Ein Rückblick
auf einen Text von 1999
Jörg Miehe – 8.17
Ende der 90er Jahre, in der
erweiterten Bundesrepublik, noch vor der Wahl der rot-grünen Regierung, hatte
sich die Diskussion über die weitere Entwicklung der kapitalistischen Weltverhältnisse
unter der Dominanz des Westens und besonders der USA in der marxistisch orientierten
Linken etwas festgefahren – es schien um eine Alternative von „Globalisierung
oder Imperialismus“ zu gehen.
Unter diesem Titel erschien dann
Ende 1999 in der UZ ein Text, der eine Diskussion im Rahmen der jährlichen
Bildungsarbeit der DKP einleiten sollte. Vorgesehen war ein Reader mit
fünf Abschnitten und längeren Literaturhinweisen. Der vollständige Reader ist
nie recht zugänglich geworden und die Diskussionen haben in der gewünschten
konzentrierten und organisierten Form wohl auch nicht stattgefunden.
Stattdessen gab es in den nächsten
Jahren mehrere Schwerpunkthefte der Marxistischen Blätter, in
denen die aktuelle Verfassung der Welt nach dem Untergang der Sowjetunion und
mit ihr des europäischen Sozialismus, auch mit einigen Aufsätzen des Autors des
angesprochenen Readers, dargelegt und diskutiert wurde.
Dieser
Reader (und die nachfolgend vom Autor geschriebenen Aufsätze zum Thema)
soll(en) hier in der Reihenfolge ihres Erscheinens vorgestellt und nachlesbar
gemacht werden.
Die Position des Autors zu dem in
der Überschrift als Aufzählung und nicht als Alternative angesprochenen Thema
hat sich mit den Jahren und den Aufsätzen verändert und zugespitzt. Einerseits
aufgrund der vielen Ereignisse, die nach dem Schreiben des Readers
stattgefunden haben, andererseits aufgrund der genaueren Kenntnisnahme der Zeit
vor 1900 und vor 1914.
Der Horizont des Rückblicks ist in
den fünf verschiedenen Teilen des Readers aufgrund der angesprochenen Themen
unterschiedlich:
Im ersten Teil – Neue
Erscheinung Globalisierung und Imperialismus – geht er betont von der
Scheide der Nachkriegsentwicklung in den USA und in Westeuropa von 1975 zu den
nachfolgenden Veränderungen aus, die zunächst etwas begriffslos als
Post-Fordismus bezeichnet wurden und erst später mit dem Wort - Globalisierung
– eine populäre, wenn auch etwas schillernde Kennzeichnung erfuhren.
Im zweiten Teil – Neues
im Alten – oder neue Phase - wurde der Zeithorizont und die Frage der
Entwicklung und Gliederung des industriellen Kapitalismus selbst angesprochen.
Im dritten Teil – Geschichte
des Industriekapitalismus - wurde der Zeithorizont des Rückblicks bis zum
Beginn der Baumwollindustrie in England ab etwa 1765 ausgedehnt und in 8
Entwicklungsperioden der Produktivkraftverwendung bis zur Gegenwart geführt.
Im vierten Teil – Zur
Geschichte des Imperialismus in der kapitalistischen Entwicklung – geht der
Blick nicht ganz so weit zurück. Die aus dem Kolonialimperialismus bis in das
19. Jahrhundert stammenden Linien des Imperialismus werden durch das 19.
Jahrhundert bis zum Beginn des von Lenin diagnostizierten neuen Imperialismus
ab 1985 oder ab 1900 bis zur Epoche der Gegenwart nach dem Ende des II
Weltkrieges, also der Periode der akuten Entkolonialisierung verfolgt.
Der fünfte Teil – Lenin
und der klassische Imperialismus – beginnt natürlich mit der von Lenin
selbst bestimmten Zeit der Entwicklung des nicht nur von ihm gekennzeichneten
Imperialismus und fragt, wie weit diese Epoche sich auch nach dem II Weltkrieg
erhält.
Für die weitere Diskussion (und die
Einordnung der nach dem Reader geschriebenen Aufsätze) seien in diesem Vorwort
die auffälligsten und wichtigsten Ereignisse und neuen Umstände genannt, die die weltpolitische Lage um 1999 von der
heutigen Situation trennen.
Ereignisse und
Entwicklungen zwischen 1999 und 2017
Aus der Sicht von 2017 scheint die
Debatte von 1999 über die vermeintliche Alternative Globalisierung oder
Imperialismus sowohl die ökonomischen Krisenentwicklungen der beiden
Jahrzehnte vorher, als auch die geopolitischen Entwicklungen etwas in
den Schatten gerückt zu haben.
Das Verhältnis der USA zum Nahen
Osten, ökonomisch vor allem durch die Frage nach der Aneignung der Rente aus
der Ölförderung, und geopolitisch durch die Stellvertreterrolle des
Schahregimes gegenüber den anderen Nah-Ost-Staaten und gegenüber der
Sowjetunion bestimmt, hat sich grundlegend verändert.
Mit der revolutionären Beseitigung
des Schahregimes und der islamischen Revolution im Iran 1979 hat sich
für die geopolitischen Interessen der USA und der ökonomischen Interessen der angloamerikanischen
Ölkonzerne ein tiefgreifender Rückschlag ergeben.
Der anschließende fast 10 jährige Krieg zwischen dem Irak und dem dann
islamisch geführten Iran, von den verschiedenen Seiten durch Waffenlieferung an
beide Seiten angeheizt, ging mit einem Waffenstillstand zu Ende. Er hinterließ
auf beiden Seiten große Zerstörungen im Ölsektor, enorme Verluste an
Menschenleben und im Irak große Schulden gegenüber den islamischen Golfstaaten.
Dies wiederum führt dann im August 1990 zum Angriff des Iraks auf Kuweit,
einem seiner Gläubiger, um sich die dortigen Ölreserven und Öleinnahmen
anzueignen und die Schulden zu liquidieren.
Dies nahmen die USA zum Vorwand, um eine fast weltweite Koalition für einen
großen Krieg gegen den Irak zu organisieren. Das konnte nur gelingen,
weil sich inzwischen die geopolitische Haltung der Sowjetunion aufgeweicht
hatte und das Regime der Kommunistischen Partei dabei war, sich aufzulösen. Die
Ermächtigung eines Krieges gegen den Irak durch den UN-Sicherheitsrat mit
der Resolution 678 wird durch die SU mit verabschiedet, China enthält sich der
Stimme, nur Kuba und Yemen stimmen dagegen! In diesem Krieg wird die
industrielle und zivilisatorische Basis des Iraks zerstört und er wird einem
totalen Embargo unterworfen und faktisch seiner Souveränität beraubt. (Der
finnische UN-Beauftragte für den Irak - Ahtisaari: „Der Irak wurde in die
vorindustrielle Zeit zurück gebombt.“). Der Anschlag auf das World Trade
Center in New York Herbst 2001 wird von den USA zum Anlaß genommen, die durch
das Taliban-Regime in Afghanistan verweigerte Auslieferung Bin Ladens an die
USA durch den Sturz des Taliban-Regimes mit militärischer Gewalt zu ersetzen.
Dazu dienen eine US-Bombardierungskampagne und die Unterstützung der
Bürgerkriegsparteien gegen die Taliban.
Mit dem zusätzlichen Vorwand des Besitzes von Massenvernichtungswaffen
organisieren die USA wiederum eine große Koalition der Willigen, um 2003 den Irak
in einer großen Militärinvasion zu erobern, das Regime von Sadam Hussein zu
beseitigen und eine US-Militärregierung einzusetzen.
Weltpolitisch war die Implosion des
europäischen Sozialismus unter Führung der Sowjetunion, mit ihren meist zentral
geplanten Volkswirtschaften der gesamten Produktion, immer noch das bestimmende
Thema. Praktisch war das sowjetische Imperium verschwunden. Das als nukleare
Großmacht übrig gebliebene Rußland hatte einen beispiellosen ökonomischen und
gesellschaftlichen Absturz erlebt und schien in einer nicht enden wollenden
Krise gefangen. Der Reichtum an Bodenschätzen, an großen Industrieanlagen und
Infrastrukturen war von einigen „Räuberbaronen“ aus den mittleren
Führungskadern der verschiedenen Herrschafts-Säulen des Sozialismus in höchst
dubioser Weise angeeignet worden und das internationale westliche Kapital war dabei,
sich mit diesen „Oligarchen“ genannten Personen, auf eine teilweise oder ganze
Übernahme dieser Reichtümer zu verständigen.
Durch den weltpolitischen
Kurswechsel schon von Gorbatschow hatte sich die Schutzfunktion der UdSSR
für viele Staaten der 3.Welt gegenüber den USA abgeschwächt - und durch den
Lagerwechsel des Yeltsin-Regimes weitgehend erledigt. Dadurch waren diese
Länder den Erpressungen der USA nicht mehr gewachsen und mußten mit
tatsächlichen Regimewechseln und Interventionen rechnen. 1991 im Irak, 1999 in
Jugoslawien und 2001 in Afghanistan und 2003 zum zweiten Mal im Irak wurde das
auch Wirklichkeit.
Mit beidem fanden dann in der Regel
die Ablösung des Anti-Imperialismus, die Ausbreitung von ökonomischem und
politischem Chaos und auch die Ablösung von staatskapitalistischen
Entwicklungspfaden statt, die teils starke soziale Züge getragen hatten.
Dass mit der Ernennung der bis dahin
weitgehend unbekannten Person Putin aus dem Umfeld des liberalen Petersburger
Bürgermeisters Sobjak zum Ministerpräsidenten Rußlands und dann zum russischen
Präsidenten ein radikaler Schwenk in der Innen- und Außenpolitik bevorstand,
war damals völlig unabsehbar und schien undenkbar. Die ökonomische,
militärische und weltpolitische Wiederauferstehung Russlands als souveräner
Einheitsstaat einer Vielvölkernation stand in den Diskussionen um 1999 über
Imperialismus oder Globalisierung nicht auf der Tagesordnung.
Ganz gegensätzlich entwickelten sich
seit 1980, mit der Herauskristallisierung von Deng Xiao-Ping als neuer
Führungsfigur der Kommunistischen Partei, die Ökonomie und die weltpolitische
Rolle Chinas. Wie weit und wie schnell die Ökonomie Chinas tatsächlich
wachsen würde und mit dem Warenexport in die westlichen kapitalistischen
Länder, vor allem in die USA, nicht nur die Welthandels-, die Investitions- und
Devisenströme und sogar die Weltkonjunktur beeinflussen würde, war für die
meisten mit China nicht vertrauten Beobachter überhaupt nicht absehbar. Auch
konnte wohl kaum jemand abschätzen, wie weit die weltpolitische Annäherung an
die USA gehen würde. Auf jeden Fall wurde aber zunehmend deutlich, dass die
ökonomische Entwicklung Chinas auf der Basis der ökonomischen Globalisierung
erfolgte und diese selber zunehmend mitbestimmte und beschleunigte.
Auch im Raum der US-Hegemonie
ergaben sich zwei gegensätzliche Entwicklungen. Zunächst platzte in Japan um
1990 herum eine große Spekulationsblase an der Börse und stürzte Japan in eine
tiefe Krise und anschließend in eine stagnative Entwicklung, aus der es sich
bis heute nicht richtig herausgearbeitet hat.
Im Gegensatz dazu gab es mit dem
Machtantritt von Clinton als Präsident der USA den Beginn eines langen
Booms, der in der Finanzwirtschaft (Aufhebung des Glass-Seagall Act), der
Außenwirtschaft, aber auch der Sozialpolitik von neoliberalen Zügen geprägt,
wenn nicht sogar getragen wurde (workfare > Vorbild für Hartz IV). Diese
Entwicklung, teils parallel, teils verschränkt mit der Entwicklung Chinas,
schien das Paradigma der „Globalisierung“ Wirklichkeit werden zu lassen.
Dann aber platzte 1997 die Finanzblase
in Ost-Asien, die sich nach der mühsamen Stabilisierung Japans nach 1990
ausgebreitet hatte. Der Absturz war heftig und tief, erfasste sowohl Südkorea,
Taiwan und HongKong, und vor allem die noch armen neuen Exportökonomien
in Südostasien. Er bewirkte nicht nur starke Krisen in Produktion und
Beschäftigung sondern auch eine starke Abwertung der Währungen. Die absolute
Wirkung auf Japan war mäßig, drängte es aber vom Pfad der Erholung von
dem Absturz Anfang der 90er Jahre wieder ab. China war zwar in
den Warenverkehr in und aus Südostasien und auch den Kapital-Export nach
Südostasien stark involviert, aber hatte anscheinend keine eigene Blase
entwickelt oder deren Beginn unter Kontrolle. Indien blieb dagegen weitgehend
unbeeinflußt von der Krise der asiatischen Nachbarn, weil seine Waren und
Kapitalverbindungen nach Südostasien gering waren.
Die Länder erholten sich relativ
schnell, allerdings nun von einem tieferen Niveau ausgehend, nachdem ihre
Währungen z.T. ganz erheblich abgewertet worden waren.
Die Zielländer der Exporte der „Tigerstaaten“,
vor allem die USA, aber auch Europa, verzeichneten nur sehr
begrenzte Wirkungen.
Die Signalwirkung dieser Krise blieb
zwiespältig. Der freie Kapitalverkehr mit seinem Investitionsboom in Asien und
dem Platzen der Spekulationsblase war sicher ein Symptom der Globalisierung.
Die relativ schnelle Eindämmung durch die beteiligten Nationalstaaten und die
Begrenzung auf Süd-Ost-Asien schien dagegen deren Begrenzung und ihre Beherrschbarkeit
anzuzeigen.
Die interventionistische Seite
der internationalen Verhältnisse hatten sich schon in der laufenden Bombardierung
des Irak zwischen 1991 und der Eroberung von 2003, sowie der einmaligen
Bombardierungen durch die USA in Afghanistan, im Sudan
und ebenfalls in Libyen gezeigt, ausgeführt im Namen irgendeiner
Bestrafungsabsicht für vermeintliche oder tatsächliche Anschläge gegen
US-Einrichtungen oder US-Militär, oder der Durchsetzung von angeblichen
Befriedungsaktionen.
Die Einmischung der europäischen
Nato-Länder und der USA in die Auflösung des föderalen Staates Jugoslawien
und seines Sozialismus, gehört eher zu der Geschichte der Auflösung des
europäischen Sozialismus mit dem Zentrum des Zerfalls der UDSSR nach 1991, als
den Interventionen im Nahen Osten.
Inhaltlich ähnlich, wie die Versuche
der osteuropäischen Staaten im RGW ab den 70er Jahren, durch Kredite auf den
westlichen Kapitalmärkten ihre Industrialisierungen zu beschleunigen, und sich
dabei gefährlich zu verschulden, versuchten die Föderationsmitglieder
Jugoslawiens ihre relative Selbständigkeit mit kreditfinanzierten Investitionen
für den Aufbau von Exportproduktionen ihre wirtschaftliche Situation zu
verbessern, den Aufbau zu beschleunigen und nicht zuletzt ihre Selbständigkeit
in der Föderation zu verstärken.
Die dadurch entwickelten
Abhängigkeiten von den Zins- und den Konjunkturentwicklungen auf dem
kapitalistischen Weltmarkt, versetzten die kreditnehmenden sozialistischen
Länder, darunter auch Jugoslawien, in drohende Überschuldung. Das führte über
die Aufnahme von Rettungskrediten vom IWF in die Fänge der Auflagen dieser
Institution für außenwirtschaftliche Öffnung und Privatisierungen im Inland.
Damit war die Tür für die anti-sozialistischen Einflußnahmen der westlichen
Regierungen und Institutionen geöffnet, die dann je nach Interesse und
Gegebenheiten benutzt wurden – in Jugoslawien letztlich zur Auflösung des
Staates von innen heraus, aber zweimal auch durch Luftkrieg mit Hilfe der
Aufrüstung von Bürgerkriegsarmeen und mit militärischer Teilbesetzung.
Die anderen Ereignisse und
Entwicklungen, die um 2000 stattfanden oder sich ergeben haben sind sicherlich
noch deutlicher im Gedächtnis, lagen aber Ende 1999 noch in der Zukunft:
Der Nahe mittlere Osten seit 2001
Die Intervention der USA und
ihrer weltweiten Verbündeten 2002 in Afghanistan und anschließend 2003 im Irak.
Beides mit dem angeblichen Anschlag auf die beiden Wolkenkratzer des
World-Trade-Center in New York begründet, der behaupteter Weise von Bin Laden gelenkt
und von al Quaida ausgeführt worden sein sollte. Seit 2006 die diplomatische
Bekämpfung Syriens und die Anheizung des Stellvertreterkrieges mit Hilfe
von Milizen ab 2011 und ebenfalls in 2011 die Intervention in Libyen und
die Zerschlagung des Libyschen Staates.
Dies waren alles imperialistische
Aktionen, deren Interessenhorizonte aber nicht einfach auf die leninsche
Imperialismusdefinition rückführbar waren. Zudem bezogen sich die Protagonisten
der Imperialismuskennzeichnung nicht einmal offen auf eine solche Rückführung:
Die Beseitigung oder die Konterkarierung von nationalen Ölmonopolen im
Nahen Osten durch die Erpressung von günstigen Förder-Verträgen für die
westlichen Ölkonzerne, also zwei Wege zur (Wieder-) Aneignung der Öl-Rente.
Die Durchsetzung der politisch-militärischen Hegemonie in der Region und damit
über die Ölstaaten durch die Beseitigung von Regimen und durch die Öffnung oder
Sicherung der vorhandenen oder die Öffnung von günstigeren Transportrouten. Die
Aneignung der Ölrente durch die Aneignung des Rohstoffes selbst war
eigentlich die einzige direkte Verbindung mit Lenins Imperialismustheorie.
Aber diese Interpretation wurde gar nicht oder nur als ein Gesichtspunkt unter
anderen ins Feld geführt.
Die EU und der Euro
Die ökonomische Entwicklung in
den 90er Jahren und im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts in der EU
und den ihr angehörigen Staaten wurde durch die Erweiterung der EU und
dann die Einführung des Euro geprägt. 1991 wurden die angeschlossenen
Teile der ehemaligen DDR als neue Bestandteile der BRD auch Teil der EU.
Um 1995 traten Österreich, Schweden und Finnland der EU bei, während Norwegen, aufgrund einer negativen
Volksabstimmung, draußen blieb. 2004 traten die Länder Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Malta und die Republik Zypern der EU bei. 2007 traten
Rumänien und Bulgarien der EU bei. 1998 wurde die Europäische Zentralbank
gegründet.
1999 wurde der Euro als Buchgeld
in den meisten Staaten der EU eingeführt und 2002 auch als Bargeld. 1999
führten die folgenden EU-Länder den Euro ein:
Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich,
Irland, Italien, Luxemburg, Monaco1, Niederlande,
Österreich, Portugal, San Marino1, Spanien und
Vatikanstadt und 2001 Griechenland. Später führten nach und nach noch andere
Länder den Euro ein. Definitiv blieben bisher nur Dänemark und Schweden
außerhalb des Euro.
Die BRD nach 1998
Für die BRD wurde 1998 nach der
Wahl die rot-grüne Koalition installiert, die zunächst große Steuererleichterungen
für Unternehmen und Kapitaleinkommen beschloss und danach einen tiefen
schädigenden Eingriff in das bisherigen Rentensystem vornahm. Ab 2005
wurden dann erhebliche Deregulierungen von Arbeitsverhältnissen und
weitestgehende Beseitigung der Arbeitslosengeldes durchgesetzt und dafür
eine staatliche einheitliche Unterhaltshilfe bei Arbeitslosigkeit (Hartz IV)
eingeführt und in der Folge ein großer Niedriglohnsektor entwickelt. Die
weltweite Krise um 1999 traf die BRD kaum, dafür aber starke Nachwirkungen:
sinkende Wachstumszahlen, sinkende Exporte, steigende Arbeitslosigkeit.
Ab 2005 stiegen die Ausfuhren, die
Industrieproduktion und auch die Beschäftigung wieder an und dies wie auch die
sinkenden Arbeitslosenzahlen wurden den Hartz-Reformen zugerechnet. Die
Weltwirtschaftskrise 2007 bis 2008 im Gefolge des Platzens der Hypothekenfinanzblase
zunächst in den USA, traf auch die BRD, die EU und auch die Staaten
Südostasiens hart, und ist nicht völlig überstanden.
Die Erweiterungen der EU und die
Einführung des Euro konnten weder umstandslos der Globalisierung,
aber auch nicht einem alten oder neuen Imperialismus zugerechnet werden.
Es handelt sich einerseits eher um eine abgrenzende Regionalisierung gegenüber
dem Weltmarkt, andererseits für die beteiligten Nationalstaaten eher um einen
starken Schub der Internationalisierung in der Aufhebung der Abgrenzung gegen
die Länder der EU. Mit seiner Herausbildung hat dieser große massive
Wirtschaftsblock sowohl nach innen wie auch nach außen aber imperiale und teils
sogar hegemoniale Wirkungen.
Letzteres wird erst seit der
Durchsetzung des Austeritätsregimes mittels Maastrichtvertrag und
EZB-Statut durch die BRD gegenüber den Südländern der EU und der Eurozone ganz
offensichtlich und als BRD-Imperialismus bezeichnet: eine theoretisch wenig
überzeugende Einordnung.
Wie man sieht, war der Zeitpunkt der
unten stehenden Abhandlung in einem Zeitraum von vielfältigen vorherigen
Bewegungen in der Welt und in Europa gekennzeichnet – die parallel Kennzeichen
sowohl der einen wie der anderen weltpolitischen Entwicklungsrichtung anzeigte.
aus der UZ -
Sept-1999
Bildungsthema 2:
„Imperialismus heute – Neue Entwicklungen und Tendenzen„
Grundvoraussetzung für das Wirken
einer kommunistischen Partei wie der DKP ist die Analyse der konkreten
gesellschaftlichen Bedingungen. Der Imperialismus in seiner gegenwärtigen
Entwicklung ist zu untersuchen, Tendenzen sind zu erkennen und daraus sind
Folgerungen für das eigene Handeln, für die Aktionseinheits- und Bündnispolitik
abzuleiten.
Dabei stellt sich die Frage, ob wir
in diesem Zusammenhang mit den durch Marx, Engels, Lenin und anderen
marxistischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Vergangenheit
erarbeiteten theoretischen Grundlagen bereits über ein ausreichendes methodisches
wie begriffliches Instrumentarium verfügen, um das Wesen des Imperialismus
heute und seine mögliche künftige Entwicklung hinlänglich erfassen zu können.
Um dies festzustellen, muß man sich
dieses grundlegenden Fundaments versichern, um auf dieser Basis die Frage nach
neuen Erscheinungen in der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft am
Ende des 20. Jahrhunderts zu stellen, die uns – theoretisch hinsichtlich der
Weiterentwicklung der Imperialismustheorie ebenso wie im praktischen Handeln - herausfordern.
Ausgangspunkt des Bildungsthemas
sollte deshalb die Diskussion grundlegender marxistischer Erkenntnisse, vor
allem der Leninschen Imperialismustheorie sein. Wir schlagen weiter vor, auf
dieser theoretischen Basis die Frage zu diskutieren, ob es eine neue Qualität
in der Entwicklung des Imperialismus in unserer Zeit gibt. Deutlich wird dabei
unseres Erachtens u.a., welche tiefgreifenden Veränderungsprozesse im Gefolge
der Revolutionierung der Produktivkräfte (wissenschaftlich-technische Revolution)
in Basis und Überbau der kapitalistischen Gesellschaft vor sich gehen: in der
Produktion, in Transport, Verteilung, Kommunikation, im alltäglichen Leben der
Menschen usw. Deutlich wird aber auch, daß die vor sich gehenden Veränderungen
sich darauf natürlich nicht reduzieren lassen.
Wir schlagen vor, folgende Fragen im
Zusammenhang mit dem Bildungsthema „Imperialismus heute – Neue Entwicklungen
und Tendenzen„ zu diskutieren:
Unter welchen historischen
Bedingungen der Entwicklung des Kapitalismus erfolgte die Leninsche
Imperialismusanalyse?
Wie charakterisierte Lenin den sich
am Anfang des 20. Jahrhunderts herausbildenden Imperialismus? Durch welche
wesentlichen Widersprüche war dieses Entwicklungsstadium des Kapitalismus
gekennzeichnet?
Gibt es eine neue Qualität in der
Entwicklung des Imperialismus in unserer Zeit? Durch welche Bedingungen,
Strukturen und Prozesse ist diese neue Qualität bestimmt?
Welche Folgerungen ergeben sich
daraus für das praktische Handeln von Kommunisten?
Einige Argumente und Denkanstöße
soll der folgende Beitrag liefern. Darüber hinaus könnten wir uns vorstellen
und halten es für wünschenswert, daß dieser Beitrag auch zu einer Diskussion in
der UZ führt.
Die vollständige Fassung des
Beitrags von Jörg Miehe wird im Reader abgedruckt.
Nina Hager/ Jörg Miehe
Die
Aneignung der Leninschen Analyse bezieht sich am besten auf das Original:
Lenin
Der Imperialismus als höchstes
Stadium des Kapitalismus, Lenin Werke (LW) Bd 22, S.189-356, oder als
Broschüre; beide Dietz, Berlin, DDR, versch. J.
Der
historische Hintergrund des klassischen Imperialismus und der Entwicklungen im
20. Jahrhundert bis heute ist fundiert und aus marxistischer Sicht nachzulesen
in den beiden Büchern von
Eric Hobsbawm
Das imperiale Zeitalter 1875-1914,
dtv-TB-Verlag, München 1996 und
Das Zeitalter der Extreme,
Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts; Hanser, München 1994
Zur
politisch/militärischen Geschichte der Fakten können zunächst durchaus die
Kurzeinführungen
dtv-Atlas zur Geschichte (mit vielen instruktiven Karten!),
Bd 2, oder auch
Immanuel Geiss, Geschichte im Überblick, Rowohlt
Tb, Reinbeck b Hmg, 1986
dienen,
auch wenn sie keine marxistische Sichtweise bietenGenauere und zahlreichere
Literaturhinweise, eventuell auch Kopien von Texten sollen im Reader abgedruckt
werden
Globalisierung und Imperialismus
Jörg Miehe Sept 1999
I Neue
Erscheinungen
in der
Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaftsformation
1. technisierte Lebensweise,
Arbeitslosigkeit und unsichere Perspektiven
2. Begleiterscheinungen,
Hintergründe und Ursachen
II Neues im Alten – oder eine neue
Phase?
1. Vielfalt der Kennzeichnungen,
Unklarheit über Sache und Begriff
2. Periodisierung der kapitalistischen
Entwicklung im Marxismus
3. Kriterien der Formierung
kapitalistischer Entwicklungsphasen
historisches Verhältnis von Kapital zu Staat
und Politik: Imperialismus und Stamokap
Transnationalisierung der Produktion und
Nationalstaaten
III Zur Weltgeschichte des Industriekapitalismus:
Perioden der kapitalistischen
Industrialisierung,
der Entwicklung des
Kapitals und seiner Formation
IV Zur Geschichte des Imperialismus in der kapitalistischen Entwicklung
1. Kolonialismus und alter Imperialismus
im Übergang zur Industrialisierung
2. Weltpolitik: Neuer Imperialismus
3. Die Auseinandersetzungen in und um
Europa und Vorderasien
4. Die Rolle Deutschlands
5. Die weitere Entwicklung im und nach dem
1. Weltkrieg
6. Weltwirtschaftskrise
7. 2. Weltkrieg
8. Nach dem 2. Weltkrieg 1945
V Lenin und der
klassische Imperialismus
1. Lenin und der klassische Imperialismus
· Weltökonomie
· Monopole und die Weltwirtschaft
2. Lenins Folgerungen
3. Historisch-theoretische Gesamtcharakterisierung des
"Imperialismus"
----------------------------------------
LiteraturAuswahl kurz
I. Imperialismus:
II. Globalisierung
LiteraturAuswahl länger
Globalisierung und Imperialismus
Jörg Miehe Sept 1999
I Neue Erscheinungen
in der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaftsformation
1. technisierte Lebensweise, Arbeitslosigkeit
und unsichere Perspektiven
Seit mehreren Jahrzehnten haben sich in der BRD und in den meisten
hochindustrialisierten kapitalistischen Ländern für die Lohnabhängigen
grundlegende Änderungen ihrer Lebenslage ergeben. Wie schon
zuvor, in den Jahrzehnten seit dem Ende des zweiten Weltkrieges, nimmt der
materiell-stoffliche Wohlstand weiterhin zu, wenn auch mit wertmäßig geringeren
Wachstumsraten. Daneben entwickeln sich zunehmend Arbeitshetze und Konkurrenz,
das Arbeiten rund um die Uhr mit vergrößerter und verfeinerter Technik,
Absenkung des Lohnniveaus für Neulinge oder ganzen Branchen, auch bei höher
qualifizierten und Unsicherheit des Arbeitsvertrages wie der sozialen Sicherungen,
Wachstum von informellen Arbeitsverhältnissen und Dienstbotenjobs und wieder
zunehmende Arbeitslosigkeit - und dies bei Zunahme der Produktion
gesellschaftlichen Reichtums. Das sind die neuen, alten Verhältnisse der
Lohnarbeit.
Bis in die mittleren und höheren Entlohnungs- und Qualifikationsstufen
hinein besteht die Gefahr der Erwerbslosigkeit. Die Konkurrenz um
Ausbildung, Abschlüsse und Berufseinstieg, um Beschäftigung und Aufstieg hat
durch die Bedrohung wieder an Schärfe zugenommen, die Perspektiven werden unsicher.
Eltern können ihre Kinder nicht mehr ohne Kampf weiterbringen, auch die
Lebensplanung wird wieder problematisch. Ein Grundzug des früheren
Proletarierdaseins schleicht sich auf neuem Niveau und in vielen Rängen, unter
postmoderner Verdrehung als Flexibilität gefeiert, wieder in die Metropolen
des Kapitalismus ein.
Seit 1975 gibt es bei jeder normalen Krise wieder schrumpfende Industrieproduktion,
Entlassungen und ein jeweils sprunghaft wachsendes Erwerbslosenheer. Davon bildet sich
stufenweise ein größer werdendes stehendes Heer von Arbeitslosen und wieder
ein Lumpenproletariat sowie eine Elendsschicht.
Der Warencharakter der menschlichen Arbeitskraft setzt sich wieder ungebremster durch.
Zunehmend werden auch die anderen Lebens- und Gesellschaftsverhältnisse dem
Marktverkehr angepaßt und vom Kapital erobert.
Die industrielle Revolutionierung der Lebensweise vertiefte sich als
Prozeß der Technisierung der privaten Reproduktion in den USA schon seit den 20er
und in Europa seit den 50er Jahren dieses Jahrhunderts. Obwohl das
durchschnittliche statistische Realeinkommen nach 1975 in den USA und den
zentralen europäischen kapitalistischen Ländern nur wenig stieg, wurde die
privat genutzte Technik erweitert und ihr Gebrauchswert weiterentwickelt.
Die Umstände sind nicht in allen Ländern gleich, aber sie nähern sich
einander an. Diese und andere Veränderungen des Alltagslebens werden öffentlich
beschönigend als unvermeidliche Auswirkungen der Globalisierung der
Ökonomie beschrieben.
2. Begleiterscheinungen, Hintergründe und
Ursachen
Bei genauerem Hinsehen und etwas historischer Perspektive zeigt sich
natürlich sehr schnell, daß mit dem Wort Globalisierung das
Ergebnis einer Vielzahl von Prozessen und Veränderungen auf einen vereinfachten
Nenner gebracht wird. Zu diesen Prozessen und Veränderungen gehören:
Wachstumsraten und Akkumulation
Seit der Krise 1975 wächst zwar die weltweite industrielle Produktion
weiter, aber die Wachstumsraten des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der Industrieproduktion sind erheblich
zurückgegangen. Die Akkumulation des Kapitals verlangsamte
sich gegenüber der Zeit nach 1945 vor allem in Europa und Japan.
Veränderung der stofflichen Basis der industriellen
Produktion
Die stoffliche Basis der industriellen Produktion und der privaten
Reproduktion hat sich im Laufe der letzten 50 Jahre erheblich geändert. Zwar
werden auch die bisherigen Stoffe zunehmend gebraucht, aber das Erdöl
und seine Kunststoffabkömmlinge haben eine überragende Bedeutung
gewonnen.
EDV-Revolution der Produktivkräfte
Die industrielle Produktion wird weiter mechanisiert. Durch automatische
Systeme und Roboter erreicht der Prozeß neue Felder und Dimensionen,
zuletzt bei der dramatischen Verringerung der Lagerhaltung und der Automatisierung
der Logistik.
