Jürgen Todenhöfer schon vom 1.Juli 13 im Tagesspiegel.
Hier wird, anders als in dem Stüzle Interview, das (geo-)politische Interesse der USA an der Schwächung des Iran formuliert - allerdings das ökonomische Interesse am Öl der Gegend und Saudi-Arabiens im besonderen ebenfalls außen vor gelassen..
JM
Tagesspiegel
01.07.2013 00:00 Uhr
Woran Syrien wirklich zerbricht
Von Jürgen Todenhöfer
Die USA schlachten das falsche Schwein.
Sechsmal war ich in den letzten zwei Jahren in Syrien, einem völlig verzweifelten Land. Vieles erinnerte mich an meine Reisen Anfang 2002 und 2003 durch den Vorkriegsirak. Auch damals war ich erschüttert über die Unwahrheiten, die westliche Politiker über das Land verbreiteten. Und über die Hoffnungslosigkeit der Menschen.
Den USA, Saudi-Arabien und Katar geht es im Syrienkonflikt primär nicht um Syrien, sondern um den Iran. Der ist ihnen durch den törichten Irakkrieg George W. Bushs zu stark geworden. Durch den Sturz des mit Teheran verbündeten Assad wollen sie Irans Vormachtstellung im Mittleren Osten schwächen.
An dieser Strategie zerbrechen Syrien und sein Gesellschaftsmodell, in dem die unterschiedlichsten Religionen und Ethnien in bewundernswerter Toleranz zusammenlebten.
Auch wenn es leider nicht demokratisch war.
Gleichzeitig stärkt der Krieg Al Qaida. 15 000 Rebellen kämpfen für deren syrische Filiale Al-Nusra. Ein Drittel davon sind ausländische Dschihadisten. Al-Nusra ist inzwischen die führende Kraft unter den Rebellen und weltweit die größte Al-Qaida-Konzentration. Ein Terror-Tsunami baut sich auf.
Auch die Gefahr eines Flächenbrandes ist unübersehbar. Zehn Länder sind bereits in den Konflikt verwickelt. Wenn der Mittlere Osten brennt, könnten auch bei uns die Lichter ausgehen. Wie kann man diese Entwicklung stoppen? Als Erstes sollte man die Propagandalügen beiseiteschieben, die eine Analyse des Konflikts erschweren.
Erstens: Anders als in Tunesien, Ägypten und Libyen kämpft in Syrien nicht das „Volk“ gegen einen isolierten Diktator, sondern eine starke oppositionelle Minderheit gegen eine relativ stabile Regierungsmehrheit. Assad hat in der Bevölkerung mindestens so viel Rückhalt wie die Rebellen, wahrscheinlich sogar mehr. Ob uns das gefällt oder nicht.