Jörg
Miehe - Sept 2001
I Einleitung: Wohin entwickeln sich das Kapital und der Kapitalismus ?
Über den Zustand und die Entwicklungsrichtung des Kapitals
und des Kapitalismus gibt es sehr unterschiedliche Meinungen in der Linken und
auch bei den Kommunisten.[1] Die
strategischen Differenzen werden u.a. bei den Positionen zur europäischen
Integration deutlich.
Leider können aus Platzgründen weder die wichtigsten neuen
Erscheinungen noch die Kontroversen bei den Linken oder auch nur bei den
Kommunisten skizziert werden und daher müssen auch weitergehende theoretische
Überlegungen unterbleiben. [2]
Die unten vorgestellten Zahlen und ihre vorsichtige
Interpretation sollen etwas empirischen Hintergrund zur Beantwortung einiger
der Fragen liefern, die kontrovers diskutiert werden.
Die erste und übergreifende ist, ob sich das Kapital, die
kapitalistische Produktionsweise und die bürgerliche Gesellschaft als ihre
Ordnung noch auf dem aufsteigenden oder schon auf dem absteigenden Ast befinden
– Universalisierung oder allgemeine Krise, eventuell sogar Übergangsepoche zum
Sozialismus. Dafür werden aus den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts
einige globale Zahlen angeführt.
Damit ist auch die Rolle der Krisen, Defizite und
Zerstörungen angesprochen, die die Produktionsweise und ihre
Gesellschaftsordnung in ihrer gegenwärtigen Entwicklung mit sich bringen. Dabei
treten besonders hervor die Ausgrenzung, die Verelendung, die Ausbeutung und
Unterdrückung in der sog. 3. Welt, verstärkte Ausbeutung und eventuell
Verelendung bei der nachholenden Industrialisierung und die Ausbildung eines
Subproletariats in den 3 Zentren. Alles dies kann hier weder skizziert noch
kritisch diskutiert werden – aber mit den Zahlen über die Entwicklung der
Produktion, der Industrialisierung und indirekt der Produktivität gewinnt die
andere Seite des widersprüchlichen Entwicklungsverhältnisses vielleicht etwas
realistischere Konturen.
Die ökonomischen Größenverhältnisse zwischen den drei
Zentren können auch ein Licht auf die Kontroverse werfen, ob denn die
Konkurrenz der großen Konzerne, die die Internationalisierung vorantreiben, mit
Hilfe ihrer Nationalstaaten oder der EU zu einem neuen militärischen Austrag
drängt, wenn auch vielleicht nur auf längere Sicht.
Dagegen kann die Frage nach der Rolle von Nation und
Staatlichkeit bei der Internationalisierung, etwas verengt in der falschen
Alternative "Imperialismus oder Globalisierung" formuliert, mit den
vorliegenden Zahlen nicht beantwortet werden. [3]
Neben der EU oder Japan gelten Rußland und China, manchmal
sogar Indien als Kandidaten, die die überwältigende Stellung der USA auf allen
Feldern, künftig vielleicht im Bündnis, zu einer Multipolarität abschwächen
könnten. Auch dazu zeigen die unten wiedergegebenen Zahlen die Größenordnung
der heutigen Ausgangspunkte.
Die allgemeine Struktur der Interessenlagen der Konzerne
kann hier aus Platzgründen ebenfalls nicht dargestellt werden. Jedoch können
die Zahlen über die Verteilung und Größenordnung der Produktion und der
Konzerne auf die verschiedenen Wirtschaftszweige und vor allem die dabei
gewonnenen Profite etwas über die objektiven Möglichkeiten der Kapitalanlage
und der Profitgewinnung innerhalb der Weltwirtschaft aussagen.
Exemplarisch wird dies in einem anderen Aufsatz anhand der
Ölindustrie und ihrer Konzerne besprochen.
Die Zahlen über das relative ökonomische Gewicht der
Rüstungsindustrie in Produktionsumfang und Profiten können die Einschätzung der
objektiven Bedingungen des politischen Gewichtes der Rüstungsindustrie bei
Militarisierung und Kriegsgefahr erleichtern.
II Wachstum und Ausdehnung der Produktionsweise
1. Größe und
Wachstum der Welt-Wirtschaft seit 1970
Die Produktion und Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen
ist im Zeitraum von 30 Jahren von der Größenordnung von 4 Billionen US-Dollar
1970 auf 30 Billionen US-Dollar im Jahr 2000 gestiegen. (Diese Größe wird im englischen Sprachraum mit
"Output" bezeichnet, nicht zu verwechseln mit der Größe
"Umsatz" im Deutschen; als kurze, ungefähre Übersetzung werden wir
unten, auch in den Tabellen, das Wort "Wirtschaftsleistung"
verwenden).
Die
Zahl für 1970 ist nach Kaufkraftparitäten (purchasing
power parity exchange rates) der verschiedenen
Landeswährungen berechnet, die weiteren zu den Wechselkursen am Markt. Das
Gebrauchswertangebot ist sicher richtiger in den Zahlen auf Basis von ppp-e-r,
die Weltmarktbedeutung eher in den Zahlen zu Wechselkursen des Marktes
ausgedrückt.
Insgesamt geben die Zahlen einen Eindruck von den
Größenordnungen des ökonomischen Wachstums. Von 1970 auf 1980 ist der
Weltoutput etwa auf das Dreifache gestiegen, von 1980 auf 1990 etwa auf das
Zweifache und von 1990 auf 2000 um etwa ein Drittel. Von 1970 über die drei Jahrzehnte
hin also ein Wachstum auf etwa das Achtfache. Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt
allerdings mit absteigenden Wachstumsraten. Freilich muß man sich vor Augen
halten, daß die absolute Größe eines Prozentpunktes von 2000 der absoluten
Größe von acht Prozentpunkten des Jahres 1970 entsprach. Im Jahrzehnt nach 1970
ist das Welt-GDP um 8 Billionen $ gewachsen, im nächsten um 10 Billionen und
seit 90 nochmals um 10 Billionen!
Wirtschaftsleistung
der Welt
BruttoInlandsProdukt (BIP)
Original: Gross domestic Product (GDP)
|
|||||||
a
|
b
|
c
|
d
|
||||
BIP
(lfdWK).
|
% Punkte
|
BIP
(KKP)
|
% Punkte
|
Exporte
G&D
|
% Punkte
|
% c von a [b]
|
|
Mrd $
|
Mrd $
|
Mrd $
|
|||||
1970
|
n.a.
|
3.951,7
|
395,0
|
10
|
|||
1980
|
11.807,7
|
12.155,8
|
307,6
|
2.403,3
|
609
|
20
|
|
1990
|
22.518,7
|
190,7
|
25.540,3
|
4.267,5
|
178
|
19
|
|
2000
|
31.647,0
|
140,5
|
43.052,0
|
7.482,0
|
175
|
24
|
|
KKP
= Kaufkraftparitäten; lfdWK = laufende Wechselkurse am Markt; D&D = Güter
& Dienste
|
|||||||
Quelle: IMF, World Economic Outlook, Database
|
BIP (GDP) - WELT
1970 – 2000 ; absolut, lfd, Zuwachs, Handel, Relation
Auch wenn das Schlagwort von der "affluent
society" schon aus den Jahren nach 1950 aus den USA stammt, so kennt doch
inzwischen fast jeder Zeitgenosse der 90er Jahre aus den entwickelten Ländern
die Realität der "Überfluß- und Wegwerfgesellschaft", also den
steigenden und überquellenden Reichtum an Waren aus eigener Anschauung. Von Stagnation und Niedergang kann also an
der Oberfläche der Erscheinungen und der Zahlen keine Rede sein.
1970 umfaßte der Export etwa 10
Prozent des Er wuchs dann bis 1980 um etwa 600 Prozent auf 20 Prozent der
inzwischen gestiegenen weltweiten Wirtschaftsleistung (BIP;GDP). Von 1980 auf
1990 wuchs der Welthandel etwa im gleichen Tempo wie das BIP selbst und blieb
leicht unter 20 Prozent des wiederum gestiegenen BIP. Von 1990 bis 2000 ist
dann allerdings der Welthandel wiederum stärker gestiegen als das Welt-BIP und
beträgt 2000 etwa 24 Prozent davon.
Der Welthandel ist also nicht im gleichen Rhythmus gewachsen
wie die Wirtschaftsleistung der Welt, sondern insgesamt stärker mit etwas
anderem Verlauf, wobei der Zuwachs in den 70er Jahren geradezu spektakulär war.
2. Wachtstum der Industrie-Produktion in den 3 Zentren und einzelnen europäischen Ländern seit 1961
Industrieproduktion
Zentren und Europa 1961 – 2000; Zuwächse 10 Jahresraten; (nominal oder real ?)
Der Kern des Wachstums des GDP ist die Industrieproduktion,
und deren Wachstumspotenz wird mit den Investitionsgütern erzeugt. Leider zeigt
die verfügbare Statistik der Europäischen Kommission nur Zahlen über die drei
Zentren, so daß ein Vergleich mit der Entwicklung des BIP der gesamten Welt
nicht recht möglich ist.
Für
die 10-Jahreszeiträume von 1961 bis 2000 gibt die Statistik nur die
Wachstumsraten der Industrieproduktion an und schweigt sich über die absoluten
Zahlen und die Berechnungsbasis aus. (lfd Preise; nationale Währungen; auf ein Basisjahr
deflationierte Preise; aktuelle Wechselkurse oder Kaufkraftparitäten ?).
Allerdings sind die Differenzen so prägnant, daß die Unsicherheit über die
Berechnungsweise weniger erheblich scheint.
(In der unten stehenden
Tabelle sind einige Prozentzahlen hervorgehoben:relativ niedrige Wachstumsraten
für das Jahrzehnt und/oder die Länderkategorie; relativ erhöhte Wachstumsrate
für das Jahrzehnt und/oder die Länderkategorie. Die Wachstumsraten 1990-2000
für die USA und Japan sind von mir aufgrund der vorliegenden 8 oder 7
Jahresraten ergänzt worden.)
Wachstum der Industriellen
Produktion 1961-2000
EU 15, USA, Japan und weitere
EU-Länder
|
|||||||||||
UK
|
D
|
Fr
|
I
|
Nl
|
Sp
|
Por
|
Gr
|
EU15
|
USA
|
Japan
|
|
1961-1970
|
2,5
|
5,3
|
5
|
7
|
7,3
|
10,7
|
5,4
|
10
|
4,9
|
13,6
|
|
1971-1980
|
1
|
1,9
|
3
|
3,5
|
2,9
|
5,1
|
6,5
|
7,1
|
-2,8
|
4,6
|
|
1981-1990
|
2,1
|
1,9
|
1
|
1,9
|
1,8
|
1,9
|
4,6
|
1
|
1,9
|
2,2
|
4
|
1992-2000
|
1,8
|
0,7
|
2
|
1,3
|
1,7
|
2,1
|
2,3
|
1,5
|
1,7
|
4,4
|
-0,7
|
Quelle: EU-Komm, European Economy, Nr 69, the Economy: 1999 Review;
Statistical Annex, Table 12, S.272/73; Industrieproduktion ohne Bau; durchschnittliche jährliche Veränderungen
in %
|
Leider
liegen für die EU 11 und EU 15 für die beiden Jahrzehnte von 61-80 keine
summierten Raten vor. Dafür sind dann die Raten für einzelne Länder der EU 11
und EU 15 angegeben, für schon industrialisierte (die 4 großen und 1 kleines),
als auch für weniger entwickelte (3 kleinere).
Schon ein oberflächlicher Blick zeigt, daß die
Industrieproduktion in den 3 ökonomischen Zentren, USA, EU und Japan sich nicht
nur ab 1970, sondern auch schon ab 1960 ähnlich entwickelt wie das BIP der
ganzen Welt – nämlich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mit sinkenden
durchschnittlichen Wachstumsraten. Das ist nicht weiter überraschend, da nicht
nur die Industrieproduktion der Kern des BIP-Wachstums ist, sondern die
Industrie, ihre Produktion und deren beider Wachstum sich in den dargestellten
40 Jahren zum erheblichen Teil in den drei Zentren konzentriert haben.
Die Abschwächung des Industriewachstums in der UDSSR
spätestens seit 1980 und der absolute Absturz in der Region nach 1990 mögen
sich in den sehr geringen Wachstumszahlen des Welt-GDP ab 1991 widerspiegeln,
da sie wohl auch durch die rapiden Industrialisierungsprozesse in anderen
Regionen nicht kompensiert wurden.
Die 10-Jahreseinteilung ist gegenüber dem ökonomischen
Prozeß recht willkürlich. Die Konjunkturzyklen umfassen keineswegs durchgängig
10 Jahre und stimmen nicht mit den kalendarischen Jahrzehnten überein, spiegeln
sich also nur bedingt in den angegebenen Durchschnittszahlen. Auch laufen sie
in den 40 Jahren weder zwischen den Zentren noch in Europa sehr synchron.