Auch Verwaltungsvorgänge der Datenaufnahme, -speicherung und
-verarbeitung, und -weiterleitung werden einer andauernden Umwälzung
unterzogen, zunächst mittels Großrechenanlagen und dann durch den
personal computer (PC). Zuletzt wird die globale Kommunikation durch die
Übertragung von Daten mittels Satelliten und Glasfaserkabeln innerhalb von weltweiten
Netzwerken grundlegend weiter entwickelt. Ermöglicht wird dies durch
eine sowohl stetige und als auch stufenweise Revolutionierung der
elektronischen Datenverarbeitung.
Ende von Bretton Woods
Das Weltwährungssystem von Bretton Woods, zum
Ende des 2. Weltkrieges unter der Vorherrschaft der USA eingerichtet, wurde
bis 1973 endgültig aufgelöst. Die zwischennationalen Währungsverhältnisse
wurden wieder dem Spiel der einzelnen nationalen Interessen ausgeliefert. Der
Dollar blieb allerdings zunächst weiter einzig bedeutendes Weltgeld.
Dies und das Gewicht der USA im Internationalen Währungsfond (IWF)
liessen deren Interessen weiterhin dominant bleiben. Die nationalen Zinssätze
differierten erheblich, ebenso die Inflationsraten. Große Instabilität der
Profite im internationalen Handel, bei internationalen Investitionen in
Wertpapieren und industriellen Direktinvestitionen, sowie Spekulation auf
Änderungen der Währungsparitäten waren die Folgen.
Keynesianische Krisenbekämpfung; Staatsver schuldung
und Inflation
Seit Beginn der 70er bis in die 80er Jahre erhöhten sich die Inflationsraten
auch in der entwickelten Welt des Kapitals. Die keynesianische
Krisenbekämpfung, in verschiedenen Ländern eher ein Nebenprodukt der
Hochrüstung, erhöhte allgemein die Staatsverschuldung, trieb die Zinsen
hoch und verengte die Haushaltsspielräume. Die realen Zinsen sanken. Hohe Inflation
bei Stagnation des BIP, sog. Stagflation, führten zur Ohnmacht staatlicher
Konjunkturpolitik im kapitalistischen Europa. Im Lauf der 80er Jahre
reduzierten sich die Inflationsraten wieder. Die Rohstoffpreise sanken
inzwischen kontinuierlich.
Die Staatsverschuldung ermöglichte eine staatlich gesicherte Kapitalrente
für Besserverdienende und erweiterte so die soziale Basis des Kapitals und
des Kapitalismus.
Opec, Eurodollars und die Internationali sierung des
Kapitalverkehrs
Mit den zwei Preiserhöhungen des Rohöls durch das Kartell der
Ölförderländer (Opec) vergrößerte sich sprunghaft der Markt für Geld und Anleihen
in Dollar außerhalb der USA. Die Internationalisierung des Kapitalverkehrs
nahm außerordentlich zu.
Die Preiserhöhungen des Rohöls werden allerdings durch die
Teuerung der dafür gekauften Industrieausrüstungen in den 80er Jahren bald
wieder aufgesogen.
Konzentration und Zentralisation
Die Industrieproduktion wuchs von 40/45/50 bis 70/75
vorrangig mit den Betrieben, seitdem vorrangig mit der Vermehrung der Zweigbetriebe.
Die Akkumulation vollzog sich gesetzmäßig nicht nur als Konzentration,
sondern zunehmend, auch bei Banken und Versicherungen, als Zentralisation.
Insgesamt setzte das Finanzkapital sein Wachstum und seinen Siegeszug
fort.
Internationalisierung des Finanzkapitals; Neue Formen
Seit den 80er Jahren hat sich der internationale Handel mit kurzfristigen
Werten und mit Währungen erheblich ausgeweitet, seit den 90ern dramatisch
vergrößert. Die zunehmende Menge überschüssigen Geldkapitals
sucht spekulative Anlage, da die industrielle Akkumulation weltweit seit etwa
1975 erheblich zurückgegangen ist. Die Deregulierung der Finanz-
und Währungsmärkte durch die Nationalstaaten ist diesem Interesse des
Finanzkapitals nachgekommen und hat ihm Vorschub geleistet. In dieser Sphäre
sind entsprechend neue Formen des Finanzkapitals, neue Märkte,
neue Formen und Institutionen des Handels entstanden. Die Verbindung
dieser Sphäre des Finanzkapitals mit den neuen elektronischen Formen der
Datenverarbeitung und Datenfernübertragung hat sie als Casinokapitalismus
zum Symbol der Globalisierung werden lassen.
Die Rückwirkungen dieser Sphäre auf die nationale Geld-,
Zins-, Währungs-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik der vielen Staaten, ist
Dreh- und Angelpunkt der Debatte über die Möglichkeit nationaler Wirtschaftspolitik.
Dabei ist es zunächst gleichgültig, ob die Diskussionen real veranlaßt,
ideologisch motiviert oder manipulativ genutzt sind. Auch hierbei spielen die
USA eine Sonderrolle.
Vom Güterexport zum Kapitalexport; Internationalisierung
der Produktion, TNKs; Wissenschaft als Produktivkraft
Das Größenwachstum der Industrieproduktion und der Konzerne,
sowie die Verengung und Verunsicherung der Absatzbedingungen im In- und
Ausland beschleunigte die Internationalisierung der Produktionsstandorte
durch die Konzerne. Der Kapitalexport der Nicht-US-Konzerne steigerte sich
erheblich. Die Konkurrenz internationalisiert und verschärft
sich und benutzt dafür die technologischen Umwälzungen bei Produkten
sowie Verfahren. Daher gewinnen die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen
(FuE) strategische Bedeutung für die Konkurrenz. Wissenschaft als Produktivkraft
setzt sich im Produktionsalltag durch. Es bildet sich eine Spitzengruppe von
sehr großen Transnationalen Konzernen heraus (TNKs).
Revolution von Ferntransport und Fernkommunikation
Der sich weiter ausdehnende Handel mit Industriegütern wurde mit Hilfe
einer sehr einfachen organisatorisch-technischen Revolution des
Frachtverkehrs bewältigt, beschleunigt und verbilligt: Dem Containertransport.
Die Organisierung der internationalen Finanz- und
Güterströme, der industriellen Arbeit und der Produktionsplanung wurde durch
die elektronische Revolution der Verarbeitung und Fernübertragung von Daten
sehr erleichtert, wenn nicht sogar erst ermöglicht
Maschinisierung und Elektronisierung der Konsumgüter
Die massenhafte Erhöhung der Reallöhne seit
1945/50 bis 1970/75 und die erhebliche Vergrößerung der Zahl der Lohnarbeiter,
auch jener mit mittleren und höheren Einkommen, ermöglichte den massenhaften
Absatz von neuen technischen Konsumgütern. Trotz dauernder
Verbesserung und größerem Gebrauchswert der Produkte, auch mittels Elektronik,
wurden sie stetig relativ oder absolut verbilligt, so daß sich ihr Absatz auf
immer breitere Bevölkerungsschichten ausdehnte. Auf diese Weise hat sich der
mit den Löhnen erwerbbare Gebrauchswert dramatisch vergrößert.
Revolutionierung
der Lebensweise: Technisierung des Konsums und der privaten Reproduktion
So haben z.B. Auto und Fernsehen die private Lebensweise von
Millionen Lohnabhängiger verändert. Für die dramatische Verringerung des
notwendigen privaten Arbeitsaufwandes zur Reproduktion der Familien
und Haushalte trugen allerdings vornehmlich so einfache, praktische und technisch
wenig revolutionäre Apparate wie Waschmaschine, Kühlschrank, Staubsauger und
manche Küchengeräte, sowie die Heizung mit Öl, Gas oder Fernwärme bei. Damit
verschwand die tägliche schwere körperliche Arbeit in den
Haushalten.
Veränderungen der Mehrwert- und der Profitrate
Bis 1980 ist die Mehrwertrate in den entwickelten
kapitalistischen Ländern gesunken. Auch die Profitrate
verminderte sich wohl wegen der Erhöhung des gesamten Kapitaleinsatzes.
Möglicherweise hat die dramatische Verbilligung und Effektivierung der
elektronischen Bestandteile der Produktionsausrüstungen diese Verminderung
eine Weile gebremst.
Perspektivlosigkeit des fordistisch-tayloristischen
Fabriksystems
Die weitere Effektivierung des Arbeitseinsatzes an den neuen Techniken
konnte mit dem alten fordistisch/tayloristischen Fabrikregime
nicht mehr erheblich weitergetrieben werden. Verschiedene neue Ansätze haben
kein grundlegend neues Fabrikregime für die kapitalistische Produktion
hervorgebracht, trotz Toyotismus, Lean Production, Just in Time oder Versuchen
mit Gruppenarbeit.
Historisch macht sich eine neue Betriebsweise im
Kapitalismus erforderlich.
Eine andere Wirtschaftspolitik - Deregulierung nach
innen und außen
Die Regierungen Thatcher in England, Reagan in den USA und Kohl in der BRD
setzten eine Umkehrung bisheriger Tendenzen der ökonomischen
Staatstätigkeiten durch. Propagandistisch und praktisch wurden der
Abschied vom Keynesianismus und die Inthronisierung des Neoliberalismus
inszeniert.
Nach innen kam es
1. zur Privatisierung bisheriger Staatsfirmen und staatlicher
Dienstleistungen, sowie zu deren Abbau;
2. zum Abbau der
Beschränkungen und Kontrollen des Kapitalverkehrs;
3. zur Deregulierung der Arbeits- und Sozialverhältnisse;
4. zur Bekämpfung der Tätigkeit der Organisationen der Arbeiterklasse;
5. zur Senkung der Steuern für Großeinkommen und Vermögen;
6. dagegen zur Erhöhung
für Lohnabhängige.
Nach außen kam es
7. zur Deregulierung des Kapitalverkehrs und des Handels.
In der BRD konnte dann die Mehrwertrate seit 1983 bis in die späten 90er
wieder gesteigert werden. Ob sich auch die Profitrate durchgreifend erhöht
hat, ist zumindest unklar (die Raten immer als gesellschaftlicher
Durchschnitt).
Als Haupthebel zur Verbesserung der Nettoprofitrate wurde
von den Regierungen die Verringerung der Besteuerung der Unternehmensgewinne
und Kapitalerträge eingesetzt.
Der andere Hebel bestand in der Schwächung der Kampfkraft der
Lohnarbeiter, um sie von Lohnerhöhungen als Teilhabe am Produktivitätszuwachs
der industriellen Produktion abzuhalten.
Internationale kapitalistische Regulierung ohne UNO
Gleichzeitig entwickelten die wichtigen kapitalistischen
Industriestaaten als G7 unter Führung der USA eine neue Ebene der
internationalen Abstimmung und Regulierung mit Hilfe ihrer Dominanz in IWF,
Weltbank und Welthandelsabkommen (GATT, umgewandelt
zur WTO).
Die Verschuldungskrisen vieler Entwicklungsländer, später auch der
sozialistischen, wurden mit Hilfe der Währungskredite des IWF zur
Öffnung für das private internationale Kapital genutzt.
Was früher durch Kanonenboote, Invasionen, Krieg oder
industrielle Durchdringung gelang, wird heute mit dem zwischenstaatlich organisierten
internationalen Währungskredit erreicht: Freie Bahn fürs Kapital.
Änderungen in Feldern, Ausmaß und Funktionsweise des
Stamokap
Die Tendenzen zur Deregulierung und Privatisierung führen das erreichte
Niveau des staats-monopolistischen Kapitalismus (Stamokap)
nicht auf Null. Der militärisch-industrielle Komplex bleibt am Leben, besonders
stark in den USA.
Trotz des massiven Sozialabbaus hat sich die Qualität der staatlich
organisierten sozialen Reproduktion zwar verschlechtert, aber keineswegs
dramatisch verkleinert. Insofern ist auch die Staatsquote in den
meisten Ländern nicht erheblich gesunken. Allerdings greift dies auch nicht
direkt in die Kapitalkreisläufe ein, sondern hält nur das Kapital bisher
weiterhin aus dieser Sphäre heraus.
Über die Gesamttendenz der Entwicklung des Stamokap haben wir bisher keinen
zuverlässigen Überblick.
II Neues im Alten – oder eine neue
Phase?
1. Vielfalt der Kennzeichnungen,
Unklarheit über Sache und Begriff
Die Bezeichnungen für die sich seit Anfang der 70er Jahre herausbildenden
Verhältnisse sind vielfältig:
Globalisierung, oder Casinokapitalismus, Postfordismus, oder Dienstleistungs-,
Informations-, Wissens-, oder Risikogesellschaft, auch Neoliberalismus,
entfesselter Kapitalismus, Kapitalismus pur und sicher noch einige mehr
- aber auch weiterhin: Imperialismus.
Meist werden einzelne reale Seiten hervorgehoben, ohne doch schon
überzeugend einen Kern bezeichnen zu können. Das gilt auch für die beiden
Kennzeichnungen Neoliberalismus und Imperialismus,
um deren angebliche Alternative es in der DKP seit einiger Zeit eine
Diskussion gibt.
Neoliberalismus kennzeichnet Ideologie, Programm und Praxis des Umbaus der bisherigen
keynesianisch bestimmten staatlichen Formierung der kapitalistischen
Vergesellschaftung.
Insofern ist Neoliberalismus wesentlicher ideeller und praktisch
staatlicher Teil der sich neu herausbildenden Verhältnisse - und daher nicht
gut geeignet das neue Ganze im Kern zu bezeichnen.
Imperialismus hingegen ist die Kennzeichnung für eine sich seit 1870/75 herausbildenden
Phase der Weltgeschichte des Industriekapitalismus und der Begriff für die Art
der staatlich vermittelten Formierung der kapitalistischen Entwicklung.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß wesentliche Strukturmomente des
Kapitalismus seit dieser Zeit sich sogar verstärkt haben (Monopolisierung,
Finanzkapital, Finanzoligarchie,
gefragt werden, ob die damaligen Umstände der Formierung des Kapitalismus
zum Imperialismus nicht von den heute neuen Umständen übertönt werden und zu
einer neuen Art der Formierung drängen.
2. Periodisierung der kapitalistischen Entwicklung
im Marxismus
Sowohl in der allgemeinen Debatte, wie auch bei der Diskussion in der DKP
wird stillschweigend unterstellt, daß es so etwas wie Perioden der
geschichtlichen Entwicklung des Industriekapitalismus gebe. Ob
Imperialismus, Fordismus oder Globalisierung, immer werden spezielle Strukturen
des Kapitalismus mit zeitlichen Abschnitten verbunden.
Marx hat keine Theorie der Periodisierung der kapitalistischen
Entwicklung hinterlassen. Seine im Kapital immer mal wieder verwendeten
Einteilungen - Verlags-, Manufaktur- und Industrie-Kapitalismus -
knüpfen an das jeweilige historische Ensemble von Produktivkräften an, das
mit bestimmten Formen des Kapitals verbunden war und zeichnen das historische
Eindringen des Kapitals in die gesellschaftliche Produktion nach.
Theoretisch leitet Marx für den Industriekapitalismus ab, daß die vielen Einzelkapitale aufgrund
der Akkumulation mittels Zentralisation und Konzentration zum Monopol tendieren
und so die freie in monopolistische Konkurrenz verwandeln. Die neuen
Aktiengesellschaften sah Marx als Ausdruck dieses Prozesses an. Die
Entwicklung der Formen der Konkurrenz ergibt sich aus veränderten
Größenverhältnissen der Einzelkapitale zueinander und verändert die Weise der Ausgleichung
der Profitraten.
Lenin greift dies auf, führt die Monopolisierung vorrangig auf die
Entwicklung und Vergrößerung der Produktivkräfte zurück und macht daraus eine
grundlegende Phaseneinteilung der Entwicklung des Industriekapitalismus.
Außerdem erklärt er wichtige Erscheinungen aus der kapitalistischen Welt in
Ökonomie und Politik ab etwa 1875 bis in den 1. Weltkrieg hinein mit der
Monopolisierung und kennzeichnet den gesamten Komplex, nach der
hervorstechenden Erscheinung als Imperialismus.
So, wie diese Einteilung keine historischen Etappen innerhalb der Phase der
freien Konkurrenz kennt, nimmt sie auch keine weiteren Einteilungen nach dem
Ende des 1. Weltkrieges und bis heute vor. Das Raster ist und bleibt
zweiteilig, selbst wenn mit der Kategorie des Stamokap eine
Unterabteilung hinzugefügt wird. Nach ihrer inneren Logik lassen sich
aus dieser Einteilung keine weiteren Phasen konstruieren, sie verweist auf
keine nächste.
Mit der Diskussion um Globalisierung und Neoliberalismus auf Basis der
Monopolisierung, ist die Frage nach der Differenz von klassischem
Imperialismus und den heutigen Formen der Internationalisierung und
der Rolle der Nationalstaaten gestellt.
3. Kriterien der Formierung kapitalistischer
Entwicklungsphasen
Untersucht man die historischen Prozesse, die in der Weltgeschichte
des Industriekapitalismus seit seiner Entstehung bis in die heutige
Zeit vor sich gegangen sind, so zeigt sich:
Für die Formierung kapitalistischer Entwicklungsphasen gibt
es anscheinend ein jeweiliges Bündel von Umständen, das die Formierung
ermöglicht oder begünstigt. Sie gehören zu unterschiedlichen Ebenen des
historischen Prozesses. Dabei bestimmen die von Marx erarbeiteten Gesetze
der Dynamik des Kapitals bis heute die Entwicklung. Die von Lenin untersuchten
Strukturveränderungen des Kapitals aufgrund seines Wachstums zu
Monopolen sind ebenfalls weiter wirksam.
Zu den Bedingungen und Umständen der Formierung kapitalistischer
Entwicklungsphasen sind zu zählen:
1. Die Hauptfelder der
industriellen Produktion, der Mehrwertproduktion und der Profitaneignung;
stoffliche Bedingungen der Erzeugung des relativen Mehrwertes und der Erzielung
von Extraprofit (dominierende und wachstumsbestimmende Wirtschaftszweige,
Produktionen, Verfahren und Fabrikregime [Betriebsweise]);
2. Die durchschnittlichen
Größen der Wachstumsraten der industriellen Akkumulation; die Größen der
Mehrwert- und der Profitraten;
3. Die
Kräfteverhältnisse zwischen Kapital und Lohnarbeitern (u.a. abhängig von Geschwindigkeit
und Art der Akkumulation;)
4. Die Felder und Hebel
der Konkurrenz
5. Das Größenverhältnis
der Kapitale zur Staatlichkeit des Herkunftslandes und der anderen Länder des
Weltmarktes;
6. Die ökonomischen
sowie militärischen Größen- und Kräfteverhältnisse der kapitalistischen
Staaten;
7. Die staatliche
Organisierung der Reproduktion der materiellen und immateriellen
Infrastruktur und der Reproduktion der Arbeitskraft der Arbeiterklasse;
8. Die Lebenssituation
der Arbeiterklasse und ihre Differenzierungen;
9. Die soziale und
politische Basis des Kapitals; die ökonomisch-politische Kraft und Orientierung
der Arbeiterklasse,
10. sowie als Resultat:
das Kräfteverhältnisse der Hauptklassen.
In ihrer jeweiligen Ausbildung und ihrem Zusammenwirken bilden solche
Umstände anscheinend historische Konstellationen, die typische
Wachstumsmuster des Kapitals hervorrufen können, die man als jeweilige Formierung
der bürgerlichen Gesellschaft auffassen kann.
Von besonderer Bedeutung sind in diesen Formierungsprozessen offenbar auch
die Veränderungen im Verhältnis von Kapital zu Staat und Politik
sowie der Prozeß der Transnationalisierung der Produktion im Verhältnis
zur Existenz der gegebenen Nationalstaaten.
Historisches Verhältnis von Kapital
zu Staat und Politik: Imperialismus und Stamokap
Aufgrund des Wachstums des national entstandenen Monopolkapitals ergab
sich in der Ausdehnung des früheren Kolonialimperialismus durch die alten Großmächte
sowie bei und mit der Eroberung von Quasikolonien durch Japan und Deutschland
ein enger Verbund von Kapital und Nationalstaat. Die aus dem Wachstum
entstehenden Widersprüche, Überproduktion von Kapital und Waren, sollten
durch Anschluß und Ausbeutung von nichtindustrialisierten Regionen in
nicht-bürgerlicher Herrschaftsform gelöst werden: KolonialImperialismus
als kapitalistische Landnahme.
Die internationale Konkurrenz der Konzerne wurde durch jene zwischen den
partikularen nationalen Einheiten überlagert und zeitweilig zurückgedrängt.
Dies führte zu den beiden Weltkriegen.
In Japan gab es aus der kapitalistischen Revolution von oben bis in
den 2. Weltkrieg hinein wirksame Strukturen des Stamokap. Im 1.
Weltkrieg bildeten sich bei der Rüstungsproduktion in den beteiligten Ländern
ebenfalls Strukturen des Stamokap heraus. Sie wurden zunächst allerdings wieder
abgebaut. Erst nach der Weltwirtschaftskrise 1929/33 wurde diese Struktur in Deutschland
durch den Faschismus bei der Aufrüstung für die nächste imperialistische
Expansion schon vor dem Krieg zur Dauereinrichtung.
In den USA bildete sich mit dem New Deal eine zunächst
zivile und einen Klassenkompromiss anzielende Variante heraus. Ökonomisch
effektiv wurde sie allerdings auch erst mit der neuen Dimension der
Rüstungsproduktion für den 2. Weltkrieg. Und dabei ist es mit dem militärisch-industriellen
Komplex auch nach dem Ende des Krieges geblieben.
Transnationalisierung der Produktion und
Nationalstaaten
Die neue Qualität der Transnationalisierung der kapitalistischen
Großproduktion ist durch staatliches, neoliberal inspiriertes
Handeln ermöglicht worden.
Aber der Antrieb und die Sache selber finden sich in der Entwicklung der Produktionsweise,
nämlich der Ausdehnung und Revolutionierung der Produktivkräfte und der
Produktion, sowie der entsprechenden Änderungen der Produktionsverhältnisse.
Daß dabei die Grenzen der Nationalstaaten in neuer Weise
überschritten werden müssen, versetzt dieses gesetzmäßige Wachstum des Kapitals
mit den historisch entstandenen Formen und Realitäten des Überbaus der verschiedenen
bürgerlichen Gesellschaften in partielle Widersprüche. Der Überbau der
weltweiten kapitalistischen Formation existiert bisher grundlegend nur
partikular in den verschiedenen Nationalstaaten. Wegen der neuen Größenordnung
der großen Kapitale in den TNKs entspricht diese Partikularität des Überbaus
nicht mehr voll den gewachsenen Bedürfnissen dieses Teils der Basis.
Abgesehen vom Entwicklungsstand, spielen die unterschiedlichen
Dimensionen der Nationalstaaten, zwischen Kontinent und Kleinstaat für den
Prozeß der Internationalisierung eine unterschiedliche Rolle.
Die kontinentale Größenordnung der USA bildet offenbar noch eine
zureichende Basis für die weltweite Operationsfreiheit und Dominanz des US-Kapitals.
In Europa scheint das Kapital der transnationalen Konzerne auf
seinem Weg zur Internationalisierung eine Zwischenebene der Staatlichkeit
zu organisieren, zunächst als staatliches Kartell der Kohle- und
Stahlindustrie, dann als Zollgebiet, Absatzmarkt und jetzt mit gemeinsamer
Währung.
Daneben gibt es aus dem Ende des 2. Weltkrieges und der damaligen
absoluten Dominanz der USA in der kapitalistischen Welt eine Reihe von internationalen
Regulierungsinstitutionen zwischen den Staaten. Die weiter dominierenden
USA führen in diesen Institutionen seither mit Hilfe des informellen
Kartells der wichtigsten kapitalistischen Mächte, den G7.
Agressivität des heutigen Imperialismus
Wie ist das nun in diesem Zusammenhang mit der vor allem von Lenin in
seiner Analyse des Imperialismus herausgearbeiteten Tendenz zur Agressivität
der kapitalistischen Gesellschaften? Vor allem mit der Gefahr des Austrags
der Konkurrenz der Monopole der großen Staaten mit Hilfe von Krieg
gegeneinander - also einem 3. Weltkrieg? Diese alte Frage scheint immer noch
aktuell zu sein.
Die kriegerische Aggressivität gegen auszubeutende oder ausscherende
Länder hat eine längere Tradition als den klassischen Imperialismus.
Die grundlegenden Antriebe des Drangs zur Expansion des Kapitals sind
ungebrochen. Praktisch handelt es sich dabei um die Frage, ob es sich
lohnt, ökonomisch und politisch, nach außen und nach innen, ob es nicht anders
geht und ob es möglich ist.
Heutzutage lohnt es sich nur selten und es geht meist auch anders.
Von der kulturellen Dominanz, der ökonomischen Erpressung, dem Einkauf der
Bourgeoisie und anderer Schichten, der Bestechung von Politikern, über die
Kooperation mit den Militärs, von Geheimdienstaktionen bis zur Anheizung von
Terrorismus, Separatismus und ethnischen Säuberungen bis zum Bürgerkrieg
bleibt alles, wenn nötig, im Gebrauch, vorrangig durch die USA.
Die gleiche Frage stellt sich bei der kriegerischen Konkurrenz
untereinander. Lohnt es sich? Um welcher Vorteile willen sollten die Monopole
Japans, Europas und der USA gegeneinander Krieg führen, wo sie doch all diese
Vorteilen gemeinsam genießen, wenn auch konkurrierend? Für Japan und Europa
gilt auf weitere Jahrzehnte, daß sie die USA militärisch nicht herausfordern
können - ein Vergleich der Militärbudgets ist da sehr aufschlußreich.
Aus dem Dargelegten folgt: Ganz sicher befinden wir uns in einer Phase der
Auflösung der alten, keynesianischen Formierung, die durch die Führung der US-Kapitale
und ihres Staates bestimmt war.
Gleichwohl scheint sich die Dominanz der USA, vor allem militärisch
vermittelt, eher noch zu verstärken.
Eine neue Formierung hat sich anscheinend bisher nicht
herausgebildet.
Für die Klärung der heutigen Verhältnisse handelt es sich also darum, ob
und wie das vielfältige, teilweise disparat erscheinende Bündel an
alten und neuen Phänomenen sich zu einer neuen Konstellation für
eine neue längerfristige kapitalistische Formierung mausert.
Ob sich unter unseren Augen gerade eine solche Formierung abspielt, ist
unklar, vielleicht auch offen. Wahrscheinlich rührt auch daher das Rätseln um
eine treffende Begrifflichkeit für die neuen Verhältnisse.
III Geschichte
des Industrie-Kapitalismus
Skizze des Industrialisierungsprozesses1
unter dem Kapital
1 Diese Skizze ist entstanden, um den
ökonomischen Hintergrund des modernen Imperialismus um 1900 in seinen
langfristigen technisch-ökonomischen Zusammenhang stellen zu können. Die Darstellung
der Entwicklung der Produktivkräfte ist dabei notwendiger Gegenstand, aber
nicht das Ziel. Sie wird als Basis von säkularen Investitionsschüben mit ihren
langfristigen Wirkungen behandelt, wie es u.a. auch in den Diskussionen um sog.
Kondratieff-Zyklen getan wird. Allerdings werden hier solche Zyklen weder
gesucht noch unterstellt, dass es sie als regelmäßige Erscheinungen gibt. Der
eigentliche Gegenstand der Skizze ist damit die industrielle Kapitalanlage in
jeweils neue Produktionen und Technologien, soweit sie sich ökonomisch als
erfolgreich erweisen. Das Subjekt dieses Prozesses ist also, mit Marx zu
sprechen, das Kapital selbst als das Automatische Subjekt, die
individuellen Kapitalisten sind hingegen seine historischen Diener.
("..die ökonomischen Charaktermasken der Personen nur die Personifikationen
der ökonomischen Verhältnisse sind, als deren Träger sie sich gegenübertreten."
Kap I, MEW 23,S.100). Die Geschichte der industriellen Produktivkräfte ist also
in dieser Skizze nur als Produkt einer anderen Geschichte gedacht und dies wird
auch für die historische Entwicklung so unterstellt.
2 In der Skizze findet sich eine Einteilung der
Geschichte des Industriekapitalismus in 7 Hauptetappen. Diese Etappen oder
Phasen werden als historische Fundsachen
behandelt. Es wird nicht unterstellt, daß sich in ihnen eine irgend geartete Gesetzmäßigkeit darstellt und es wird
nach keiner solchen gesucht. Das betrifft sowohl die Ebene der technischen
Entwicklung als Bedingung der Möglichkeit bestimmter Produktionen und Produkte,
der auf technische Produkte bezogenen praktischen Bedürfnisse, wie auch die
darauf sich richtende (kaufkräftige) Nachfrage. Ebenso betrifft es die Verfügbarkeit
von entsprechenden Kapitalien, sowie die Annahmen über ihre künftig profitable
Verwertung mittels der neuen Investitionsrichtungen. Allerdings müßte eine
eingehendere Untersuchung der ökonomischen Zusammenhänge genauer der Frage
nachgehen, wann, warum und in welcher Weise es größere Mengen verfügbaren
Kapitals gab, und wann, warum und in welcher Weise dies auf technisch sich
anbietende oder erst herzustellende stoffliche Investitionschancen traf - eine
sehr verwickelte Frage, wie man an D.S.Landes umfangreichem Werk > Der
entfesselte Prometheus< studieren kann.
3 Aufgrund der Entstehung und unmittelbaren Verwendung
der Skizze konnten keine Belege aus der umfangreichen Literatur angeführt
werden.
4 Auch wenn für die Abfolge technischer Entwicklungen
und schon gar für ihre ökonomische Verwendung im Kapitalismus bisher keine
gesetzmäßige Gliederung gefunden werden kann, so ergeben sich für die
technischen Zusammenhänge einzelner Entwicklungsstränge doch deutliche
Abhängigkeiten. Für die Weiterentwicklung von Maschinen gilt natürlich, daß
ihre Materialgrundlage größere Belastungen und größere Genauigkeit erlauben muß
- also der Übergang von Holz zu Eisen und dann zu Stahl erfordert ist. Damit
wird dann eine Veränderung der Rohstoffbasis unumgänglich und entweder aus
anderen Bereichen aufgenommen oder - mit entsprechendem ökonomischen Interesse
ausgestattet - erst entwickelt. Ebenso gilt, daß die Weiterentwicklung von
Maschinen die Weiterentwicklung ihrer Antriebe erfordert - größere Kraft und
Schnelligkeit sowie eventuell Steuerbarkeit. Voraussetzungen und Bedingungen
dafür lassen sich jeweils an historischen Entwicklungen ablesen und im
Nachhinein auch gedanklich rekonstruieren. Diese stofflich und technologisch
bedingten Zusammenhänge lassen die ökonomische Verwendung von produktiven
Kräften, den technischen und den menschlichen nur in jeweils vorhandenen oder
sich als möglich zeigenden oder auszutestenden Bahnen zu. Eine auszuarbeitende
Geschichte der Verwendung der produktiven Kräfte der Gesellschaften hätte
zunächst schon mit der Nachzeichnung dieser Bedingungsgefüge genug zu tun,
bevor daran gegangen werden könnte, nach übergreifenden Gesetzmäßigkeiten der
Entwicklung und Ablösung von Betriebs- oder Produktionsweisen zu suchen. Das
hilflose Herumtappen bei der Diagnose der gegenwärtigen Entwicklung als dem
Ende des >Fordismus< und dem Beginn des >Postfordismus< zeigt das
zur Genüge.
Die erste
Periode dauert von etwa 1765 bis etwa 1780/1800
Sie umfaßt
zunächst die industrielle Mechanisierung der Baumwoll-Spinnerei in England
ab etwa 1765, 3
Danach ermöglicht die Herausbildung der mechanisierten Fertigung von
Maschinen mit Hilfe von Maschinen die ökonomische Produktion von technisch
effektiven Dampfmaschinen. Diese werden zunächst von Fahrzeugen für den
Transport von Massengütern auf Kurzstrecken, wie der Kohle, mit Werksbahnen
und Kleinschiffen wie auch zum Antrieb der Spinnmaschinen verwendet.
Mit Hilfe
von relativ einfachen Arbeitsmaschinen wird die unmittelbare Handarbeit
des Spinnens ersetzt: Spinning-Jenny, noch für Handantrieb, Waterframe und
Mule, sowie später Self-Actor für mechanischen Antrieb. Für den Antrieb von
mehreren dieser Maschinen, die mit zahlreichen Spindeln ausgerüstet sind, in
einer Fabrik wird zunächst das Wasserrad eingesetzt. Es entsteht die kapitalistische
Fabrik mit ihrem typischen Produktions- und Arbeitsregime, der
quasi-militärischen Betriebsorganisation, mit wenigen qualifizierten
Spezialisten und der unqualifizierten, billigen und ungeschützten Arbeit
Lohnabhängigen.
