath wendet sich mit der Intervention <Ulbricht gleich Honecker?>(MBl 1996, Nr.3, S. 85/6) heftig gegen G. Stiehler <Historisches und Aktuelles zur Demokratie>(MBl 1996, Nr. 2, S. 81ff) dem er eine falsche Gleichsetzung der Politik und des Leitungsstils von Ulbricht und Honecker vorhält und verweist auf die positive Rolle Ulbrichts beim NÖS. In dem Beitrag <Sozialismus und die Macht heute>(MBl 1997,Nr. 2, S. 112ff) wendet er sich gegen Vorstellungen von H. Wunderlich (MBl 1996, Nr.6) zu institutionellen Regelungen sozialistischer Demokratie, die ihm sehr an bürgerliche Verfassungen angelehnt scheinen und versucht die Entwicklung des NÖS unter Ulbricht in eine lange Reihe von zunehmenden institutionellen Mitbestimmungs- oder Partizipationsregelungen der Werktätigen in der DDR in ökonomischen und politischen Bereichen unterhalb der Ebene der Führungsmacht und der strategischen Entscheidungen zu stellen.
Die besondere Rolle G. Mittags, einflußreicher Wirtschaftspolitiker in der SED-Führung in den 60ern und wieder ab Ende der 70er bis zum Ende der DDR als Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK für Wirtschaft, von ihm selbst verteidigend in seinem Buch <Um jeden Preis - im Spannungsfeld zweier Systeme> (Aufbau-Verlag, Berlin-Weimar 1991) geschildert, unterzieht H. Wolf in einer Broschüre <Hatte die DDR je eine Chance> (Sozialismus extra, VSA-Verlag, Hamburg 1991) einer vernichtenden Kritik. H. Wolf war, wie auch Wenzel positiv erwähnt, einer der wissenschaftlichen Väter der Konzeption des NÖS Anfang der 60er Jahre. Auf einige der auch bei Wenzel und oben angeführten Strukturprobleme, sowie Krisen- und Wendepunkte geht er ebenfalls kenntnisreich ein.
Vergl den Aufsatz von W. Florath in MBl 1997 2 mit einer anderen Sichtweise (s.o. Fußnote 5)
Wie die Entwicklung in China zu verstehen ist, wo die Partei seit fast zwei Jahrzehnten einen anderen Kurs mit der relativen Freigabe der Ökonomie, sogar bis zur Freigabe kapitalistischen Privateigentums unter Aufrechterhaltung ihrer Hegemonie steuert, ist noch nicht klar zu bestimmen. Handelt es sich dabei vielleicht um eine ausgedehntere Periode einer NÖP-Politik zur nachholenden Industrialisierung, die die oben diskutierten P

Samstag, 11. Oktober 2014

Ukraine - zum Stand der Dinge

zum Stand der Dinge und den im Moment absehbaren Entwicklungsperspektiven Hat Uli Cremer eine sehr vertändige Übersicht geschrieben!

JM


11. Oktober 2014 Uli Cremer
Waffenstillstand in der Ostukraine?


Der in Minsk unter Moderation der OSZE am 5.9.2014 vereinbarte Waffenstillstand in der Ostukraine hat nach einem Monat überraschenderweise überwiegend noch Bestand, von den Kampfhandlungen um neuralgische Punkte wie den Donezker Flughafen abgesehen. Oder sollte man angesichts von 331 Toten im letzten Monat[1] den Begriff »Waffenstillstand« besser nicht verwenden? Jedenfalls hat eine gewisse Deeskalation stattgefunden.

Richtigerweise ließen die Minsker »12 Punkte« von September 2014 sämtliche politische Streitfragen offen, insbesondere den genauen zukünftigen Status der Ostukraine. Das Kiewer Parlament lieferte wie zugesagt Gesetze zum Sonderstatus und zur Amnestie der Kämpfer, die bis dato als »Terroristen« bezeichnet wurden. Ausgenommen von der Amnestie sind besonders schwere Verbrechen.

weiter unter :

http://www.sozialismus.de/index.php?id=7265&tx_ttnews[tt_news]=15629&cHash=da25cc5ee9d3552de1815c9da559a870&type=98


Freitag, 10. Oktober 2014

"Längst sind tonangebende deutsche Wirtschaftsforscher selbst Konjunkturrisiko"

Herbst-Gutachten 2014 - bestenfalls stagniert die Konjunktur 

10.10.14
Hier die Einleitung zu einem ersten verständigen kritischen Kommentar zu gestern öffentlich vorgestellten Gutachten der sog. "Fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute " zur Konjunktursituation und ihren Aussichten - von Thorsten Hildt in seinem Blog Wirtschaft und Gesellschaft"

JM

"Gestern kamen wieder die großen Konjunkturauguren zu Wort. Sie mussten allesamt zurückrudern. Das Institut für Makroökonomie und Konjunktur (IMK) senkte seine Prognose aus dem Frühjahr von 1,6 auf jetzt 1,5 Prozent für das laufende Jahr...."
- See more at: http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/2014/10/konjunktur-journalismus-wirtschaftsforschung-und-wirtschaftspolitik-langst-sind-tonangebende-deutsche-wirtschaftsforscher-selbst-ein-konjunkturrisiko/#sthash.6WwKcgzK.dpuf

Eine wichtige negative Bedingung für die unkritische Dominanz der neoliberalen Angebotsökonomie in den wirtschaftspolitischen Empfehlungen benennt Hildt am Ende seines kurzen Kommentars:
JM

"Selbst hier regiert die Angebotsökonomie: Die wirtschaftspolitischen Empfehlungen des aktuellen Herbstgutachtens konzentrieren sich, nicht anders als die vorangegangenen Herbstgutachten auf “Investitionsanreize” und “Abbau von Beschäftigungshemmnissen”. Diese Wirtschaftsforscher sind damit längst selbst zu einem Konjunkturrisiko geworden. Dass diese Wirtschaftswissenschaftler damit durchkommen, liegt nicht zuletzt an den mehrheitlich nicht minder angebotsorientierten Journalisten und Politikern (wir zeigen dies regelmäßig auf, indem wir Beiträge und Interviews tonangebender Medien aufgreifen und analysieren). Entweder sie sind nicht entsprechend geschult und neugierig, um jene haarsträubende Missachtung der Wirklichkeit durch die Wirtschaftsforschung angemessen zu hinterfragen, oder sie sind selbst ideologische Überzeugungstäter. Dass dies keine Frage von “rechts” oder “links” ist, zeigt zum Beispiel die amerikanische Wirtschaftspolitik, insbesondere die der amerikanischen Notenbank, die nun schon über geraume Zeit wesentlich bessere Ergebnisse bei Wachstum und Arbeitslosigkeit erzielt und auch entsprechend bessere Aussichten auf eine weitere konjunkturelle Erholung rechtfertigt."

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