Im ersten Jahrzehnt von 1961 bis 1970 fällt für Japan die
Steigerung von 13,6 % auf. Ein solches Wachstum ist nur aufgrund eines
Industrialisierungsprozesses und nicht allein durch Produktivitätssteigerungen
bestehender Industrien zu erreichen. Selbst die USA haben in den 60er Jahren
noch fast 5% Wachstum der Industrieproduktion zu verzeichnen und liegen damit
wenig hinter der Steigerung in Frankreich und Westdeutschland zurück, während
Italien sich mit 7 % wohl doch noch im Prozess des Aufholens befindet. Die noch
größere Steigerung von 7,3 in den Niederlanden ist dagegen ohne genauere
Untersuchung nicht plausibel. Hingegen sind die Steigerungsraten der Industrieproduktion
in Spanien und Griechenland offensichtlich einer nachholenden
Industrialisierung geschuldet, während Portugal dies in jenem Jahrzehnt gerade
nicht vermag. Großbritannien bleibt für zwei Jahrzehnte in Folge hinter den
Wachstumsraten der vergleichbaren europäischen Länder und im ersten auch
gegenüber den USA zurück.
Im zweiten Jahrzehnt von 71- 80 teilt Großbritannien dieses
Zurückbleiben mit den USA. Dort schrumpft die Industrieproduktion im
Durchschnitt jährlich um fast 3 %!
Bei den vier anderen angegebenen entwickelten Ländern der EU
15 wächst die Industrieproduktion nur noch moderat zwischen 2 und 3,5 %, wobei
hier Westdeutschland das Schlußlicht bildet. Dagegen zeigen die drei weniger
entwickelten Länder noch erhebliches Wachstum zwischen 5 und 7 %, diesmal
einschließlich Portugal. Japan verzeichnet immer noch ein erhebliches Wachstum
von 4,6 %, was noch auf eine Intensivierung der Industrialisierung schließen
läßt.
Die Jahre von 1980 bis 1990 zeigen mit einer wichtigen und
einer plausiblen Ausnahme durchgängig niedrige Wachstumsraten der
Industrieproduktion von rund 1,9 %. Die USA zeigen mit 2,2% eine kleinere
Abweichung nach oben. Die eine Ausnahme ist Portugal, das offenbar seinen Industrialisierungsprozess
mit 4,6% fortsetzt. Die andere ist Japan, mit 4% kann von nachholender Industrialisierung
nicht mehr die Rede sein. Vermutlich schlägt sich hier der Übergang des sehr
erfolgreichen Exportregimes zu höherwertigen, technikhaltigeren Produkten und
höherer Produktivität nieder.
Das letzte Jahrzehnt von 1991 – 2000 zeigt nur für Europa
eine ähnliche Tendenz der Industrieproduktion wie im vorigen Jahrzehnt,
dürftiges Wachstum von 1,8 % im Schnitt, wobei (Gesamt)-Deutschland mit 0,7%
wieder das Schlußlicht bildet. Spanien und Portugal liegen um weniges besser.
Für Griechenland gilt das nicht, dort ist der Industrialisierungsprozess stark
gebremst oder gar unterbrochen. Die USA fallen völlig aus dem Rahmen. Sie
zeigen im Durchschnitt 92 bis 98 ein Industriewachstum von 4,4 %, das sich nach
Überwindung der Krise schon 92 herausbildet, und wie bekannt, sich bis 2000
noch steigert. In Japan schrumpft hingegen die Industrieproduktion, nach dem
Platzen der Spekulationsblase Anfang der 90er Jahre, im Durchschnitt jedes Jahr
von 1992 bis 1998 um 0,7 % und pendelt bis 2000 weiter zwischen kurzen
Anstiegen, Stagnation und Schrumpfung.
Zusammengefaßt zeigt sich in der Industrieproduktion über
die 40 Jahre eine ähnliche Entwicklung, wie beim BIP, nur daß die Ausschläge
selbst auf 10-Jahresbasis größer sind. Das ist plausibel und würde sich bei
jährlicher Darstellung und richtiger konjunktureller Abgrenzung noch klarer
abbilden.
3. Größe und Wachstum der Wirtschaft der 3 Zentren seit 1960
a) BIP-Zentren 1960 – 2000;
BIP, absolut, ECU, Euro, lfd
Preise, Zuwächse 10-Jahresraten, konst. Preise v. 95
Die hier verfügbaren Statistiken erlauben leider keine
gemeinsame Darstellung der Entwicklung der gesamten Weltproduktion nach
Regionen und Industrialisierungsgrad. Daher müssen wir uns zunächst damit
begnügen, die Verteilung des BIP und dessen Wachstum auf die 3 Zentren vorzustellen.
Die Tabelle bestätigt zunächst den Wachstumstrend des
Welt-BIP auch bei den 3 Zentren. Außerdem zeigt sie, daß der Wachstumstrend in
den wiedergegebenen entwickelten Ländern schon ab 1960 begonnen hat, wie wir
auch aus der obigen Tabelle über das Wachstum der Industrieproduktion entnehmen
konnten. Aus anderen Zusammenhängen wissen wir, daß dieser Trend schon um 1950
begonnen hat und für die USA noch weiter zurück reicht. Die 3 Zentren zeigen
drei unterschiedliche Wachstumspfade ungefähr entsprechend ihrer
Entwicklungshöhe relativ zu den USA. Dort wuchs das GDP in den ersten beiden
Jahrzehnten ab 1960 jeweils etwa auf das 2-fache, im dritten Jahrzehnt um etwa
das 2,25-fache und im vierten Jahrzehnt um das 2,1-fache. Die zugehörigen
10-Jahres-Wachstumsraten sind 4,2 - 3,3 - 3,2 - 3,1%. Für die 15 europäischen
Länder ergeben sich von einem Ausgangspunkt, der bei 3 Fünftel des US-GDP
liegt, für die Jahrzehnte ab 1960 zunächst eine 2,5-fache, dann eine 3,3-fache,
bis 1990 dann eine gut 2-fache und bis 2000 eine 1,6 fache Steigerung des GDP.
Die zugehörigen 10-Jahreswachstumsraten sind 4,9 – 3 – 2,4 – 1,9 %. Für Japan
zeigt die Tabelle im Jahrzehnt von 1960 auf 1970 eine spektakuläre Steigerung
des GDP um das 5-fache, dann bis 1980 um das 3,8-fache, bis 1990 um das
3,6-fache und bis 2000 nur noch um das 1,75-fache. Die zugehörigen
10-Jahreswachstumsraten sind 10,1 – 4,4 – 4 – 1,4 %.
GDP, Europa, USA, Japan, 1960-2000
|
||||||||
EU 15
|
USA
|
Japan
|
3 Zentren
|
Welt
|
||||
Mrd ECU (Euro)
|
Veränd in %
|
Mrd ECU (Euro)
|
Veränd in %
|
Mrd ECU (Euro)
|
Veränd in %
|
|||
1960
|
306
|
490
|
42
|
838
|
||||
1970
|
748
|
4,9
|
1.003
|
4,2
|
199
|
10,1
|
1.950
|
[3.952] [Ppp-Basis]
|
1980
|
2.478
|
3
|
1.990
|
3,3
|
762
|
4,4
|
5.230
|
11.808
|
1990
|
5.272
|
2,4
|
4.515
|
3,2
|
2.752
|
4
|
12.539
|
22.519
|
2000
|
8.413
|
1,9
|
9.425
|
3,1
|
4.812
|
1,4
|
22.650
|
31.647
|
Gross domestic Product, curr m-pr, Mrd
Euro (60-98:Mrd ECU)
|
||||||||
Veränderungen zwischen den Jahren in %,
nat. Währungen, Preise v 1995
|
||||||||
Quelle: EU-Komm, European Economy, Nr 69, the Economy: 1999 Review,
Statistical Annex; Table 5, S. 258/59;
Tab10 S.268/69; eigene Berechnungen
|
Die Vervielfachungen des GDP
(in ECU oder Euro) zu laufenden Preisen fallen gegenüber der realen
Vergrößerung zu hoch aus, da sie die Inflationsrate mit enthalten. Dagegen sind
die prozentualen Zuwächse zu festen Preisen von 1995 ausgewiesen, allerdings
bezogen auf das jeweilige GDP in nationaler Währung.
Das Verhältnis des GDP der 3 Zentren zum GDP der Welt
bleibt von 1970 bis 1990 grob in der Größenordnung von 1 zu 2. Bis zum Jahr
2000 hat es sich in Richtung 2 zu 3 verschoben. Die herausragen absoluten
Größen der Zentren konnen offenbar ihre relativ geringen Wachstumsraten gegenüber
der zunehmenden Industrialisierung von Südostasien und besonders von China noch
kompensieren. Trotz der vielfältigen Krisen und Rückschläge für einige der sog.
Schwellenländer deutet sich doch auch im Weltmaßstab ein Prozeß der
nachholenden Industrialisierung mancher Regionen an. Wieweit andere Regionen
bei diesem Prozeß stehen bleiben oder ihn gar nicht vollziehen, muß sich an der
Interpretation weiterer Statistiken zeigen.
Das Größenverhältnis des GDP in den 3 Zentren verändert sich
in den ersten Jahrzehnten seit 1960 dramatisch, vor allem durch die Entwicklung
Japans. 1960 ist das Verhältnis des jeweiligen GDP zwischen USA, EU 15 und
Japan 1 zu 0,6 zu 0,09. 1970 1 zu 0,75 zu 0,2. 1980 1 zu 1,25 zu 0,38. 1990 1
zu 1,17 zu 0,6. Und 2000 1 zu 0,89 zu 0,51.
GDP 1960-2000
|
||||
EU 15
|
USA
|
Japan
|
3
Zentren
|
|
1960
|
306,00
|
490,00
|
42,00
|
838
|
0,62
|
1
|
0,09
|
||
1970
|
748,00
|
1.003,00
|
199,00
|
1.950
|
0,75
|
1
|
0,20
|
||
1980
|
2.478,00
|
1.990,00
|
762,00
|
5.230
|
1,25
|
1
|
0,38
|
||
1990
|
5.272,00
|
4.515,00
|
2.752,00
|
12.539
|
1,17
|
1
|
0,61
|
||
2000
|
8.413,00
|
9.425,00
|
4.812,00
|
22.650
|
0,89
|
1
|
0,51
|
||
Quelle: EU-Komm: European Economy, Nr 69, the Economy:
1999 Review; Statistical Annex; Table 5, S. 258 ff; Gross domestic Product,
curr m-pr, Mrd Euro (60-98:Mrd ECU)
|
Bis 1980 haben offenbar die EU 15 Länder als Gesamtheit ihre
nachholende Industrialisierung gegenüber den USA abgeschlossen, für Japan gilt
dies spätestens 1990. Die relativen Veränderungen zwischen den 3 Zentren in den
90er Jahren sind vor allem dem jeweils völlig verschiedenen Verlauf des letzten
Konjunkturzyklus geschuldet.
b) BIP pro Kopf 3 Zentren und europ Länder 1960 – 2000
Index EU 15 =100, in 10-Jahresabständen; lfd Wechselkurse u pps;
Die verbleibende Unterschiedlichkeit der Größen des GDP ist
nun vor allem der relativen Größe der Bevölkerung in den genannten Ländern
geschuldet. Dieser Einfluß läßt sich durch die Berechnung eines BIP pro Kopf
(GDP per capita) herausrechnen, sodaß solche Zahlen dann den relativen Industrialisierungsgrad
auf der Basis der durchschnittlichen nationalen Produktivität aller Zweige angeben.
Allerdings bleibt in den Zahlen der Einfluß der erheblichen Unterschiede in der
Zweigstruktur der Ökonomien der 3 Zentren enthalten und wird nicht ausgewiesen.
Wir wählen die Darstellung nach Kaufkraftparitäten, um die
teils doch recht wilden Veränderungen der Währungsverhältnisse während der 4
Jahrzehnte ausschließen zu können.
Es zeigen sich die grundlegenden Entwicklungen, wie wir sie
in den obigen Interpretationen der Statistiken kennengelent haben. Japan
schließt in den 4 Jahrzehnten zu den EU-Ländern auf. Die Differenzen zwischen
den EU-Ländern selber verringern sich.
Index GDP, pro Kopf 1960 - 2000 EU, USA, Japan
|
|||||||||||
Uk
|
D
|
F
|
I
|
Nl
|
E
|
P
|
El
|
EU 15
|
USA
|
Japan
|
|
1960
|
121,6
|
121,1
|
106,2
|
87,3
|
115,7
|
59,1
|
40,1
|
43,6
|
100,0
|
162,2
|
56,8
|
1970
|
102,8
|
115,3
|
110,7
|
95,7
|
112,6
|
72,9
|
50,4
|
62,9
|
100,0
|
145,6
|
90,4
|
1980
|
95,7
|
115,5
|
112,9
|
101,1
|
108,2
|
72,7
|
55,4
|
70,0
|
100,0
|
140,9
|
97,1
|
1990
|
99,5
|
114,2
|
109,7
|
101,9
|
102,4
|
76,5
|
61,0
|
58,3
|
100,0
|
143,1
|
110,8
|
2000
|
102,7
|
106,8
|
101,0
|
98,4
|
112,4
|
82,4
|
75,4
|
67,2
|
100,0
|
150,8
|
109,8
|
Gross domestic product at current market prices
per head of population; PPS; EU-15=100
|
|||||||||||
Quelle: EU-Komm, European Economy, Nr 69, the Economy: 1999 Review, Statistical
Annex; Table 9, S. 266/67;
|
Japan setzt seinen Aufholprozeß nur bis Anfang der 90er
Jahre fort und überholt den Durchschnitt der EU um 10 Pozentpunkte, bleibt aber
hinter den USA noch um 40 Punkte zurück. Der Aufholprozeß der EU gegenüber den
USA scheint bis in die 80er und 90er Jahre um runde 20 Prozentpunkte zu
erfolgen, reduziert sich aber in den 90ern aufgrund des mageren Wachstums in
der EU und des erstaunlich hohen in den USA wiederum nur auf 10 Prozentpunkte
gegenüber 1960.