Die Klassen
von Industriekapitalisten und Industrieproletariat entstehen. Der über lange
Zeit währende Investitionsboom wird vorrangig aus der Akkumulation der ersten
Unternehmungen selbst finanziert und lässt die Baumwollkönige der
Spinnunternehmen entstehen.
Die
Baumwollindustrie in England bezieht ihren Rohstoff seit Anfang des 19.
Jahrhunderts zunehmend von der neu entstehenden und expandierenden Produktion
auf der Basis von Sklavenarbeit in den Südstaaten der USA! Die ökonomische
Ursache ist der Boom für Baumwollprodukte. Die billigen und qualitativ mäßigen
Baumwolltuche des englischen Tuchgewerbes gehen vorrangig in den Export, nach
Südamerika,
nach Nordamerika, in die Kolonien und in die abhängigen Gebiete des englischen
Empire. Später wird Indien zu einem Hauptabsatzgebiet, nachdem dort in der 2.
Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Hilfe der direkten Kolonialherrschaft die
qualitativ hochstehende und ausgedehnte Hausindustrie für Baumwolltuche
vernichtet wurde. Aufgrund der billigen Rohstoffe, der mechanisierten Produktion
mit Hilfe unqualifizierter und daher billiger Arbeit an den Maschinen und der
Ausdehnung der Absatzgebiete auch unter kolonialem Schutz, setzt sich der
anfängliche Boom der Baumwollprodukte in England über lange Zeit fort und
greift auch auf andere Länder über.
Die
dramatische Ausdehnung der Herstellung von Baumwollgarn auf neuer Produktions-
und Eigentumsgrundlage (fabrikindustrielle und kapitalistische
Produktionsweise) hat ökonomisch nicht nur den inneren Entwicklungstand
Englands, sondern auch den alten Kolonialimperialismus zur
Voraussetzung. Nachfolgend formt sie diesen um, dehnt ihn aus und befestigt
ihn.
Zusätzlich
und zunehmend werden weitere einfache Arbeitsmaschinen zur vorherigen
Aufbereitung der Baumwolle für den mechanischen Spinnprozess entwickelt und
systematisch in die Fabriken integriert.
Die Dampfmaschine
wird nur etwa 10 Jahre später von Watt zur Einsatzreife entwickelt und verbessert.
Das ist weder ursächlich noch für einige Zeit in der Verwendung mit der Mechanisierung
der Baumwollspinnerei verbunden. Eine solche Verbindung4
ergibt sich zunehmend erst in der zweiten Hälfte dieser ersten Phase.
Die ersten
Generationen von Maschinen werden noch aus Holz und von Handwerkern in
einfachen Werkstätten gefertigt, die Wasserräder und Transmissionen werden von
Mühlenbauern mit Hilfe von Eisen gebaut, das mit den bis zu dieser Zeit
vorhandenen Verfahren gewonnen und verarbeitet wird.
Zweite Periode
Die zweite
Periode dauert von 1780/1800 bis 1825
Erst ab den
Jahren um 1800 werden die Werkzeugmaschinen nach und nach auf das für
die neue industrielle Verwendung erforderliche technische Niveau gebracht.
Zuerst geschieht das mit der Drehbank für Eisengewinde, einem der
Kernelemente des Aufbaus moderner Maschinen. Dabei wird versucht den Entwicklungsstand
der Uhrmacherdrehbank, die ja schon eine außerordentliche Genauigkeit
bei der Metallbearbeitung erlaubt hatte, jetzt auf die Bearbeitung von größeren
Eisenteilen zu übertragen.
Danach wurde
durch den Mechaniker Maudsley die geniale und überaus weitreichende
Vorrichtung des zwangsgeführten Kreuzsupports für den Drehstahl an
Drehmaschinen mit automatischem Vorschub entwickelt und auch durch ihn in die
Praxis eingeführt. Erst damit wurde die Möglichkeit der maschinellen
Herstellung von Maschinen durch Maschinen eröffnet und damit die kapitalistische
Industrie auf ihre eigene technische Basis gestellt!
Durch die
Zwangsführung der Drehwerkzeuge wird die Wiederholbarkeit von
Bearbeitungsvorgängen, die Austauschbarkeit von Teilen, die Umsetzung
von dimensionierten Zeichnungen und später die Normung von industriellen
Konstruktionsteilen möglich. Ebenso wird erst dadurch der spätere
maschinelle Antrieb des Werkstücks, der Werkzeuge und des Vorschubes mit
größerer Kraft und Geschwindigkeit möglich. Mit einem Wort: Das ist das
technische Kernstück für die spätere Entwicklung der Mechanisierung und damit
der industriellen Massenproduktion.
Zentrale Verbesserung war die Erfindung des mechanisch fest geführten
Kreuz-Supports, des Werkzeughalters auf einem Schlitten, der dann ebenfalls
mechanisch und koordiniert von einer Spindel bewegt werden konnte. Damit war
Präzision, Wiederholbarkeit, also Normung, und mechanischer Antrieb für die
kreisförmige Metallbearbeitung möglich geworden. Hierbei ergab sich z.B. die
Standardisierung von Gewinden bei Muttern und Schrauben fast nebenher, aber
notwendig für die Möglichkeit ihrer industriellen Herstellung. Ebenso war erst
auf dieser Grundlage die Herstellung von standardisierten Produkten, deren
Teile, also auch Schrauben u.Ä., untereinander austauschbar waren
Hierbei war also das Imperium von Bedeutung, ebenso wie schon vorher durch
die Entwicklung von Bohrmaschinen für die Geschützherstellung, die für die
Herstellung von Zylindern für Dampfmaschinen verwendet wurden.
Erst die auf
diese Weise grundlegend verbesserten Metallbearbeitungsmaschinen lassen die
Fertigung von Zylindern und Kolben, von Lagern, Achsen, Wellen und Gelenken
mit geringen Toleranzen zu. Und erst dadurch konnte die im Prinzip schon
bekannte, doppelt wirkende Hochdruckdampfmaschine gebrauchsfähig
verwirklicht werden, nachdem die Patente von Watt endlich ausgelaufen waren.
Nach 45 Jahren Anwendung und Entwicklung wurde diese Maschine konstruktiv,
materialtechnisch und ökonomisch als universelle Antriebsmaschine tauglich
und stand damit der weiteren Industrialisierung zur Verfügung.
Dieser
effektivere Antrieb wird beim Abtransport der Kohle von den Bergwerken, bei
den Antrieben für Fluß- und Küstenschiffe und zahlreichen anderen Nutzungen
verwendet- noch relativ selten bei der nur sehr langsam zunehmenden Anwendung
in den Baumwollspinnereien. Zu der im Prinzip schon Jahrhunderte im Gebrauch
befindlichen Drehbank kommen in den nächsten Jahrzehnten die Metallhobelmaschine,
die verbesserte Bohrmaschine mit Wendelbohrer, die Fräsmaschine und
die Schleifmaschine hinzu. Entwickelt werden sie wegen produktions- oder
produkttechnischer oder wegen arbeitsökonomischer Erfordernisse.
Entwickler
und Träger dieser technischen Fortschritte sind zunächst kleinere
unternehmerisch geführte Werkstätten für kompliziertere Metallerzeugnisse,
wie z.B. Schlösser. Mehrere ihrer führenden Techniker, die z. T. auch die
geschäftliche Leitung übernehmen, kommen aus den Metallwerkstätten des Londoner
Arsenals. Diese staatliche monopolartige Produktions- und
Entwicklungseinrichtung ist das technische Zentrum der für die Aufrechterhaltung
und Erweiterung des englischen Empire in der Welt zentralen bewaffneten Hochseeflotte
mit ihren Kanonen. Der Übergang zu spezialisierten Unternehmen für
Werkzeugmaschinen, Antriebsmaschinen und Produktionsmaschinen, in denen dann
die weitere Entwicklung vorangetrieben wird, findet erst in den beiden
Jahrzehnten vor Ende dieser Phase statt.
Dritte Periode
Die dritte
Periode dauert von 1825 bis 1835/45.
Die neuen Metallbearbeitungsmaschinen,
nun durchgängig selber aus Metall bestehend, werden nach und nach mit den
verbesserten Dampfmaschinen verbunden und können so größere Kräfte entfalten
und höhere Bearbeitungsgeschwindigkeiten zeigen, bei erheblich größerer
Genauigkeiten und kleineren Toleranzen. Erst damit wird dann wirklich das Zeitalter
der industriellen Produktion von Produktionsmitteln eröffnet
Die Webmaschine
wird bis zum Ende der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts zur zuverlässigen,
stabilen und produktiven, aber teuren automatischen Ganzmetallmaschine entwickelt.
Diese Entwicklung war technisch erheblich schwieriger als die Entwicklung der
Spinnmaschinen. Seit ihrer ersten noch hölzernen Konstruktion für Handbetrieb
von 1785 und ihrer Überarbeitung für Dampfmaschinenantrieb 1889, beides durch
E. Cartwright, sind also mehr als 35 Jahre vergangen. Zusammen mit der vielfach
verbesserten Dampfmaschine kann nun auch die Herstellung von Baumwolltuch
zügig auf Fabrikbetrieb umgestellt werden.
Daraus
entsteht der zweite und letzte große Investitionsschub in der
Baumwollindustrie, mit der Folge einer erheblichen Steigerung der
Produktion und ihrem endgültigen Umzug in die großen Industriestädte.
Gegenüber dem Anfang der Industrialisierung mit den Spinning Jennies, aber
auch gegenüber den großen Spinnfabriken mit den Mules der späteren Jahrzehnte,
steigt hier das Kapitalminimum wegen der teuren einzelnen Maschinen und
wegen der ökonomisch notwendigen Größe der Fabriken noch einmal erheblich an.
Es folgt der dramatische Niedergang des Gewerbes der Heimweber von Baumwolle,
ob selbständig oder im Verlag, ob in England oder auf dem Kontinent.
Allerdings dauerte die vollständige Ablösung der Handarbeit in der Weberei
teilweise bis zum Ende des Jahrhunderts.
Damit war
die Mechanisierung der Tuchproduktion aus Baumwolle fast vollständig:
Von Entkernung der Baumwoll-Fruchtkapseln, über die Zubereitung der
Baumwollfasern, dem Spinnen bis zum Weben. Ernte und die Färbung waren
dagegen immer noch von traditionellen Verfahren mit Handarbeit gekennzeichnet.
Die mechanisierten Prozesse wurden nach und nach auch auf Wolle und andere
Fasern ausgedehnt.
Wie die
Baumwollspinnerei geht dieser Prozeß zunächst erst einmal in England vor sich,
verbreitet sich dann aber schneller als die Maschinenspinnerei auch in die
anderen sich industrialisierenden Länder.
Die
Umwälzung der technischen Grundlage der Metallbearbeitungsmaschinen
macht die Entwicklung der prinzipiell stationären (auch auf großen beweglichen
Plattformen: Schiffen und Eisenbahnen), universalen Antriebsmaschine und die
serienmäßige Produktion von Spinnmaschinen, Webautomaten und Dampfmaschinen,
letztere allerdings in erheblich kleinerer Zahl, möglich. Als Resultat der
ersten Periode der Industrialisierung sind somit Werkzeugmaschinenbau,
Dampfmaschinenbau und Produktionsmaschinenbau als industrialisierte und
spezialisierte Gewerbe oder Industrien vorhanden - genug Entwicklungspotential,
um den Wechsel des nächsten säkularen Investitionsbooms technisch und
ökonomisch in eine ganz neue Dimension tragen zu können.
Die maschinelle Herstellung von Maschinen war geboren. Die Revolution
der Produktivkräfte hatte ihr technisches Zentrum entwickelt. Nicht nur
die Produktion von Arbeits- und Antriebsmaschinen, sondern die Produktion von
Werkzeugmaschinen selbst, wie der Drehbank, wurde zu einem industriellen Gewerbe
auf kapitalistischer Grundlage.
Für die
neuen Verwendungen im Maschinenbau reichte der bisherige Werkstoff Eisen nicht
mehr aus. Zunehmend musste Stahl verwendet werden. Dessen Grundlage
blieb in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts die Reduktion und
Schmelzung von Eisenerz in Hochöfen. Dieser Prozess war schon im 18.
Jahrhundert zumindest in England auf Kohleverbrennung mit Koks umgestellt
worden und zunehmend in größeren Einheiten erfolgt. Der Prozess selbst lief
selbständig ab, die Nebenprozesse der Zufuhr, des Abstichs und Regelung
blieben aber lange Zeit noch handwerklich bestimmt. Eine erhebliche
energetische Verbesserung, und damit eine spezifische Verringerung des
Kohlverbrauchs wurde mit der Einführung von Winderhitzern erreicht, die
die zugeführte Verbrennungsluft mit der Hitze der Abgase erwärmte. Dieser
Vorgang leitete die weitergehende Mechanisierung der Hochofennebenprozesses ein.
Wesentlich
für die mengenmäßig größere Gewinnung des Rohstoffes Stahl war die Entwicklung
und Einführung des neuen Verfahrens des Puddelns in neuen Wärmeöfen. Damit
konnten größere Mengen Roheisen in größere Mengen Flußstahl verwandelt
werden. Allerdings war auch dieses Verfahren noch manufakturell und daher
mengenmäßig doch begrenzt. Der Flußstahl konnte entweder direkt in Formen als Gußstahl
oder als Tigelstahl zu Halbzeug gegossen werden. Dieses wurde mit
den inzwischen weiter entwickelten Walzmaschinen, angetrieben von
Dampfmaschinen, weiterverarbeitet. Größere Mengen an Walzerzeugnissen, wie
u.a. zu Eisenbahnschienen, wurden allerdings weiterhin aus nur aus Eisen
hergestellt.
Die
Förderung von Kohle und Eisenerz, der schnelle Landtransport über größere
Strecken, sowie die Eisen- und Stahlherstellung verblieben bis zu dieser
Periode noch auf ihrem vorindustriellen Niveau. Dagegen war der langsame
Transport für Massengüter und schwere Einzelteile mit Dampfschifffahrt auf
Kanälen, Flüssen und in Küstengewässern schon mechanisiert, allerdings ohne
die Umschlagprozesse. Für den Personentransport gilt ähnliches.
Die vierte
Periode
Die vierte
Periode dauert von 1835/45 bis 1870/75
Die vierte
Periode beginnt zögernd in den 30er Jahren. Die Entwicklung gewinnt Tempo
in den 40er Jahren des 19. und dauert bis in die 70er Jahre des Jahrhunderts.
Der neue große Boom von Investitionen geht vom Eisenbahnbau aus. Wiederum ist
England der Ausgangspunkt, wie bei der Spinnerei und der Maschinenweberei.
Der Boom
umfaßt mehrere spekulative Wellen der Anlage von konstantem fixem Kapital in
zunächst kleineren dann in großen Eisenbahnprojekten. Der zusätzliche Bedarf
an schnellem und zuverlässigem Landtransporten für Massengüter und auch für
Personen hat sich mit dem Baumwollboom verstärkt, aber die Bahnprojekte setzen
zunehmend auf Nachfrage nach Transportleistungen, die erst nachträglich aus
weiteren Industrialisierungsvorgängen und Verstädterungen entstehen soll. Er
wird von privatem Kapital der Klein-, Mittel- und der Großbourgeoisie in Form
von Aktien für neue Gesellschaften finanziert. Dabei spielen zunehmend neue
Banken eine Rolle, die ebenfalls als Aktiengesellschaften eingerichtet sind.
Die
technischen Voraussetzungen für den Eisenbahnbau, starke, kleine, effektive
Dampfmaschinen, gewalzte Eisen-, später Stahlschienen und Stahlräder, waren
inzwischen vorhanden. Er begann zögerlich in England und auch Deutschland mit
kleineren Projekten Ende der 20er und in den 30er Jahren und beschleunigte sich
dann dramatisch. Er verwandelte innerhalb kurzer Zeit nach Großbritannien auch
in Deutschland, Frankreich und den USA, später auch in Ländern mit
ausschließlich agrarischer Großproduktion den Landtransport mit dem Betrieb der
Eisenbahnen zu einem kapitalistischen, später z.T. auch staatlichen,
industriellen Großgewerbe.
England
gewinnt zusätzlich zum Baumwollgarn eine herausragende Stellung als Industrieausrüster
für die Exportmärkte - es wird zur Werkstatt der Welt. Allerdings macht die Industrialisierung
nach Belgien und starken Anfängen in Frankreich vor allem in Deutschland und
den USA ab den 40er Jahren mit dem Eisenbahnbau und dem Maschinenbau riesige
Fortschritte, wobei die Montanindustrie aus Kohlebergbau, Eisenproduktion und
-verarbeitung, entsprechend mitwächst. Dagegen kann die Produktion von Stahl und
seine Verwendung in allen Ländern aus technischen Gründen sich nicht
entsprechend ausdehnen.
Für die USA
spielt besonders die Motorisierung der Schifffahrt auf Flüssen und entlang der
Küsten für den Dampfmaschinenbau für die Serienproduktion von Produktionsmitteln
und die Produktion entsprechender Werkzeugmaschinen eine zentrale Rolle. Die
einfache Mechanisierung der riesigen Landwirtschaft zunächst ohne Motorantrieb
und die Industrialisierung der Fleischverarbeitung sind weitere Prozesse, die
in die gleiche Richtung wirken. Die Entwicklung dieser Zweige wird durch
zunehmenden Export von Getreide und Fleischkonserven unterstützt.
Wie schon
bei der Mechanisierung der Werkzeugmaschinen der Einfluß des Londoner Arsenals
zeigt sich auch in den USA die zentrale Bedeutung der Waffen- und
Militärproduktion für die technische Entwicklung. Die Standardisierung und
genaue Produktion von Waffenteilen, zunächst beim sog Trommelrevolver "Colt",
einer ersten mehrschüssigen Faustfeuerwaffe, bekannt aus "Westernfilmen",
ermöglicht die Serienproduktion in neuer Größenordnung. Die rasante Steigerung
der Nachfrage nach Faustfeuerwaffen, Gewehren und Maschinengewehren, vor allem
im amerikanischen Bürgerkrieg, ist dann u.a. der Katalysator für diese
Entwicklung. Sie wirkt nachdrücklich auf die Entwicklung von Werkzeugmaschinen
zurück, um deren Bedienung nicht von dem Mangel an spezialisierten Mechanikern
in den USA behindern zu lassen.
(UniversalFräser, Schleifmaschinen
aus der g d Nähmaschinenproduktion?).
Mit dem
industriellen Maschinen- und Werkzeugmaschinenbau beginnt die Rolle von Ingenieuren
und Ingenieurswissenschaften in der industriellen Produktion und gewinnt an Gewicht
- die Wissenschaft hält langsam Einzug in die kapitalistische Produktion.
Ausbildung an Schulen und Hochschulen sowie die Forschung werden zu immer
wichtigeren gesellschaftlichen Einrichtungen als Vorlauf für die industrielle
Produktion. Hier verliert England schon am Beginn den Anschluss an die künftige
Entwicklung der wissenschaftlichen Industrien der dritten Periode, während
gerade das in der ersten Periode und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
politisch und ökonomisch zurückgebliebene Deutschland in dieser Zeit die
Grundlagen für die Spitzenposition in der dritten Periode legt.
Die
politischen Einschnitte von 1848 und 1871 in Europa bilden für die technische
Grundlage des langfristigen Industrialisierungsprozesses keine Zäsur. Bei 1848
ist dies nicht so deutlich, weil gleichzeitig eine tiefe konjunkturelle Krise
stattfand, die dann wieder den Ausgangspunkt für eine weitere rasante Welle
neuer Kapitalanlagen bildete. 1871 ist doppelgesichtig. Für Deutschland wird
eine Hochkonjunktur zusätzlich durch den „goldenen Schuß“ der französischen
Reparationen, die politische Annexion sowie die industriell-kapitalistische
Einverleibung Elsaß-Lothringens mit den dortigen Eisenerzvorkommen verstärkt
und verlängert. Für Frankreich ergeben sich entsprechende negative
Konsequenzen.
Der Krieg
von 1871 gegen Frankreich hatte noch etwas von den alten Eroberungs- und Dominanzkriegen
des feudal-absolutistischen Europas und schon etwas von einem industriell-imperialistischen
Feldzug um Rohstoffquellen. Der relative Vorsprung Frankreichs in der Industrialisierung
gegenüber Deutschland begann seitdem sehr schnell zu schwinden.
Für ganz
Europa bricht dann 1873 die fällige tiefe Akkumulationskrise aus. Daraus entwickelt
sich als neues ökonomisches Phänomen eine zwei Jahrzehnte währende Depression.
In den USA
bricht das industrielle Wachstum mit dem Bürgerkrieg 1961 zunächst ab. Danach
setzt es sich dann allerdings mit einer massiven Rekonstruktionskonjunktur ab
1865 bis 1877 verstärkt fort und überspringt so zunächst die europäische Krise
von 1873.
Für Europa
gilt, daß die politischen Ereignisse die Bourgeoisien auf verschiedene Weise
stärken und das Proletariat "auf seinen Platz verweisen". Das gilt
für die Niederlage des Chartismus in England in den 30er und 40er Jahren, die
scheiternden Revolutionen von 1848 auf dem Kontinent, wie für den Sieg der
Reaktion gegen die Pariser Kommune 1871. Es gilt aber auch für den Bürgerkrieg
in den USA. Dort bildet sich eine große Klassenkoalition zur Sicherung der
bürgerlichen Eigentumsverhältnisse auf dem Lande gegen die reaktionäre
Produktionsweise aus Großgrundbesitz und Plantagenbetrieb auf Sklavenbasis im
Süden. Im Ergebnis verhilft diese politische Koalition der kapitalistischen
Produktion auf der Grundlage der freien Lohnarbeit zum Durchbruch und läßt ein
wachsendes Industrieproletariat entstehen.
In der Stahlproduktion
wird mit der Erfindung der Bessemerbirne Ende der 50er Jahre ein neues,
großindustrielles Verfahren für Flussstahl entwickelt. Allerdings sind seine
Anwendbarkeit und sein Einsatz zunächst noch auf wenige nicht sehr verbreitete
Eisensorten begrenzt. Das Siemens-Martin-Verfahren aus den 60ern bedeutet
einen weiteren Produktivitätssprung auf einem anderen Verfahrensweg, kommt
aber auch erst in den 70ern in verschiedenen Ländern zum technischen Großeinsatz.
Der Abbau
der Steinkohle im Untertageabbau der Bergwerke ist in seinem Arbeitskern,
dem Kohlehacken immer noch knochenharte Arbeit mit Handwerkszeug. Nur der
Transport auf den Sohlen, im Schacht und von der Grube wird zunehmend
mechanisiert und maschinisiert (in den Bergwerken Pferdebahnen, später Elektroloks
und Aufzüge mit Dampfkraft, zur Wasserhaltung Pumpen mit Dampfkraft, zum Abtransport
Eisenbahnen). Grundlegende technische Änderungen werden erst in der nächsten
Industrialisierungsphase entwickelt und eingeführt. Ähnliches gilt für den
Eisenerzbergbau.
So ist der Gesamtzyklus
der industriellen Produktion auch in seiner anfänglichen Konfiguration
immer noch unvollständig. Ebenso wie der Bergbau sind auch das Baugewerbe,
Tief- wie auch Hochbau, die Baustoffgewinnung, und auch die Landwirtschaft
noch nicht industriell mechanisiert. Auch viele andere Gewerben werden erst
nach und nach in die kapitalistische und industrielle Produktionsweise
einbezogen.
Von
technischen Konsumgütern ist noch nichts zu sehen, wenn man den Colt als
Faustfeuerwaffe nicht so werten will. Technische Produktionsmittel für den
Haushalt gibt es bisher nur eines - die Nähmaschine. Sie ist eine jener wenigen
Entwicklungen, die überhaupt und von vorn herein eine doppelte Verwendung
gestatten: Die gewerbliche, wie auch die private häusliche. In der
verlagsmäßigen Heimarbeit wird dann beides gewinnträchtig kombiniert.
Die fünfte
Periode
Die fünfte
Periode dauert von 1875 bis 1914
Die fünfte
Periode beginnt in Europa mit der Krise von 1873 und endet aus
politischen Gründen mit dem Kriegsbeginn 1914. In den USA beginnt sie
später und geht schon vor 1914 trotz Beteiligung am europäischen Krieg ohne
Zäsur in die erste Etappe der nächsten Phase über.
Trotz der Depression
ab 1873 in Europa und später auch in den USA geht die industrielle
Entwicklung weiter. Sowohl qualitativ mit einer stetigen Verbesserung der
technischen, zunehmend auch der wissenschaftlichen und der lebendigen
produktiven Kräfte, wie auch quantitativ. Die industrielle Produktion wird
in allen Zweigen erheblich größer und findet in zusätzlichen Ländern nicht
nur neue Absatzfelder, sondern auch den Boden für industrielle Entwicklungen.
Die Depression dauert weltweit bis etwa 1895, um mit einem konjunkturellen
Aufschwung einem neuen längerfristigen Boom Platz zu machen.
Von den industriellen
Grundprozessen nahmen bisher vor allem der Untertageabbau von
Kohle und Eisenerz eine Nachzüglerstellung ein. Ihre ebenfalls zunehmende
Massenförderung wird vorrangig durch
Ausdehnung der lebendigen Arbeit erreicht und nur untergeordnet durch die
Industrialisierung der Nebenprozesse. Das ändert sich in dieser Phase grundlegend.
Dynamit wird zum Freilegen der Steinkohle in den Flözen verwendet, das
Steinhauen mit Muskelkraft verschwindet. Die Bohrlöcher für den Sprengstoff
werden mit durch Pressluft angetriebenen Bohrmaschinen gesetzt und zuletzt
werden Presslufthämmer zum Herausbrechen der Kohle aus den Flözen verwendet.
Diese Arbeit mit angetriebenem Handwerkzeug wird erst später in den nächsten
Phasen durch Maschinen zum Schrämmen ersetzt werden. Erst damit ist dann die
prinzipielle Industrialisierung des Abbaus der Kohle im Bergbau beendet. Der
Tagebau bei Braunkohle und Steinkohle wird schon sehr viel früher mittels
Baggern und Bahnen voll industrialisiert.
Bei der Eisenerzeugung
gibt es erhebliche, auch energetische Produktivitätssteigerungen durch
vielfältige Verbesserungen der Reduktionsprozesse und der Hochöfen und deren
zunehmende Vergrößerung. Ähnliches geschieht bei der Stahlherstellung. Dort
werden jetzt die neuen industriellen Verfahren durchgängig in die Produktion
eingeführt: Das Siemens-Martin-Verfahren und das Konverterblasen in der
Bessemerbirne, dessen Verfahren durch veränderte chemische Zusätze zum Thomasverfahren
weiterentwickelt wurde. Erstmals wird beim Siemens-Martin-Verfahren ein
bearbeiteter und aus der normalen Verwendung ausgeschiedener Stoff
massenweise wieder als Rohstoff verwendet: Eisenschrott. Mit der späteren
Umstellung der Heizung von Gasbefeuerung auf elektrische Energie wird das
Verfahren auch chemisch verändert und damit doppelt umgestellt.
Mit den
Veränderungen der Eisen- und Stahlherstellung sind nun die Voraussetzungen in
der Produktion geschaffen, um Stahl zum Rohstoff für die breiteste
industrielle, bautechnische und militärische Anwendung bereitzustellen: Es
beginnt die Massenproduktion von Stahl - auch für den verschwenderischen und
destabilisierenden Rüstungswettlauf und für Zwecke der Zerstörung auch der inzwischen
entwickelten produktiven Kräfte, wie der 1. Weltkrieg zeigen sollten.
In England
wurde in Metropolen und großen Industriestädten die öffentliche Beleuchtung
eingeführt. Dafür wurde aus Kohle Gas gewonnen. Später wurden auch städtische
Haushalte an das öffentliche Netz von Gasleitungen angeschlossen. Für den
ganzen Komplex wurden öffentliche Unternehmen, die Stadtwerke gegründet, der
später typischen Organsiationsform für städtische Infrastrukturen in Deutschland.
Neben der öffentlichen Kanalisation und der Trinkwasserversorgung war dies ein
drittes Leitungsnetz für die Städte.
Der bei der Gasgewinnung
anfallende Teer fand zunächst noch keine produktive Verwendung in der chemischen
Industrie finden. Sie hatte in England mit ihrer Ausweitung auch eine
technische Umstellung erfahren. Die Industrialisierung zunächst der Spinnerei
und dann der Weberei brachte einen massenhaften Anfall von Baumwolltuchen die
gebleicht und gefärbt werden mußten. Die bisherigen Verfahren und Stoffe
reichten dazu nicht aus. Aufgrund der bis dahin bekannt gewordenen wissenschaftlichen
Kenntnisse der anorganischen Chemie wurden neue Verfahren und neue Grundstoffe
für die Behandlung der Textilien entwickelt. Allerdings blieb die volkswirtschaftliche
Dimension dieser neuen Industrie nach Produktionsausstoß, Kapitalanlage, Profitmassen
und beschäftigten Lohnarbeitern bescheiden. Aus ihr entwickelten sich unmittelbar
keine weiteren Anwendungen, Verfahren oder Produktionen.
Auch die
Gewinnung, Verbreitung und breitere Anwendung der wissenschaftlichen Kenntnisse
des pflanzlichen Stoffwechsels durch Liebig und andere um die Mitte des
Jahrhunderts mit ihren direkten Empfehlungen für die Umstellung des Düngens
hat zunächst keine wesentliche Bedeutung für die Entwicklung einer
industriemäßigen Chemie. Für die Düngung spielt zunächst das Abfallprodukt des
neuen und massenhaft angewandten Stahlherstellungsverfahrens von Thomas eine
Rolle als Zulieferer: Das stark phosphorhaltige sog. Thomasmehl.
Die
chemische Industrie, bisher
also vorrangig auf die Zulieferung zur Textilfertigung ausgerichtet, wird in
der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und besonders im letzten Viertel mit neuen
Verfahren, neuen Rohstoffen und neuen Produkten grundlegend umgestellt. Erst
jetzt gewann der schon erwähnte Abfallstoff der Gaserzeugung für Licht und
Heizung aus Steinkohlen, der Steinkohlenteer, als Rohstoff für die neuen
künstlichen Farben grundlegende Bedeutung. Diese industrielle Produktion von
künstlichen Farben versorgt ab dieser Zeit die industrielle Stoffproduktion
mit den erforderlichen Zusatzstoffen. Dies gelingt mit Hilfe von der Fortschritten
in der theoretischen Chemie, deren Erkenntnisse zunächst an anorganischen
Stoffen erarbeitet wurden. Die gezielten Analysen und Synthesen der organischen
Chemie werden direkt im Zusammenhang mit der industriellen Verwertung entwickelt,
vor allem in Deutschland. Damit wird die Wissenschaft in dieser Industrie auf
neue Art und Weise zur unmittelbaren und integrierten Produktivkraft.
Die chemische
Industrie wird einerseits mit Farben und später mit Arzneimitteln zum
Lieferanten von Endprodukten, andererseits mit Rohstoffen und später mit
Kunststoffen zum Zulieferer für vielfältige industrielle Weiterverwendung.
Eine
ähnliche direkte Verbindung zwischen chemischer Wissenschaft und Produktion
wird in Deutschland in der Rübenzuckerproduktion, einem Tummelplatz der
junkerlichen Großlandwirtschaft, entwickelt und in verschieden anderen
Lebensmittelindustrien ebenfalls eingeführt.
Noch
„rechtzeitig“ vor dem Weltkrieg wird dann die industrielle Synthese der
Salpetersäure als Grundstoff für die Sprengstoffproduktion auch
die Kriegstauglichkeit der neuen wissenschaftlichen Großindustrie beweisen,
makaber übertroffen noch von der Herstellung der Kampfgase.
Die Fotografie
und später die Filmproduktion bringen zwei völlig unterschiedliche
Techniken zusammen. Zum einen die schon lange wissenschaftliche fundierte
Optik und das damit entstandene feinmechanisch-optische Gewerbe und die
Herstellung von Filmmaterial in chemischen Prozessen für den chemischen Prozess
Stoffumwandlung durch Lichteinwirkung.
Die
Elektrotechnik entwickelt sich kurzfristig aus dem Probierstadium zu einer wissenschaftlich
basierten weit ausgefächerten großen Industrie.
Zunächst
wird die Telegraphie parallel zum Ausbau der Eisenbahnen als billige
aber zuverlässige Fernkommunikation auf Basis der Schwachstromtechnik
entwickelt. Unmittelbar dient sie einfach der Abwicklung und Sicherung
des Eisenbahnverkehrs. Zunehmend wird sie auch zur Übermittlung von Telegrammen
verwendet, die vor allem ökonomische Zwecke haben. Freilandkupferleitungen
neben den Eisenbahngleisen leiten mit Niederspannung elektrische Kurzimpulse.
Diese werden im Alphabet von Morse codiert und enthalten Informationen, die
fast ohne Zeitverlust von einer Stelle zur anderen übermittelt werden können.
Die Entwicklung der industriellen Kommunikationstechnik begann. Die Technik
des Morsens mittels einer Taste per Hand wurde später durch Mechanisierung
beschleunigt. Das Maschinenmorsen verwendete Lochstreifen, auf denen die
Morsezeichen mechanisch aufgebracht und abgelesen wurden.
Diese
Lochstreifentechnik wurde später in allem möglichen industriellen Bereichen
verwendet, so zunächst bei den Fernschreibern, aber auch noch bei der
Steuerung der frühen automatischen NC-Drehmaschinen.
Die
Ausweitung der Elektrotechnik auf vielfältige weitere Anwendungen erfordert
ganz neue und sehr umfangreiche technische Entwicklungen und erforderte
letztlich ein völlig neues infrastrukturelles Netz. Es wurden mittlere,
große und kleine Elektromotore für alle möglichen Anwendungen
entwickelt. Darin trat zunächst der Betrieb von Straßen-, U- und Eisenbahnen
hervor. In diesen Bereichen wurde der Massentransport von Personen durch
Dampfantrieb aus der dritten Phase in den Großstädten auf Elektrobetrieb
umgestellt. Erst später fand der Elektromotor auch Eingang in die
industrielle Produktion und stellte auch kleinen und mittleren Betrieben
einen praktischen mechanischen Antrieb zur Verfügung.
Die Vorteile
gegenüber der Dampfmaschine lagen in eine umfassenden Ökonomisierung. Sie
bestand u.a. in der Möglichkeit der übergangslosen An- und Abschaltung des
unmittelbaren Betriebs ohne Vorlauf und mit weniger überschüssiger
Energieverschwendung nach dem Gebrauch. Im Verhältnis zur Kraftentfaltung war
der Elektromotor erheblich kleiner und daher leichter zu platzieren oder zu
transportieren (etwa in Lokomotiven). Er erforderte keine Zuführung von
Brennstoffen oder Hilfsstoffen, hinterließ keine Abprodukte, war mechanisch
viel einfacher und weniger gefährlich und machte sehr viel weniger Lärm. Seine
Bedienbarkeit war einfacher und erforderte viel weniger Personal und seine
Regelbarkeit war erheblich feiner. Bei der industriellen Verwendung war außerdem
von großem Vorteil, dass sein Standort dicht bei der Verwendung liegen konnte
und die aufwendige Transmission vom Standtort der Dampfmaschine zum Ort der
mechanischen Kraftanwendung überflüssig wurde – eine enorme Einsparung bei
industriellen Investitionen.
Eine andere
breit gefächerte Anwendung der Elektrotechnik war die Beleuchtung, zum
einen mit der Edison-Birne, ein Metallfaden wird in einem
luftleeren Glaskolben bei mittleren Spannungen und mittleren Stromstärken
erhitzt, oder als Lichtbogen ebenfalls in luftleeren Glaskolben mit
höheren Spannungen und Stromstärken in öffentlicher oder industrieller
Verwendung. Die elektrische Beleuchtung löste die Beleuchtung in Wohn-
und Geschäftshäusern mittels Gas aus Rohrleitungen der Stadtwerke in
den Städten ab, während die Gasbeleuchtung auf den Straßen noch sehr lange
erhalten blieb.
Der Lichtbogen
fand u.a. auch Verwendung bei der industriellen Wärmeerzeugung in
Siemens-Martin-Öfen zur Erschmelzung von Stahl, wobei Temperaturen von weit
über tausend Grad erreicht werden mussten.
Erst nach
und nach wurden dann der elektrische Antrieb oder die elektrische Heizung für
vorhandene oder gänzliche neue Apparate entwickelt. Vor 1914 allerdings noch
kaum Apparate für die Verwendung in Haushalten.
Die Ausdehnung
der Drahttelegraphie mittels Unterwasserleitungen auf dem Grund der Ozeane
zur Verbindung der Kontinente erweiterte die Anwendung der Schwachstromtechnik,
allerdings mit dem großtechnischen Hintergrund der Kabelherstellung und Kabelverlegung.
Diese zeitgleiche Verbindung revolutionierte die informationelle Verknüpfung
der Wirtschaftszentren der Welt, vor allem der Börsen. Die Spekulation in
Rohstoffen gewann eine völlig neue Zeitdimension.
Ebenfalls
noch vor der Jahrhundertwende wurde das Telefon auf Basis der
Schwachstromtechnik entwickelt. Ähnlich wie die einfache Drahttelegraphie
handelte es sich dabei um die technisch vermittelte Kommunikation zwischen zwei
bestimmten Teilnehmern – eine feste Zweipunktverbindung. Anders als bei
jener, konnte die eigentliche Kommunikation ohne zusätzliche Ausbildung im
Lesen und Schreiben des Morsealphabeths mit der normalen Alltagssprache
erfolgen. Die Begrenzung der Telegraphie auf technisch und organisatorisch
festgelegte Teilnehmer einer Zweipunktverbindung wurde beim Telefon sehr früh
aufgehoben. Die Leitungen einzelner Teilnehmer wurden in eine Zentrale
zusammenführt, wo die Verbindung zu anderen Teilnehmern nach Wunsch angemeldet
und dann per Hand gesteckt wurden. Diese langsame und durch viel Personal sehr
aufwendige Vermittlung wurde bald durch elektromechanische Einrichtungen
automatisiert, sodaß mittels Teilnehmerkennung durch individuelle Nummern jeder
Teilnehmer von jedem anderen individuell angewählt werden konnte sofern sie zum
gleichen Netz gehörten. Das kam einer immateriellen Abbildung der bisherigen
Postverbindungen gleich, mit dem unschätzbaren Vorteil der Schnelligkeit.
Später wurden für ausschließlich kommerzielle Anwendungen auch Fernschreibnetze
in ähnlicher Weise entwickelt.
Erste Verwender
der Telefone waren die Leitungen großer Bürokratien in Unternehmen,
staatlichen Behörden und Regierungsspitzen sowie reiche Privatpersonen. Aber
dabei blieb es nicht lange. Das Telefon verbreitete sich zeitgleich mit dem
sprunghaften Wachstum der großen Verwaltungen in Konzernen und der
Herausbildung des europäischen Interventionsstaates. Es wurde zunehmend nicht
nur zwischen den Spitzen der Großorganisationen verwendet, sondern auch als
innerbetriebliche oder Unternehmensinterne Kommunikationsmöglichkeit benutzt.
Parallel dazu verbreitete sich das Telefon schnell auch in die privaten
Haushalte breiterer Kreise des Bürgertums. Damit war das Telefon eine der
Techniken, die von vorn herein gleichermaßen für geschäftliche und private
Zwecke nutzbar war und auch so verwendet wurde, ähnlich wie die Gasbeleuchtung
und hernach die elektrische Beleuchtung.
Die erforderlichen
Leitungsnetze wurden zunächst innerstädtisch und dann überland in Europa
schnell als öffentliches Monopol von der Post übergeben und von ihr
bereitgestellt, in den USA typischer Weise durch private Unternehmen. Dass
auch das Militär mit seiner Bürokratie und dann auch bei operativen militärischen
Aufgaben das Telefon verwendete ist unmittelbar plausibel. Im 1. Weltkrieg gab
es dafür, ebenso wie für die Funktechnik, die entsprechende zerstörerische
Verwendung.
Bald
eroberte sich das Telefon auch die interkontinentalen Verbindungen vor
allem für Geschäftsinformationen. Dafür waren dann längere Zeit wiederum die
Unterwasserleitungen erforderlich. Fortgesetzt und in eine neue Dimension
wurde diese Art der Fernkommunikation dann mit der Funktechnik, die
nach der Jahrhundertwende entwickelt und in engen Bereichen schon angewendet
wurde. Dagegen hat sich die Technik der an Leitungen gebundenen
Ferninformationsübertragung erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts mit
der Leitung von moduliertem Licht in Glasfaserkabeln u. a. für
Internetanwendungen in neue Dimensionen entwickelt.
Alle Anwendungen
der Elektrotechnik konnten nur stattfinden, wenn nicht nur die Geräte
produziert wurden, sondern wenn auch der elektrische Strom produziert
und über ein Leitungssystem bereit gestellt wurde. Breite Anwendungen
von Batterien gab es noch nicht. Zum einen musste ein neues Versorgungsnetz
von Stromleitungen in den Städten und den Häusern gezogen werden, zum
anderen musste der Strom mittels Generator erzeugt werden. Diese neuen
Apparate bilden das spiegelbildliche Pendant des Elektromotors und waren
insoweit prinzipiell gleichzeitig mit jenem geboren. Das Problem bestand in
seinem Antrieb. Dieser musste andere mechanische Energien verwenden. In
der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts waren effektive Turbinen in
großtechnischer Dimension entwickelt worden. Sie wurden für Wasserkraft und
dann für Dampf gebaut. Für die Anwendung in industriellen Großbetrieben
und in Stadtwerken bot sich so der Antrieb von großen Generatoren mittels
Turbinen in Dauerbetrieb an, die von großen, mit Kohle geheizten
Dampfkesseln versorgt wurden. Das war ökonomisch nur machbar, wenn der Kohletransport,
wie schon fast ein Jahrhundert lang, mittels Binnenschifffahrt oder per
Eisenbahn erfolgte.
Für die
elektrische Versorgung von mittleren und kleinen Betrieben sowie der
öffentlichen und privaten in den Großstädten waren die Stadtwerke technisch
bald zu klein. Sowohl die Errichtung von Talsperren für die Wasserzulieferung
zum Betrieb von Großturbinen als auch der Betrieb von Kohlegroßkraftwerken erforderte
Hochspannungsleitungen mit großer Kapazität die lange Strecken ohne große Verluste
überbrückten. In Deutschland schlossen sich die Stadtwerke vieler Regionen zu
neuen halböffentlichen Unternehmen als regionale Versorgungsmonopole zusammen,
die die Kraftwerke und die Überlandleitungen betrieben, während die
Stadtwerke weiterhin die örtliche Verteilung übernahmen.
Leitungssysteme
für die Versorgung der Haushalte mit Strom sind eine der weitreichendsten Entwicklungen zur technischen
Veränderung privater Lebensweise. Sie ergänzen die bis dahin schon
existierenden großtechnischen Verkehrs- und Versorgungs netzwerke für
Binnenschiffstransport, für Schienentransport, für Energie, Wasser und Abwasser
und werden in den sich entwickelnden Metropolen eingerichtet und teilweise
schon über das Land ausgedehnt.
Für die
Elektrotechnik wird die
Teile- und Apparateindustrie zu Groß- und Massenproduktionen ausgebaut, in
denen die Serienfertigung schon weite Verbreitung fand: Bau von
Turbinen, von Generatoren und Großleitungszubehör, von installationsnahem
Leitungsbau, Bau von Elektromotoren, Niederspannungs- und
Schwachstromschaltungszubehör, Beleuchtungszubehör, Telefone und andere Apparate
sowie elektrisch betriebene Industriemaschine jeder Art. Berufe und
Ausbildungen sowie neue Richtungen der Ingenieurwissenschaften bilden sich ebenfalls
relativ schnell heraus. Die Entwicklung und massenhafte Verwendung von
elektrischen Haushaltsgeräten fällt aber erst in die 20er Jahre des neuen Jahrhunderts,
auch in den USA.
Für die Radiotechnik
werden die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen schon vor 1914
gelegt. Noch vor 1914 gelang die drahtlose Telegraphie über den Atlantik und
damit der Beginn der kommerziellen drahtlosen Telegraphie und Telephonie. Zunächst
wurden auf diese Weise die aufwendigen und anfälligen Unterwasserkabel überflüssig.
Dabei werden
elektromagnetische Wellen mittels elektrischer Röhren erzeugt und für
die Übertragung von Informationen benutzt. Die Erfindung der Elektronenröhre
als Diode und Verstärker war dafür die technische Voraussetzung. Der
Betrieb der Röhren vor allem für die Versorgung der Antennen erforderte große
elektrische Leistungen, konnte also nur mittels deren Verfügbarkeit bei
angemessenen Kosten ins Werk gesetzt werden.
Die Röhrentechnik
bildet für ein ganzes Feld von späteren Anwendungen die technische
Grundlage. Die Verwendung im Rundfunk für ein breiteres Publikum für
Sprache und Musik wird erst in der nächsten Phase, in den 20er Jahren
umgesetzt. Mit der elektronischen Verstärkerröhre und der Röhre zur Bildwiedergabe
sind auch die wichtigsten technischen Grundlagen für das Fernsehen gelegt,
das ja erst nach 1950 ernsthafte Bedeutung gewinnt und heute, zusammen mit dem
Automobil, geradezu die Lebensweise prägt.
In diesen
und anderen hier nicht genannten Zweigen der Elektroindustrie setzt die großtechnische
Verwendung und Produktion erst in den nächsten Phasen der Industrialisierung
ein.
Mit dem Verbrennungsmotor,
der Benzin aus Erdöl verwendete, war der erste ökonomisch einsetzbare
wirklich frei bewegbare mechanische Antrieb gefunden, der das Pferd
als mobile Antriebskraft erst jetzt endgültig ablösen konnte.
Das war
weder durch die Dampfmaschine aufgrund der Größe, der Energiestoffe, energetischer
Eigenschaften und ihrer Steuerungsprobleme, noch durch den Elektromotor wegen
der Leitungsabhängigkeit und zu schwacher oder zu schwerer Batterien möglich
gewesen. Die Dampfturbinen waren ebenfalls sehr umfangreich und hatten
ähnliche energetische und Steuerungsprobleme wie die Dampfmaschinen. Die
Wasserturbinen waren schon ihrer Natur nach stationär.
Das Erdöl
hatte schon bisher eine industriell-kapitalistische Entwicklung als Energierohstoff
für Beleuchtung und Heizung gehabt und hatte Kapitalisten wie Rothschild,
Nobel und Rockefeller als ersten Monopolisten im Weltmaßstab bei Produktion
Transport und Verteilung entstehen lassen. Jetzt deutete sich eine gänzlich
neue Karriere an. Die über industrielle Raffinierungsprozesse zu gewinnenden
chemischen Abkömmlinge des Erdöls, Dieselöl und Benzin, zeigten schon in der
Frühgeschichte ihrer Verwendung vor 1914 als Energierohstoff im
Verbrennungsmotor vielfältige Anwendungen, u. a. bei der Befeuerung der neuen
Großkampfschiffe Englands vor 1914.
Zu diesen
Produkten und Produktionen mit kleinindustriellen Anfängen mit weitreichenden
Folgen zunächst für die Kriegführung und dann für die weiteren
Richtungen der Industrialisierung gehört auch die Produktion von
Verbrennungsmotoren und Fahrzeugen, die damit angetrieben werden: Personenkraftwagen,
landwirtschaftliche Traktoren, Lastwagen, Busse, Panzer, Kanonen, Schiffe,
U-Boote, und Flugzeuge.
In den USA
wurden der Trend zur Massenproduktion und der Beginn der Massenmotorisierung
durch den ersten Weltkrieg nicht unterbrochen und nach seinem Ende fand sich
Europa in diesem Bereich fast ein industrielles Zeitalter zurückgeblieben. Das
galt ebenfalls für die von Ford angewendete und nach ihm benannte spezifische
Produktions- und Arbeitsorganisation: Die Fließproduktion mit extremer
Arbeitsteilung in der Montage, mit oder ohne Fließband, aufgrund
einer weitestgehenden Standardisierung der vorgängigen Produktion der
Teile. Sie wurde zunächst von Gramsci in den 20ern und später von
anderen in den 70ern als „Fordismus“ bezeichnet und zum Signum einer
ganzen industriellen Epoche erwählt.
Die Kombination
von Benzin und Kraftwagen erwies sich als Basis für eine die gesamte
bisherige Zivilisation noch stärker als die Eisenbahnen umwälzende
Transportrevolution und die Herausbildung eines Industrie- und
Infrastrukturkomplexes aus Autoherstellung, Ölindustrie und
Straßeninfrastruktur, sowie Service- und Reparatureinrichtungen. Sie begann
ihren Siegeszug mit dem Beginn der Massenherstellung von PKWs durch Henry
Ford noch 1911. Der hatte das Prinzip des Fließbandes und der dadurch
ermöglichten spezifischen Arbeitsteilung von der Bearbeitung von rindern und
Schweinen bei der Fleischverarbeitung in den Schlachthäusern von Chikago
aufgeschaut.
Neben diesen
neuen Entwicklungen werden auch die bisherigen fortgeführt. Der Eisenbahnverkehr
nimmt weiter erheblich zu und das Schienennetz in der Welt wird auf mehrere
hunderttausend Kilometer ausgedehnt, allein in den USA auf 400 000. Auch
der Maschinen- und Anlagenbau dehnt sich aus und spezialisiert sich weiter.
Die
Entwicklung von staatlichen und industriellen Großorganisationen über
das Militär und später die Eisenbahnen hinaus, angetrieben von der
Herausbildung von Industriemonopolen, läßt die Verwaltungsbedürfnisse
sprunghaft ansteigen und die Verwaltungen sich entsprechend ausdehnen. Die lohnabhängigen
Büroarbeiter, die Angestellten werden zu einer Massenerscheinung. Für die
sich aufblähenden Verwaltungen und ihre Bedürfnisse werden nun auch erste
Formen der Mechanisierung und Elektrifizierung der Bearbeitung von
Informationen entwickelt. Dagegen hatte die Weiterleitung von Informationen
mit der Telegrafie schon eine längere Karriere, während Telefonie auch erst in
dieser Zeit massenhaft verwendet wird und die Radioübertragung erst in den
Anfängen steckt.
Die Drucktechnik gewinnt mit der Entwicklung der Rollendruckmaschinen
(Rotationsdruck) und den damit verbundenen Verfahren völlig neue
Dimensionen des Umfangs, der Schnelligkeit und der Verbreitung über den
bisherigen Buchdruck hinaus. Das ist möglich, weil der
Rotationsdruck in Kombination mit dem Elektroantrieb ganz neue Druckgeschwindigkeiten
erlaubt. Das findet zunächst bei Zeitungen und später auch bei Taschenbüchern
Anwendung. In der Folge werden die Setzprozesse stärker mechanisiert und die Papierherstellung
gewinnt ebenfalls neue Geschwindigkeiten und erhebliche Ausdehnung.
Zur Verbreitung und Dokumentation von schriftlichen und bildlichen
(Pläne) Informationen dient zunächst die immer weiter ausgefeilte
Drucktechnik, vor allem auf Papier. Die massenhafte Verbreitung von Tageszeitungen
führt daher zur massenhaften Produktion von Papier. In beiden Zweigen wird die
kontinuierliche Produktion mit Hilfe von Rotationsmaschinen immer größeren
Ausmaßes entwickelt. Zwar wurden schon relativ früh auch Setzmaschinen
entwickelt, aber sie bleiben doch bis zum Satz mittels Computern ein
technischer Engpass in diesen Zweigen.
Mit den
ersten größeren Lochkartenmaschinen von Hollerith für die Volkszählung
in Deutschland, dem späteren Gründer der IBM, für die Volkszählung in
Deutschland, mit den ersten Kassen-, Rechen- und Buchungsmaschinen wird die
Datenverarbeitung in manchen Bereichen ansatzweise standardisiert und
technisiert. Schreibmaschinen beginnen die Notierung von
Schriftlichem grundsätzlich zu verändern.
Es
entwickelt sich, wie das Beispiel IBM zeigt, eine eigenständige Industrie
für Büromaschinen, wenn sie zunächst auch noch relativ klein ist.
Die fotografische
Technik legt die Grundlage für die spätere Entwicklung der Kopierverfahren,
und die fotografische Dokumentation als Alternative zur
Drucktechnik.
Beide
Verfahren bekommen erst durch die elektronische Datenspeicherung ab den 50er
Jahren zunehmende technische Konkurrenz.
(Faxen fehlt)
In den USA entwickeln sich die kapitalistischen
Produktionsverhältnissen am reinsten, durch keine feudalen Reste oder absolutistisch-bürokratische
Überbauten verklebt oder gebremst, aber auch nicht durch die ordnende Hand
einer zentralistischen Staatsverwaltung erleichtert.. Rußland bleibt
weiterhin in seiner sehr rückständigen Agrar-, Gewerbe- und Ausbeutungsordnung
und in der despotischen politischen Verfassung gefangen, mit wenigen
mühseligen Versuchen auszubrechen. Gleichwohl beginnt hier ein staatlich
geförderter Ausbau der Eisenbahnen und der Schwerindustrie mit Hilfe von
massivem Import von Kapital, vermittelt vor allem durch französische
Banken aus französischen Quellen.
Japan dagegen folgt dem Beispiel Preußens mit einer Revolution
der Produktionsverhältnisse von oben – viel radikaler und rationeller und
nicht weniger autoritär. In kürzester Zeit wird eine kapitalistische
Gewerbe- und Staatsverfassung organisiert und die alte herrschende Klasse
zu Kapitalisten konvertiert. Dabei bleibt die Landwirtschaft von der Kapitalisierung
weitgehend ausgenommen. Die Industrialisierung und Kapitalisierung beginnt
klassischerweise mit der Spinnerei und Weberei und entwickelt erst dann
eine Schwerindustrie, die schon relativ schnell auch entwickelte
Rüstungsgüter, Hochseeschlachtschiffe mit entsprechender Artillerie bauen kann.
Der Erfolg in der imperialistischen Seeschlacht von Tsushima 1905
zwischen dem zaristischen Russland und Japan war ein spektakuläres Ergebnis,
das als nicht intendierte Folge den Ausbruch der russischen Revolution von 1905
beschleunigte.
Die
Veränderungen in den Produktivkräften und Produktionen führen auch zu
Veränderungen in den kapitalistischen Produktionsverhältnissen. Der
Weg dorthin ist schon bei der Gründung der ersten Aktiengesellschaften für
den Eisenbahnbau in England und den anderen Ländern gefunden worden und
hatte Vorläufer in den mittelalterlichen zunächst genossenschaftlichen
Bergbauorganisationen und den Gesellschaften des kapitalistischen Fernhandels
und dem Handelskolonialismus. Das Kapitalminimum für die Einrichtung
einer technisch oder ökonomisch praktikablen Produktion oder Infrastruktur
wird für einzelne Kapitalisten zu groß. Die einzelnen Kapitale und Produktionen
bestehen nun schon von vorn herein als Großunternehmen. Aufgrund der
kapitalistischen Akkumulation und Konkurrenz führen dann Konzentration und
Zentralisation zur Herausbildung von wenigen Produzenten auf einzelnen
Märkten, ökonomischen Oligopolen, vereinzelt sogar zu tatsächlichen
Monopolen. Diese können dann einzeln oder gemeinsam die Marktverhältnisse bestimmen
oder gar organisieren, z.B. in Kartellen und damit Extraprofite aneignen. Mit Monopolisierung
ist darüber hinaus gemeint, dass die Größe von Unternehmen direkt für die
technische Entwicklung bestimmend sein kann, vor allem aber, dass sie erlaubt,
die Produktionsverhältnisse direkt über den Einfluss auf die staatliche Politik
mitbestimmen zu können. Diese Entwicklung nimmt Ende des alten Jahrhunderts
dramatisch zu und hat weitreichende gesellschaftliche und politische Folgen.
Die Proportionen
der weltweiten Industrieproduktionen verändern sich derart, daß die USA
in manchen Zweigen sogar mehr produzieren als ganz Europa zusammen, in vielen
Bereichen aber völlig unangefochten den ersten Platz einnehmen. In den
meisten Zweigen belegt dann Deutschland den zweiten Platz, England den dritten
und Frankreich den vierten. Erst weit dahinter rangiert Japan. Diese Rangfolge
hat für sich genommen natürlich keinerlei Bedeutung. Wichtig wird sie bei
der Kapitalverwertung im Hinblick auf Produktionsmengen, Absatzmärkte, der Abhängigkeit
vom Ausland, der Verfügbarkeit von Kapital und der Konkurrenzfähigkeit, kurz
der Entwicklung des kapitalistischen Weltmarktes. Da bis 1914
England immer noch das Zentrum des internationalen Kapitalverkehrs auf
der Grundlage seiner beherrschenden Stellung in seinem Empire ist, deuten sich
Disproportionen an, die zu ausgleichenden Entwicklungen drängen. Das
geschieht auf friedlichem Wege über Kapitalexport und Kriegsfinanzierung, wie
zwischen den USA und England, oder durch Konfliktverschärfung durch Krieg und
Kapitulationsauflagen.
Die sechste
Periode – 1918 bis 1939
Sie dauert
für Europa vom Ende des 1.Weltkrieges 1918 bis zum Beginn des zweiten. Sie ist
deutlich in zwei Etappen unterteilt, die durch die Zäsur der großen
Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933 markiert ist.
In Europa
bringen der Weltkrieg und die Nachkriegskrise einen erheblichen Einbruch der
Industrieproduktion sowie Schäden und Verluste an der materiellen produktiven
Ausstattung besonders an der Front zwischen Deutschland und Frankreich,
sowie in Rußland. Vor allem aber sind die Verluste und Schäden bei den
Menschen, den lebendigen Produktivkräften von dramatischer Größe. Rußland
wird durch den Krieg, sowie mit der deutschen Okkupation, dem Bürgerkrieg und
den Interventionen kapitalistischer Großmächte auf ein unsäglich tiefes
industrielles und landwirtschaftliches Niveau zurückgeworfen. Außer in den USA,
Japan und in den skandinavischen Ländern werden nicht nur in Rußland, später
der UDSSR, sondern auch sonst in Europa fast die ganzen zwanziger Jahre gebraucht,
um das Vorkriegsniveau wieder zu erreichen. Der Lebensstandard der
dauernd von Arbeitslosigkeit betroffenen oder bedrohten Lohnabhängigen und der
inflationär enteigneten Mittelschichten erreicht speziell in Deutschland bis
in die 30 er Jahre hinein nicht den Vorkriegsstand.
In der industrialisierten
Welt dringen die schon vor dem Weltkrieg entwickelten Techniken und
Technologien in großtechnischer Weise in die Produktion, den
Transport und die Infrastruktur ein. Sie rufen häufig industrielle
Massenproduktionen hervor, wenn auch manche Zweige erst nach 1945 dazu heranreifen.
Die Technisierung der städtischen und sonstigen Infrastruktur vertieft sich.
Die individuelle
Motorisierung in den USA bringt zum ersten Mal ein einzelnes technisches
Produkt einer modernen Großindustrie mit dem Konsum von Massen in
Verbindung. Damit entsteht eine volkswirtschaftlich völlig neue Konstellation,
die erst von Gramsci in den 20er und seit den 80er Jahren in Wiederaufnahme
mit dem Schlagwort "Fordismus" bezeichnet wird. Es sind nun
allerdings nicht die bisherigen Kunden der manufakturell gebauten Luxuslautos,
die städtischen Wohlhabenden oder verbliebenen Großgrundbesitzer und auch noch
nicht die Angestellten oder gar die Industriearbeiter, sondern die Millionen
von Farmern und Selbständigen, die rund um die Landwirtschaft beschäftigt
sind, die als Kunden des einfachen Massenautos auftreten - und doch wird damit
die Ausweitung des Kundenkreises auch auf die Lohnarbeiter der Automobilindustrie
vorbereitet.
Außerdem
beginnt in den USA die Technisierung der Haushalte. Das Muster einer technisierten
Lebensweise bildet sich heraus, intensiviert und verbreitet sich.
Die
durchgehenden Tendenzen der industriellen Entwicklung sind einerseits Chemisierung,
Elektrifizierung und motorisierte Mechanisierung, sowie ökonomische
Effektivierung zunehmende rationelle Organisation von Produktion
und Arbeit. Technisch spielen dabei Vergrößerungen und Verkleinerungen,
wie schon bei der Entwicklung der Dampfmaschine, zwei Richtungen der zweckgerichteten
Entwicklung der Produktionstechnik.
In einem historisch
bis dahin beispiellosen Prozess sucht und gewinnt die UDSSR ab Ende
der 20er bis Ende der 30er Jahre den Anschluß an die industrielle
Entwicklung der kapitalistischen Welt. Dies geschieht zum erheblichen Teil
durch die Installation von großen Mengen modernster Großtechnik, die
aus den kapitalistischen Ländern importiert wird, sowie durch die damit
verbundenen riesigen Bauvorhaben und die Mobilisierung der dafür
erforderlichen Arbeiter. Der Betrieb der neuen Großbetriebe erfordert nicht nur
die Rekrutierung der Arbeitermassen und sondern auch massenhafte Qualifizierungsprozesse.
Damit werden
die weltweiten ökonomischen Proportionen der bisherigen industriell-kapitalistischen
Entwicklungen innerhalb von 10 Jahren völlig verschoben, mit welthistorischen
Wirkungen. Und es werden auch die Bedingungen der projektierten imperialistischen
Eroberungskriege von Japan und Deutschland von Grund auf verändert.
Im kapitalistischen
Teil der Welt unterbricht die Weltwirtschaftskrise 1929 jäh die industrielle
Entwicklung und die Kapitalakkumulation. In Deutschland und den USA
fällt die gesamte Industrieproduktion dramatisch auf fast die Hälfte des
vorherigen Höchststandes, mit entsprechenden Zusammenbrüchen von
Unternehmungen, mit Entlassungen, Arbeitslosigkeit und Verelendung. Die
daraus resultierenden politischen Entwicklungen sind bekannt. In
England und Frankreich sind die ökonomischen Auswirkungen nicht so drastisch
und sie halten sich auch in Japan in Grenzen. In England u.a. deshalb, weil
dort schon Mitte der 20er Jahre eine tiefe ökonomische Krise
eingetreten war, die ebenfalls heftigen politische Erschütterungen zur
Folge hatte.
Bis zum 2.Weltkrieg
können sich weder die USA noch England oder Frankreich konsolidieren.
In den USA beginnt ein neuer nationaler ökonomischer Kurs der
staatlichen Regulierung: Der keynesianisch inspirierte New Deal setzt
sowohl staatliche Investitionen in die Infrastruktur, staatliche Sozialpolitik
als auch eine Stärkung der Arbeiterklasse mit Hilfe der rechtlichen
Verbesserung der Gewerkschaftsposition ein, um die tiefe Krise der Ökonomie
und der Zivilisation zu mildern. Auf diese Weise wird mit staatlichen Mitteln
ein sozialer Kompromiss zwischen der Bourgeoisie und der Arbeiterklasse
erzwungen. Aber ein durchgreifender wirtschaftlicher Aufschwung setzt erst mit
der Produktion für den 2. Weltkrieg ein. Der New Deal wird zum Vorbild für die
von den USA geförderte neue Politik nach 1945 vor allem in Europa.
In
Deutschland verschärft die staatliche Austeritätspolitik unter Brüning nach
altliberalen Wirtschaftsrezepten die Krise des Kapitalismus 1929/33 zur
ökonomischen und politischen Katastrophe. Mit den Nazis sucht das
Kapital dann ebenfalls einen staatlich organisierten Ausweg aus der
Krise mit massiven staatlichen Konjunkturprogrammen - ab 1936 offen als
forcierte Aufrüstung betrieben.
Die Klasse
der Lohnarbeiter in den Fabriken wächst
trotz der mangelnden Akkumulation überall weiter Allerdings wächst die
Angestelltenschaft schneller und stellt einen zunehmenden Anteil der
Lohnabhängigen. In den früher absolutistisch regierten Staaten gilt das
gleiche für die Beamten, da sich auch die Staatstätigkeit erheblich
ausweitet. Dafür schrumpfen das Kleinbürgertum und die Zahl der selbständigen
Bauern erheblich.
Ähnlich wie
die revolutionären und kriegerischen Ereignisse im 19. Jahrhundert hat der 1.