4. Entwicklung der Gewerbe-Produktion pro Kopf und ihres Wachstums in unterschiedlichen Wirtschaftsregionen der Welt 86 bis 95
Wertschöpfung
pro Kopf in 5 Weltgruppen 1986 – 1995 Index 1990 = 100 und 10-Jahreszuwachs
Die unten stehende Tabelle aus einer Unido-Publikation
stellt Länder-Gruppierungen und China vor. Mit dieser Darstellung können auch
Veränderungen außerhalb der entwickelten kapitalistischen Welt, wie z.B. eine
nachholende Industrialisierung gezeigt werden. Leider ist der vorgestellte Zeitraum
mit keinem der in den oben besprochenen Tabellen identisch, umfaßt zudem nur 10
Jahre und reicht nicht bis 2000. Gleichwohl lassen sich einige prägnante
Verhältnisse und Entwicklungen belegen, die man aus der alltäglichen Zeitungslektüre
nur erahnen kann.
(Auch hier sind einige
besonders große oder kleine Index- und Prozentzahlen fett hervorgehoben)
Wertschöpfung im Gewerbe pro Kopf
Wachstum nach Ländern und
Gruppen
|
||||
Country Group
|
Per capita MVA
Index 1990 = 100
|
Growth
of MVA
Annual
average
|
||
1986
|
1995
|
1986-1995
|
||
Developed Market Economies
|
89
|
101
|
2,1
|
|
Newly industrialised Econonomies
(NICs)
|
Asia
|
74
|
136
|
8,5
|
China
|
76
|
196
|
12,6
|
|
Latin Amerika
|
108
|
102
|
1,0
|
|
Other developing countries
|
95
|
104
|
3,1
|
|
Least developed countries
|
101
|
102
|
1,0
|
|
Transit Economies
|
108
|
69
|
-4,7
|
|
Quelle:
Unido, Industrial Statistics Database and estimates
Unido:
Sustainable industrial Development; Unido Position, S. 15
MVA
= Manufacturing Value Added (wörtlich etwa: Wert-Zusatz durch Herstellung;
Sinn: Wertschöpfung im Gewerbe)
|
Die Tabelle soll die Entwicklung der Wertschöpfung im
Gewerbe anzeigen.
Die
Wertschöpfung entspricht ungefähr dem Volkseinkommen und dieses errechnet sich
aus dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) durch Abzug der Ersatzinvestitionen. Es ist
nicht zu verwechseln mit der marxschen Kategorie des Mehrwertes, sondern
entspricht ungefähr der Kategorie des Neuwertes, also der volkswirtschaftlichen
Summe aus Löhnen und Gewinnen einer Periode. Diese Größe zeigt deutlicher als
das BIP (entspricht dem englischen GDP) sowohl das Wachstum des Konsums als
auch das Potential des Investitionswachstums an. Das Gewerbe ist einerseits
weiter als die Industrie, weil auch Handwerke und sonstige kleine
Warenproduktion dazu gezählt werden, andererseits enger als die Industrie, weil
Bergbau und Energieproduktion nicht enthalten sind. Für die Entwicklung der
Ökonomie, besonders in den wenig industrialisierten Ländern, also eine durchaus
sinnvolle Größe. In der Tabelle ist der Zuwachs der Wertschöpfung pro Kopf der
Bevölkerung angegeben, wodurch bei wachsender Bevölkerung ein absoluter Zuwachs
geringer erscheint, umgekehrt eine angegebene Wachstumszahl pro Kopf auf eine
größere absolute Zahl verweist. Die angegebene jährliche Rate des Zuwaches ist
dagegen direkt auf die Wertschöpfung bezogen und nicht durch die
Bevölkerungszahl relativiert.
Für den genannten 10-Jahreszeitraum zeigen die angeführten
Gruppen von Ländern höchst unterschiedliche Ergebnisse.
Die Gruppe der vielen, vielen am "wenigsten
entwickelten Länder", ärmste oder verelendete wäre meist treffender, hat
noch jährlich 1% Wachstum der Wertschöpfung pro Kopf und ein Prozentpunkt
jährlichen Zuwachs innerhalb der 10 Jahre erreicht. Über die Verarmung der
Länder und von Teilen der Bevölkerung ist damit allerdings noch wenig gesagt.
Zum einen sind viele dieser Staaten massiv international verschuldet – nicht
nur der geringe Zuwachs der Produktion wird für den Schuldendienst in die 3
Zentren transferiert. Zum anderen eignen sich die Reichen auch in diesen
Ländern immer mehr des dürftigen Nationalproduktes an – mit der notwendigen
Folge zunehmender Verarmung der Massen.
Demgegenüber ist die Lage in Lateinamerika in diesem
Jahrzehnt sogar noch schlimmer. Die großen sog. Schwellenländer sind dort
Argentinien, Basilien und Mexico. Zwar ist die Wertschöpfung jährlich noch um
geringe 1 % gewachsen, aber pro Kopf ergibt sich eine Schrumpfung von 6 Prozentpunkten,
weil die Bevölkerung noch stärker zunahm.
Die Gruppe "andere Entwicklungsländer" ist nicht
weiter erläutert, sie umfaßt z.B. Indien, den Nahen Osten die südlichen
Mittelmeeranrainer u.v.a.m. Für diese Länder, durchweg ebenfalls mit erheblichem
Bevölkerungswachstum, hat es immerhin in jenen 10 Jahren einen Zuwachs von 9 Prozentpunkten
pro Kopf gegeben und ein durchschnittliches jährliches Wachstum der
Wertschöpfung um 3,1 %. Immerhin fallen sie dadurch wenigstens nicht zurück.
Für die entwickelten kapitalistischen Länder ergibt sich von
1986 bis 1995 ein mageres Wachstum von etwa 10 Prozentpunkten, mit einer
durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von rund 2 %. , Das läßt zwar den stofflichen Reichtum weiterhin überquellen,
dagegen die Armut in den unteren gesellschaftlichen Schichten ansteigen. Die
unterschiedliche Rolle der 3 Zentren bei dieser Größe läßt sich aus den Tabellen
weiter oben einschätzen.
Zu den sog.
Schwellenländern (NICs, Newly Industrialised Countries) gehören in Asien vor
allem Indonesien, Thailand, Philippinen, Malaysia, und China. (Vom IWF werden
Südkorea, Taiwan, Hongkong und Singapur schon zu den "fortgeschrittenen
Ökonomien" Asiens gezählt. Die Unido rechnet sie anscheinend noch zu den
NICs).
Die Schwellenländer in
Asien und besonders spektakulär China zeigen einen dramatischen Wachstumsprozeß
der Wertschöpfung im Gewerbe, was einen rasanten Industrialisierungsprozess kennzeichnet.
Die angesprochenen asiatischen Länder konnten einen Zuwachs der Wertschöpfung
im Gewerbe von 62 Prozentpunkten und eine durchschnittliche jährliche
Wachstumsrate von 8,5 % verzeichnen. Darin enthalten ist die Volksrepublik
China als größtes Land und am schnellsten wachsende Ökonomie mit 120
Prozentpunkten Zuwachs der Wertschöpfung im Gewerbe und einer durchschnittlichen
jährlichen Wachstumsrate von 12,6 %!
Am schlimmsten hat es die Gruppe der Länder aus der
ehemaligen SU und die ehemaligen europäischen Sozialistischen Länder getroffen,
die sog. Transformationsländer, oder noch paradoxer als Reformländer
bezeichnet. Obgleich nur 5 oder 6 Jahre der Zeit nach dem Ende des Sozialismus
in der Tabelle zu Buche schlagen, ist über die 10 Jahre gerechnet eine
Schrumpfung der Wertschöpfung pro Kopf um 29 % eingetreten und eine
durchschnittliche jährliche Schrumpfungsrate von 4,7 % zu verzeichnen. Eine
Verkürzung der notierten Periode auf 5 Jahre hätte alle Werte noch dramatischer
ausfallen lassen. Andererseits läßt der Bevölkerungsrückgang in den Ländern der
Ex-SU die absolute Schrumpfung der Wertschöpfung in der pro Kopf Angabe etwas
geringer erscheinen.
Bis vor 5 Jahren hat der Kapitalismus in den
Ex-Sozialistischen Ländern noch nicht funktioniert oder noch nicht richtig Fuß
gefaßt. Unter den gegebenen weltwirtschaflichen und inneren Bedingungen hat die
Konterrevolution nicht nur große Teile der Bevölkerung runiniert, sondern auch
die stofflichen Produktivkräfte dezimiert, jedenfalls nicht einmal das Niveau
der vorherigen Wirtschaftstätigkeit gehalten .
Insgesamt zeigt also auch der Durchgang durch diese Tabelle
keinen Niedergang der kapitalistischen Produktionsweise, wenn auch in einigen
Regionen und Bereichen Stagnation beim Wachstum oder bei der Ausdehnung
überhaupt vorherrscht und in anderen sogar drastischer Rückgang zu verzeichnen
ist.
5. Entwicklung der Beschäftigung und der Lohnarbeit in der Gewerbeproduktion in unterschiedlichen Wirtschaftsregionen der Welt 1986-1995
Beschäftigung im Gewerbe in
Ländern aus 4 Weltgruppen 1986 – 1995 Anteil an der Gesamtbeschäftigung und
jährliches Wachstum
Unser Interesse gilt nun nicht einfach dem industriellen
Wachstum oder einfach den Proportionen zwischen Regionen und
Entwicklungsniveaus, sondern dem kapitalistischen Moment der Entwicklungen und
seiner Perspektive. Wachstum des Gewerbes signalisiert nur mit Einschränkung
das der Industrie. Wachstum der Industrie, zumal bei hohen Raten über 5%, kann
hingegen weitgehend auf das Wachstum von produktivem Kapital und dessen
Produktivität zurückgeführt werden. Für die historische Perspektive der
kapitalistischen Produktionsweise sind der Bestand und das Wachstum der
kapitalistisch beschäftigten produktiven Lohnarbeiter entscheidend, nicht hingegen
das des mehrwertumverteilenden Gewerbes, des Finanzkapitals. Wie entwickelte
sich also die Zahl der produktiven Lohnarbeiter des Kapitals in der Welt?
Beschäftigung im Gewerbe |
||||
Country Group
|
Country
|
Share of total
Employment (%)
|
Growth
Annual average
|
|
1986
|
1995
|
1986-1995
|
||
Developed Market Economies
|
USA
|
19,1
|
16,4
|
-0,3
|
Japan
|
24,7
|
22,5
|
0,1
|
|
France
|
22,3
|
18,8
|
-1,8
|
|
Transit Economies
|
Poland
|
25,5
|
21,3
|
-4,5
|
Newly industrialised Econonomies
|
South Korea
|
24,7
|
23,4
|
2,5
|
Turkey
|
14,3
|
13,8
|
1,6
|
|
China
|
15,6
|
15,7
|
2,2
|
|
Other developing countries
|
Egypt
|
13,1
|
13,6
|
1,0
|
Quelle: ILO, Yearbook of Labor Statistics
Unido:
Sustainable industrial Development; Unido Position, S. 14
|
Der
obige Kommentar zur dargestellten Periode von 1985 bis 1995 gilt auch für diese
Tabelle. Die ausgewählten Ländergruppen sind uns aus der vorgehenden Tabelle
vertraut, wobei die ausgewählten Länder uns zwar prinzipiell bekannt sind, aber
nicht hinsichtlich ihrer Besonderheiten. Wiederum werden zwei verschiedene
Arten von Prozentsätzen angegeben. Zunächst für den Anfang und das Ende der
10-Jahresperiode der Anteil der Beschäftigten im Gewerbe an allen
Beschäftigten. Damit wird zunächst die relative Bedeutung der Beschäftigung im
Gewerbe gegenüber den anderen Wirtschaftszweigen angegeben. Den Veränderungen
während der 10 Jahre können allerdings ganz unterschiedliche Sachverhalte
zugrunde liegen, wie u.a. die zweite Art von Prozentsätzen zeigt. Sie gibt an,
wie sich die absolute Zahl der Beschäftigten im Gewerbe durchschnittlich
jährlich in den Ländern im angegebenen Zeitraum entwickelt hat.
Die Tabelle macht Angaben über die Entwicklung der
Beschäftigung.
Die USA haben in dieser Periode ein mäßiges Wachstum der
Industrieproduktion (um 2%) und des GDP gehabt (um 3 %). Dieses Wachstum wurde
mit einer leicht geschrumpften Beschäftigung erreicht, während andere
Wirtschaftszweige offensichtlich in der Beschäftigung zunahmen.
Japan hatte ein geringeres Wachstum der Industrieproduktion
und des GDP als die USA, aber mitanderen
Anteilen der zwei 5-Jahreshälften. Einer sehr geringen Steigerung der
Beschäftigung im Gewerbe entspricht eine leichte Verringerung des Anteils an
der Beschäftigung. Die übrigen Wirtschaftszweige sind offenbar mit der
industriellen Stagnation seit Anfang der 90er Jahre nur noch gering gewachsen.