Weltkrieg das Verhältnis von Kapitalistenklasse und Lohnarbeitern in
vielen Teilen der industrialisierten Welt erheblich verändert. Mehr denn je und
in weiteren wichtigen Ländern kann die Bourgeoisie die Produktionsverhältnisse
nur noch mittels parlamentarischer bürgerlicher Demokratie aufrecht erhalten
und organisieren. Die Organisationen und Kämpfe der Arbeiterklasse verändern
sich, geraten nach einem Aufschwung nach dem Krieg aber schnell
in die Krise, weil mit der geringen Akkumulation in Europa sich die
Kräfteverhältnisse auf den Märkten für Arbeitskräfte weithin zu Gunsten des
Kapitals verändern. Aber ebenso wie die parlamentarische Form der Herrschaft,
gewinnt zunehmend eine geregelte Form des Kampfes um Lohn und Profit an
normativer Bedeutung, schließlich sogar mit dem New Deal in den USA. Japan
bleibt in beiderlei Hinsicht den autoritären Quellen seiner bürgerlichen
Herrschaft verbunden und Deutschland kehrt mit dem Faschismus auf ideologisch
verdeckte Weise wieder dahin zurück, wie schon ein Jahrzehnt vorher
Italien.
Die Rüstungsvorbereitungen
für die Kriegszüge des 2. Weltkrieges werden schon als industrielle
geplant und umgesetzt. Für den ersten Weltkrieg galt das nur teilweise, z.B.
für die Artillerie, für die letztlich kriegerisch nutzlosen Großkampfschiffe
und für die als Kampfmittel effektiven U-Boote. Jetzt werden in den 30er Jahren
von vorn herein Panzer und Kanonen auf Selbstfahrlafetten als Schwertransporter-Kampfmaschinen
mit Antrieb durch Verbrennungsmotoren konstruiert, werden Flugzeuge als Jagd-
und Bombenflieger entwickelt. U-Boote werden als eigenständige Waffengattung
weiter ausgebaut. Die Entwicklung von Flugzeugträgern kombiniert eine schon
bekannte technische Großmaschine, dass Großkampfschiff mit der Kleinausgabe
einer im ersten Weltkrieg noch improvisierten Luftkampfmaschine. Als Grundlage
für den massenhaften militärischen Ferntransport dienen allerdings immer noch
die Eisenbahnen, soweit nicht notwendiger Weise Ozeanschiffe diese Rolle
übernehmen.
Die
technische Entwicklung von Jagd- und Bombenflugzeugen vor und während des II
Weltkrieges bringt zwei technische Erzeugnisse hervor, die dann in der
ökonomischen Entwicklung nach dem Krieg einen ganz neuen Wirtschaftszweig
hervorbringt – den Massenferntransport mittels Großflugzeugen. Zunächst werden
die viermotorigen Bomber für die Zivilluftfahrt überarbeitet – aber immer noch
mit den großen Kolbenverbrennungsmotoren. Dann werden die für die militärischen
Jagdflugzeuge entwickelten Düsen-(Strahl)triebwerke auf derartige Dimensionen
vergrößert, daß sie die Kolbenmotoren der großen Bomber ersetzen können.
Dagegen wird
das für die V1 (einer unbemannten Flügelbombe, heute würde man sagen ein
Marschflugkörper) entwickelte Staustrahl-Triebwerk weder für militärische noch
für zivile Zwecke weiterentwickelt und verwendet.
und die sie auch für den Antrieb der zivilen
Großflugzeugen tauglich machen. Dieser interkontinentale zivile Flugverkehr
setzt einen ganzen Wirtschaftszweig und seine Zulieferer außer Betrieb: Die
große Ozeanpersonenschifffahrt und die entsprechenden Werften. (Dieser Absatz
ist eineinhalb Jahrzehnte nach 1999 eingefügt worden).
Alle
Methoden und Techniken der radiobasierten Fernkommunikation und Fernerkundung
werden vorangetrieben. Die Führung des Krieges auf der Basis von
Fernkommunikation und ansatzweise mit Fernsteuerung (V1, V2) und der
Fernerkundung mittels Radar, beginnt sich herauszubilden. Mit ersterem beginnt
das Problem der Ver- und Entschlüsselung von Nachrichten durch ausgefeilte
Codes und der entsprechender Maschinen. Die Grundlagen der Informationstheorie
und der programmgesteuerten (Rechen-) Maschinen werden gelegt. Nicht nur
Techniker, sondern ganze Gruppen von Wissenschaftlern werden zur Entwicklung
der Kriegsführungsinstrumente verwendet. Allerdings gelingt keiner Seite bis Ende
des zweiten Weltkrieges eine Revolution in der technischen Basis der elektronischen Informationsverarbeitung:
Die geheizte Elektronenröhre setzt den Entwicklungen Grenzen der
Leistungsfähigkeit sowie des Raum- und Energiebedarfes. (Beispiel Eniac I für
die Berechnung der Uranspaltung für die Atombombe).
Eine weitere
grundlegend neue Technologie wird großtechnisch und großorganisatorisch mit der
Raketentechnik in Peenemünde entwickelt mit ferngesteuerten Flugkörpern (V2)
zunächst als Zerstörungskraft entwickelt. Sie kann nicht mehr
kriegsentscheidend vorangetrieben werden. Sie dient aber nach dem 2.
Weltkrieg, auch personell, als Basis der entsprechenden Raketenentwicklung in der
UDSSR und den USA als Atomwaffenträgern im kalten Krieg.
Erst nach Beginn
der siebten Periode, nachdem dem das technische Großprojekt einer ideologischen
technischen Kriegführung, die Mondlandung, wieder alt geworden war, setzte die
zivile Nutzung der Raketentechnik für die Satellitenfernerkundung und
die satellitenvermittelte Kommunikation ein.
Die
spektakulärste technische Entwicklung war aber zweifelsohne die Atombombe.
Auch sie war, wie die Raketen, nicht mehr kriegsentscheidend. Sie bildete,
zuerst mit den Fernbombern, dann mit den Raketen, den Kern der
Zerstörungstechnik im kalten Krieg gegen die UDSSR und den Sozialismus.
Und sie bildete wohl auch den technisch-ökonomisch wichtigsten Sprengsatz zur
Selbstauflösung der UDSSR.
Die siebte
Periode und achte Periode
Nach 1945
Die siebente
und achte Phase der Weltgeschichte des Industriekapitalismus datieren dann von
1945 bis etwa 1974 und von da an bis heute.
Sie spielten
sich unter einer umfassenden Hegemonie der USA ab:
Mit einer
Industrieproduktion, die nach Umfang, Diversifizierung und Produktivität ohne
jede Konkurrenz in der Welt war. Zum riesigen Binnenmarkt der USA kam also der
sich langsam erholende Markt in den anderen entwickelten kapitalistischen
Ländern und in verschiedenen Ländern der kapitalistischen Peripherie hinzu,
soweit sie nicht weiter unter Kolonialherrschaft der Europäer standen.
Mit einem
Wissenschaftspotential, das jenes aller früheren Konkurrenten und nachmaligen
Vassallen zusammen in den Schatten stellte und durch die Kriegsanstrengungen
treibhausmäßig gefördert war und weiter gefördert wurde - besonders in den
entscheidenden Technologiebereichen.
Schließlich
mit einer Kultur-Industrie, die sich ebenfalls auf den riesigen Binnenmarkt der
USA stützen konnte, und die die neuen technischen Medien zunächst
konkurrenzlos als Instrument benutzten konnte.
Diese
technische Basis wurde dann auch von der Informations-Industrie mitbenutzt,
deren Monopolstellung die Hegemonie der USA in der kapitalistischen Welt für
einige Zeit noch bestärkte.
Alles dies
war die Basis eines beispiellosen Erfolges des US-Warenexportes und später eines
noch größeren Kapitalexportes. Dies gab den großen Konzernen der USA und damit
ihren Finanzgruppen eine fast unbeschränkte Vorherrschaft auf dem gesamten
kapitalistischen Weltmarkt. So gab es nun die Ansätze eines Weltmarktes für
das US-Kapital, nach dem das britische Empire diese Rolle schon vor 1914 für
das englische Kapital eingebüßt hatte.
Dieses Vorherrschaftsregime
war geprägt von einer die ganze kapitalistische Welt umfassenden langfristigen
Wachstumsphase, die bis etwa 1975 dauerte. Unter ökonomischen Dominanz
förderten die USA selbst eine ökonomischen Aufholjagd ihrer Vasallen, was alle
Parameter umfasste: Produkte, Verfahren, Produktivität und Weltmarktzugang.
Die USA förderten dies, um diese Länder einerseits als Absatzmarkt und als
Anlagefeld für das eigene Kapital zu entwickeln und andererseits im Zeichen
des Kalten Krieges gegen die UDSSR und den Sozialismus gegen etwaige Aktivitäten
der Arbeiterklassen wetterfest zu machen. Während die industrielle Entwicklung
in den USA nicht stillstand, konnten die Vasallen sich auf ihren Heimatmärkten
und später zunehmend auch auf allen anderen, nicht zuletzt vor allen nach 1975
auch dem der USA selber zu Konkurrenten entwickeln.
Die
hauptsächlichsten industriellen Tendenzen lassen sich relativ kurz
kennzeichnen, da sie den meisten noch als erlebte Entwicklung oder als
gegenwärtige Produktion bekannt sind. Sie umfassen die rationelle
Weiterentwicklung von Ansätzen zur industriellen Massenproduktion,
die sich schon in der vorvorigen Periode, also vor dem 1. Weltkrieg gebildet
hatten.
U.a. daran
ist zu sehen, welche Rückschläge der industriellen Entwicklung und materiellen
Zivilisation der 1. und 2. Weltkrieg und die Zwischenkriegsperiode gebracht
haben, 2-3 Jahrzehnte für die gesamte Welt, wobei für die USA nur die 30er
Jahre weitgehend als materieller Verlust zu buchen sind. Dagegen wuchs die
US-Ökonomie im Jahrzehnt des I Weltkrieges und in den 20er Jahren noch
erhebliche weiter. Der II Weltkrieg brachte neben den personellen und
materiellen Kriegsverlusten an den Fronten enorme Zuwächse bei den industriellen
und Transportanlagen, von der staatlich organisierten Rüstungsindustrie
gefördert oder auch erst hervorgebracht.
Kennzeichnend
ist die Durchsetzung und massenhafte Ausdehnung des motorisierten Individual-
und Güterverkehrs mit dem Automobil, mit den entsprechenden
Produktionen, Infrastrukturen und Serviceeinrichtungen. Dieser industrielle
und zivilisatorische Auto-Öl-Komplex drängt den bis dahin weltökonomisch
prägenden Eisenbahn-Kohle-Stahl-Komplex erheblich zurück, ohne ihn allerdings
gänzlich zu beseitigen. Wenn man den Personennahverkehr in den Metropolen betrachtet,
ergibt sich sogar eine andere Gewichtung. Die schwerindustrielle Basis der
Eisen- und Stahlindustrie ist dagegen auch heute noch unentbehrlich für den
Auto-Öl-Komplex.
Das Erdöl
gewinnt gegen die Kohle als Hauptenergierohstoff der entwickelten
industriellen Welt. Das gilt sowohl für die zentrale Energieerzeugung von
elektrischem Strom für Beleuchtung, elektrische Geräte und Motoren sowie
zur Wärmeerzeugung. Im Transport wird neben dem schon vor 1914
elektrifizierten Personennahverkehr mit S- und U-Bahnen nun auch der
Fernverkehr auf der Schiene elektrifiziert und entsprechend die Verwendung von
Öl erweitert. Selbst für die Erzeugung industrieller Prozesswärme wird
Erdöl eingesetzt, u.a. bei der Eisenerzeugung, wo sie den unersetzbar
scheinenden Koks zurückdrängt, während ein Teil der Stahlerzeugung
schon lange mit Strom erfolgte. sie teilweise sogar die lange Zeit Darüber
hinaus ersetzt das Erdöl die Kohle als Rohstoff auch für die chemische
Industrie und erobert dramatisch sich ausdehnenden Kunststoffproduktion
ein völlig neues Feld seiner Verwendung.
Erdöl ist wahrlich zu einem universellen und dominierenden
Energie- und Produktionsrohstoff der industriellen Welt im 2. Teil dieses
Jahrhunderts geworden und wird es im nächsten noch für eine Weile bleiben, wenn
auch für einige Verwendungen das Erdgas zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Dieser
Komplex hat auch in der ökonomischen Vorherrschaft und dem weltpolitischen
Einfluss der entsprechenden Konzerne seinen Ausdruck gefunden: Ford
und General Motors als Autoproduzenten, Esso und weitere Konzerne aus dem
Erbe von Rockefellers Standard-Oil Monopol in den USA, sowie Shell und BP
werden zu dominierenden Produktions- und Kapitalzentren. Die individuellen
Kapitalistenclans spielen ihre beherrschende Rolle als Großbourgeois
allerdings nur noch in wenigen der ganz großen Weltkonzerne als
Hauptaktionäre sondern führen ihre Geschäfte als Herrscher über diversifizierten
Aktiengroßbesitz im Rahmen von Finanzgruppen, mittels Banken und Stiftungen.
Selten sitzen die wirklichen Herren der kapitalistischen Welt noch
selber an den ökonomischen und politischen Schalthebeln.
Ein weiteres
Kennzeichen ist die Technisierung der privaten Haushalte in mehrere
Richtungen. Die erste ist mit der Automobilisierung schon
angesprochen. Die zweite stellen die einfachen Maschinen für die
Hausarbeit dar: Waschmaschine, Staubsauger, Kühlschrank. Sie sind alle
davon abhängig, daß die Elektromotore inzwischen so klein und leistungsfähig
geworden sind, daß sie billig genug und handhabbar werden. Dies hat dazu geführt,
daß Handwerkszeuge elektrisch motorisiert werden konnten. In einem
merkwürdigen historischen Entwicklungsgang lässt dies die vorindustrielle handwerkliche
Selbstversorgung der bäuerlichen Hauswirtschaften als Heimwerken
städtischer Haushalte wieder entstehen. Die wichtigere Bedeutung liegt natürlich
in der mobilen Motorisierung der handwerklichen Geräte in Industrie und
Gewerbe, zumal dem zunehmenden Reparaturgewerbe.
Die dritte
Richtung stellt die Energieversorgung dar. Die Elektroenergie kommt aus
der Steckdose, das Gas aus Rohrleitungen, teilweise auch die Wärme. Die
Haushaltswärme wird weiterhin und weitgehend dezentral nicht mehr durch Kohle,
sondern durch Öl- oder Gasheizungen erzeugt, was die Haushalte, zusammen mit
der schon früheren Anbindung von Wasser und Abwasser an städtische
Leitungssysteme, ziemlich pflegeleicht macht.
Die vierte
Richtung ist die Anbindung an allgemeine entstofflichte
Informationssysteme: Telefon, Radio, Fernsehen, inzwischen auch Systeme aus
telefonisch vernetzten Computerverbünden mit Mailboxen und dem Internet.
Die fünfte
Richtung besteht im Inhalt von einigen dieser Systeme oder der
Massenprodukte. Dort geht es nicht vorrangig um Information sondern um
Unterhaltung: Theater, Gesang, Orchester, Lesungen Bilder und Filme
können zu Hause genossen werden, entweder abgerufen oder als eigene Konserve,
erst auf Schallplatten, dann auf Bändern, inzwischen auf CDs, Festplatten oder
Festspeichern. Dazu zählen allerdings auch immer noch das inzwischen zur
absoluten Massenware gewordene Buch, vor allem das Taschenbuch, die Zeitschriften
und die Zeitungen, technisch als Massendruck schon im späten 19. Jahrhundert
ermöglicht.
Eine
merkwürdige Erscheinung in den Haushalten sind die Personal-Computer.
Sie wurden gleich von vorn herein in einer Dimension konzipiert und technisch
gefertigt, daß bei ihrer individuellen Verwendung nicht grundsätzlich
zwischen Geschäft und Privatsphäre unterschieden werden muss. Standort, die
Art und Weise ihres Funktionierens und auch die wichtigsten Arbeitsprogramme
lassen private und geschäftliche Nutzung zu - viele zusätzlich entstandene
spezielle Verwendungen und Bauarten natürlich nicht. Zudem ist die Miniaturisierung
inzwischen derart fortgeschritten, dass der PC, ähnlich wie das Telefon, das Radio-
und das Bandgerät oder der CD-Spieler als Mobilgeräte produziert werden.
In den 60er
Jahren gewinnt die Datenverarbeitung mit den Großcomputern eine
technisch und ökonomisch neue Dimension. Sie ist zunächst wegen der großen
Anschaffungs- und Betreibungskosten auf die Anwendung durch
Großorganisationen beschränkt und verstärkt den Trend zur Zentralisierung
sowohl in Unternehmen, wie in der öffentlichen Verwaltung. Ebenso wird die
Technik zur Übertragung großen Datenmengen zwischen Daten-Maschinen an
verschiedenen Orten über spezielle Leitungen nur für diese großen Anwendungen
entwickelt.
Für die Datenverarbeitung
ändert sich das grundlegend mit der Entwicklung und Verbreitung des Personal-Computers,
dem PC. Jetzt bestimmt die Dezentralisierung die Anwendung und
Verbreitung und verdrängt sogar nach und nach die mittlere und teilweise auch
die große Datentechnik.
Der nächste Sprung ergibt
sich mit der Entwicklung des Internets. Dieses erlaubt
es, über vorhandene Telefonleitungen und zusätzliche Datenleitungen zwischen
Knotenpunkten die individuellen PCs miteinander zu verknüpfen, so wie das schon
beim Telefon, beim Fernschreiben und beim Faxen sich als Prinzip durchgesetzt
hatte.
Mit dem Internet ergab sich aber noch eine technisch neue und
praktisch revolutionäre Veränderung, die das Prinzip der Informationsverwahrung
in Bibliotheken und der Informationsverbreitung durch Zeitungen miteinander
verknüpfte. Mit Daten aufgeladene Speicher, beliebiger Größenordnung und von
kleinen und großen Betreibern, die Server, konnten nun von
individuellen Nutzern mittels ihrer PCs und der Datenleitungen adressiert
werden und aktuelle Daten in großer Menge und individuell spezifischer Weise
abgeholt werden – ähnlich den Nutzern von Zeitungen und Zeitschriften oder von
Artikel- oder Aufsatzinformationsdiensten.
In der Verbindung von Datenübersetzung in digitale Signale, ihrer
elektronischen Verarbeitung, Speicherung und Verbreitung mittels PCs und
Internet finden verschiedenste technische wissenschaftliche Entwicklungslinien
zusammen. Sie sind zum erheblichen Teil zunächst von militärischen
Bedürfnissen und Anwendungen vorangetrieben worden, ähnlich der Atomtechnik.
Die elektronischen Großrechner sind zunächst in den USA beim Bau der Atombombe
entwickelt worden. Das Konstruktionsprinzip der programmgesteuerten
Verarbeitung von digitalisierten Daten wurde dagegen schon in den 30er Jahren
von K. Zuse in Deutschland mit Hilfe von elektrischen Relais technisch
umgesetzt. Die programm- und leitungstechnische Entwicklung der Prinzipien des
Internets geht auf die Bedürfnisse des US-Militärs nach
Informationsverbindungen zurück, die durch feindliche Atombombenexplosionen
in den USA nicht grundsätzlich außer Funktion gesetzt werden könnten. Die programmtechnische
Erweiterung für die Publikumsverwendung im World-Wide-Web geht von
Programmentwicklungen von Physikern des CERN in Genf aus, die die
internationale Kommunikation der Wissenschaftler dieser international
betriebenen Großforschungseinrichtung erleichtern wollten.
Mit den PCs
wird nun eine Entwicklung auch einzeln, individuell und privat verfügbar, die
schon seit mehreren Jahrzehnten nach dem Ende des 2. Weltkrieges aus der
militärischen Entstehung ihren technischen und ökonomischen Siegeszug angetreten
hat: Die elektronische Datenverarbeitung. In der Produktion als
Steuerung von Prozessen, in der Planung, Leitung und Verwaltung als Übernahme
von Routinerechenaufgaben oder als speicherbare Bearbeitung von massenhaften
Daten der Technik, der Buchführung und der Verwaltung. Drei entscheidende
Entwicklungen sind dafür die Grundlage.
Die
Erfindung der Digitalisierung von Informationen im Zusammenhang mit der
Entwicklung der Informationstheorie im 2.Weltkrieg.
Die darauf
aufbauende spätere Entwicklung der Programmsteuerung von elektronischen
Rechnern.
Die
Erfindung und Entwicklung von Transistoren als Ablösung der Dioden und
Verstärkerröhren und die Entwicklung von integrierten Schaltungen auf
dieser Basis.
Die
technische und kommerzielle Umsetzung gewinnt zunächst in den Großrechnern Gestalt
und ihr Einsatz ist entsprechend von den Aufgaben und Kosten her begrenzt. Die
Entwicklung der Mikroprozessoren am Beginn der siebenten Periode macht
dann in wenigen Jahren die Entwicklung der PCs möglich. Sie zeigen inzwischen Rechenleistungen
in einer räumlichen Konfiguration und mit einem ökonomischen
Aufwand, die früher nicht mal Großrechnern möglich waren.
An der
Geschwindigkeit der Leistungsverbesserungen der PCs, die fast direkt ein
Ergebnis der weiteren Miniaturisierung ist, zeigt sich noch einmal
dramatisch, welche Grundtendenzen auch weiterhin das industrielle Geschehen
prägen:
Automatisierung,
Miniaturisierung, Leistungssteigerung und ökonomische Effektivierung.
Dazu werden
weiterhin, wie schon seit langem, Mechanisierung, Chemisierung und Elektrifizierung,
seit einiger Zeit und noch recht begrenzt, auch Biologisierung der chemischen
Produktion (nach der Chemisierung der biologischen, der Landwirtschaft im 19.
Jahrhundert) verwendet.
Dabei werden
die Naturwissenschaften und daraus folgend die Ingenieurswissenschaften
immer tiefer in das weltweite Produktionssystem hineingezogen und
zunehmend wird die Wissenschaft zur unmittelbaren Produktivkraft. Und
immer noch ist sie, wie auch die anderen produktiven Kräfte, ohne gesellschaftliche,
rationelle und humanitär orientierte Kontrolle, von Planung und Leitung
anhand solcher Maßstäbe gar nicht zu reden. Marx Bemerkungen dazu in den
Grundrissen von 1857 (S. 595 ff) sind so aktuell wie nie zuvor!
Die Schwerindustrie,
technisch inzwischen ebenfalls eine sog. High-Tech-Industrie, hat ökonomisch
relativ und was die Beschäftigungszahlen betrifft auch absolut dramatisch an
Bedeutung verloren. Auch hat sich ihr früher prägendes Muster der
industriellen Lohnarbeit verloren. Produktivität und Produktionsumfang von
Kohle und Stahl sind dagegen noch gestiegen und der Stahl bildet
weiterhin die zentrale stoffliche Grundlage als Konstruktionsstoff
der Apparate und Maschinen.
Die
Bedeutung, der Produktionsumfang und die Spezialisierung des Maschinenbaus sind
noch gestiegen. Seine Beschäftigtenzahlen nur wenig zurückgegangen. Auch im Maschinenbau
und in den Maschinen selbst hat seit dem Ende der sechsten Periode, und
sich bis heute steigernd, die Mikroelektronisierung Einzug gehalten.
Damit werden die Apparate, Maschinen und ihre Komplexe immer weiter zu automatischen
Systemen entwickelt. Deren deutlichster Ausdruck sind zum einen die riesigen
Raffineriekomplexe, nur mit wenigen Menschen in der Überwachung und
Wartung, sowie zum anderen die Industrieroboter, als frei
programmierbare Handhabungsautomaten mit mehreren Freiheitsgraden,
die unmittelbar komplizierte Hand- und Werkzeugarbeiten und damit lebendige
Arbeit ersetzen.
An sich und tatsächlich sind diese Entwicklungen ein
Sieg der menschlichen produktiven Kräfte der Vernunft - kapitalistisch
angewendet aber gleichzeitig eine Niederlage der Humanität durch
das überflüssig Werden von Lohnarbeitern - nicht aber der Lohnarbeit.
Die
Vergrößerung der Verwaltungsauf- gaben in den Produktionsunternehmen und im
Staat wurde schon angesprochen. Bisher geht dies trotz der
Computerisierung der Datenverarbeitung noch mit der Steigerung der Beschäftigtenzahlen
einher ??. Aber die Produktivität wird auch hier in
kurzen Etappen enorm gesteigert. Die notwendige gesellschaftliche
Arbeitszeit wird auch in diesem Bereich dramatisch zurückgehen.
Die Verwaltungsaufgaben
im Bereich der reinen Kapitaloperationen sowohl in den Produktionsunternehmungen
wie auch bei Banken, Versicherungen und sonstigen Kapitaleinrichtungen haben
sich mit dem Wachstum des Kapitalismus dramatisch gesteigert. Auch sie
werden jetzt der Rationalisierung mittels Computeranwendung unterworfen. Diese
gesellschaftlich überflüssigen, ja teilweise schädlichen Funktionen werden
aber dadurch nicht verschwinden, sondern nur weniger Lohnarbeit anwenden und
damit einen weiteren Teil der sonstigen gesellschaftlichen Wertschöpfung
nicht als Lohn verausgaben sondern als Mehrwert einbehalten.
Ab etwa 1975
hat sich das ökonomische Wachstumsklima im Gesamt der kapitalistischen Welt
geändert. Die Wachstumsraten nahmen ab und die zyklischen Krisen wurden wieder
tiefer. Die Akkumulation verlor im kapitalistischen Teil der Welt erheblich an
Schwung - mit Ausnahme jeweiliger geduldeter oder geförderter Nachkömmlinge,
von Japan über Südkorea bis Malaysia oder gar Indonesien. Daher verschärfte
sich die Konkurrenz der großen Welt-Konzerne und Finanzgruppen der USA und der
anderen entwickelten kapitalistischen Länder um die Weltmärkte und Anlagesphären
wieder.
Das
resultierte aber nicht in dem systematischen Versuch, die
politisch-militärische Dominanz der USA zugunsten ihrer Konzerne auf direkte
Weise gegen die Konkurrenten einzusetzen, auch nicht nach 1990. Die Reaktion
der Finanzgruppen war es vielmehr, das staatliche Regulierungsregime gründlich
umzukrempeln, nach einem Pre-Test unter Pinochet in Chile, zunächst in England
gleichsam als Test des Ernstfalls mit Frau Thatcher und dann in den USA mit
Reagan. Begleitet und politisch abgesichert wurde dies von einer
entsprechenden ideologischen Offensive. Das richtete sich nicht gegen die
Konkurrenten, sondern gegen die jeweiligen Arbeiterklassen in den entwickelten
kapitalistischen Länder - direkt durch Druck auf die Löhne und auf die gewerkschaftlichen
Organisationen, indirekt durch Abbau der staatlich vermittelten sozialen Regulationen
der Reproduktion der Arbeiterklassen und der staatlichen Regulationen der
privaten Ökonomie.
UDSSR,
Ostblock einerseits, China andererseits sind nicht behandelt.
IV. Zur Geschichte des Imperialismus
in der kapitalistischen Entwicklung 1. Kolonialismus und alter Imperialismus im Übergang zur Industrialisierung
Parallel zur
Geschichte der kapitalistischen Industrialisierung verläuft die Geschichte
des alten und des neuen Imperialismus. Inwieweit die letztere
notwendig mit der großen Industrie verbunden war oder sogar ihr Produkt, das
war die zentrale Frage der Analyse des Imperialismus durch Lenin und seine
Zeitgenossen. In modifizierter Form ist dies auch die Frage, die sich
heute angesichts der neuen Dimension und neuen Formen der Internationalisierung
stellt, inzwischen öffentlich unter dem Schlagwort globalisierung breit
diskutiert.
Bis zur
Mitte des 19. Jahrhunderts haben Portugal und Spanien ihre
großen Siedlungskolonien, Edelmetallquellen und Plantagenländer in
Süd- und Mittelamerika und in der Karibik (mit der Ausnahme
Kubas und den Philippinen) zum großen Teil verloren. Die ehemaligen
Kolonien sind selbständig geworden und geraten zunächst unter den Einfluß
englischen Handels und Kapitals und dann zunehmend unter Einfluß des
US-Kapitals. Letzteres gilt schon relativ früh für Mexiko, dessen Nordteile
sich die USA auf verschiedene Weise einverleibt haben und so einen
Teil der inneren Kolonisation der USA bilden und es gilt
später für die Karibik, vor allem für Kuba, und ganz Mittelamerika.
Holland und England als die wichtigsten und
konkurrierenden Heimatländer des Handelskapitalismus haben
einen großen Teil dieser Handelskolonien behalten und wandeln sie
teilweise in formelle Territorialherrschaften um. Sie werden
teilweise privat in Form der Plantagenwirtschaft ausgebeutet oder sogar
indirekt über Tribute an den Staat. Letzteres gilt besonders für die
vollständige Kolonisierung Indiens durch England. Die
weißen Siedlerkolonien in Nordamerika sind zunächst im Kampf mit
Frankreich vollständig an England gefallen. Frankreich ist damit als
alte Kolonialmacht weitgehend ausgeschaltet. Die nordamerikanischen
Kolonien erkämpfen sich aber schon mit der Erklärung der Unabhängigkeit
1776 und ihrer Anerkennung durch England 1783 die Selbständigkeit. Kanada
bleibt weiße
Siedlerkolonie, Australien, Neuseeland und das Kapland in Südafrika
werden erst noch dazu. Darüber hinaus behält, entwickelt oder gewinnt England
militärische Stützpunkte auf dem Seeweg nach Indien, einerseits
um Afrika herum und später im Mittelmeer.
Für die
erste Phase der Industrialisierung des Baumwollgewerbes mit der maschinellen
Garnherstellung ist einerseits die ehemalige Kolonie USA mit der Plantagenproduktion
von Baumwolle auf Basis von Sklavenarbeit wichtig. Entsprechend
existiert ein florierender Sklavenhandel zwischen den atlantischen Handelsstützpunkten
am westlichen Schwarzafrika und den Südstaaten der USA abgewickelt vom
Handelskapital der alten Kolonialstaaten und vor allem aus England (der
sogenannte Dreieckshandel). Andererseits sind vor allem Indien und die
übrigen Kolonien als Absatzmärkte für Baumwolltuche wichtig.
Weitgehend
parallel zur Entwicklung des neuen Imperialismus seit 18875/80
machen sich die noch bestehenden weißen Siedlerkolonien Englands
zunehmend politisch unabhängig und gewinnen den Status von Dominions
oder werden selbständig. Sie bleiben aber weitgehend im ökonomischen
Verbund mit dem Mutterland.
Erst mit dem
Verlauf der Weltwirtschaftskrise Anfang der 30er Jahre Versucht England nach dem Ausstieg aus dem Goldstandard einen eigenen
weltweiten Währungsblock, die Sterling-Zone zu organisieren.
Indien, zunächst ein Ort von Handelsstützpunkten und
umgebenden Territorien von Portugal, später von Holland, wird in ökonomisch-militärischer
Konkurrenz zwischen französischem und englischem Handelskapital, noch vor dem
Beginn des industriellen Baumwollbooms in England, weitgehend von der englischen
East-India-Company kontrolliert. Mitte des 19. Jahrhunderts wird es von England
nach einem Aufstand der Armee der Companie aus indischen Soldaten militärisch
und formell in eine Kolonie verwandelt. Die Beherrschung und Ausbeutung
wird, teilweise unter Belassung einheimischer Fürsten, als Territorialherrschaft
organisiert und bleibt dies, auch über die Periode des klassischen Imperialismus
hinweg, bis zur Entlassung als Kolonie 1947 nach dem Ende des 2. Weltkrieges.
Die sich
ändernden Verhältnisse zwischen Indien und England spiegeln die
Wandlungen in Inhalt und Form der kolonialen, allgemein der imperialen
Verhältnisse zwischen einem sich handels- und manufakturkapitalistisch entwickelnden
und später sich industrialisierenden Land und seinen unterworfenen und abhängigen
auswärtigen Territorien und zeigen gerade wegen der Kontinuität die Antriebe
und Bedingungen der Veränderungen.
Eine neue
Welle der Gewinnung kolonialer Einflußzonen und Territorien beginnt durch England mit den Opiumkriegen
gegen China schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie fällt etwa mit der 2. Mechanisierungsphase der
Textilindustrie und dem Beginn des Eisenbahnbooms zusammen, ohne dass es da
eine ursächliche Verbindung gibt. Daran beteiligen sich relativ schnell die
meisten industriell-kapitalistischen Länder mit erpressten Handels-, Zoll- und
Eisenbahnkonzessionen sowie entsprechenden Gründungen von Kolonialbanken vor
Ort.
Aus diesen
parallelen Anstrengungen der Kolonialmächte zur Eroberung Chinas geht noch
vor dem 1. Weltkrieg letztlich Japan als dominierendes Imperium in Ostasien
hervor.
Im Gefolge
dieser vielfältigen Unterwerfungs-vorstöße unternimmt Frankreich in
Hinterindien energische Kolonialisierungsanstrengungen und annektiert
schließlich ganz Vietnam. Dabei geht es, neben den obligaten Eisenbahnkonzessionen,
auch um eine neue Plantagenwirtschaft.
Fast
gleichzeitig ab 1830 wandern weiße Siedler, nicht nur Franzosen in Algerien,
eigenen sich auf vielfältigen Wegen Teile des Agrarlandes und entwickeln
einen agrarischen Siedler-Kolonialismus noch ohne staatliche Übernahme durch
den französischen Staat. Ab der Mitte des Jahrhunderts holt dieser das in mehreren
Schritten nach. Dabei behält und stützt er praktisch die ökonomische Rolle der
agrarischen Siedlerkolonie und deren gesellschaftliche Vorrechte,
gliedert aber Nordalgerien als Provinzen in das französische
Mutterland ein, ohne die rechtliche Gleichstellung der neuen
französischen Staatsbürger wirklich umzusetzen.
Später, als
Kompensation für die Übernahme des durch französisches Kapital unter
französischer Leitung gebauten Suezkanals und der faktischen Herrschaft
in Ägypten durch die Engländer, übernimmt Frankreich
Tunesien formell als Kolonie, überträgt viele staatliche Formen des
französischen Staates und eröffnet dem französischen Kapital eine neues Feld.
Der Versuch,
Ähnliches mit Marokko zu veranstalten, scheitert u. a. an
den kon- kurrierenden, aber ebenfalls vergeblichen Versuchen Deutschlands.
Der
eigentliche große Verlierer der Konkurrenz um koloniale Ausdehnung bis weit in
den klassischen Imperialismus hinein ist Frankreich, zunächst in
Nordamerika, dann in Indien und später im Nahen Osten. England ist der jeweilige
Gewinner. Aber Frankreich versucht sich mit den oben genannten Kolonisierungen
schadlos zu halten.
2. Weltpolitik: Neuer Imperialismus
In der zweiten
Industrialisierungsperiode ab 1835-40 wuchsen zunächst bei den Eisenbahnlinien
die Betriebsgrößen und daher das Kapitalminimum. Gegen Ende dieser
Periode geschieht dies auch in anderen Zweigen, vor allem den
Grundstoffindustrien. Wie schon zu Beginn bei der Eisenbahn werden auch viele
andere produzierende Kapitale in Aktiengesellschaften
verwandelt.
Nach 20
Jahren starken Wachstums setzt mit der Krise nach 1873 eine Phase verminderter
Zuwachsraten bis 1895 ein. Sie ist mit drastischem Preis- und Profitverfall
verbunden. In die Wirtschaftsgeschichte ist sie als Große Depression
eingegangen ist. Die zunehmenden Größen und die neuen Verwertungsprobleme
drängen die großen Kapitale zur Bändigung der Konkurrenz durch Kartelle
und Monopolisierung.
Außer England
reagieren die meisten der kapitalistischen Staaten auf die neue Situation protektionistisch
mit neuen Schutzzöllen und einige mit dem Versuch, Absatzmärkte,
und Rohstoffzugänge und damit manchmal auch neue Investitionsfelder durch nachholenden
Imperialismus zu gewinnen.
Erst mit
diesen neuen Gegebenheiten eröffnet sich das Zeitalter des klassischen
Imperialismus, das Lenin dann im 1.Weltkrieg untersucht hat.
Neben den
schon bestehenden Kolonien der alten und neuen Kolonialmächte setzte ein systematischer
Wettlauf um die koloniale Aufteilung von Afrika ein. Konzentrierten Ausdruck
fand dieser Wettlauf mit der sogenannten Kongokonferenz 1885 in Berlin,
ausgerichtet vom deutschen Reichskanzler Bismarck. Dort wurden zwischen den
europäischen Groß- und Hauptkolonialmächten Regelungen und den USA über die
Aufteilung Afrikas getroffen. Einerseits wurden Prinzipien des Erwerbs und der
Anerkennung von Kolonien beschlossen und andererseits schon einige Aufteilungen
verabredet. So wurde u.a. die private koloniale Erwerbung König Leopolds von
Belgien, das Kongobecken, als staatliche Kolonie anerkannt. Bisher
hatten in Afrika südlich der Sahara vor allem alte Handelsstützpunkte
oder neuere Siedlerkolonien die Szene bestimmt. Die vom Deutschen Reich
bis dahin besetzten oder beanspruchten kolonialen Erwerbungen in Afrika wurden,
wie diejenigen anderer Staaten auch zur Kenntnis genommen und damit praktisch
von den anderen Großmächten Sanktioniert.
Die
getroffenen Verabredungen wurden in der sog. Kongoakte von 1885 festgelegt. Die
USA beteiligten sich nicht an den Aufteilungsplänen und beanspruchten keine
Einflußzonen oder Kolonien.
Das alte
Kaiserreich China, noch vollständig landwirtschaftlich und feudal geprägt,
ohne ernsthafte Ansätze von Kapitalisierung und Industrialisierung, geriet
seit der frühen Mitte des Jahrhunderts mit den von England geführten
Opium-Kriegen ebenfalls in den Strudel einer imperialistischen Aufteilung
in Einflußzonen zur Öffnung für das Kapital ihrer Hauptmächte. Die Opiumkriege
wurden von England gegen China geführt, um die Öffnung des Binnenmarktes für
Opium, das von englischen Kompanien aus Indien eingeführt werden sollte, der
chinesischen Kontrolle, Beschränkung und Verzollung zu entziehen.
Nachdem die USA-Navy
1854 das ebenso rückständig strukturierte Japan mit einer Kanonenbootaktion
dem westlichen Handelskapital zugänglich gemacht hatte, inszenierte ein Teil
der herrschenden Klasse 1868 mittels der Restaurierung der
Kaiserherrschaft gegen die seit Jahrhunderten faktische Machtausübung des Schogun
eine radikale bürgerliche Revolutionierung von oben gegen den Adel
und seine Kriegerkaste.
Nach ersten
Erfolgen der kapitalistischen Industrialisierung in der Textilindustrie und
beim Eisenbahnbau, beteiligte sich auch Japan am imperialistischen
Wettlauf, übernahm Korea und Formosa, und sicherte sich erste
Einflußsphären besonders in der Mandschurei in Nordchina. Dieser
Wettlauf spitzte sich zur militärischen Konfrontation zwischen Rußland
und Japan zu, aus dem Japan 1905 siegreich hervorging. Letztlich war Japan
die entschiedenste und erfolgreichste Macht, u. a. indem es die Mandschurei
mit Hilfe der Kohleproduktion zum Schwerindustriestandort mit
ausgedehntem Eisenbahnbau entwickelte. Es konnte seine Beteiligung am I
Weltkrieg auf der Seite der Westalliierten zu weiterer Expansion nutzen, ohne
von den alten imperialistischen Mächten oder den USA daran gehindert zu
werden. Nach dem Weltkrieg übernahm Japan einen Teil der deutschen Kolonien.
Später wurden die alten europäischen Kolonialmächte von Japan kurzerhand
beiseite gedrängt.
Hier, wie
auch in Südamerika und Afrika konnte die Konkurrenz der atlantischen Großmächte
immer wieder in Kompromissen geregelt werden.
Vor allem
nach der bürgerlichen Revolution 1911 in China und dem Ende des 1.
Weltkrieges verschärften sich die Interessengegensätze und Konfrontationen
zwischen den USA und Japan. Dieses setzte seine Expansion bis
in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein fort. Die USA wollten dies
mit Hilfe von zunehmenden Embargos, letztlich der Verhinderung der
Ölzufuhr unterbinden. Die Reaktion Japans mit dem Angriff auf die
Pazifikflotte der USA in Pearl Harbor auf Hawaii vom 7. Dezember
1941 bildete dann den Anlaß für den Eintritt der USA in den II
Weltkrieg.
Der pazifische
Feldzug der USA gegen Japans Imperium und Japan
selbst machte dessen imperialistischer Expansion mit dem Einsatz
der beiden Atombomben auf Hiroshima 6. und 9. August 1945 auf Nagasaki
sowie der folgenden Besetzung dann ein wahrlich radikales Ende.
Bemerkenswert
ist, daß die alten britischen Erwerbungen und seine Dominions von keinem
weltökonomischen Konkurrenten in Frage gestellt wurden, nicht einmal Kanada von den USA, obwohl
sich dieses geographisch, ökonomisch und sprachlich ja angeboten hätte. Auch
bei der Ausdehnung der Kap-Provinz in Südafrika durch einen brutalen
und terroristischen Krieg Englands gegen die alten Siedlerkolonien von
Holländern griff keiner der größeren Konkurrenten ein.
Ebenso
bemerkenswert ist, daß die militärisch schwachen und ökonomisch abhängigen aber
formell selbstständigen Staaten Südamerikas nicht in
die Kampagne zur Neuaufteilung der Welt einbezogen wurden. Die bestehenden, vorrangig britischen, Investitionen
und Handelsverbindungen wurden nicht bedroht, vielmehr praktisch durch
ökonomisches Übergewicht der US-Konzerne verdrängt. Aber auch England
versuchte keine engere Anbindung dieser formell unabhängigen Staaten gegen die
jetzt erklärte Reservierungspolitik der USA, die unter dem Banner
der anti-kolonialen Proklamation von Präsident Monroe im Jahr 1823, der sog.
Monroedoktrin für beide Amerikas von den USA vertreten wurde.
Schon hier
zeigte sich,
daß die
Kämpfe der alten europäischen Kolonialmächte, der beiden starken Neubewerber Japan, Deutschland und auch Italiens, die in
der Aufteilung der Welt vor dem 1. Weltkrieg zu kulminieren schien, nur eine
Übergangserscheinung zur späteren Dominanz der USA war.
Dies zeigte sich
dann schon nachdrücklich mit dem Ende des 1. Weltkrieges.
Zunächst
trat dies nicht so klar zu Tage, da auch die USA mit Kuba und den
Philippinen imperialistische Fingerübungen machten. Außerdem
wurde die faktische private ökonomische Angliederung von Hawaii durch eine
staatliche Übernahme vollendet. Generell und vor allem später unterschied sich
der Modus der Dominanz der USA von dem der anderen - nicht
militärisch-politische Unterwerfung, sondern ökonomisches Übergewicht mit Hilfe
des Prinzips der "Open Door". Allerdings wurde vor
allem in Mittelamerika und der Karibik in Konfliktfällen ohne zögern
der "Big-Stick" der Intervention oder bei grundsätzlichen
Fällen auch die Beteiligung an großen Kriegen gewählt – wie in den beiden Weltkriegen.
Nach 1895
setzt in der kapitalistischen Welt eine zweite Etappe industrieller Expansion
mit starkem Wachstum ein. In Europa dauert sie bis zum ersten
Weltkrieg und in den USA sogar bis zur Weltwirtschaftskrise 1929,
unterbrochen von den üblichen Krisen!
Die USA expandieren weiter im Inneren, nachdem sie sich im 19. Jahrhundert mit Texas,
Neumexiko und Kalifornien große Teile Nordmexikos
einverleibt hatten. Um 1913 sind sie mit ihrer Industrieproduktion weltweit
die größte Industriemacht, weit vor der nächsten.
Auch in den USA
entwickeln sich Monopolisierung, Kartellierung und Finanzkapital.
Hier, wie auch sonst im entwickelten Kapitalismus, bildet sich als Spitze der
Bourgeoisie eine Finanzoligarchie heraus.
Auf dem industriellen
Export-Weltmarkt spielen die USA jedoch nur eine geringe Rolle, anders als bei landwirtschaftlichen Gütern. Dagegen
war ihr Import von Industriegütern, von Transport- und Kapital-Diensten und von
Kapital selber für die europäischen Industrieländer, vor allem für England
und später für Deutschland sehr bedeutsam.
Weltwährungsverhältnisse
Der von England
mit Gesetz von 1816 eingeführte Goldstandard bestand zum einen in
Goldmünzen einer nationalen Währung und zum anderen in nationalen Banknoten,
die bei den ausgebenden Banken in Gold umgetauscht werden konnten. Dafür mußten
diese Banken, zunehmend die meist staatlichen Zentralbanken, einen bestimmten
Anteil des Wertes der umlaufenden Noten als Goldvorrat für den evt. Umtausch
vorrätig halten.
Bis 1880
hatte sich der Goldstandard für die nationalen Währungen fast in der gesamten
Welt durchgesetzt. Damit
hatten das englische Pfund Sterling und alle Währungen mit Goldstandard einen
direkten Bezug zum internationalen Goldpreis. 1871 wurde die deutsche
Währung, die Mark ebenfalls fest an den Goldpreis gebunden. Die Zahlungsbilanzsalden
zwischen den Staaten konnten in Goldmengen ausgedrückt, und evt. auch durch
deren Transfer ausgeglichen werden. Noch Ende des 19. Jahrhunderts führten
auch die USA den Goldstandard ein.
Dieses
Währungsystem hielt bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges. Für die Kriegsfinanzierung wurde die Einlösepflicht
der nationalen Banknoten in vielen der Kriegführenden Länder eingeschränkt
oder ganz aufgehoben.
Nachdem
England 1846 die Kornzölle einseitig aufgehoben und 1849 die Einfuhrbeschränkungen
der Navigations-Acts mit diesen zusammen aufhoben hatte, schloß England zuerst
mit Frankreich und dann mit anderen Staaten ein Netz von Handelsverträgen auf
Gegenseitigkeit. Diese Verträge enthielten zunehmend einen automatischen
Verbreitungsmechanismus, die sog. „Meistbegünstigung“.
Aus der
Verbreitung des Goldstandards und dem Netz an Handelsverträgen ergab sich eine
enorme Ausweitung des internationalen Handels, in dem London, mit dem Pfund
als Finanzierungs-, sowie als Handels-, Versicherungs- und
Transportdrehscheibe diente.
Die USA und Rußland beteiligten
sich erst ab Ende des 19. Jahrhunderts am Goldstandard, aber nicht am
Freihandel, indem sie z.T. erhebliche Einfuhrzölle auf Industriewaren erhoben.
Die
allgemeine Entwicklung wurde ab der Krise von 1873 in Europa durch die
Wiedereinführung von Einfuhrzöllen von vielen Ländern, die durch die Krise
betroffen waren, wiederum gebremst, obgleich gerade Deutschland mit der
massiven Industrialisierung einen zunehmenden Bedarf an freien Exportmärkten
hatte. Dieser Widerspruch sollte später erhebliche Auswirkungen auf seine
Außenwirtschaftspolitik, auf seine Diplomatie und die Geopolitik des Deutschen
Reiches haben.
3. Die Auseinandersetzungen in und um
Europa und Vorderasien
Ähnlich wie China
stand das immer schwächer werdende feudale und nicht industrialisierte osmanische
Großreich vor einer tiefen Krise. Seine geostrategische Lage und seine
Positionen waren zwischen den europäischen Großmächten schon seit langem
Gegenstand von gegensätzlichen militärischen Ambitionen und ökonomischen
Interessen (die Frage der Meerenge des Bosporus und der künftigen Lage in
Ostanatolien, Palästina, Syrien und Mesopotamien). Die Lage in Ägypten
(Suezkanal und Baumwolle) wurde von England unter Ausbootung von Frankreich
mit Hilfe des dortigen osmanischen Statthalters zu seinen Gunsten geklärt.
Das schwach
und historisch obsolet gewordene alte Imperium Österreich-Ungarn versuchte zur inneren Stabilisierung eine letzte Expansion auf dem Balkan. Bosnien
und Serbien waren für sich genommen keinen großen Krieg wert, wie auch die
meisten neuen Kolonialerwerbungen der anderen Mächte nicht.
Aber der
Balkan gehörte unter den damaligen Bedingungen geopolitisch und militärstrategisch
in den Auflösungsprozess des osmanischen Reiches
und fokussierte daher die dort bestehenden Interessengegensätze der großen
Mächte England, Frankreich, Rußland, Deutschland und Italien an und in Europa.
Rußland hatte, ähnlich wie die USA in Nordamerika, aber auf
anderer politisch-ökonomischer Grundlage, eine kontinentale Expansionspolitik
nach Sibirien und das vordere südöstliche Asien ohne ernsthaften Konkurrenz
betrieben. Es konnte allerdings, ebenso wie Österreich-Ungarn oder
das osmanische Reich der imperialistischen Konkurrenz aufgrund
der mangelnden kapitalistischen Industrie auf Dauer nicht standhalten.
Das zeigte sich folgenreich bei der militärischen Niederlage in der
Seeschlacht bei Tsushima gegen den Neubewerber Japan 1905. Außerdem befand
es sich in einer inneren Lage, die auf eine tiefgreifende anti-feudale und
kapitalistische Umwälzung drängte, wie die anschließende Revolution zu Tage
treten ließ.
Rußland konnte seine auslandsfinanzierte Industrialisierung
und Eisenbahnerschließung (vor allem durch französisches Kapital) ohne
eine bürgerliche
Revolution nicht
richtig vertiefen und auch den Kapitalismus auf dem Lande nicht durchsetzen.
Zur bürgerlichen Revolution von oben, wie in Deutschland oder Japan, war
die herrschende Klasse nicht bereit oder fähig, zur bürgerlichen Revolution
von unten war das Bürgertum zu schwach.
4. Die Rolle Deutschlands
Vor allem
die politische Führung und Teile des Finanzkapitals in Deutschland sahen
sich um 1900 bei der Aufteilung der Welt zu spät gekommen und forderten unter
der Parole von einem "Platz an der Sonne" (Kaiser Wilhelm II) mit
einer illusionären "Weltpolitik" und einer tatsächlichen Aufrüstung
eine "gleich-berechtigte" Beteiligung an der Aufteilung und
Ausbeutung der Welt der Kolonien.
Der Kapitalexport
aus Deutschland rangierte sehr weit hinter England und war noch deutlich
kleiner als der Frankreichs. Allerdings verzeichnete er eine dramatische
Steigerung im Jahrzehnt vor dem 1. Weltkrieg. Er konzentrierte sich allerdings
auf die europäischen Länder, besonders auf Österreich-Ungarn. Dagegen blieben
die Kapitalexporte in die Kolonien bis 1913 völlig unerheblich.
Auch die
Exporte von Industriegütern in die westeuropäischen Länder und
die USA waren höher als in andere Gegenden. Der Waren-Export in die
USA wurde vor allem durch deren hohe Zölle gebremst, aber nicht unterbunden.
So war z.B. England mit seinem Freihandel weiterhin einer der
Hauptabnehmer von Industriegütern aus Deutschland. Für Kapitalinvestitionen,
damals vor allem Anleihen und Kredite, gab es unter dem Goldstandard sowieso
keine Hindernisse.
Die
praktischen Richtungen der kolonialen Erwerbungen Deutschlands in Afrika und
im Pazifik hatten also wenig mit den gegebenen Handels- und
Anlageinteressen zu tun – oder mit deren mangelnder Durchsetzung.
England versuchte noch Ende des 19. Jahrhunderts mit seiner
neuen Flottendoktrin des "doppelten Standards", d. h.
stärker als die beiden nächstkleineren zusammen, seine Dominanz bei den
Kriegsflotten auf den Weltmeeren und damit auch beim Welthandel über See zu
sichern.
Deutschland versuchte dagegen mit einer eigenen militärischen
Hochseeflotte ein Wettrüsten gegen England zu veranstalten und es so
unter Druck zu setzen. Nach
gescheiterten Verhandlungen mit Deutschland 1901 zur Begrenzung der
Flottenrüstungen, schloß England 1902 mit Japan einen Flottenvertrag. Japan
nutzte diese Rückenstärkung um seine Kolonialisierungsbemühungen in der
Mandschurei zu verstärken. Daraus entstand der russisch-japanische Krieg
von 1904, der mit der Seeschlacht von Tsushima von 1905 für Japan
siegreich endete. Eine Folge dieser Niederlage Russlands war die Revolution von
1905 in Russland.
Um eine
Wendung des Bündnisses zwischen Frankreich und Rußland gegen England
abzuwenden, einigte sich England 1904 mit Frankreich
in einem Vertrag, über Ägypten, der „Entente Cordial“: Ägypten
sollte, unbestritten von Frankreich zur Einflußzone von England
kommen und Frankreich dafür freie Hand für Marokko erhalten. Danach
einigte sich England mit Rußland über Afghanistan
und Persien und Rußland schloß mit England
und Frankreich die Triple
Entente, als Erweiterung der Entente Cordial. Daraus entstand
dann das Bündnis, dass im I Weltkrieg gegen Deutschland und die anderen
Mittelmächte kämpfte.
Auf dem
europäischen Kontinent entwickelte sich zwischen Rußland und Frankreich
auf der einen Seite und Deutschland auf der anderen sich ein Wettrüsten
bei den Landheeren. Deutschland führte außerdem sein
Wettrüsten bei der Militärmarine gegen England fort.
Deutschland suchte ein Bündnis mit dem Kaiserreich
Österreich-Ungarn und mit Italien und versuchte das Osmanische
Reich auf seine Seite zu ziehen.
Diese
dipomatischen und militärischen Koalitionen bildeten dann den Kern der beiden
Lager im I Weltkrieg.
Angestoßen
von den Ambitionen Österreich-Ungarns zur Unterwerfung Serbiens,
bildeten diese Koalitionen auch die tatsächlichen Fronten im 1.Weltkrieg,
nachdem Italien klugerweise noch rechtzeitig die Fronten gewechselt
hatte.
Mit dem oben
skizzierten Wettlauf der alten und neuen Großmächte um die Aufteilung
Afrikas („sramble for Africa“) – woran sich aber weder die USA,
noch Österreich-Ungarn, Rußland oder Japan beteiligten,
der Aushöhlung Chinas und der Nachfolgeregelungen zum osmanischen
Reich, ging eine neue Welle des Chauvinismus und Rassismus durch die
öffentliche Meinung der beteiligten kapitalistischen Länder.
Es waren
also wohl nicht die konkreten, benennbaren, konkurrierenden
ökonomischen Interessen, die die Lage auf dem Balkan zuspitzten,
sondern die unabsehbaren Folgen einer grundlegenden Veränderung der
geostrategischen Lage in der Konkurrenz der europäischen Großmächte bei
der Auflösung des osmanischen
Reiches und die
Versuche der im Inneren morschen Imperien Österreich-Ungarn und Rußland sich mittels
einer Vorwärtsstrategie zu retten, die die serbische
Frage zum Auslöser des 1. Weltkrieges machte.
5. Die weitere Entwicklung im und nach dem
1. Weltkrieg
Während des
ersten Weltkrieges wurde der Goldstandard von fast allen Ländern aufgegeben.
Notgedrungen versuchten die Mittelmächte ihre Rüstungsindustrie auf
Selbstversorgung umzustellen. Durch beide Vorgänge reduzierte sich der
Welthandel dramatisch, vor allem zwischen den Lagern der Kriegsgegner,
deren Austausch vorher dessen Expansion getragen hatte.
Bei den
kriegsbeteiligten Mächten entwickelten sich neue, staatlich organisierte
Instanzen zur Koordinierung der weiterhin privaten Rüstungsproduktion. Für
die Zeit des Krieges bildeten sich erstmals Strukturen einer engen Kooperation
zwischen den modernen Zentralstaaten und der privaten Großindustrie
heraus, die von Lenin als staatsmonopolistischer
Kapitalismus gekennzeichnet wurde.
Deutschland fand sich durch den merkwürdigen Verlauf des Krieges
in der Situation, ein großes Territorium im Osten, die Ukraine und weite Teile
Rußlands erobert und besetzt zu haben, was seinen eigentlichen Kriegszielen im
Westen nicht entsprach. Hier deutet sich faktisch die im nächsten Krieg dann
auch geplante Expansionsrichtung an.
Die bürgerliche
Revolutionsregierung von Rußland im Frühjahr 1917 konnte sich politisch
nicht halten, weil sie erfolglos den Abwehrkrieg gegen das Heer des immer noch
kaiserlichen Deutschlands an der Seite der Westalliierten fortsetzte und das
Heer dabei enorme Verluste an Soldaten und der Staaten an Gebieten erlitt.
Die bürgerlich-demokratische
Revolution wächst in eine anti-feudale und antiimperialistische
Revolution hinüber und bringt die Übernahme der Regierungsgewalt der linken
Kräfte und letztlich die Machtübernahme der Arbeiter- und Soldatenräte mit
ihrer Mehrheit, den Bolschewiki.
Die Exekutive
des Rates erklärte den Austritt aus dem Krieg und postwendend werden Rußland
und die Räteherrschaft von den Westalliierten mit einer Militärintervention
an verschiedenen Seiten des Landes bedroht. Die andere Entscheidung der
Revolutionsregierung, die Auflösung des feudalen adeligen Grundbesitzes,
hat prompt den Bürgerkrieg der Reaktion gegen die Bauern und gegen die
Revolutionsregierung zur Folge.
Die Intervention der westlichen Siegermächte des I Weltkrieges kann abgewehrt werden und wird abgebrochen. Der Bürgerkrieg
dauert länger, bis 1922, und bringt furchtbare Zerstörungen mit sich.
Die
Revolutionsregierung stellt den nichtrussischen Teilen des ehemaligen
Zarenreichs frei, sich als eigenständige souveräne Staaten mit eigener
politischer und eigener Wirtschaftsordnung zu organisieren. Die Baltischen
Länder, Polen und Finnland wählen diesen Weg und richten bürgerliche Ordnungen
ein. Die Ukraine bleibt nach heftigsten inneren Kämpfen Teil der neuen
Sowjetunion, ebenso wie die südlichen Mittelasiatischen Regionen.
Die
Entwicklung des Nachkriegsimperialismus
Es gelingt
also den alten
Kolonialmächten und der
neuen japanischen nicht, das alte Zarenreich aufzuteilen und die neue Sowjetunion von ihren sibirischen und asiatischen Teilen zu
trennen. Auch wenn Japan
sich im Osten wieder aus der Mandschurei zurückziehen muß, kann es seine
sonstige Kolonialexpansion verstärkt fortsetzen, ohne daran gehindert
zu werden.
Das
Großreich Österreich-Ungarn zerfällt in viele schwache Nationalstaaten
ohne starkes Bürgertum und meist ohne industrielle Basis - Ausnahme ist und
bleibt für einige Zeit Tschechien. Entsprechend völkisch-reaktionär
sind die politischen Auseinandersetzungen, die sich daraus ergeben. Deutschland,
als der „historisch vorgesehene“ ökonomische Erbe des Zusammenbruches des
feudalen Großreichs, geht aufgrund seiner Niederlage zunächst leer aus.
Das osmanische
Reich zerfällt, wie vorauszusehen. – durch die Absprengung
der balkanischen und arabischen Provinzen vom türkischen Rest des Osmanischen
Reiches in Anatolien. Libyen als Rest des Reiches in Nordafrika,
war schon vor dem I Weltkrieg von Italien militärisch erobert worden.
Aus ihm
bildet sich eine bürgerlich-nationalistische und säkulare Militärdiktatur
unter Atatürk in der anatolischen Resttürkei und um Istanbul,
ebenfalls ohne entsprechende Klassen- und Industriebasis. Das schlimme Erbe
dieser Modernisierungsdiktatur der Militärkaste müssen die Völker der
heutigen Türkei immer noch ertragen.
Die arabischen
Provinzen des osmanischen Reiches werden von den imperialistischen bürgerlichen
Staaten England und Frankreich als Mandate des Völkerbundes in reaktionäre
scheinkonstitutionelle Königreiche verwandelt, entgegen den
Versprechungen im I Weltkrieg und den internen Versuchen einer bürgerlichen
gesamtarabischen Entwicklung.
Die Alten
Kolonialmächte Frankreich, England, Holland, Portugal und Belgien konnten ihre Kolonien behalten und teilweise sogar
ausbauen, aber ihre ökonomische Rolle verminderte sich angesichts der
ökonomischen Verhältnisse nach dem Weltkrieg erheblich, und nur die
Rohstoffextraktion, besonders von Erdöl und Kupfer bekam neues Gewicht.
Diese und
die anderen Kolonien konnten allerdings nur er- und gehalten werden, da die USA
keinen Versuch machten, dies zu verhindern. Besonders die Nicht-Übernahme
der Kolonien der kleinen und teilweise auch ökonomisch sehr schwachen Länder
Holland, Belgien und Portugal durch die großen Kolonialmächte
machen deutlich:
die ökonomische Konstellation der imperialistischen (d.h. staatlich organisierten) Konkurrenz um Kolonien und abgegrenzte Einflußgebiete
hatte sich ihrem Ende genähert!
Die neue
Bedeutung des Erdöls und seiner Fördergebiete
Für die
weitere politische und ökonomische Entwicklung bekam mit der Verbreitung des Verbrennungsmotors,
angetrieben durch die Um- und Aufrüstung der englischen Kriegsflotte (Umstieg
von Kohle- auf Ölfeuerung) und den 1. Weltkrieg, das Erdöl als
industrieller und militärischer Brenn- und Rohstoff völlig neue
Bedeutung!
Damit
bekamen die neuen Protektorate und die schon längere Rivalität um
Einfluß im Iran und in der Türkei eine neue Bedeutung. (Die
beiden alten europäischen Ölmonopole der Nobels und der Rothschilds waren vor
oder im ersten Weltkrieg, spätestens mit der 2. Revolution in Rußland
untergegangen oder bedeutungslos geworden.)
Die USA
erschienen auch in diesem Feld noch nicht als militärisch aktive Konkurrenten.
Ihre Kapitale verfügten anscheinend über eine ausreichende Produktion im
Inland. Die dominierende Stellung von Rockefeller mit den Nachfolgegesellschaften
der Standard-Oil im Vertrieb im Inland und auf den verschiedenen
Märkten der Welt war vorerst nicht bedroht.
Es
entwickelten sich zwei europäische Großkonzerne, die von Holland und
England gefördert und von letzterem protegiert wurden, Royal-Dutch-Shell
und British-Petrol (vormals Anglo-Iranian-Oil). Beide hatten Ölquellen
in alten oder neuen abhängigen Gebieten. Aufgrund des Ausgangs des 1.
Weltkrieges waren Frankreich und England allerdings derart in
ihrem Gewicht geschrumpft und finanziell von den USA abhängig, daß sie den
Forderungen der USA nach Teilhabe der US-Konzerne an den Erdölkonzessionen
in den Mandatsgebieten keinen ernsthaften Widerstand
entgegensetzen konnten, obgleich die USA kein Mitglied des Völkerbundes
waren.
Auf diese
Weise hat sich, beginnend in den 30er Jahren und unangefochten seit 1945 aus
den verschiedenen westlichen Konzernen ein Weltkonsortium für Öl (die
Majors, oder die 7 Schwestern) entwickelt, das in wechselnden Zusammensetzungen
und Proportionen an fast allen Ölfunden und Ölquellen außerhalb der SU/Rußlands
und heute Chinas, beteiligt war.
1960der wird
die OPEC als Kartell der Erdöl fördernden Staaten von Venezuela und den meisten
Nah-Ost Ölstaaten gegründet. .
Erst ein bis
zwei Jahrzehnte später beginnt die die Welle von Verstaatlichungen der
Öllagerstätten und Ölförderungen im Nahen Osten, Nord-Afrika und auch in
Venezuela.
Im alten Großreich
China hatte es 1911, noch vor Beginn des I Weltkrieges, eine
bürgerliche Revolution gegeben. Aber ebenso wie in den anderen alten
Großreichen gab es dafür keine zureichende Klassen- und Industriebasis. So
konnte das bürgerliche Kuomintang-Regime sich nicht gegen die japanische
Eroberungspolitik wehren und das Auseinanderbrechen in rivalisierende
regionale Regime von Warlords nicht verhindern. Eine ähnliche Entwicklung
wie in der Türkei unter dem Militär Atatürk, gelang dem Regime unter
Tchiang-Kai-Tchek nicht, trotz massiver Unterstützung durch die USA.
In den
Jahren nach 1911 und in den 20ern entwickelten sich in einigen großen
Hafenstädten eine Textilindustrie und damit auch die Bourgeoisie und ein
Fabrikproletariat. 1921 wurde in Schanghai die Kommunistische Partei als
Verbindung von sehr kleinen weit verstreuten Zirkeln gegründet, darunter war
als Delegierter auch MaoZedong. U.a. aufgrund der Empfehlung und des
Einflusses der Komintern, die bei der Gründung vertreten war, reihten
sich ein Teil der noch wenigen Kommunisten in die nationale bürgerliche
Bewegung und Partei der Kuomintang ein.