Südkorea verzeichnet noch einen erheblichen Zuwachs der
Beschäftigung im Gewerbe, vermutlich vor allem in der Industrie, begleitet
allerdings von einem größeren Wachstum der Beschäftigung in anderen
Wirtschaftszweigen. Dadurch sinkt der Anteil der Beschäftigten im Gewerbe
leicht.
China zeigt wiederum ein anderes Bild. Der Anteil des
Gewerbes und damit auch der Industrie an der Beschäftigung liegt 1985 noch um
fast 10% unter dem von Südkorea und Polen und bleibt erstaunlicherweise auch
1995 auf dem gleichen Niveau. Da gleichzeitig während der 10 Jahre nicht nur
ein beachtliches Wachstum der Beschäftigung im Gewerbe vor sich ging, sondern
ein geradezu spektakuläres Wachstum der Gewerbeproduktion und des GDP, auch pro
Kopf, drücken die Zahlen eine besondere Entwicklung aus. Nicht nur die
Beschäftigung in Gewerbe und Industrie hat sich erheblich erweitert, sondern
auch andere Wirtschaftszweige müssen gegenüber der Landwirtschaft die
Beschäftigung erweitert haben. Vermutlich handelt es sich um Transport,
Kommunikation, sowie produktive, konsumtive und Finanzdienstleistungen. Das ist
eine breiter gefächerte Entwicklung, als man dies sonst bei intensiver
kapitalistischer Industrialisierung kennt.
Die Türkei verzeichnet ein nicht geringes Wachstum der
Beschäftigung im Gewerbe bei einem ähnlich niedrigen Anteil dieses
Wirtschaftszweiges wie in China. Und auch in der Türkei ist die Beschäftigung
in der Landwirtschaft noch dominierend. Gleichwohl geht der
Beschäftigungsanteil des Gewerbes innerhalb der 10 Jahre leicht zurück. Dies
dürfte dem stärkeren Wachstum der Beschäftigung bei den Finanzdienstleistungen
und für den gehobenen Konsum geschuldet sein, das mit dem keineswegs
stürmischen Industrialisierungsprozess seit 30 Jahren vor allem in den letzten
15 einherging.
Ägypten zeigt beim Wachstum seiner GDP-Werte einen ähnlichen
Zuwachs wie die Türkei, allerdings von einem geringeren Niveau aus.
Entsprechend zeigt der Zuwachs in der Beschäftigung im Gewerbe über die 10
Jahre hin sehr niedrig, womit sich dann auch der Anteil der Beschäftigung im
Gewerbe kaum erhöht. Der weiterhin große Bevölkerungszuwachs verteilt sich in
die Landwirtschaft und in die nicht-industrialisierten Gewerbe der großen
Städte – sowohl in das Kleinhandwerk, wie in die Krämerläden. Tatsächlich kann
die industrielle Entwicklung Ägyptens wohl gerade dem Bevölkerungswachstum
folgen, sodaß es nicht zurückfällt. Von einem energischen Industrialisierungsprozeß
ist es allerdings in Niveau und Geschwindigkeit noch weiter entfernt als die
Türkei.
In den Zahlen Polens drückt sich einerseits die Zerstörung
des industriellen Niveaus der ehemals sozialistischen Länder aus und
andererseits die selektive Intensivierung weniger Industriezweige durch starke
technische Modernisierung und Rationalisierung. Ein massiver Rückgang der
Beschäftigung im Gewerbe, besonders der Großindustrie, wird begleitet von einem
Rückgang ihres Anteils an der Beschäftigung in der gesamten Ökonomie, der aber
immer noch oberhalb des Anteils in Ökonomien wie USA oder Frankreich und
unterhalb des Anteils in Korea liegt und eher den Zahlenverhältnissen Japans
entspricht.
6. Größe und Wachstum der Wirtschaft in Schwellenländern von 1970 bis 2000
BIP-Wachstum 1970 – 2000 in
Ländern unterschiedlicher Welt-Gruppen; BIP real, nationale Währungen, Zuwachs
in Prozentpunkten
a) Entwickelte
Länder
Die unten stehende Tabelle
bestätigt zusammengefaßt und ausgedehnt auf weitere Länder und ihre
Gruppierungen noch einmal die schon oben gemachten Feststellungen über die
Wachstumsverläufe des GDP in den entwickelten kapitalistischen Ländern und den
3 Zentren.
GDP
– 1970-2000 entwickelte Länder
real, nationale Währungen, und Steigerung in %-Punkten
|
|||||||||
Country
|
1970
|
%-Punkte
|
1980
|
%-Punkte
|
1990
|
%-Punkte
|
2000
|
||
UNITED STATES
|
3.398
|
136
|
4.615
|
133
|
6.136
|
131
|
8.035
|
||
JAPAN
|
188.323
|
154
|
290.551
|
148
|
429.986
|
114
|
490.409
|
||
GERMANY
|
1.950
|
131
|
2.550
|
125
|
3.186
|
121
|
3.842
|
||
FRANCE
|
2.029
|
138
|
2.808
|
126
|
3.545
|
120
|
4.237
|
||
UNITED KINGDO
|
417
|
121
|
505
|
130
|
658
|
122
|
801
|
||
ITALY
|
935.237
|
145
|
1.353.886
|
124
|
1.677.885
|
115
|
1.922.155
|
||
NETHERLANDS
|
312
|
149
|
464
|
124
|
576
|
130
|
747
|
||
BELGIUM
|
4.073
|
134
|
5.442
|
120
|
6.554
|
119
|
7.804
|
||
LUXEMBOURG
|
139
|
145
|
202
|
157
|
316
|
161
|
510
|
||
DENMARK
|
544
|
125
|
679
|
122
|
825
|
127
|
1.049
|
||
AUSTRIA
|
837
|
143
|
1.197
|
124
|
1.485
|
124
|
1.839
|
||
SWEDEN
|
1.123
|
121
|
1.360
|
122
|
1.660
|
116
|
1.918
|
||
NORWAY
|
402
|
159
|
638
|
127
|
809
|
139
|
1.124
|
||
SWITZERLAND
|
224
|
115
|
257
|
124
|
317
|
107
|
339
|
||
CANADA
|
347
|
154
|
535
|
132
|
705
|
126
|
891
|
||
SPAIN
|
35.362
|
144
|
50.857
|
134
|
68.087
|
126
|
86.031
|
||
PORTUGAL
|
6.376
|
164
|
10.464
|
133
|
13.906
|
128
|
17.795
|
||
GREECE
|
5.110
|
158
|
8.095
|
118
|
9.517
|
125
|
11.881
|
||
FINLAND
|
296
|
143
|
423
|
136
|
575
|
122
|
700
|
||
IRELAND
|
16
|
143
|
23
|
142
|
33
|
187
|
61
|
||
AUSTRALIA
|
226
|
139
|
315
|
140
|
442
|
141
|
620
|
||
NEW ZEALAND
|
52
|
120
|
63
|
117
|
73
|
128
|
94
|
||
ICELAND
|
144
|
193
|
278
|
131
|
364
|
134
|
487
|
||
ISRAEL
|
86
|
162
|
139
|
141
|
196
|
153
|
300
|
||
Quelle:
World Economic Outlook/IWF; Gross domestic product, constant prices; National
Currency; Mrd
|
Die aus dem Rahmen fallenden Länder
Island 1970/80 und Irland 1990/00 sind so klein, daß sie für die Entwicklung
der Weltwirtschaft keine Rolle spielen. Ob für das Ausnahmewachstum die besondere
Struktur und Lage eine Rolle gespielt haben, könnten nur gesonderte Untersuchungen
zeigen.
b) Schwellenländer
Die Tabelle zeigt verschiedene sog. Schwellenländer in
regionaler Zusammenstellung, darunter auch solche, die als NICs bezeichnet
werden. Es zeigen sich einige Auffälligkeiten, die auf strukturelle
Zusammenhänge verweisen.
Anders als bei den entwickelten kapitalistischen Ländern,
außer den USA, ist für die 3 Jahrzehnte seit 1970 kein durchgehender Rückgang
der Wachstumsraten zu sehen. Das Wachstum des GDP fällt allerdings für die
einzelnen Länder in den verschiedenen Jahrzehnten sehr unterschiedlich aus.
Die aufgeführten großen lateinamerikanischen Länder zeigen
kein gemeinsames Muster.
Brasilien und Mexiko zeigen von 1970 bis 1980 ein Wachstum,
das auf einen Industrialisierungsschub verweist. Argentinien und Chile, beide
schon auf höherem Entwicklungsniveau, zeigen relativ mäßige Raten, während
Venezuela, nicht entwickelt und mit großer Armut wohl vor allem seine
Ölproduktion und entsprechend den Export erheblich gesteigert hat, mit der
Ergebnis eines mittleren Wachstums des GDP.
Für das nächste Jahrzehnt von 1980 bis 1990 kann Chile sein
Wachstum etwas steigern.Das basierte bekanntermaßen nach der Konterrevolution
auf einer völlig anderen Wirtschaftspolitik, mit massiver Privatisierung,
Exportorientierung und Deregulierung, entsprechend mit starker Verarmung. Chile
war das erste Land, in dem der Neoliberalismus der ökonomischen Chicago-Schule
massiv umgesetzt wurde. Argentinien zeigt sogar einen Rückgang des GDP um 10 %,
während die drei anderen nurmehr kleine Zuwächse zu verzeichnen haben, wobei
Brasilien geradezu einen Absturz seines Wachstums um 110 Prozentpunkte
hinnehmen muß.
Zwischen 1990 und 2000 kann Chile offenbar seine
Industrialisierung wieder aufnehmen und sein GDP fast verdoppeln, Argentinien
zeigt ein mehr als überdurchsnittliches Wachstum, was allerdings auch einer
Kompensation des vorherigen Rückgangs geschuldet ist. Eine durchgreifende
Industrialisierung und ein gesicherter eigenständiger Wachstumspfad sind nicht
zu erkennen. Brasilien und Mexiko können den Zuwachs ihres GDP etwas steigern,
bleiben aber weit unterhalb durchgreifender Industrialisierungsschübe.
Venezuela kann sein GDP nur um weniges erhöhen und ist von eigenständigem Wachstum
weit entfernt.
Die erheblichen Unterschiede in den Zuwächsen des GDP in den
verschiedenen Jahrzehnten bei den einzelnen Ländern und zwischen ihnen deuten
darauf hin, daß die unterschiedlichen Ausgangspunkte und Strukturen, inneren
Entwicklungen und unterschiedlichen Anbindungen an die Weltwirtschaft
bestimmend für diese Gruppe von Ländern sind– und keine allgemeine
weltwirtschaftliche Entwicklungstendenz.
Auch
in dieser Tabelle sind besonders hohe oder besonders niedrige Prozentsätze fett
hervorgehoben.
GDP – Schwellenländer, große oder
besondere Länder
real, nationale Währungen, und Steigerung
in %-Punkten
|
|||||||
Country
|
1970
|
%-Punkte
|
1980
|
%-Punkte
|
1990
|
%-Punkte
|
2000
|
ARGENTINA
|
156
|
132
|
206
|
89
|
183
|
155
|
284
|
CHILE
|
2.577
|
128
|
3.309
|
136
|
4.484
|
190
|
8.539
|
BRAZIL
|
2
|
227
|
5
|
117
|
5
|
128
|
7
|
MEXICO
|
489
|
194
|
948
|
120
|
1.141
|
137
|
1.567
|
VENEZUELA
|
294
|
149
|
438
|
109
|
478
|
117
|
558
|
CHINA,P.R.
|
424
|
183
|
776
|
239
|
1.855
|
256
|
4.745
|
CHINA, H-Kong:
HONG KONG
|
126
|
246
|
310
|
188
|
583
|
142
|
826
|
VIETNAM
|
51.257
|
145
|
74.570
|
177
|
131.783
|
196
|
258.883
|
KOREA
|
53.271
|
208
|
110.728
|
238
|
263.430
|
170
|
447.679
|
TAIWAN PROV.
OF CHINA
|
825
|
253
|
2.087
|
214
|
4.473
|
180
|
8.055
|
SINGAPORE
|
14
|
239
|
34
|
197
|
66
|
200
|
133
|
MALAYSIA
|
21
|
215
|
44
|
179
|
79
|
180
|
143
|
THAILAND
|
468
|
195
|
914
|
214
|
1.953
|
153
|
2.995
|
INDONESIA
|
73.540
|
212
|
155.659
|
169
|
263.262
|
145
|
381.299
|
PHILIPPINES
|
334
|
182
|
610
|
118
|
721
|
130
|
939
|
INDIA
|
3.203
|
137
|
4.396
|
177
|
7.788
|
172
|
13.421
|
PAKISTAN
|
166
|
159
|
264
|
180
|
474
|
149
|
707
|
IRAN, I.R. OF
|
7.200
|
125
|
9.031
|
136
|
12.311
|
142
|
17.521
|
EGYPT
|
72
|
174
|
125
|
178
|
223
|
139
|
310
|
SOUTH AFRICA
|
320
|
141
|
452
|
116
|
525
|
117
|
613
|
NIGERIA
|
148
|
150
|
222
|
122
|
270
|
131
|
355
|
TURKEY
|
29.826
|
169
|
50.424
|
165
|
83.371
|
144
|
120.243
|
Yugoslavia FSR
|
105,55
|
175
|
184,51
|
97
|
178,58
|
n.a.
|
|
Quelle: IMF; World Economic
Outlook; Gross domestic product, constant prices; National Currency; Mrd
|
Ganz anders ist das Bild dagegen bei der ersten Gruppe der
asiatischen Schwellenländer Südkorea, Taiwan und Singapore. Zwei Jahrzehnte
hintereinander liegt der Zuwachs des GDP oberhalb von 100 %, teilweise
erheblich, und auch im dritten Jahrzehnt zeigen alle, trotz der Ostasienkrise
1997, noch sehr erheblichen Zuwachs.