Die kapitalistische
Industrialisierung und damit auch die Klassenkämpfe nahmen zu. Der rechte,
dezidiert bürgerliche Flügel der Kuomintang wendete sich unter dem Nachfolger
von Sun Yat Sen, dem Führer der bürgerlichen Revolution, Tchiang Kai
Shek gegen die inzwischen gewachsene kommunistischen Partei mit
erheblichem Einfluß in einer ebenfalls punktuell stark gewachsenen
Arbeiterklasse. Im Verlauf der Auseinandersetzungen stellte die Niederschlagung
eines Streiks in Shanghai und des folgenden Aufstandes im Jahr 1927
durch die Kuomintang Regierung den Beginn des jahrzehntelangen Bürgerkrieges
in China dar.
Ein
wesentlicher Zug war die gewaltsame Bekämpfung der Kommunistischen Partei,
ihrer Funktionäre und Mitglieder und damit die offene Feindschaft zwischen dem
rechten Flügel der Kuomintang und der Kommunistischen Partei. Dies führte zum
Ausweichen der Kommunisten in die ländlichen Gebiete im Inland und einer
notwendigen Orientierung auf die Bauernschaft. Diese hatte unter massiv ausbeuterischen
Pachtverhältnissen zu den Großgrundbesitzern zu leiden. Die Strategie der Kommunistischen
Partei unter Mao Zedong einer anti-feudalen Revolution der Bauern, und die
Frontstellung sowohl gegen die bürgerliche Kuomintang als auch der
anti-imperialistische Kampf gegen die Japanische Besetzung waren letztlich
erfolgreich.
Der Unterschied
zur Entwicklung in Rußland bestand u.a. darin, dass das chinesische Kaiserregime
ohne die Umstände einer Beteiligung am Weltkrieg gestürzt wurde und sich ein
bürgerliches Regime entwickeln konnte. Dieses mußte allerdings seine
Herrschaft erst gegen die warlords im Norden Chinas in etlichen Feldzügen
durchsetzen. Durch die frühe Niederlage der Kommunisten in den Städten und
ihren Rückzug aufs Land einerseits und die Verbindung mit dem
Anti-Imperialistischen Krieg gegen die japanische Besatzung gab es andere
Klassenfronten in Bezug auf die Bauern und auf die nationale Frage.
Zum
letztlichen Sieg der Kommunisten im Chinesischen Bürgerkrieg hat allerdings die
radikale Niederschlagung des Japanischen Imperialismus und des japanischen
Staates durch den Pazifikfeldzug der USA im II Weltkrieg entscheidend
beigetragen.
Die
vorherige, aber auch nach 1945 fortgesetzte massive Unterstützung der Kuomintang
und Tchiang Kai Sheks durch die USA konnte die eigenen
chinesischen Kräfte unter Führung der Kommunistischen Partei und ihre Unterstützung
durch die Sowjetunion als Besatzungsmacht der von den Japanern befreiten
Zonen, nicht aufwiegen.
Daher
konnten die koloniale Befreiung und der anti-feudale und auch
schon anti-kapitalistische Kampf von China dem Schicksal von Korea
und Vietnam entgehen.
Die
Entwicklung des weltweiten Währungsregimes
Nach dem
Ende des 1. Weltkrieges versuchten einige der Länder zum Goldstandard
zurückzukehren. Da alle aktiv kriegführende Staaten, außer den USA im
jeweiligen Inland und im Ausland stark verschuldet waren, bestand für diese
Länder das Problem, dass sie die Vorkriegsparität ihrer Währung zum Gold
eigentlich nicht wieder erreichen konnten. Einige versuchten es gleichwohl und
handelten sich damit erhebliche Schwierigkeiten ein, u.a. eine Vergrößerung der
Zahlungsbilanzdefizite – so u.a. England.
Auch aus
diesen Gründen blieb der internationale Handel mit Industriegütern nach 1918
im Vergleich zum Vorkriegsniveau niedrig.
Praktisch
dümpelte nach dem Weltkrieg die Konjunktur in fast allen entwickelten Ländern
vor sich hin und entsprechend schwach entwickelte sich die Industrieproduktion
und der Handel zwischen ihnen.
Nur das Industrie-Kapital in den USA setzte sein
Wachstum seit dem Ende der großen Weltdepression von 1895 fort, durch den 1.
Weltkrieg mit seiner Rüstungskonjunktur hindurch, bis zum großen Crash an
der Wallstreet von 1929. Wegen der weiterhin überragenden Bedeutung
des Binnenmarktes machten die USA wenig Anstrengungen an Regelungen des
internationalen Geldregimes und des Handel teilzunehmen.
Vor dem I
Weltkrieg waren England und mit einigem Abstand Frankreich
die beiden größten internationalen Kapitalgeber. Sie mußten diese Anlagen zur
Finanzierung des Krieges verkaufen und wurden dadurch von internationalen
Gläubigern zu internationalen Schuldnern. Frankreich bei England
und England bei den USA.
Damit hatten
sich die internationalen
Schuldverhältnisse und die interantionalen Kapitalströme durch die Kriegsfinanzierung umgedreht
und den schon vorher gegebenen industriellen Potentialen angeglichen: Die USA gewinnen
jetzt mit dem Dollar und den Wallstreetbanken auch eine Spitzenstellung als internationale Financiers.
Allerdings vermag die Londoner
City ihre zentrale Funktion im
internationalen Handels- und Kapitalverkehr noch bis zum 2. Weltkrieg, wenn
auch etwas reduziert, aufrecht zu erhalten.
Deutschland schied zunächst aus dem weiteren Wettbewerb um
Kolonien und Einflußsphären aus. Es war durch die Friedensverträge
verkleinert, durch die Kriegsschulden ökonomisch gedrosselt, staatlich
bankrott, militärisch zurechtgestutzt und teilweise besetzt.
Die Kolonien wurden mit den Versailler Verträgen unter die anderen
Kolonialmächte aufgeteilt.
Eine
finanzielle und ökonomische Konsolidierung und erneutes Wachstum wurde durch
die Nachkriegsinflation und die Reparations-verpflichtungen aus dem
Weltkrieg gegenüber Frankreich und England, sowie dem flauen
Weltmarkt erheblich behindert.
Die USA
waren wegen ihres Kreditengagements in Deutschland an der Lockerung
oder Aufhebung der Reparationsverpflichtungen interessiert, England
und Frankreich dagegen an der Aufrechterhaltung
der Fesselung des industriellen Konkurrenten und seiner militärischen
Niederhaltung.
Gegen Mitte
des Jahrzehnts konsolidierten sich die politischen und ökonomischen
Verhältnisse und die deutschen Großkapitale konnten wieder wachsen,
sich teilweise zu neuen Größenordnungen der Monopolisierung aufschwingen
(IG-Farben, AEG, Siemens, Vereinigte Stahlwerke) und erfolgreich auf dem sich
erholenden Weltmarkt in zentralen Wirtschaftszweigen sogar mit dem
US-Kapital konkurrieren. Davon ausgenommen war die Automobilindustrie,
die von Zweigwerken der US-Konzerne aus Übernahmen dominiert wurden.
Der Börsen-Crash von 1929 an der Wallstreet und die sich anschließende abgrundtiefe Weltwirtschaftskrise
unterbrachen die bisherigen Entwicklungen in Westeuropa und den USA
und trafen besonders die USA selber und das auf Erholungskurs
befindliche Deutschland.
In beiden
Ländern, die, wie viele andere auch, den Goldstandard nach dem I Weltkrieg
wieder eingeführt hatten, versuchte die staatliche Wirtschaftspolitik mit
Ausgabenkürzungen und mit Zinserhöhungen, sowie mit der Stabilisierung des
Außenwertes der nationalen Währungen die Staatshaushalte von Defiziten frei zu
halten und die Zahlungsbilanzen auszugleichen. Das mißlang sowohl in
Deutschland, als auch in den USA. Die Produktion, die Einkommen, die Preise und
die Investitionen sanken seit Beginn der Krise und faktisch beschleunigte eine Austeritätspolitik
die deflationäre Entwicklung. Erst Ende 1932 Anfang 1933 zeigten sich Anzeichen
einer Abschwächung der Krise. Und genau zu dieser Zeit entwickelte der neu gewählte
Präsident der USA, Roosevelt ein Programm expansiver Wirtschaftspolitik,
das unter dem Namen NEW DEAL Weltgeschichte geschrieben hat.
Oberflächig
ähnlich, brachte die Regierungsübergabe an die Nazis in Deutschland
eine Expansionspolitik durch eine gezielte und mittelfristig angelegte
Aufrüstung, die die Rüs-tungsindustrie und ihre Zulieferer ankurbelte und damit
die gesamte Wirtschaft in einen neuen Aufschwung trieb.
Für etliche
Länder, die trotz Schwierigkeiten den Goldstandard wieder eingeführt oder beibehalten
hatten, ergab sich die Notwendigkeit diesen wieder aufzugeben und ihre Währungspolitik
gemäß ihren Interessen aus Verschuldung und Export zu verändern.
Die
Eingrenzung der je nationalen Auswirkungen führte zu fatalen Abwertungswettläufen wichtiger nationaler Währungen und damit eher zur
Vertiefung der Krise, als zu ihrer Überwindung.
Aus der eher
spontanen Reaktion verschiedener Regierungen ergaben sich nach und nach zwei
Währungsblöcke. Ein Block von Ländern versuchte den Goldstandrad
aufrecht zu erhalten, wenn auch meist mit Modifikationen. Zu diesen gehörten
auch die USA und Deutschland. Ein anderer Block umfaßte diejenigen
Länder, die ihre nationale Währung vom marktmäßigen Bezug auf das Gold abkoppelten
und versuchten einen je bestimmten Wechselkurs durch ihre Zentralbank zu
bestimmen. Diese Ländergruppe orientierte ihre Währung am Pfund Sterling
von Großbritannien.
In
Deutschland verschärfte die staatliche Sparpolitik unter Brüning nach
altliberalen Wirtschaftsrezepten die Krise des Kapitalismus 1929/33 zur
Katastrophe.
Mit den Nazis suchte das deutsche Kapital dann einen staatlich organisierten Ausweg aus der
Krise. Ab 33
orientierte die neue nazistische Führung auf Autarkie und ab 34, verstärkt
seit 36, wurde massiv für einen erneuten Expansionskrieg aufgerüstet, der sich
diesmal vor allem gegen die UdSSR richten sollte. Die Konkurrenz gegen
Frankreich und England sollte diesmal nicht direkt an den Grenzen oder in
Übersee ausgetragen werden, sondern über den Umweg der Eroberung und künftigen
Dominanz eines kolonialen Großwirtschaftsraumes in Mittel- und Osteuropa.
Damit waren bis
zum 2. Weltkrieg die ökonomischen
Interessen Frankreichs, Englands und der USA,
auch jene Japans, nicht unmittelbar gefährdet.
Auch die Interessen
des sich bildenden Weltkonsortiums der Ölkonzerne waren nicht betroffen.
Daher wurden die Abschüttelung der Knebelungen Deutschlands durch die
Friedensverträge und die kleineren durch Erpressung erreichten Expansionen
nach Österreich und Tschechien von den USA, sowie von England und
Frankreich hingenommen und geduldet. Die Autarkiepolitik bildete angesichts
der darnieder liegenden Weltwirtschaft keinen besonderen Anstoß, da sie weder
den Export noch das in Deutschland investierte Kapital der USA in Deutschland
ernstlich behinderte. Mit der Hauptstoßrichtung gegen die UdSSR
dagegen konnten sich angesichts der deflationären Katastrophe des
Weltkapitalismus viele Kapitalvertreter, solange sie nicht militärisch real
wurde, durchaus anfreunden.
Daß wieder
mal alles anders kam und die
Naziführung sowie das deutsche Finanzkapital sich eine Weltkoalition
gegen ihre Expansionspläne organisierte, zeigt im 2. Weltkrieg eine
ähnliche Realitätsblindheit und Abenteuerlichkeit solcher Pläne
wie im ersten Weltkrieg und wie bei Japan im zweiten. Letztlich
wurden, wie im ersten Weltkrieg die Interessen und die überwältigenden
Ressourcen der USA völlig unterschätzt oder ausgeblendet, und die neuen
Möglichkeiten der inzwischen industrialisierten sozialistischen UdSSR
weitgehend ignoriert.
Bis zum
2.Weltkrieg können sich weder England noch Frankreich ökonomisch vollständig
konsolidieren.
Ein
durchgreifender wirtschaftlicher Aufschwung setzte bei den entwickelten
kapitalistischen Ländern, so auch in den USA, erst mit den staatlichen
Aufträgen und der Finanzierung der Rüstung für den 2. Weltkrieg ein.
Japan setzt seine imperialistische Kolonialexpansion
nach dem I Weltkrieg, beginnend mit 1931 verstärkt fort. Es wird nur
durch die von USA unterstützte Gegenwehr Chinas einerseits durch die Kuomintang
Regierung und ihr reguläres Militär und andererseits durch den
guerilla-ähnlichen Widerstand der kommunistisch organisierten Bauern und den
entstehenden kommunistischen Militäreinheiten behindert. Im sonstigen
ostasiatischen kolonialen Raum können die europäischen Kolonialmächte sich
gegen die imperialistische Konkurrenz der Japaner nicht halten. Allerdings
gelingt es den Engländern das Kolonialregime in Indien in
Zusammenarbeit mit den dortigen anti-kolonialen Kräften gegen japanische Eroberungsversuche
aufrecht zu erhalten.
Die
Situation ändert sich grundlegend erst mit dem pazifischen Seekrieg der USA
im 2. Weltkrieg, mit dem die Japanischen Eroberungen auf den Inseln wie
auch auf dem hinterindischen und dem chinesischen Festland teils in Zusammenarbeit
mit einheimischen Befreiungsbewegungen zurückerobert werden. Da diese
Befreiungsbewegungen wie in Vietnam und in Korea unter
kommunistischer Führung standen, haben die USA ihre anti-japanische
Besetzung entweder mit eigenen Puppenregierungen, wie in Korea, übernommen
oder, wie in Vietnam versucht an die alten Kolonialmächte zurück zu geben.
War die
japanische Expansion (Korea, Formosa, Mandschurei) vor und im 1. Weltkrieg
noch unterhalb der Schwelle der US-Hegemonie-Interessen
geblieben, so änderte sich das in den 30er Jahren mit der formellen
Besetzung der Mandschurei und dem Krieg gegen China.
Das konsortiale Weltmonopol der Öl Konzerne unter
Führung der USA war
allerdings durch Japan und seine Expansion in keinem Fall unmittelbar
gefährdet.
Die
militärische, kolonialimperialistische Expansion Japans in China
zwischen den Weltkriegen und anschließend im pazifischen Raum traf zwar
zunächst keine direkten US-Investitions- oder Rohstoffinteressen,
sondern eher die europäischen Erdölmonopole und die alten Kolonialmächte. Aber
sie stand doch der Politik der "Open Door" der USA für ihre
Konzerne und den damit verbundenen großen Hoffnungen auf den
Riesenabsatzmarkt der neuen bürgerlichen chinesischen Republik
diametral entgegen. Der Versuch der USA, die weitere Expansion Japans
durch das ökonomische Mittel eines Öl-Embargos aufzuhalten, scheiterte an der
Weigerung der Japanischen Führung sich den USA und ihren Forderungen zu
unterwerfen.
Die
japanische Führung entschied
sich gegen einen Kompromiss oder die Aufgabe ihrer exklusiven Expansionspläne
und trat die abenteuerliche Flucht in den Krieg gegen die USA an. Das
endete voraussehbar mit der totalen militärischen und politischen Niederlage
des japanischen Staates und ökonomisch mit der seines Kapitals
und seiner Bourgeoisie.
Nachdem England
als wichtiger Teil der welthegemonialen US-Ökonomie ernsthaft durch den
Angriff des 3. Reiches bedroht zu werden schien, griffen die USA bei Gelegenheit des
Angriffs von Japan und der deutschen Kriegserklärung in den Kampf in Europa
gegen Deutschland ein und entschieden ihn, aufbauend auf den
Siegen der UdSSR gegen Nazideutschland in der bekannten Weise der Besetzung
Westdeutschlands. Die Folgen und die weitere Entwicklung waren ähnlich, wie
im Falle Japans, nur daß die Besatzungsherrschaft in Deutschland vor allem
mit der UdSSR geteilt werden mußte.
8. Nach dem 2. Weltkrieg 1945
Die
politisch, militärisch und dann auch ökonomisch völlig veränderte Weltlage nach 1945 gegenüber derjenigen vor der Anzettelung des II
Weltkrieges soll hier nur erwähnt werden. Die Sowjetunion, Osteuropa bis zur Elbe und der Balkan
außer Griechenland schieden aus dem kapitalistischen Horizont der
Weltwirtschaft aus. Die anfangs noch vorhandenen Restbindungen wurden durch
die Entfesselung des kalten Krieges vollständig gekappt. Diese Zwischenzeit
war spätestens 1949 mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland zu Ende –
gerade rechtzeitig zu einer weiteren dramatischen Einschränkung des
kapitalistischen orientierten Teils der Weltwirtschaft.
Neben dem
Verschwinden der Japanischen Kolonialherrschaft mit 1945 in Süd-Ostasien, vor
allem auch in China, war die Entlassung Indiens aus der Kolonialherrschaft
Großbritanniens und seine Selbständigkeit eine weitere massive Einschränkung
der Herrschaftssphäre des Kapitalismus, da Indien eine dezidierte eigenständige
Entwicklungspolitik einschlug, ohne allerdings das Privateigentum an Produktionsmitteln
grundsätzlich abzuschaffen.
Die vielen
Auseinandersetzungen und Kriege, die mit der sich sonst teilweise sehr mühsam
durchsetzenden Entkolonialisierung in Südostasien, im Nahen Osten und in
Nordafrika sollen hier nicht weiter genannt werden. Zwar waren ihre Antriebe
einerseits Aufrechterhaltung von imperialistischen Positionen und andererseits
das Streben nach Befreiung von imperialistischer Ausbeutung, von Unterdrückung
und Gewinnung von Selbstständigkeit und Souveränität, aber sie endeten
schließlich doch in der Mehrzahl der Fälle mit der formellen Beseitigung der
Kolonialherrschaft, aber keineswegs durchgängig mit wirklicher politischer und
ökonomischer Selbständigkeit – sondern häufig genug mit verdecktem Imperialismus,
ja Neokolonialismus. Aber so oder so, verblieben sie meist im Horizont der
kapitalistischen Weltwirtschaft.
Die Entwicklungen nach dem Krieg
spielen sich in der sog westlichen Welt dann unter der umfassenden Hegemonie der USA ab:
+ mit dem Dollar
als einzigem Weltgeld, vermittelt an das Gold
gebunden und reguliert, mit fixen Wechselkursen der meisten nationalen
Währungen, vertraglich mit den anderen kapitalistischen Zentralbanken
abgesichert (Bretton-Woods);
+ mit einer
Sicherung gegen die nationale Zahlungsunfähigkeit versehen durch den Weltwährungsfonds
(IWF), ebenfalls unter Dominanz der USA;
+ mit den
umfassenden und militärisch sowie ökonomisch überwältigenden anti-sozialistischen
Kriegsbündnissen, die zugleich die früheren Konkurrenten unter
der Quarantäne der militärischen gesicherten totalen Besatzungsherrschaft
(Deutschland und Japan), und die Ölstaaten im Nahen Osten unter Kontrolle,
sowie Indien zunächst noch bis 47 unter Kolonialherrschaft halten: Nato,
Seato, die Verträge mit Japan.
+ mit einem
formellen Weltregime in Form der UNO, das zunächst von Roosevelt als
politisch-militärisches Co-Management von USA und UdSSR
gedacht war, aber bald informell in eine weitere Säule der USA-Hegemonie
verwandelt wurde.
+ mit einer
Militärmacht, die neben dem technischen Monopol auf die durch
Flugzeuge transportierte Atombombe auch das faktische Monopol auf die
weltumspannende Ozeanflotte der Flugzeugträgergeschwader hatte und
immer noch hat!
Dagegen
konnten sich die Landtruppen der USA und der Vasallen nur außerhalb
des Einflußbereichs der UdSSR und später auch Chinas einrichten. Zusammen
mit einer Art militärisch neutraler Zone, später organisiert als lockeres
Bündnis der Blockfreien konnten daher die USA und der sog. „Westen“
noch keine weltweite Dominanz erlangen.
+ Mit einer Industrieproduktion,
die nach Umfang, Diversifizierung und Produktivität ohne jede Konkurrenz in der
Welt war. Zum riesigen Binnenmarkt der USA kam also der sich langsam
erholende Weltmarkt in den anderen früher entwickelten kapitalistischen
Ländern und in verschiedenen Ländern der kapitalistischen Peripherie hinzu, soweit
sie nicht weiter unter Kolonialherrschaft der Europäer standen.
+ Mit einem Wissenschaftpotential,
das jenes aller früheren Konkurrenten und nachmaligen Vassallen zusammen in den
Schatten stellte und durch die Kriegsanstrengungen treibhausmäßig gefördert
worden war und weiter durch die Rüstungsforschung betrieben wurde - besonders
in den entscheidenden Technologiebereichen.
+
Schließlich mit einer Kultur-Industrie, die besonders die neuen
technischen Medien zunächst konkurrenzlos als ideologisches Einflußinstrument
benutzte, und die sich ebenfalls auf den riesigen Binnenmarkt der USA
stützen konnte.
+ Deren
technische Basis wurde dann in der Informations-Industrie weiterentwickelt,
die eine fast monopolartige Stellung in der Welt gewonnen hat.
+ Letztlich
die formelle und informelle politische Dominanz der US-Regierung,
auch auf der Ebene der Geheimdienste, die all die Ressourcen der
anderen Ebenen zusammenfasste und ausnutzen konnte.
Dies war die
Basis eines beispiellosen Erfolges des US-Warenexportes und
später eines noch bedeutenderen Kapitalexportes. Das gab den großen
Konzernen der USA, und damit ihren Finanzgruppen, eine zunächst
unbeschränkte Vorherrschaft auf dem gesamten kapitalistischen Weltmarkt.
Bis etwa
1975 war dieses Vorherrschaftsregime
geprägt von einer die ganze kapitalistische Welt umfassenden langfristigen
Wachstumsphase. Darin entwickelte sich im Zeichen des Kalten Krieges
gegen die UdSSR und den Sozialismus eine gewollte und geförderte beispiellose
ökonomische Aufholjagd der Vasallen der USA: Bei Produkten und
Verfahren, bei Produktivität und Zugang zum Weltmarkt. Während die
industrielle Entwicklung in den USA nicht stillstand, konnten die Vasallen
sich ökonomisch in ihren Heimatländern und teilweise auch darüber hinaus zu
ökonomischen Rivalen entwickeln. Später, nach 1975 sogar in den USA
selber. Ökonomisch waren die USA in dieser Zeit eine Art wohlwollender
Hegemon, unter dem sich eine Co-Entwicklung der anderen nationalen
Bourgeoisien abspielen konnte. Für einzelne Staaten in Süd-Ost-Asien galt
dies ja bis in die jüngste Zeit (Korea, Taiwan, Philippinen, Indonesien etc.)
Nach der totalen
Niederlage der beiden letzten unbotmäßigen kapitalistischen Konkurrenten
und der Herstellung der US-Hegemonie durften dann das japanische und
das deutsche Kapital im Zeichen des kalten Krieges gegen den Sozialismus
in der UdSSR und China die Kapitalakkumulation wieder aufnehmen und
wieder an der Entwicklung des Weltkapitalismus teilnehmen. Diesmal allerdings nur als
Juniorpartner unter der Aufsicht der USA - mit
großem Erfolg für beide Länder und ihre Bourgeoisien, wie wir wissen.
In mehreren
Wellen gelang es den antikolonialen Bewegungen die Herrschaft der
alten Kolonialmächte in Asien und Afrika bis etwa Mitte der 70er Jahre
abzuschütteln.
Soweit damit
keine angebliche oder tatsächliche kommunistische, sprich anti-US-kapitalistische
Gefahr verbunden war, wurde dieser Prozeß von den USA nicht
behindert, manchmal sogar gefördert. Sowie darin aber eine solche Gefahr
gewittert wurde, verwandelten die USA dies in einen
antisozialistischen Krieg, wie in Korea und Vietnam.
Sonst wurden eher Staatsstreiche oder Stellvertreterkriege organisiert.
Mit dem Diktator Suharto in Indonesien ist gerade eines der
letzten solcher antikommunistischen Putschregimes innenpolitisch gescheitert
und mit dem Expräsidenten Pinochet von Chile ist in England ein
früherer Putschist von US-Gnaden vorläufig gestranded. (Ende der 90er) In Angola
dagegen findet der Ausläufer eines solches Krieges immer noch kein Ende.
Die fast unendliche Geschichte
der Interventionen der USA in kleinen und größeren südamerikanischen
Ländern setzte sich auch nach 1945 fort und weitete sich über die ganze Welt aus. Ihr Inhalt war einerseits
orientiert an dem Kampf gegen antifeudale, demokratische oder auch nur
anti-imperialistische Bewegungen und Regierungsbildungen oder -politik,
andererseits direkt gegen Bündnisse solcher Bewegungen und Regierungen mit
der Sowjetunion. Dabei spielte der direkte US-Militäreinsatz nur in
Mittelamerika und der Karibik eine zentrale Rolle, mit Ausnahmen von
Libanon, Irak, und 1999 gegen Jugoslawien ((später, nach 1999, in Afghanistan,
Irak, Libyen und Syrien)JM 2017)
Nach dem
Abtreten der konkurrierenden sozialistischen Hegemonialmacht UdSSR nach 1990/1
von der Weltbühne, politisch, militärisch, ökonomisch, gesellschaftspolitisch
und wissenschaftlich
findet sich die wirklich globale Macht der USA in einer
merkwürdigen neuen Monopolstellung.
Ernsthafte
politisch-militärische Konkurrenten gleicher oder antagonistischer Art gibt es
nicht mehr - was China betrifft vorerst noch nicht. Die großen Weltkonzerne
aller Staaten und Regionen beginnen sich in allen drei oder vier Weltregionen
zu etablieren. Sie haben meist beide Füße noch in den Heimatregionen oder
Staaten, eine Hand meist aber schon in allen anderen.
Sie bedürfen
weiterhin der Staatlichkeit, möchten
sie aber in anderen Fragen lieber weitgehend zurückdrängen.
Eine
umfassende Staatlichkeit, die alle großen kapitalistischen Regionen der Welt vereint, ist nicht in Sicht und von den US-Konzernen
angesichts der USA-Dominanz wohl auch nicht gewünscht.
Die USA
haben im Golfkrieg ihre militärische Führungsrolle ausgebaut und demonstriert,
im Krieg gegen Jugoslawien wiederholt. Mit den militärtechnischen Entwicklungen
und den Veränderungen der Militärverträge, die Ausdehnung der NATO nach Osten
eingeschlossen, bauen sie ihre dominierende militärische Rolle aus.
Gleichwohl
werden sie, trotz des schon länger andauernden konjunkturellen Wachstumsvor
sprungs gegenüber den Konkurrenten, auf Dauer die ökonomische Dominanz rein
amerikanischer Konzerne und amerikanischen Kapitals nicht aufrecht erhalten
können.
Eine Rückentwicklung der Internationalisierung auf jeweilige Triadenmärkte macht
für die meisten Transnationalen Konzerne keinen Sinn.
In welche Richtung sich daher diese Gegensätze
entwickeln, ist vorerst nicht absehbar. Eine militärische Herausforderung
der USA ist jedenfalls, selbst bei einer nächsten dortigen
tiefen Wirtschaftskrise, angesichts der vorhandenen militärischen
Potentiale kaum vorstellbar
IV Lenin und der klassische Imperialismus
Wirtschaftsstrukturen und Prozesse seit dem letzten Viertel des 19.
Jahrhunderts
Die neuen
Entwicklungen des Kapitals
Nachdem die
große und stürmische Wachstumsphase des Kapitals in den entwickelten
europäischen Ländern in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts in der ersten
Hälfte der 70er Jahre in einer Krise endete, begannen sich eine Reihe von
neuen ökonomischen Zügen herauszubilden, die noch vor dem Jahrhundertwechsel
ein neues Bild der Großindustrie und des Großkapitals ergaben. Diese neuen
Züge lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1. Herausbildung von großen ProduktionsEinheiten
(Betrieben) in den alten und neuen Schlüssel-Industrien (Eisenbahn, Kohle,
Stahl, Elektro, Chemie); dramatische Steigerungen von Produktivität und
Produktion in den alten Grundindustrien: Gewinnung von Kohle, Eisen, Stahl und
Walzerzeugnissen.
2. Dem entsprechend, Herausbildung von großen
operativen Kapitaleinheiten, industriellen Großkapitalen durch Konzentration
und Zentralisation; Antrieb ist die größere Rentabilität technisch
integrierter Großanlagen.
3. Diese Prozesse lassen in wichtigen Industriezweigen
nur noch wenige Produzenten und Anbieter übrig. Die bisherige Konkurrenz
der Einzelkapitale als anonymer Marktprozess bekommt den Charakter direkter
Konfrontation weniger einzelner Großkapitale. Die "freie Konkurrenz"
der Frühzeit des industriellen Kapitals wird durch eine "monopolistische
Konkurrenz" abgelöst. (bei gleichem Sinn, müßte es begrifflich genauer
"oligopolistisch" heißen).
4. Die Großkapitale versuchen die Konfrontationen
durch vertragliche Abmachungen zwischen ihnen zu dämpfen: Umfassende Bildung
von Kartellen, Syndikaten und Konzernen. Antrieb zur Kanalisierung der
Konkurrenz ist die Hochhaltung der VerkaufsPreise und evt auch schon die
Niederhaltung der Einkaufspreise, mit dem Ziel einer höheren Kapitalverwertung,
also MonopolProfit.
5. Auf einer breiten Basis von Kleinproduzenten,
kleinerem und mittlerem Kapital werden die neuen großen Kapitaleinheiten
richtungsbestimmend für die industrielle Produktion und dominant für die ökono
mischen Prozesse und ihre Entwicklung: Seit jener Zeit wird das "Monopol"
die bestimmende Gestalt für das Industriekapital, d.h. für das
grundlegende Produktionsverhältnis des Kapitalismus und seiner Entwicklung.
6. Parallel dazu bilden sich im Bereich des Kredits
ebenfalls große Kapitaleinheiten heraus. Es entstehen einige wenige Riesenbanken,
die ebenfalls in "monopolistischer Konkurrenz" zueinander stehen.
7. Industrie- und Bankmonopole verhelfen sich
gegenseitig zu ihrer neuen Größe und gehen im Verlauf dieser Prozesse enge Verbindungen
ein. Die Basis dieser Verbindungen verbleibt nicht der industrielle Großkredit
und das Hausbanksystem. Die großen operativen Kapitaleinheiten in der Industrie
und in der Bankwelt werden zu Aktiengesellschaften und ihre Verbindung
erfolgt dann u.a. durch Überkreuzbeteiligung an den Aktien. Die neue Gestalt
des dominierenden Kapitals wird geboren: Das "Finanzkapital".
8. Das Eigentum der privaten Kapitalbesitzer verwandelt
sich zunehmend in Beteiligungen an Aktiengesellschaften, sie werden Aktionäre.
Die Aktiengesellschaften verwandeln sich also zum kollektiven Eigentum
von jeweiligen Teilen der Bourgeoisie.
9. Das dominierende Eigentum weniger Familien
an jeweils bestimmten Gruppen von Aktiengesellschaften, meist einem Verbund aus
Industrie- und Bankkapital, gerinnt dann zu Finanzgruppen.
10. Zusammen mit ihren angestellten Spitzenmanagern
bilden diese Eigentümer seitdem die Spitze der Bourgeoisie: Die Finanzoligarchie.
11. Mit der Rüstungsproduktion im 1. Weltkrieg
etabliert sich der sog staatsmonopolistischen Kapitalismus (Stamokap),
verschwindet allerdings zunächst nach dem Krieg wieder.
Monopole und die Weltwirtschaft
Die
Auseinandersetzungen um die Aufrechterhaltung der alten und die Erwerbung der
letzten neuen Kolonien spielten sich notwendig auf der internationalen Bühne
ab. Sie zielten jedoch bei den etablierten Kolonialmächten auf die Absicherung
und Abrundung ihrer schon errungenen Imperien, bei den Neuen auf die Erringung
einer privilegierten nationalen ökonomischen Sphäre. Das traf auch auf das
englische Empire zu, das mit seinem Freihandel den Weltmarkt dominierte, aber
buchstäblich auch eine eigene Weltwirtschaft darstellte.