Wie wir auch aus anderen Informationen wissen, hat es in
diesen drei Ländern eine rasante Entwicklung mit tiefgreifender
Industrialisierung gegeben. Das wirtschaftspolitische Muster ist völlig konträr
zum neoliberalen Kurs, der in Chile und danach auch in anderen
lateinamerikanischen Ländern probiert wird:
Weltmarktorientierte
Zulieferindustrie auf der Basis von niedrigen Löhnen und langen Arbeitszeiten,
bei Abschottung des Binnenmarktes gegen den Weltmarkt und stark reguliertem
Währungsregime; hohe Akkumulationsraten aufgrund zunächst hoher Mehrwertraten;
Ausbau der materiellen und institutionellen staatlichen Infrastruktur, sowie
Ausbau des eigenen Industriepotentials mit zunehmend komplexeren Produkten für
den Export und zunehmend auch für die Versorgung des Binnenmarktes auf Basis
der langsam zunehmenden Kaufkraft der Industriebeschäftigten.
Das ist eine Wiederholung des Musters der Entwicklung Japans
nach dem 2. Weltkrieg und findet sich ähnlich bei Industrialisierungsprozessen
im 19. Jahrhuntert in Europa außerhalb Englands und auch in der
westeuropäischen Entwicklung nach 1945. Voraussetzung ist ein aufnahmefähiger
und aufnahmewilliger Weltmarkt – d. h., der Binnenmarkt schon
industrialisierter Länder muß hinreichend offen, nachfragend und wachsend sein,
um eine zunehmende Fülle an zunächst einfachen, immer aber relativ billigeren,
später auch komplexeren Konsumgütern und auch Investitionsgütern aufnehmen zu
können. Für die besprochene Gruppe haben die Länder der EU und die USA diese
Rolle gespielt. Nachholendes Wachstum der einen wurde möglich durch Wachstum
der anderen – immer auf zunächst völlig unterschiedlichen Niveaus und mit
unterschiedlichen Inhalten.
Das gleiche Muster, nun aber schon stärker von der
neoliberalen Deregulierung der Welt-Finanzmärkte und des Welt-Exportregimes
beeinflußt, findet sich bei der zweiten Gruppe asiatischer Länder, die von
wiederum sehr niedrigen Niveaus ausgingen: Malaysia, Indonesien, Thailand, Philippinen.
Dabei fallen die Philippinen im 2. Jahrzehnt heraus und
können sich im 3. nur wenig erholen, jedenfalls gelingt nach starkem Anlauf in
den 70ern kein Durchbruch auf ein industrialisiertes Niveau. Für Indonesien ist
der Rückgang des Zuwachses in den 80ern und den 90ern nicht so stark ist. Aber
auch hier ist der Durchbruch bisher nicht vollzogen. Zu vermuten ist, daß die
Verbindung der politisch herrschenden Dikaturen mit den noch mächtigen
Großgrundbesitzerschichten einem durchgreifenden Industrialisierungsregime
entgegenwirkten, was sich in beiden Ländern in erheblichen und andauernden
Klassenkonflikten, Sezessionsbestrebungen, politischen Umstürzen und
militärischer Unterdrückung auswirkte. Thailand kann das hohe Wachstumstempo
der ersten beiden Jahrzehnte im 3. nicht ganz halten, setzt aber den Prozeß in
abgeschwächter Weise fort. Malaysia beginnt in den 70ern wie die anderen mit
dramatischen Zuwächsen, mindert diese dann für die 2 folgenden Jahrzehnte
etwas, bleibt aber auf einem relativ hohen Wachstumspfad. HongKong zeigt für
die ersten beiden Dekaden das gleiche Muster wie Singapore und hat ja auch sehr
ähnliche Strukturen und Bedingungen. Es reduziert dann allerdings den
Wachstumspfad auf ein nur noch mittleres Niveau. Ähnlich wie bei Singapore ist
das kleine städtische Territorium ausgereizt und die Zulieferung für die
Weltmarktproduktion der beiden Städte wird an andere billigere Standorte
verlegt – in das Umland nach Malaysia, oder weiter nach Thailand, Indonesien,
oder in die VR China und zuletzt auch nach Vietnam. Im ersten Tandem bleibt
Singapore und bleiben seine Unternehmen die führende Kraft, während im zweiten
Tandem die VR China sowohl politisch, wie vor allem auch ökonomisch die Führung
im weiteren Entwicklungsprozeß übernimmt.
Bei der VR China zeigt sich sogar schon in den 70ern ein
beachtlicher Zuwachs, aber er wird durch die beiden folgenden Jahrzehnte weit
überflügelt. Zwei Dekaden mit über 240 Prozentpunkten Zuwachs des GDP bedeuten
zwei Dekaden mit mehr als jeweiliger Verdoppelung des GDP. Dahinter steht ein
rasanter Prozeß der Industrialisierung – allerdings relativiert durch die
riesige Masse an weiterhin relativ einfacher Landwirtschaft, in der nach wie
vor 2 Drittel der Beschäftigten arbeiten. Das Muster entspricht dem von Japan
und den nachfolgenden asiatischen Ländern – nur daß die Potenz des riesigen
Landes auch weltwirtschaftlich anders in die Waagschale fällt. So konnte die VR
China ihre Währung aus der Asienkrise heraus und die Auswirkungen auf die
eigene Ökonomie in Grenzen halten. Gleichwohl war und blieb die VR-China
durchaus auch auf einen wachsenden Exportmarkt angewiesen. Nach dem Ausfall des
Binnenmarktes von Japan, nicht allerdings der Zulieferung für japanische
Exporte, übernahmen in der letzten Dekade die USA mit ihrer drastisch
zunehmenden Konsumnachfrage im Binnenmarkt diese Rolle.
Indien und Pakistan als große Vertreter der nächsten
asiatischen Gruppe zeigen seit 3 Jahrzehnten unterschiedlich mittlere bis
relativ hohe Zuwächse des GDP, die aber auf diesem Entwicklungsniveau durch ein
starkes Wachstum der Bevölkerung weitgehend kompensiert werden. Ein Durchbruch
zu einer weltmarktfähigen Industrieproduktion, die eine eigenständige
binnenmarktorientierte Industrie nach sich zöge, ist in beiden Ländern bisher
nicht zu sehen – wofür unter anderem sicherlich die jeweiligen politischen
Regime und ihre Klassenwurzeln sowie die riesigen Rüstungslasten eine wichtige
Rolle spielen.
Die drei Länder aus dem mittleren Osten, von Niveau,
Struktur und wirtschaftspolitischem Schicksal völlig unterschiedlich, haben
neben der regionalen Nähe, die sie in das geopolitische Interessenfeld der USA
um das Öl des Nahen Ostens, besonders dasjenige Saudi-Arabians, hineingezogen
hat, und unterschiedlich verankerten eher autoritären politischen Regimen nur
gemeinsam, daß ihnen in den drei Dekaden kein Durchbruch zu einem industriellen
Entwicklungspfad gelungen ist – aus unterschiedlichen Gründen. Sie zu
kommentieren wäre zwar politisch aufklärend, aber ökonomisch wenig ergiebig.
Für Afrika sind nur die beiden großen und
bevölkerungsreichen Länder Nigeria und Süd-Afrika in die Tabelle aufgenommen
worden. Innenpolitisch und strukturell ebenfalls sehr unterschiedlich, sehen
wir, daß der Ölreichtum Nigerias sich in den drei Dekaden nicht in einer
Industrialisierung für den Export oder den Binnenmakrt niedergeschlagen hat –
ein Schicksal und eine Entwicklung, die es mit dem ebenfalls ölreichen Land
Venezuela teilt. Reichtum an Öl führt also mit einiger Wahrscheinlichkeit zur
Armut des Landes und der breiten Bevölkerung, oder sie dort festhalten, wie Algerien,
Iran, Irak, Nigeria und Venezuela zeigen. Die meisten anderen Fälle sind für
die Frage der Industrialisierung zu untypisch. Süd-Afrika ist während der
Apartheit relativ stark industrialisiert worden, verglichen mit anderen
afrikansichen Ländern – wohl eher trotz als wegen der Rassentrennung.
Allerdings scheint sein unmittelbares Entwicklungspotential gegenwärtig unter
den vorherrschenden äußeren und inneren strukturellen Bedingungen auch ohne
Apartheit ausgereizt. Weder geschützte Exportorientierung noch Akkumulation für
Binnenentwicklung scheint so richtig möglich und ausreichend zu sein. Eine
Öffnung für Kapital-Import und –Export, sowie liberalisierte Zulieferung zum
Weltmarkt kann nicht funktionieren, da es dafür sehr viel
ausbeutungsfreundlichere und daher billigere Produktionsstandorte gibt und das
Wachstum in den drei Zentren nicht ausreicht.
Jugoslawien ist nur aus politischen Gründen angeführt
worden, um zeigen zu können, daß nach einer Dekade relativ großen Zuwachses die
Entwicklung in den 80er Jahren völlig stagnierte und Ausdruck einer großen
langen Krise war. Die weiterhin noch vor sich gehende Entwicklung der Infrastruktur
oder einzelner Industrieprojekte ging schon mit einer drastischen Verschuldung
im Ausland einher. Der politische Zusammenbruch in den 90ern hat also seine
Wurzeln in der ökonomischen Krise der 80er Jahre.
7.
Größenverhältnisse in der Weltwirtschaft 2000,
GDP, Export und Bevölkerung nach Ländern und Gruppen
a) BIP- und Export-Anteile
2000 in der Welt - Gruppen und Länder
Index Gruppen und Welt, Umrechnung der nat Währungen nach
pps
Die Größenverhältnisse und der Einfluß der Länder in der
Weltwirtschaft zum aktuellen Zeitpunkt lassen sich sehr grob am relativen
Umfang des jeweiligen GDP und des Exports ablesen und mit der Größe der
jeweiligen Bevölkerungen vergleichen. Die Quoten von GDP und Export sind das
Ergebnis von recht langen Entwicklungen der kapitalistischen Durchdringung der
Länder und der Welt sowie der Industrialisierung, wie z.B. bei England ab etwa
1760 oder zeigen das vorläufige Resultat von recht kurzen Prozessen von 30-20
Jahren, wie etwa bei den sog NICs in Asien und besonders bei China. Natürlich
beruhen beide Entwicklungen auf den vorhergehenden teilweise sehr langen und
langwierigen Entwicklungen unter anderen gesellschaftlichen Formationen.
Ähnlich beschleunigte Entwicklungen der Industrialisierung sind unter sehr viel
ungünstigeren Bedingungen von der SU nach 1928/1945 und von der VR China nach
1949 organisiert worden. Sie konnten aber in den benutzten Formen nicht zum
Niveau der Produktivkraftentwicklung der fortgeschrittenen kapitalistischen
Welt aufschließen, versandeten in der SU in ökonomischer und gesellschaftlicher
Krise, die zur Konterrevolution führte und wurden in China durch eine neue
ökonomische Strategie seit 1980 in einen Prozeß der nachholenden industriellen
und teilweise kapitalistischen Entwicklung transformiert.
Wenn auch die kapitalistische Durchdringung und die
Industrialisierung vom Standpunkt des Vergleichs als nachholende Entwicklung erscheint,
so muß man sich klar machen, daß die Neu-Industrialisierungen immer die
Übernahme des Produktivkraftinventars des jeweils entwickelten Kapitalismus
bedeutet. Zwar werden nicht alle Produkte oder gar alle Produktionsweisen
sofort übernommen, sondern zunächst die auch in den Zentren noch vorhandenen
einfachen Produkte und einfachen Verfahren. Aber die Stufenleiter der Aneignung
der höheren Niveaus der jeweils modernen Produktivkräfte wird bei beschleunigter
Entwicklung in wenigen Jahrzehnten durchlaufen, wenn auch natürlich nicht
sofort in der Breite der Industrien und der Gesellschaften.
Man muß die Zahlenverhältnisse also zunächst als Resultate
verstehen.
Die 29 entwickelten kapitalistischen Länder (e k L) umfassen
rund 15 % der Weltbevölkerung, dagegen 57 % des GDP der Welt und rund 76 % der
Welt-Exporte. Die 7 größten (G 7, major 7) umfassen 11 % der Weltbevölkerung,
45 % des GDP und 63 % des Exports der Welt. Die USA als größtes e k L haben 4,6%
der Weltbevölkerung, 22 % des GDP und 14 % des Weltexportes. Danach kommt eine
ganze Weile nichts – das soll aber weiter unten noch kommentiert werden.