Allerdings
war der industrielle Absatz auf dem Weltmarkt auch an dessen Konjunkturen
gebunden. Die nationalen Produktionen für den Weltmarkt konnten sich
dem also nicht entziehen. Seit etwa Mitte der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts
ließ die bisherige Wachstumsdynamik der industriellen Produktion in den
kapitalistischen Hauptländern Westeuropas erheblich nach. In den USA dauerte
die Rekonstruktionskonjunktur nach dem Bürgerkrieg etwas länger. Eine
langanhaltende bis etwa 1895 dauernde Depression mit geringeren
Wachstumsraten, dauerndem Preisverfall und deutlichem Rückgang der Profitraten
bestimmte das weltwirtschaftliche Klima. Die verschiedenen Folgen dieser
langfristigen konjunkturellen Konstellation lassen sich in den folgenden
Punkten zusammenfassen:
1. Diese lange Depression der Weltwirtschaft trieb die
Herausbildung von Monopolen in den Nationalstaaten zusätzlich voran.
2. Die Größenordnung der Produktionsbetriebe und der
Kapitale erreichte in einigen Nationalstaaten eine Dimension, die sie zum
Export, d.h. auf die Eroberung von Anteilen am Weltmarkt trieb.
3. Das geht zunächst nur in einigen wenigen Industriezweigen
und bei wenigen Produkten vor sich.
4. Die auf dem riesigen, schnell wachsenden Binnenmarkt
entstehenden industriellen Großkapitale in den USA sind aufgrund ihrer
dort erforderlichen Größe auch auf dem sonstigen Weltmarkt schon Monopole,
wenn sie sich ihm zuwenden.
5. Die allgemeine Wachstumsschwäche trieb auch
die fortgeschrittensten kapitalistischen Länder, außer England, zurück zu
einer protektionistischen Wirtschaftspolitik. Die Zollmauern wurden
wieder hochgesetzt und andere Einfuhrhürden aufgebaut.
6. Die schon erreichte Internationalisierung des
Handels geriet gerade zu dem Zeitpunkt ins Stocken, als sie sich aufgrund der
Produktions- und Produktivitätssteigerungen der großen Industrien in den
Binnenmärkten hätte intensivieren müssen.
7. Der Goldstandard wurde als internationale Regelung
der Währungsverhältnisse auch während der Depression bis zum 1. Weltkrieg beibehalten.
8. Ab etwa 1895 änderte sich die internationale
Konjunktur wieder grundlegend. Die Wachstumsraten wurden wieder größer, die
Profitraten stiegen, das Kapital und der Kapitalismus dehnten sich im Inneren
der Gesellschaften und auch weiter über die Welt aus. Die neuen Industrien
gewannen nun erheblich an Gewicht und wurden für die weitere materielle
Entwicklung wichtig: Elektrotechnik und Chemie.
9. Enormer Kapitalexport vor allem aus England
in die USA und in seine Dominions, aus Frankreich vor allem nach Rußland und
auch in seine Kolonien. Der Kapitalexport aus Deutschland rangierte
sehr weit hinter England und war noch deutlich kleiner als der Frankreichs.
Allerdings verzeichnete er eine dramatische Steigerung im Jahrzehnt vor dem 1.
Weltkrieg. Er konzentrierte sich auf Österreich-Ungarn und mit
erheblichen Anteilen, wenn auch kleineren Größen auf England, Italien,
Rumänien, Spanien, Japan, das osmanische Reich, Frankreich, Niederlande,
Schweiz, Portugal und auch Rußland. Alle Kapitalexporte Deutschlands in die
Kolonien zusammen überstiegen in etwa die Größenordnung der Summe zweier mittlerer
Länder in Europa.
Lenins Folgerungen
Die oben aufgezählten Entwicklungen wurden von vielen Beobachtern und Analytikern der ökonomischen und politischen
Weltentwicklung bemerkt, untersucht, öffentlich dargestellt und debattiert.
Selbst im linksliberalen bürgerlichen Milieu wurde dabei schon vor der Jahrhundertwende
kritisch das "imperialistische Fieber" beschrieben und teilweise auch
schon auf die ökonomischen Triebkräfte zurückgeführt, vor allem von Hobson
(1902), auf dessen Arbeit sich später Lenin stark bezogen hat. Besonders die
Aufrüstung und die zunehmenden politischen Spiele mit Kriegsdrohungen riefen
eine heftige und zunehmend auch theoretische Kritik auf Seiten der europäischen
Arbeiterbewegung am Imperialismus hervor. Der 1. Weltkrieg war dann für diese
kritische und zunehmend strategische Debatte in der Arbeiterbewegung der
entscheidende Wendepunkt.
Was vor ihm
viele Kritiker und Theoretiker anhand der ökonomischen Entwicklung prognostiziert
hatten, konnte Lenin jetzt anhand des tatsächlichen Ausbruchs des 1. Weltkrieges
anscheinend als Tatsache feststellen:
Monopolisierung,
Herausbildung des Finanzkapitals und Internationalisierung bildet den Hintergrund
der Strukturen und darin eingelagerten Interessen für die imperialistische Politik
der kapitalistischen Hauptstaaten. Ein Teil der weltweiten Absatz- und
Anlagesphären war schon unter die führenden Staaten und Weltkapitale
aufgeteilt. Das in den Kolonien angelegte Kapital der Mutterländer wurde
seit jeher direkt von deren Regierungen geschützt, auch mit militärischen Mitteln.
Daher existierte in den Kolonien und teils auch in den britischen Dominions
eine Privilegierung für diese Kapitalien und diese Regionen standen der
offenen Kapitalanlage aus konkurrierenden Ländern nicht zur Verfügung.
Die neu
entstehenden industriellen Großkapitale suchen für ihren aus der technischen
Großproduktion und der Monopolisierung stammenden Kapitalüberschuss eine
Ausweitung ihrer engen nationalen Sphäre. Sie finden die Anlagesphären im
Ausland schon besetzt und besonders in den Kolonien geschützt. Daher drängen
sie auf eine Neuaufteilung der Kolonien und versuchen eine Öffnung
der abgeschlossenen Sphären zu erreichen. Beides erscheint nur mit entsprechendem
ökonomischem oder militärischem Druck ihrer Regierungen erreichbar.
Das gilt
besonders für das profitablere und daher schneller als die europäischen
Konkurrenten wachsende deutsche und auch für das ebenso rasant
wachsende japanische Industriekapital.
Die Konkurrenz
um auswärtige Anlagefelder wird von nationalen Kapitalgruppen und
-Koalitionen mit Hilfe der nationalen Regierungen betrieben.
Finanzgruppen und industrielle Großkapitale bündeln ihre Expansionsinteressen
derart, daß sie über ihren Einfluß die Politik der Regierungen der jeweiligen
Nationalstaaten direkt für ihre expansiven oder ihre VerteidigungsInteressen
instrumentalisieren.
Die
Konkurrenz der Monopole um Sphären der Kapitalverwertung wird zur Konkurrenz der Staaten um koloniale
Annexionen und Transportwege, des Militärs um militärstrategische Positionen
gegenüber schwächeren Gesellschaften und Staaten und führt letztlich zur militärischen
Konfrontation von Staaten und Staatenkoalitionen der entwickelten
kapitalistischen Welt. Das schließt militärische Drohungen, Kommandounternehmen
und letztlich auch massive Aufrüstung für strategische Zwecke mit ein.
Letztlich kann und muß dies zur militärischen Korrektur der gegebenen
Verteilung der Kolonien und Anlagesphären führen - also zum Krieg zwischen den
kapitalistischen Hauptmächten.
Also Krieg
als notwendige ultima ratio der Konkurrenz der Monopole um den Weltmarkt.
Für Lenin
ist dies die Ausgangssituation zum 1. Weltkrieg.
In seiner
bekannten Broschüre faßt er die bis dahin vorhandenen Untersuchungen zusammen,
systematisiert sie und spitzt sie im ökonomischen Begründungszusammenhang
zu. Vor allem aber führt er sie zu den strategischen Konsequenzen, die für
Rußland und dann auch für weitere 70 Jahre für die ganze Welt so weitreichende
Konsequenzen gehabt haben. Diese Konsequenzen für die Strategie der
Arbeiterbewegung sind bekannt:
Revolutionäre
Überwindung des MonopolKapitalismus in den Krisen seiner kriegerischen
Auseinandersetzungen um imperiale Ziele.
Auch wenn
die Broschüre Lenins vor allem als Begründung für eine revolutionäre Strategie
der russischen Sozialdemokratie im ersten Weltkrieg gedacht war, so führt ihr
theoretischer Anspruch doch viel weiter. In der internationalen
kommunistischen Bewegung, die sich als Folge des ersten Weltkrieges aus dem
Versagen der Sozialdemokratischen Parteien als Opposition gegen den Krieg und
den Imperialismus entwickelte, hatte diese theoretische Position, teilweise
bis heute, eine zentrale Bedeutung gewonnen. Daher ist, trotz der Zeitgebundenheit
dieser Theorie, auch eine analytische Darstellung erforderlich.
Grund-Züge der Lenin`schen Imperialismus
Theorie
Stark
systematisiert und sehr kurz gefaßt läßt sich die Lenin`sche
Imperialismustheorie in der folgenden Weise darstellen. (Die Seitenangaben
beziehen sich auf eine Ausgabe, die im Dietzverlag, Berlin, DDR, als Broschüre
erschienen ist; genaueres siehe in den Literaturhinweisen.)
1."..eine möglichst kurze Definition des Imperialismus..,"
"dass der Imperialismus das monopolistische Stadium
des Kapitalismus ist".
(Imp. Dietz, S. 94)
a).."Definition des Imperialismus, die fünf seiner
grundlegenden Merkmale enthalten würde:
·
Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe
EntwicklungsStufe erreicht hat,
·
dass sie Monopole
schafft, die im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen;
Verschmelzung des Bankkapitals mit dem IndustrieKapital und Entstehung einer
FinanzOligarchie auf der Basis dieses <FinanzKapitals>;
·
der KapitalExport,
zum Unterschied vom WarenExport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung;
·
es bilden
sich internationale monopolistische
KapitalistenVerbände, die die Welt
unter sich teilen;
·
die territoriale
Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen Grossmächte ist beendet.
"
(Imp. Dietz, S. 94)
Dazu kommen einige weitere Charakterisierungen:
b) Tendenz zu Expansion und Gewalt:
Kampf um die WirtschaftsGebiete:
·
RohstoffQuellen
·
KapitalExport
·
(Verkehrs-
und Militär-)strategische Positionen
(Imp. Dietz, S. 80 - 89)
d) Reaktion auf der ganzen Linie
(Imp. Dietz, S. 129)
e) Auch das kapitalistische Monopol hat unvermeidlich
die Tendenz zur Stagnation und Fäulnis
(Imp. Dietz, S. 105)
+ Stagnation der ProduktivKräfte als Möglichkeit und
Tendenz
(aber: der Imperialismus wächst schneller ?)
+ Fäulnis: RentiersSchicht
(Imp. Dietz, S. 105)
f) der historische Platz des Imperialismus
·
das Monopol,
..., bedeutet den Übergang von der kapitalistischen zu einer höheren ökonomischen
GesellschaftsFormation
(Imp. Dietz, S. 131)
·
Imperialismus
... als ÜbergangsKapitalismus oder,
·
richtiger,
als sterbender Kapitalismus
(Imp. Dietz, S. 135)
·
Vergesellschaftung
der Produktion; private EigentumsVerhältnisse nur noch Hülle,
·
geht in
Fäulnis über und wird beseitigt
(Imp. Dietz, S. 136)
2. Strategische Bedeutung der Bestimmungen des
Imperialismus nach Lenin
1.
Imperialismus
als historisches Entwicklungs-Stadium des Kapitalismus
2.
höchstes und
letztes Stadium
3.
ÜbergangsKapitalismus
- sterbender Kapitalismus
4.
faulender,
parasitärer > sterbender
5.
umfassende
Tendenz zur Reaktion:
Unterdrückung u Ausbeutung nach innen u aussen
6.
Tendenz zum Krieg der Hauptmächte untereinander:
als Austragungsweise der monopolistischen Konkurrenz
der nationalen FinanzKapitale um die NeuAufteilung der Welt in Kolonien, EinflussZonen,
u. ökonomische VorherrschaftsGebiete, strategische Stützpunkte und Gebiete.
7.
daraus folgender imperialistischer WeltKrieg und
8.
Eingriff der
anti-imperialistischen Kräfte in den weltpolitischen und formationellen Umbruch
zum Sozialismus;
Mechanismus des Übergangs: Krieg - Revolution - Sozialistische StaatsMacht -
Sozialistische Ökonomie
3.
Analytische Bestimmungen
a)
Veränderungen in Charakter und Dimension von ProduktivKräften und Produktion
·
Neue
ProduktionsBereiche: ElektroTechnik, GrossChemie, VerbrennungsMotoren, Öl,
·
neue
Verfahren: u. a Mechanisierung des Bergbaus
·
neue
Dimensionen in allen Bereichen
·
Weltweite
RohstoffAneignung,
·
Transporte,
Flugzeuge, Kommunikation
b)
Veränderungen in den ProduktionsVerhältnissen (Monopolisierung)
·
industrielle
u GrossKapitale, wenige in einem Feld: Monopole
·
Verschmelzung
mit grossem BankKapital zum FinanzKapital
·
Herausbildung
von KapitalVerbänden: Trusts, Kartelle usw
·
Bildung der
FinanzOligarchie, als strategischem Zentrum der priv Kapitalentscheidungen
c) Veränderungen
in der Ökonomie des Kapitals, Inhalte - Formen - Durchsetzung:
·
Monopolistische
Konkurrenz
·
ökonomische
Aufteilung der Welt durch Absprachen der KapitalistenVerbände (Trusts,
Kartelle usw) zur ökonomischen Aufteilung der Welt über:
·
AbsatzMärkte,
RohstoffQuellen, ProduktionsFelder, TransportWege, Preise und Qualitäten
·
KapitalÜberschuss
aus ExtraProfiten (über der durchschnittl ProfitRate );
·
aus dem
Inland und der Ausbeutung der nichtindustrialisierten Welt
·
WiederAnlage
für ExtraProfite;
·
Verstärkung
des KapitalExports;
·
Hemmung des
techn Fortschrittes, u d Wachstums;
·
direkte
ökonomische InteressenVerfolgung mit Hilfe des Staates (Überbau!):
Unterordnung der Politik der NationalStaaten unter die Interessen der nationalen
FinanzKapitale, oder einzelner KapitalVerbände oder Monopole:
·
-
WirtschaftsPolitik nach innen und aussen
·
-
KolonialPolitik; EinflussSphären,
·
-
MilitärPolitik
(Allerdings
fehlt eine werttheoretische Analyse von Monopolisierung, Internationalisierung
und der Folgen. Ausdehnung von Forschung und Entwicklung, wiss-techn
Revolution, werden nicht erwähnt, obwohl dies im Krieg deutlich geworden ist
[u.a. großchemische Herstellung des Stickstoffs für die Sprengstoffproduktion]).
d)
Veränderungen in den KlassenVerhältnissen und der KlassenPolitik der Bourgeoisie
·
Herausbildung
der SpitzenAbteilung der Bourgeoisie: FinanzOligarchie
·
Herausbildung
einer breiten RentiersSchicht
·
HerausBildung
einer ArbeiterAristokratie - bezahlt aus den MonopolProfiten
·
Veränderung
in der Zusammensetzung der ArbeiterKlasse:
durch Verlagerung der produktiven industriellen MassenArbeit in die Peripherie
·
KlassenKoalitionen
zwischen GrossBourgeoisie und organisierter ArbeiterKlasse in Staat, Politik
(Verbände, MassenBewegungen, imperiale Demagogie u Organisierung) und begrenzt
der Ökonomie (Sozial-Imperialismus);
e)
Politische GesamtTendenzen
·
umfassende
Tendenz zur Reaktion: Unterdrückung u Ausbeutung
- Demontage der bürgerlichen Demokratie auch im
Zentrum
- Politische Diktatur in Kolonien u Einflussgebieten
- Ausdehnung und Eroberung von HerrschaftsBereichen
- Verschärfung der Ausbeutung
·
Instrumentalisierung
des NationalStaats durch das nationale FinanzKapital für die monopolistische
Konkurrenz gegen andere nationale FinanzKapitale
·
nationale
StandOrtKoalitionen (im heutigen Jargon)
·
Aufrüstung,
Krieg, territoriale! Neuaufteilung der Welt
f)
GesamtTendenzen der Formation
·
Fäulnis und
Parasitismus
·
Sterben
·
Übergang zum
Sozialismus
·
Die Basis
(die Produktionsweise als spezifische Kombination von Prod-Kräften und Prod-Verhältnissen)
ist fast eine Vorwegnahme der sozialistischen Vergesellschaftung; nur noch
private Hülle !!
·
Mechanismus
des Übergangs:
imperialistische Konkurrenz > Krieg > Revolution > Sozialistische
StaatsMacht > Sozialistische Ökonomie
4.Historisch-theoretische
Gesamtcharakterisierung des "Imperialismus"
Der Status
von Lenins Theorie im Zusammenhang der grundlegenden Begriffe des Historischen
Materialismus und der Analyse der Formation der bürgerlichen Gesellschaft
zeigt sich in den folgenden Überlegungen.
·
Lenin hat
den ökonomisch-politischen Zustand der entwickelten kapitalistischen Gesellschaften
als "imperialistisch" bestimmt.
·
Da diese
Länder zusammen die bürgerliche GesellschaftsFormation darstellen, hat er
deren Zustand als "Imperialismus" gekennzeichnet und in ihr
eine Entwicklungsetappe dieser Formation gesehen, nämlich die letzte (oder
höchste ?).
·
Ökonomische
Grundlage für den Zustand und die Einschätzung war die Monopolisierung der
Produktions- und EigentumsVerhältnisse mit der HerausBildung des FinanzKapitals.
·
Gesellschaftlich-politische
Grundlage waren die Vereinheitlichung der ökonomischen und politischen
Interessen der FinanzOligarchie im Rahmen der bestehenden Staaten, ihre
Dominanz in der Bourgeoisie überhaupt und ihr bestimmender Einfluss auf die
jeweiligen Regierungen.
Das
spezifisch "Imperialistische" stellte dabei die Eroberung von neuen geografischen
Feldern für das Kapital der Monopole eines Landes dar, für den WarenAbsatz,
den RohstoffeImport und besonders für Investitionen, sei es als
FinanzKapital, oder als industrielle Gründung oder Beteiligung.
Primär
richtete es sich ökonomisch, politisch und je nach Gegenwehr auch militärisch
gegen Länder und Staaten, die noch nicht kapitalistisch durchdrungen und
industrialisiert waren.
Allerdings
wurde dies, wenn nötig, auch militärisch gegen konkurrierende Versuche anderer
Länder, für ihre Monopole, durchgesetzt wird. Daraus entstand dann die
ökonomisch motivierte militärische Konfrontation der kapitalistischen Hauptmächte
Europas untereinander.
Notwendigkeit
und Antrieb dieser politisch-militärischen Fortsetzung der monopolistischen
KapitalVerwertung ist die Gewinnung und WiederAnlage von MonopolProfiten. Man
könnte sagen, dass dies die Fortsetzung der kapitalistischen Konkurrenz der
Monopole mit militärischen Mitteln war.
Als Analyse
und Bestimmung der Ursachen des 1. WeltKrieges, war diese Theorie treffend. Wir
können nachträglich sicher hinzufügen, dass auch der zweite WeltKrieg dem
gleichen GrundMuster gefolgt ist, mit der Veränderung, daß Deutschland, Japan
und Italien als faschistische Mächte operierten und der welthistorischen
Neuerung der Existenz der SU als erster sozialistischen Staatsmacht und Ökonomie. (zur Erinnerung: geurteilt u geschrieben
1999 )
Insofern,
als die imperialistischen Aktivitäten der Staaten aus dem Stand der Produktions-Weise
(spezifische ProduktivKräfte und ProduktionsVerhältnisse) abgeleitet und so
konstitutiver Bestandteil der Charakterisierung der Gesellschaften als "imperialistisch"
werden, haben wir es theoretisch nicht nur mit der Bestimmung der
ProduktionsWeise einzelner kapitalistischer Gesellschaften zu tun, sondern
darüber hinaus mit der Bestimmung des spezifischen Charakters der Formation,
die ja aus der Summe und dem Zusammenhang aller dieser Gesellschaften besteht.
Es handelt
sich also bei Lenins ImperialismusTheorie um die Bestimmung des Entwicklungs-Stadiums
der bürgerlichen GesellschaftsFormation insgesamt.
Wenn Lenin
aus dem gewaltsamen Ausbruch der zugespitzten Widersprüche im I WeltKrieg die Epochenbestimmung ableitet, es handele
sich um sterbenden oder Übergangskapitalismus, nämlich zum Sozialismus übergehend, zeigt sich der gleiche
theoretische Status der Bestimmung eines "imperialistischen Stadiums"
des Kapitalismus als Ganzes - eben um eine spezifische historische Charakterisierung
der Formation der bürgerlichen Gesellschaft
Literatur
KurzAuswahl
Die Auswahl soll nur eine erste
Orientierung geben. Die gesamte Literatur zur Globalisierung und zum
Imperialismus ist unübersehbar.
Stand 2001
I. Imperialismus:
W. I. Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus. Lenin-Werke.
Bd 22. S. 189-356. Dietz, Berlin., 1967 ff - auch als Broschüre: Dietz.,
Berlin., 1966. Text. S. 15-137
Kapitalismus
und Monopolkapitalismus (Imperialismus). Zusammengestellt von Horst Heiniger.
In: Marxistische Lesehefte 4. GNN Verlag Sachsen/Berlin GmbH. Berlin 1999. S.
3- 40
(hier
findet man auch die allerwichtigsten Zitate von Marx über den allgemeinen Gang
der kapitalistischen Entwicklung bis zur Aktiengesellschaft !)
Aufsätze zum Imperialismus heute - In: Marxistische Blätter 3/ 92
Aufsätze zu Lenin und Leninismus - In: Marxistische Blätter 3/ 96
Großmachts-
und Kriegspolitik heute. 80 Jahre nach Lenins Imperialismuskritik. In:
Schriftenreihe der Marx-Engels-Stiftung. Nr. 27. Pahl-Rugenstein Nachfolger.
Bonn 1997
Willi Gerns: Heutiger Imperialismus und anti-monopolistische Strategie. In:
Marxistische Blätter 3/ 99. S. 43-48
Eric Hobsbawm: Das imperiale Zeitalter, 1875-1914. Campus. Frankfurt 1989
(neuerdings
auch als dtv-Taschenbuch ! –
dort
besonders Kapitel 2: eine Wirtschaft schaltet um; und Kapitel 3: Das imperiale
Zeitalter. Seiten 51 bis 112)
Eric Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts.
Hanser. München 1994 (bzw. als Taschenbuch erschienen: dtv. München. 1998)
- J.
Miehe, Zur Entwicklung des Imperialismus, in: Marxistische Blätter 2 / 00, S.
52-59
Weitere Literatur:
G. Krause: Stichwort „Imperialismus„. In: Enzyklopädie zu Philosophie und
Wissenschaft. Hrsg H.J. Sandkühler. Bd. 2. S. 641- 650.. Verlag Meiner. Hamburg
1990
Frank Deppe: Politisches Denken im 20. Jahrhundert. VSA.. Hamburg 199 (Kapitel 1
und 2 ; Seiten 11-142; sowie Kapitel 6 über Lenin, Seiten 255-322)
dtv-Atlas zur Geschichte. Bd. 2. dtv. München 1974 ff (dort Seiten 98-133, Zeitalter des
Imperialismus)
Geschichte
im Überblick. Daten und Zusammenhänge der Weltgeschichte. Immanuel Geiss.
Rowohlt TB. Reinbeck bei Hamburg. 1986 (dort die Seiten 350-361; 381- 391,
Zeitalter des Imperialismus)
Hansgeorg Conert: Vom Handelskapital zur Globalisierung. Entwicklung und Kritik der
kapitalistischen Ökonomie. Verlag westf Dampfboot. Münster 1998 (Kapitel 6.4:
Konzentration und Zentralisation des Kapitals, Kapitalvereinigungen und
Finanzkapital und 6.5: Der Expansionsdrang des Kapitals: Europäischer
Imperialismus 18780-1914. Seiten 186-202
II. Globalisierung
F.
Schmid: Globalisierung und Multis. In: ISW-Report Nr 34. München. 1998
F.
Garnreiter, L.Meyer, F.Schmid: Weltwirtschaftskrise. In: ISW-Report 37/ 38.
München. 1998
- J.
Miehe, Kapitalismus in der Welt – Weltkapitalismus? In : Marxistische Blätter,
5 / 01, S.23-36
LiteraturAuswahl lang, kommentiert
Die Auswahl soll nur eine erste
Orientierung erlauben, also weitgehend kontroverse Positionsbestimmung außer
Acht lassen; Ausnahme bei den MBls und der MES. Die gesamte Literatur zur
Globalisierung und zum Imperialismus ist unübersehbar. Weitere Hinweise und
Textauszüge werden als Material zum Bildungsthema zur Verfügung stehen.
Die Angaben beginnen mit 2 einfachen
Zahlen- und Textübersichten, nennen dann 3 kürzere zusammenfassende Texte und
zwei längere historische Darstellungen. Weiter Lenins Text, eine Textsammlung,
2 Marx. Blätter, 1 Sammlung v Referaten einer MES-Tagung mit verschiedenen
Positionen, einen Aufsatz von W.Gerns und zwei Broschüren zur Globalisierung
vom ISW aus München. Dazu noch Hinweise zur Technik- und Industriegeschichte
Stand 2001
1. historische Übersicht
(Kürzestfassung) in Daten und farbigen Karten, BRD-konventionell!
dtv-Atlas zur Geschichte, Bd 2
dtv, München 1974 ff
dort Seiten 98 - 133, Zeitalter des
Imperialismus
2. historische Kurzübersicht in
Zahlen und Kurztexten linksliberal
Geschichte
im Überblick
Daten und
Zusammenhänge der Weltgeschichte (ein Band !)
Immanual Geiss
Rowohlt TB, Reinbeck b Hbg, 1986
dort die Seiten 350-361; 381- 391,
Zeitalter des Imperialismus
3. Lexikon-Stichwort;
kritisch-orthodox
Imperialismus
G. Krause
in:
Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaft, Bd 2, s. 641 - 650
Hrsg H.J.
Sandkühler; Verlag Meiner, Hamburg 1990
4. analytisch-theoretische
Kurzskizze über die Ökonomie und Theorie des Imperialismus
in seinem Zeitalter, unorthodoxer
Marxismus:
Vom Handelskapital zur
Globalisierung
Entwicklung und Kritik der
kapitalistischen Ökonomie
Hansgeorg Conert
Verlag westf Dampfboot, Münster 1998
Kapitel 6.4: Konzentration und
Zentralisation des Kapitals, Kapitalvereinigungen und Finanzkapital
und 6.5: Der Expansionsdrang des
Kapitals: Europäischer Imperialismus 18780-1914
Seiten 186-202
5. Geschichtlich, analytische
Übersicht zum imperialen Zeitalter und zur Entwicklung des Weltkapitalismus bis
heute, unorthodoxer Marxismus
Politisches Denken im 20.
Jahrhundert
Frank Deppe
VSA, Hamburg 199
Kapitel eins und zwei; Seiten 11 -
142; sowie sechs über Lenin, Seiten 255 - 322
6 a/b. Zur GesamtProblematik der
Weltgeschichte seit Beginn des imperialen Zeitalters
des Industriekapitalismus;
unorthodoxer Marxismus
a) Das imperiale Zeitalter,
1875-1914
Eric Hobsbawm
Campus, Frankfurt 1989
neuerdings auch als dtv-Taschenbuch
!
dort besonders Kapitel 2: eine
Wirtschaft schaltet um;
und Kapitel 3: Das imperiale
Zeitalter
Seiten 51 bis 112
b) Das Zeitalter der Extreme
Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts
Eric Hobsbawm
Hanser, München 1994
6. Das Original
W. I. Lenin
Der Imperialismus als höchstes
Stadium des Kapitalismus
Lenin-Werke (LW) Bd 22, S. 189 - 356
Dietz, Berlin-Ost, 1967 ff
auch als Broschüre
Dietz , OstBerlin , 1966
Text. S. 15-137
7. neue, sehr kurze Sammlung von
Texten und Zitaten marxistischer Autoren von einem gründlichen Kenner des
"Imperialismus" aus der ehem. DDR
Kapitalismus und Monopolkapitalismus
(Imperialismus)
Horst Heiniger,
Marxistische Lesehefte 4, Berlin
1999, 7.50 DM !
GNN Verlag Sachsen/Berlin GmbH
Tel 03 42 04/ 6 57 11 Fax 03 42 04/
6 58 93
Seiten 3 - 40
hier auch die allerwichtigsten
Zitate von Marx über den allgemeinen Gang der kapitalistischen Entwicklung bis
zur Aktiengesellschaft !
8. Aufsätze zum Imperialismus heute,
in: Marxistische Blätter 3 - 92
9. Aufsätze zu Lenin und Leninismus
in: Marxistische Blätter 3 - 96
10. Aufsätze und Referate mit den
kontroversen Positionen der Debatte in der DKP
Großmachts- und Kriegspolitik heute
80 Jahre nach Lenins
Imperialismuskritik
in: Schriftenreihe der
Marx-Engels-Stiftung Nr 27
Pahl-Rugenstein Nachfolger, Bonn
1997
11. Ein Aufsatz zur Überwindung der
Kontroverse in der DKP
Heutiger Imperialismus und
anti-monopolistische Strategie
Willi Gerns
in: Marx. Blätter 3 - 99, Seiten 43
- 48
Zwei Broschüren zur Kurzeinführung
in die Daten und Probleme der Globalisierung aus marxistischer Sicht
12. Globalisierung und Multis
F. Schmid
ISW-Report Nr 34, München, 1998
13. Weltwirtschaftskrise
f. Garnreiter, L.Meyer, F.Schmid
ISW-Report 37/38; München, 1998
5 und 8 DM; beide von:
ISW- Sozial-ökologische
Wirtschaftsforschung München e.V.
Tel: 089/ 13 00 41; Fax: 089/ 168 94
15
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noch 2 Originale
14. Die Lage der arbeitenden Klasse
in England
besonders die Einleitung
F. Engels
MEW 2, s. 237 ff
15. Das Kapital, Bd 1
Kapitel 11 Kooperation
Kapitel 12 Teilung der Arbeit und
Manufaktur
Kapitel 13 Maschinerie und große
Industrie
MEW 23, S. 341 ff
16. berühmter englischer
marxistischer Wissenschaftshistoriker
sehr lesenswert !
Wissenschaft
Science in History
John Desmond Bernal
Bd 2, Teil 4 Wissenschaft und
Industrie
Rowohlt Taschenbücher, Reinbeck b
Hamburg 1970 ff
17. populäre, weitgehend
materialistische historische Überblicksdarstellung,
sehr informativ und angenehm zu
lesen
Die Welt der Industrie
Entstehung und Entwicklung der
modernen Industriegesellschaften
Dieter Otten
2 Bde; Rowohlt Taschenbuch, Reinbeck
b Hamburg, 1986
18. historische, materialistische
Geschichte der Schlüsselindustrie für den Industriekapitalismus
sehr lesenswert, auch für Laien gut
lesbar,
Spinnen und Weben
Entwicklung von Technik und Arbeit
im Textilgewerbe
Almuth Bohnsack
Reihe Deutsches Museum,
Kulturgeschichte der Naturwissenschaften und der Technik
Rowohlt Sachbuch, Reinbeck b Hamburg,
1981
19.umfangreiche historische
Darstellung der Industrialisierungsgeschichte; Standardwerk; gut geschrieben,
fundierte nicht materialistische Darstellung
Der entfesselte Prometheus
Technologischer Wandel und
industrielle Entwicklung in Westeuropa v 1750 bis zur Gegenwart
David S. Landes
Kiepenheuer u Witsch, Köln 1973
zuerst engl 1969
20. Zur ökonomischen Geschichte des
englischen Empire
kurz, präzise, fundierte
marxistische Darstellung, sehr gut lesbar, mit Tabellen und Grafiken
Industrie und Empire
Britische Wirtschaftsgeschichte seit
1750
Eric Hobsbawm
2 Bde, edition Suhrkamp, Frankfurt
1968
Die akademische Standardliteratur
zur Wirtschafts- und Technikgeschichte, außer D. Landes, ist nicht angeführt;
auch wenn sie z. Teil gute und fundierte Überblicke gibt.
Die Wirtschafts- und
Technikgeschichtsschreibung zu Deutschland aus der DDR ist hervorragend, etwa
die 3 Bde von Mottek u.a.; aber doch schon wissenschaftlich spezieller.
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