Die sognannten Newly Industrialised Countries (NICs) in
Asien umfassen 4 Länder mit 1,3 % der Weltbevölkerung (etwa die Größenordnung
der BRD) und 3,4 % des GDP (etwas mehr als Frankreich) sowie 9,9 % der Exporte
(etwas mehr als die BRD).
Die sog. sich entwickelnden Länder umfassen 125 Staaten mit
78 % der Weltbevölkerung 37 % des Welt-GDP und 20 % der Exporte der Welt.
Eine Großregion bildet das sich entwickelnde Asien, hier
zurecht so genannt. Es umfaßt 25 Länder mit 52 % ! der Weltbevölkerung, fast 22
% des Welt-GDP (wie die USA) und 9 % des Weltexportes (etwas mehr als die BRD).
Die sog. sich entwickelnden Länder in Lateinamerika umfassen
33 Länder mit 8,5 % der Weltbevölkerung, 8,4 % des Welt-GDP (etwa das Doppelte
der BRD) und 4,5 % des Welt-Exportes (etwas mehr als Canada).
Die sog Transformationsländer, also die aus dem Sozialismus
zurückgefallenen Länder, umfassen nach der Auflösung der SU 28 sogenannte
Staaten mit 6,7 % der Weltbevölkerung (die Größenordnung der EU) 6 % des
Welt-GDP (weniger als Japan mit 7,3) und 4,5 % des Welt-Exportes (fast soviel
wie Canada).
Der mittlere Osten und Nord-Afrika umfassen 21 Länder mit 6
% der Weltbevölkerung, 3,8 % des Welt-GDP und 4,1 % der Welt-Exporte. Hier
mischen sind relative Unterentwicklung, relative Massenarmut mit ÖL-Produktion
und Export.
Die Erdöl produzierenden und exportierenden der sich entwickelnden
Länder umfassen 18 Staaten (ausschließlich den USA, Norwegen, England und
Rußland), 5,4 % der Weltbevölkerung ( weniger als die EU), 3,3 % des Welt-GDP
(soviel wie Frankreich) und 4,3 % des Weltexportes (etwa wie Canada).
Afrika südlich der Sahara ohne Nigeria und Süd-Afrika
umfasst 46 Länder mit 8,2 % der Weltbevölkerung 1,4 % des Welt-GDP und 0,8% des
Welt-Exportes. Darunter befinden sich solch riesige Flächenländer, wie
Kongo-Kinshasa und Angola mit dem Export ihrer Bodenschätze. Der Abstand der Region
zur übrigen Welt ist nur als Abgrund zu kennzeichnen. Kolonialismus,
Neokolonialismus, Bürger- und Interventionskriege sind wichtige Ursachen, wenn
auch nicht ausschließlich.
Eine weitere Gruppe bilden die stark verschuldeten und sehr
armen Länder mit 40 Staaten, 10,6 % der Weltbevölkerung (etwas weniger als die
7 großen e k L) 1,9 % des Welt-GDP (etwa wie Canada) und 0,9 % des
Welt-Exportes (etwas weniger als ganz Afrika).
Größenverhältnisse in der Weltwirtschaft
2000
|
|||||||
Sort of Country
|
Countries
|
GDP
|
Exports
Goods , services
|
Population
|
|||
Share of total for
|
|||||||
Advanced economies
|
World
|
Advanced economies
|
World
|
Advanced economies
|
world
|
||
Advanced economies
|
29
|
100
|
57,1
|
100
|
75,7
|
100
|
15,4
|
Major advanced economy
|
7
|
79,5
|
45,4
|
62,9
|
47,7
|
74,3
|
11,5
|
USA
|
38,5
|
22
|
18,8
|
14,2
|
29,7
|
4,6
|
|
Japan
|
12,8
|
7,3
|
9,2
|
7
|
13,6
|
2,1
|
|
Germany
|
8,1
|
4,6
|
11
|
8,4
|
8,9
|
1,4
|
|
France
|
5,6
|
3,2
|
6,6
|
5
|
6,3
|
1
|
|
Italy
|
5,4
|
3,1
|
5,1
|
3,9
|
6,1
|
0,9
|
|
UK
|
5,5
|
3,1
|
6,7
|
5,1
|
6,3
|
1
|
|
Canada
|
3,5
|
2
|
5,5
|
4,2
|
3,3
|
0,5
|
|
Other adv economy
|
22
|
20,5
|
11,7
|
37,1
|
28,1
|
25,7
|
4
|
EU
|
15
|
35
|
20
|
47,6
|
36
|
40,2
|
6,2
|
Euro area
|
12
|
28
|
16
|
37,9
|
28,7
|
32,3
|
5
|
NICs
|
4
|
6
|
3,4
|
13,1
|
9,9
|
8,6
|
1,3
|
Developing countries
|
Developing countries
|
Developing countries
|
|||||
Developing countries
|
125
|
100
|
37
|
100
|
20
|
100
|
77,9
|
Regional groups
|
|||||||
Africa
|
51
|
8,6
|
3,2
|
10,3
|
2,1
|
15,7
|
12,2
|
Sub
Sahara Excluding Nigeria u South A
|
46
|
3,8
|
1,4
|
3,8
|
0,8
|
10,5
|
8,2
|
Developing Asia
|
25
|
58,3
|
21,6
|
46,19
|
9,2
|
66,8
|
52
|
China
|
31,2
|
11,6
|
18,4
|
3,7
|
27
|
21,1
|
|
India
|
12,6
|
4,6
|
3,9
|
0,8
|
21,4
|
16,6
|
|
Other
|
23
|
14,5
|
5,4
|
23,7
|
4,7
|
18,4
|
14,3
|
Middle East; Mal, Turk
|
16
|
10,5
|
3,9
|
20,9
|
4,2
|
6,6
|
5,1
|
Western Hemisphere
|
33
|
22,6
|
8,4
|
22,7
|
4,5
|
10,9
|
8,5
|
Besondere Gruppen
|
100
|
100
|
100
|
||||
Fuel
|
18
|
9
|
3,3
|
21,5
|
4,3
|
7
|
5,4
|
Non-fuel
|
109
|
91
|
33,7
|
78,5
|
15,7
|
93
|
72
|
Heavily indebted, poor
|
40
|
5,1
|
1,9
|
4,3
|
0,9
|
13,6
|
10,6
|
Middle
east a north Africa
|
21
|
10,3
|
3,8
|
20,3
|
4,1
|
7,5
|
5,9
|
Countries in
transition
|
Countries in transition
|
Countries in
transition
|
|||||
Countries in transition
|
28
|
100
|
5,9
|
100
|
4,3
|
100
|
6,7
|
Central eastern Europe
|
16
|
39,2
|
2,3
|
51,4
|
2,2
|
29,7
|
2
|
Russia
|
42
|
2,5
|
34,3
|
1,5
|
36,8
|
2,5
|
|
b) Vergleich der großen Länder mit der EU 2000
Ziehen wir aus der vorliegenden Statistik noch die wirklich
großen Länder USA, Japan, China, Rußland und Indien heraus, vergleichen sie mit
der EU und schließlich mit der BRD (die Zahlen wiederum nach Anteil am
Welt-GDP, am Weltexport und an der Weltbevölkerung).
(Dabei
sind zwei Anmerkungen zur Zählweise zu machen. Der GDP-Anteil Chinas und auch
Indiens wird durch die Umrechnung der nationalen Währungen mittels
Kaufkraftparitäten erheblich überhöht ausgewiesen.Für die Export-Anteile gilt
das nicht, da vermutlich nach Markt-Wechselkursen berechnet. Der Export-Anteil
der EU und der BRD wird überhöht ausgewiesen, der der anderen Staaten zu
niedrig, da der innere Handel der Euro-Zone, der faktisch Binnenhandel ist, und
jener der EU, fast von ähnlicher Qualität, beim Welthandel mitgezählt wurden.)
Die großen Länder 2000
|
|||
Anteile zum Weltumfang
Land
|
GDP
|
Export
|
Bevölkerung
|
USA
|
22,0
|
14,2
|
4,6
|
EU
|
20,0
|
36,0
|
6,2
|
Japan
|
9,2
|
7,3
|
2,1
|
China
|
(11,6)
|
3,7
|
21,0
|
India
|
(4,6)
|
0,8
|
17,0
|
Russia
|
2,5
|
1,5
|
2,5
|
Germany
|
4,6
|
8,4
|
1,4
|
Auf den ersten Blick sieht man, daß
die USA der mit Abstand ökonomisch größte staatlich organisierte
Wirtschaftsraum und Binnenmarkt sind. Die EU hätte die gleiche Größenordnung,
wenn ihre innere Homogenisierung und gesamtstaatliche Organisierung weiter
fortgeschritten wäre. Japan kann nur die Hälfte des Gewichtes der USA in die
Waagschale werfen, und die BRD nur die Hälfte von Japan, mit einem leicht größeren
Gewicht im Export. China kann, bei weiterem schnellen Wachstum, als staatlich
organisierter Wirtschaftsraum und Binnenmarkt in etwa 20 Jahren die heutige
Größe Japans erreichen und schon vorher ein zunehmendes Gewicht im Welt-Export
gewinnen. Für Indien ist der Weg zu ökonomischem Gewicht und Einfluß in der
Welt-Ökonomie dagegen noch sehr, sehr weit.
Rußland hat zwar ein leicht
größeres Bevölkerungspotential als Japan aber nur etwas mehr als ¼ von dessen
und etwas mehr als ½ vom GDP-Anteil Deutschlands. Der Anteil am Weltexport
fällt gegenüber beiden Ländern noch weiter zurück. Rußland kann von der
Größenordnung, mehr noch aber von der tatsächlichen materiellen Struktur her
gegenwärtig keine größere Rolle in der Weltwirtschaft spielen.
Die Vorstellungen vom Gewicht und Einfluß der BRD, die sich
an die imperialistische Vergangenheit Deutschlands knüpfen, können schon anhand
dieser Zahlen in das Reich der Phantasie verwiesen werden – zumal in Europa 3
staatliche Konkurrenten mit ähnlicher Größenordnung und vergleichbarem Entwicklungsniveau
vorhanden sind – ganz abgesehen von Japan und den USA.
III Anlagefelder und Größenverhältnisse großen Konzernkapitals 2000 - Die Unternehmen
Die Unternehmen stellen als operative Einheiten nicht nur
die gesellschaftliche Form des Kapitals sondern auch die praktischen Subjekte
der kapitalistischen Bewegung dar. Sie sind auch für das weltweit produktiv
angelegte Kapital die entscheidenden Einheiten. Die Konkurrenz um den Weltmarkt
(faktisch die Binnenmärkte der relevanten Länder) spielt sich für dieses
Kapital zwischen den großen Unternehmen eines Wirtschaftszeiges, einer
Industriegruppe oder bei einzelnen Produkten ab. Die Unternehmen bestimmen sowohl die Geschäftsfelder, die
Wirtschaftszweige und Industriegruppen als auch die geographische und die
internationale Verteilung der Standorte ihrer Geschäftstätigkeit. Daraus ergibt
sich die Verteilung der gesamten ökonomischen Tätigkeiten und Ergebnisse auf
die verschiedenen Wirtschaftszweige und Industriegruppen, sowie auf die
verschiedenen Regionen der Welt. Die Verteilung der Wirtschaftsaktivitäten auf
die Staaten und Regionen der Welt haben wir in Umrissen schon weiter oben
anhand globaler Größen, wie BIP, Industrieproduktion und Export aus den
nationalen Statistiken vorgestellt. Die Verteilung auf die Wirtschaftszweige
und Industriegruppen fehlt dagegen noch.
Nachdem sich die Mode
der Bildung von Unternehmenskonglomeraten aus den 70er Jahren inzwischen
überlebt hat, seit den 90er Jahren sogar eine explizite Gegenbewegung der
Konzentration auf die Kerngeschäfte stattfindet, scheint es einfacher als
früher zu sein, die Unternehmen in ihrer Verteilung auf die Wirtschaftszweige
zu bestimmen und die Bereiche voneinander abzugrenzen.
Allerdings setzen dem
zwei andere Erscheinungen Schwierigkeiten entgegen. Zum einen die beschleunigte
Fusionstätigkeit der großen Konzerne, aus denen durch Zusammenwürfeln und Auseinanderschneiden
neue Geschäftszweige, häufig sogar neue Tochterunternehmen hervorgehen. Zum
anderen die Verlagerung des in Konzernen fungierenden Geldkapitals über
Aktienverkauf und Aktientausch aus einem Zweig in einen gänzlich anderen. Zwei
Beispiele aus der jüngsten Zeit in Deutschland können das illustrieren.
Mannesmann wird vom Röhrenproduzenten zum Maschinenbauer und
Automobilzulieferer und schließlich zum Mobilfunkbetreiber. Preußag wird vom
Grundstoffkonzern zum Touristikbetreiber.
9. Felder von Kapitalanlage, von Produktion und
Profitaneignung
Wir müssen uns auf die Daten der größten 500 internationalen
Konzerne beschränken, da andere Daten ohne größeren Aufwand und Vorlauf nicht
verfügbar sind. Aus vielen Untersuchungen wissen wir, daß die
Internationalisierung gerade von den größten Konzernen getragen wird. Daher
können wir in diesem Fall den riesigen Unterbau der mittleren und kleineren
Unternehmen in den Volkswirtschaften der Welt vernachlässigen, ohne zu
übersehen, daß bei ihnen der größere Teil der Wirtschaftsaktivitäten, besonders
der Beschäftigung angesiedelt ist.
Wir können uns auf die
jährlichen Veröffentlichungen des Monatsmagazins "Fortune" aus den
USA über die weltweit 500 größten Konzerne stützen. Darin sind die Umsätze, die
Gewinne, verschiedene Kapitalgrößen, die Börsenkapitalisierung, verschiedene
Renditekennziffern, der dominierende Geschäftszweig und schließlich auch die
Beschäftigtenzahlen angegeben.
Die unten wiedergegebene
Tabelle zeigt die Verteilung von 482 der 500 größten Konzerne der Welt (nach
Umsatz) auf 46 Wirtschaftszweige aus der Liste von Fortune aus dem Jahr 2000.
Zusätzlich sind der Profit und die Zahl der jeweils zugehörigen Konzerne
angegeben (alle Angaben in Mill Dollar und lfd Wechselkursen). Die Aufstellung
verweist also auf die relative Größe der Wirtschaftszweige, soweit sie durch
wirklich große Konzerne von Weltbedeutung bearbeitet werden. Mit der Größe des
Branchen-Profits und des Umsatzes wird auch die Umsatzretabilität der Branche
angedeutet und mit der Zahl der beteiligten Konzerne ein Hinweis auf den
Konzentrationsgrad dieser Branche gegeben. Letzteres gilt nur eingeschränkt, da
die Tabelle keinen Aufschluß darüber gibt, wieviel Prozent vom Umsatz einer
Branche sich auf die notierten Konzerne konzentriert oder von kleineren
Unternehmen realisiert wird.
Eine Zuordnung von Konzernen zu Wirtschaftszweigen oder Industriegruppen
kann nicht ohne Willkür vorgenommen werden, so wahrscheinlich auch bei der
Aufstellung durch Fortune.
Die Kategorie "Umsatz" für Banken und andere
Finanzdienstleister hat einen anderen Gehalt als der von Produktions- oder
Handels- oder anderen Dienstleistungsunternehmen. Daher sind die Größen nicht
miteinander vergleichbar. In den unten vorgenommenen Kommentieruungen wird
diese Schwierigkeit nicht berücksichtigt.
Schon auf den ersten Blick fallen einige wichtige Tatbestände auf:
·
Die Summe der
weltweiten Umsätze der 470 größten Konzerne mit 13,6 Billionen Dollar stellt
eine Bruttowertschöpfung (anteiliges BIP) von vielleicht der Hälfte (rund 7
Bill) dar. Verglichen mit dem Welt-BIP von 31,6 Billionen Dollar aus dem Jahr
2000 zeigt sich, daß wir es bei den 470 Unternehmen mit einem sehr relevanten
Anteil von über 20 % der Weltökonomie zu tun haben.
·
Der
Profitanteil dürfte noch höher liegen, kann aber mangels Vergleichszahlen nicht
kalkuliert werden.
·
Aus den 46
Zweigen stechen die drei ersten nach der Größe des summierten Umsatzes hervor:
Banken
– 1,4 Billionen Dollar; Petroleum Refining – 1,2 Billionen; Motor Vehicles
& Parts - 1,2 Billionen.
·
Ihre summierten
Profite belaufen sich auf 98, 92 und 32 Milliarden Dollar.
·
Höhere
Profitsummen als der Zweig Motor Vehicles haben 4 Zweige bei teils erheblich
geringeren Umsätzen. Höhere Profite bei geringeren Umsätzen bedeutet, daß diese
Zweige für ihre Konzerne unter den 500 größten profitabler sind als der
Automobilbau. Darunter ist die Arzneimittelbranche (Pharmaceutikals) mit
Profiten von 42 Mrd $ bei einem Umsatz von nur 281 Mrd $. besonders
hervorragend.
·
Die größten
Konzerne der Welt nach ihrem Umsatz finden sich, mit Ausnahme der Banken, auch
in den größten Branchen: Automobilbau und Petroleum Refining (tatsächlich vor
allem bei dessen Förderung).
·
Diese Zweige
haben aber unter den 500 größten auch die zahlreichsten Vertreter. Nach diesem
Maßstab sind sie also nicht die höchst konzentrierten.
·
Die
Zusammensetzung der ersten 10 Wirtschaftsbereiche mit den höchsten Umsatzzahlen
ist völlig heterogen und folgt keinem offensichtlichen Schema; ebenso heterogen
ist die Zusammensetzung der kleinsten Zweige. Beide Gruppen umfassen
industrielle Produktionen als Dienste.
·
Die
traditionellen Wirtschaftszweige der frühen Industrialisierung bis zum Ende des
19. Jahrhunderts spielen im Konzert der anderen keine große Rolle mehr:
·
DieTextilindustrie
ist überhaupt nicht unter den 500 größten Konzernen vertreten.
·
Die
Kohleindustrie ist nur im Rahmen von Rohstoff- oder Energiekonzernen auf
unteren Rängen vertreten.
·
Seit der
Herstellung von Spinn- und Dampfmaschinen aus Stahl, später von Webmaschinen
und Eisenbahnmaterial spielte der auch der Maschinenbau eine strategische Rolle
in der Industrie und der Industrialisierung. Diese praktische Rolle spielt er
heute noch in ungleich größerem Maße. Sein relativer Umsatz mit 130 Mrd $ ist
heute hingegen gegenüber anderen Zweigen geradezu verschwindend – eine
Demonstration der riesigen Produktivitätssprünge der heute erzeugten Maschinen
und Anlagen und auch der Maschinenbauindustrie selber.
·
Auch die
Eisenbahnindustrie ist nicht unter den 500 größten Konzernen vertreten.
·
Die
Stahlindustrie spielt ebenfalls nur eine kleinere Rolle im Rahmen der 500
größten Konzerne.
·
Von den Zweigen
der dritten Industrialisierungswelle, Elektro und Chemie ist nur noch die schon
von Anfang an sehr heterogene Elektroindustrie von großem relativem Umfang
unter den anderen Zweigen der 500 größten.
·
Auch Chemie und
Arzneien zusammen stellen bei den Zweigen nur noch eine mittlere Größenordnung
dar.
Um weitere
Schlußfolgerungen aus der Aufstellung zu gewinnen, ist eine Gruppierung der
Branchen nach zusätzlichen Kriterien erforderlich.
Die unten wiedergegebene
Tabelle zeigt die Verteilung von 470 der 500 nach Umsatz größten Konzerne der
Welt aus 46 Wirtschaftszweigen auf 14 Gruppen aus der Liste von Fortune aus dem
Jahr 2000.
Die 14 Zweiggruppen sind
von uns aus der Fortune-Aufstellung nach den Gesichtspunkten zusammenfaßt, wie
hoch die Verarbeitungsstufe ist, wie nah sie dem Endverbrauch stehen und an
welcher Stelle sie sich zwischen Produktion und Dienstleistung befinden.
Die Bandbreite der summierten Umsätze der durch uns sortierten Wirtschaftsgruppen liegt zwischen 3,1 Billionen bei Banken und anderen Finanzkonzernen (mit der o.g. Einschränkung zu werten), 2,2 Billionen bei Gewinnung, Verarbeitung und Verbreitung von Energierohstoffen (vor allem Erdöl) und Produktion von Energie (beides Zweiggruppen, in denen weniger Wert produziert als angeeignet wird), 1,5 Billionen bei der Produktion von Verkehrsmitteln & Teilen (vor allem Automobile), 2,4 Billionen bei Groß- & Einzelhandel, 1,3 Billionen bei Elektrik, Elektronik, PC und Programmen, 1,2 Billionen bei Kommunikation und Transport, 0,5 Billionen bei Industriegrundstoffen, 0,3 bei industriellen Produktionsmitteln und Bauindustrie, 0,3 bei Lebens- & Genußmitteln, fast 0,3 bei Arzneien und 0,1 (also immer noch 100 Mrd Dollar Jahresumsatz) bei Medien & Unterhaltung.
Die Relation von
Umsatzgröße zu Profitgröße ist nicht konstant, sondern variiert sowohl nach Wirtschaftszweigen
als auch bei den hier zusammengestellten Zweiggruppen
-------------
Unter dem Gesichtspunkt
der Nähe zur Rohstoffgewinnung oder zum Endprodukt zeigen unmittelbar folgende
Tatbestände.
Die Gewinnung von
Primärmaterialien, wie Energierohstoffen (u.a. Kohle, aber ohne! Erdöl und
Erdgas) sowie von Erzen, ist zwar in großen Konzernen organisiert, aber weder
bei Umsätzen noch bei den Gewinnen von erheblichem Umfang. In diesen speziellen
Zweigen spielt also die Produkten-Rente keine so erhebliche Rolle.
Dagegen ist die Erdöl-
und Erdgasgewinnung, teilweise einbegriffen Transport, Verarbeitung und
Verteilung von einer außerordentlichen Höhe der Produkten-Rente gekennzeichnet
– mit welt-ökonomischen, -politischen und -militärischen, kurz
imperialistischen Folgen (z.B. Krieg gegen Irak).
Die Produktion
industrieller Grundstoffe, wie Metalle, chemische Grundstoffe, Glas, Holz &
Papier liegt bei den Umsätzen und den Gewinnen auf mittlerem Niveau der 14
Zweiggruppen.
Die Produktion der
eigentlichen Produktionsmittel im Maschinen- und Anlagenbau sowie der Bauindustrie
ist noch kleiner als die der industriellen Grundstoffe, sowohl beim Umsatz und
besonders bei den Gewinnen.
Die aus einer inzwischen
schon traditionellen Montageindustrie erwachsene Elektro- und Elektronikindustrie,
zusammen mit der Computerherstellung, den zugehörigen aber schwer abgrenzbaren
Dienstleistungen und der Softwareherstellung findet sich nach dem Umsatz unter
den wirklich großen Produktions- und Wirtschaftszweigen und ragt bei der
Profitsumme hervor.
Die ebenfalls inzwischen
traditionelle Montageindustrie der Automobil- und Flugzeugproduktion, obwohl
von Materialien, Produktionsorganisation und Abnehmerkreis völlig
unterschiedlich, bildet eine der wirklichen großen Industriekomplexe, die
Autoindustrie sogar den größten einzelnen Produktionszweig. Der Umfang der
Profite fällt dagegen etwas ab. Eisenbahn- und Schiffbau sind nicht durch Konzerne
unter den 500 größten Konzernen vertreten.
Die in diesem Zweig
enthaltene Rüstungsindustrie hat mit 200 Millionen $ einen deutlich geringeren
Umfang als die Pharmaindustrie und fällt bei den Gewinnen mit 5,4 Mrd $
gegenüber 42 Mrd $ geradezu ins Bodenlose.
Die Produktion von
Arzneien, inzwischen eine Mischung aus chemischer und biologischer Industrie,
zeigt als einzelne verarbeitende Industrie beim Umsatz nur eine untergeordnete
Rolle, sticht dagegen beim Profit außerordentlich hervor. (Monopole bei
Produktion und Absatz durch Patente; Absatz auf versicherungsfinanzierten
Märkten)
Die Lebens- und
Genußmittelproduktion spielt vom Umsatz und vom Umfang des Profits her eine
recht geringe Rolle. (Allerdings könnten diese Zahlen evt erheblich zu klein
sein, da der Verbleib der beiden Riesenkonzerne im Lebensmittelbereich, Unilever
und Nestle, unklar ist).
Die Übertragung von
Informationen, also die Telekommunikation und die elektronischen Netzwerkdienste
bilden nach dem Umsatz einen der größten Einzelbereiche und mit mittleren Profiten.
Der Groß- und der
Industriehandel gehört zu den wirklich großen Sparten mit 1,1 Billion $ Umsatz,
aber sehr mageren Profiten. Die verschiedenen Sparten des Einzelhandels liegen
mit 1,3 Billionen $ beim Umsatz etwas höher und
können beim Profit das Vierfache aneignen. Absolut ist dessen Größe aber
gegenüber den vom Umfang her vergleichbaren Zweigen immer noch sehr mager. In
diesem Zweig findet sich auch der weltweit größte Beschäftiger, die
Einzelhandelskette Wal-Mart, mit über einer Million Menschen auf der Lohnliste.
Zusammengefaßt mit
anderen unterschiedlichen Diensten bildet die Gesundheitsindustrie,
"health care", den kleinsten Zweig nach dem Umsatz und hat eine recht
bescheidene Profitmasse, anders als die nach Umsatz nur doppelt so große
Arzneimittelindustrie.
Medien und Unterhaltung
bilden zusammen dem Umsatz, aber auch der Profitmasse nach ebenfalls einen
recht kleinen Zweig.
Die letzte
Wirtschaftszweig ist gleich in mehrfacher Hinsicht exemplarisch. Er stellt
ausschließlich Dienste zur Verfügung, verkauft vor allem Aneignungschancen von
Profit und verteilt den Mehrwert um. Und doch ist er nach Umsatz der größte
überhaupt und mit Abstand auch bei der Profitmasse. Es handelt sich um die
verschiedenen Zweige des Finanzkapitals mit Banken und Versicherungen. Für den
Kapitalismus ist er offenbar nicht nur der größte sondern auch der typischste.
Seine Tätigkeit ist der Zielstellung nach und auch hinsichtlich des Ergebnisses
völlig unproduktiv und parasitär. Sein quantitatives Übergewicht und der noch
größere Einfluß zeigen, daß die kapitalistische Produktionsweise von den
Eigentumsverhältnissen her gesehen, mehr als reif für ihre Ablösung ist.
Zusammen mit den
Konzernzentralen bilden die Konzerne des Finanzkapitals das funktionelle Äquivalent
für eine zentrale Planung im Zusammenwirken mit den Kombinatsleitungen in einer
sozialistischen Ökonomie. Mal abgesehen von den vergangenen realen
Fehlleistungen, kann sich wohl jeder vernünftige Mensch vorstellen, daß eine
sozialistische Wirtschaftsführung mit dramatisch geringerem Aufwand weniger
schädliche Folgen produzieren könnte.
-------------------
Von den produzierenden
Zweigen ist die Autoindustrie mit ihren
Zulieferern dem Umsatz nach mit Abstand der größte. Am Ende des 20.
Jahrhunderts dominiert eine Branche, die in den USA noch vor dem 1. Weltkrieg
ihr Produktionsparadigma mit der Massenfertigung eines Massenkonsumgutes am
Produktionsfließband (Assembly Line, von den Transport- und Bearbeitungsbändern
der Chicagoer Schlachthäuser abgeschaut) mittels ungelernter Arbeit gefunden
hatte, mit Abstand die materielle Produktion und ebenso die Lebensweise in den
entwickelten Ländern. Ein Teil der Großproduzenten aus den ersten Jahrzehnten
findet sich noch immer unter den heute führenden Auto-Konzernen. Würde man die
autovermittelten Teile des Material- und Personen-Transports und die anteiligen
Mengen der Erdölindustrie hinzufügen, was vom stofflichen Zusammenhang durchaus
gerechtfertigt wäre, so hätten wir es mit einer überwältigenden Dominanz eines
Produktes, seiner Verwendung und seiner energetischen Fütterung zu tun – ein
wahrhaft prägender ökonomischer Gesamtkomplex. Unter diesem Gesichtspunkt leben
wir seit langem und werden wohl noch länger in der Automobilgesellschaft und immer noch im Autozeitalter leben.
Diese Industrie
organisiert ihren Absatz in den entwickelten Gebieten schon länger weltweit.
Inzwischen tut sie dies auch mit den Einkäufen für die Produktion. Die
beteiligten wirklich großen Konzerne organisieren darüber hinaus ihr gesamtes
Aktionsfeld in allen Kontinenten, sind also auf dem Weg zu internationalen
Weltkonzernen, wie die Fusionen der letzten Jahre zeigen. Allerdings ist
offensichtlich, daß weder die Zulieferung noch die Produktion und schon gar
nicht der Absatz stofflich die interkontinentale Ausweitung des Geschäftes
erfordern – von der Benutzung ganz abgesehen. Diese Art der
Internationalisierung ist also gänzlich kapitalgetrieben.
Die nächst größere Gruppe
produzierenden Zweigen von wird von der Elektro- und Elektronik-Industrie
(Teile, Ausrüstungen und Endprodukte) gebildet. Mit schon erheblichem Abstand
stellt sie die zweite, für die heutige Lebensweise, Produktion und
Produktpalette typische Industrie dar. Sie ist noch inhomogener als zu Beginn
ihrer Karriere und umfaßt weiterhin Generatoren, Stromübertragungsanlagen und
Elektromotoren jeder Größenordnung, weiterhin Fernsprecher, etwas später
Staubsauger und Radios, sowie noch später Abspielgeräte und Fernseher, und seit
einiger Zeit Computerchips, statt Hollerithmaschinen Großrechner, sowie
Übertragungssatelliten, Medizinroboter und neuerdings Handys. Auch hier sind
einige der frühen Großproduzenten noch heute unter den führenden Großkonzernen
zu finden. Hinsichtlich der Internationalisierung gilt ähnliches, wie bei der Autoindustrie
– sie ist kaum stofflich bedingt und nur bei speziellen Produkten mit kleinen
Stückzahlen gesellschaftlich sinnvoll. Bedeutungsvoller ist hier sicherlich die
Verteilung von Entwicklungskosten auf einen weltweiten Absatz. Aber das ließe
sich auch mittels Lizenzen oder ähnlich regeln. Also auch hier ist die
interkontinentale Ausweitung des Geschäfts vorrangig kapitalgetrieben.
Der Transport von
Satelliten und ihr Betrieb sowie der von Informationsleitungen aller Art, wo
Globalisierung teilweise wörtlich zu nehmen ist, wird nicht in dieser
Industriegruppe notiert.
Die dritte große Gruppe
aus der dritten Industrialisierungswelle, die chemische Industrie, findet sich
erst an vierter Stelle der produzierenden Industrien, mit weitem Abstand zur Auto
und Elektroindustrie. Sie ist in die Zweiggruppe Industrie-Grundstoffe
eingeordnet, auch wenn durch sie auch Endprodukte hergestellt werden. Selbst
wenn man die ursprünglich dazugehörige Gruppe der Arzneimittel hinzu zählt,
zeigt sie nur die Hälfte des Umsatzes der Elektroindustrie. Auch hier sind
einige der frühen Großproduzenten noch unter den heute führenden Konzernen zu
finden. Da die chemische Industrie ihren Energielieferanten und Hauptrohstoff
Erdöl nicht selber besorgt, gilt auch für diese Gruppe, daß die
Internationalisierung über die Kontinente hinweg kapitalgetrieben ist.
Der Maschinen- und
Anlagenbau , im Englischen als "Industrial and Farm Equipment"
ausgewiesen, findet sich mit der Summe der Umsätze knapp vor "Aerospace
and Defence". Die erstere Gruppe ist der Kern der Industrieproduktion und
damit der Kern der industriellen Zivilisation. Hier werden die Maschinen und
Ausrüstungen entwickelt und produziert, die den Ersatzbedarf befriedigen, die
die weitere Ausdehnung und die grundlegende Industrialisierung ermöglichen. Die
Automobilindustrie ist 5,5 mal so umsatzstark wie diese Basisindustrie. Das
zeigt die enorme Produktivität, sowohl dieser Industrie selbst, wie auch ihrer
Produkte. Als Anlagefeld von Kapital der Großkonzerne gehört diese strategische
Branche dagegen nur noch begrenzt in die vordere Linie. Zu den wenigen
Konzernen aus der Riege der 500 größten Weltunternehmen gehören ebenfalls noch
einige der schon frühen Großproduzenten der Schwerindustrie. Diese Konzerne und
die vielen vom Umsatz weit kleineren Spezialisten sind schon seit viel längerer
Zeit als andere mit ihrem Absatz weltweit tätig gewesen. Bei den mittleren bis
kleinen Unternehmen ist daher die Internationalisierung ein Folge der Spezialisierung.
Auch Ein Teil der Produktion
von Militärgütern, wie Panzer, Kanonen und ähnliches findet sich in dieser
Gruppe.
Ein anderer Teil,
Militärflugzeuge, Raketen und Satelliten, wird in dem Zweig "Aerospace
& Defence" hergestellt, der unter den Güterproduzenten den 7. Platz
einnimmt. Er gehört zur großen Gruppe der Verkehrsmittelhersteller. Hierher
gehört auch die Produktion von Zivilflugzeugen, Zivilraketen und Satelliten.
Der Anteil an Militärausrüstungen ist gegenüber den Verkehrsflugzeugen nicht
von herausgehobener Bedeutung. Hier finden sich einige US-amerikanische und
einige europäische Unternehmen, besonders aber die beiden ganz großen
Produzenten ziviler Flugzeuge Boeing und Airbus (das allerdings in 2000 als
noch nicht börsennotiertes Unternehmen auch nicht in den Global 500 von Fortune
aufgeführt ist).
Eventuell kommt nach
Übernahmen neuerdings Bombardier, der kanadische Flugzeug und Eisenbahnbauer,
in die unteren Ränge.
Selbst die summierten
Umsätze des Rüstungsanteils aus Elektro- und Elektronic, aus Maschinenbau,
Aerospace und Autobau sind gegenüber den sonstigen Industriegruppen relativ
klein und würden sich mit den kleineren Gruppen der Güterhersteller messen
müssen. Auch die in diesen Gruppen anfallenden Profite fallen nicht aus dem
Rahmen, obgleich sie für Militärgüter wegen der staatlichen Auftraggeber
natürlich höher sein können. Kurz, gegenüber den sonstigen Umsatz- und
Profitgrößen fällt dieser Industriezweig nicht besonders ins Gewicht.
IV Ergebnisse und Schlußfolgerungen
a) Wachstum des Kapitals, Auf- oder Abstieg der kapitalistische Produktionsweise
Die kapitalistische Warenwirtschaft und darin die Produktion
von Industriegütern dehnt sich in den vergangenen 40-30 Jahren weiterhin aus.
Dies geschieht in drei Feldern, in den alten industrialisierten Ländern, in den
nach 1945 industrialisierten kapitalistischen Ländern und in einigen sich neu
industrialisierenden Ländern, besonders in China. Es gibt Indizien, daß das
langsame Schrumpfen der produktiven Lohnarbeiter beim Kapital in den schon
entwickelten Ländern durch eine Zunahme in den sich gerade industrialisierenden
kompensiert wird. Über die genaueren Proportionen kann hier wenig gesagt
werden. Anzunehmen ist, daß die Masse des Mehrwertes in den Jahrzehnten ebenfalls
zugenommen hat, wie auch die Masse des angelegten Kapitals, Zahlen waren ohne
weiteren Aufwand nicht zu finden. Über die langfristige Entwicklung der
Profitraten kann dagegen wenig gesagt werden. Eine nicht vorgestellte Tabelle
über die EU zeigt vor allem in den 90er Jahren eine Rückkehr zum Niveau der
60er Jahre. Die Lohnarbeit und die kapitalistische Form des Wirtschaftens
drängen weiterhin massiv über die Produktion im engeren Sinn hinaus.
Sie dehnt sich geographisch über die Länder der Welt aus und
dringt ökonomisch zunehmend in weitere Lebenssphären der von ihr erfaßten
Gesellschaften ein. Wir können also von einer weiter vor sich gehenden Universalisierung der kapitalistischen Produktionsweise
sprechen:
b) Zerstörung oder Entwicklung
Auch wenn die Krisen und Defizite sowohl in den entwickelten
wie auch in den sich entwickelnden Ländern der kapitalistischen
Produktionsweise und der Gesellschaften zunehmen mögen und die ökologischen
Zerstörungen sich überall bemerkbar machen, so sind dies weiterhin Wirkungen
einer wachsenden und sich intensivierenden Produktionsweise, mit wachsenden und
zunehmend produktiveren Produktionskräften. Auch wenn eine Bilanz des
stofflichen Aufwandes gegenüber dem tatsächlichen Nutzeffekt wesentlich
dürftiger ausfallen würde, wie die Beiträge von Tjaden plausibel nahelegen,
würde das immanente Maß des Kapitalismus dadurch historisch noch nicht außer
Kraft gesetzt werden. Erst wenn sich erweisen würde, daß aufgrund der negativen
Einflüsse des Kapitalismus die Zahl der Menschen in den sog.
"abgehängten" Ländern der 3. Welt und das Subproletariat in den
entwickelten Ländern schneller wächst, als die Zahl der
"Integrierten" in den sich widersprüchlich vorwärts bewegenden
Gesellschaften, wäre eine neue historische Situation eingetreten. Insofern ist
der Rückfall der ehemals sozialistischen Länder mit dem Einbruch der
Industrieproduktion, der Produktivkräfte und dem dort nur krebsenden
Kapitalismus auch jenseits der Systemfrage ein dramatischer welthistorischer Einbruch.
Die gleichzeitig mit der Ausbreitung der kapitalistischen
Produktionsweise neu entstehende Erzeugung von Elend, Ausbeutung und
Unterdrückung ist welthistorisch nur in diesem Kontext richtig zu beurteilen.
Ob die vor allem in der letzten Dekade "abgehängten" ganz armen
Länder der sog. 3. Welt dies auf Dauer bleiben werden, geht aus den Statistiken
nicht hervor und läßt sich wohl auch sonst kaum abschätzen – welthistorisch
scheint uns die Frage völlig offen zu sein.
c) Militärischer Austrag der Konkurrenz oder Comanagement; Nationalstaaten oder Globalisierung
Die ökonomischen Größenverhältnisse zwischen den drei
Zentren zeigen, daß von der Größenordnung her Japan allein keine eigenständige
Rolle gegenüber den USA spielen kann. Die EU wäre dazu in der Lage, wenn sie
schon eine den USA vergleichbare staatliche Organisation und Homogenität
entwickelt hätte. Aber das würde noch ein weiter politischer Weg werden.
Die aktuellen militärischen Kräfteverhältnisse, die in einem
anderen Aufsatz untersucht werden, lassen dies aber als illusorisch erscheinen.
Deren Änderung bedürfte zunächst der politischen Veränderung in Europa und
danach mit einer nachholenden Rüstung einer massiven Veränderung der
Haushaltsprioriäten und einer nicht unerheblichen der Proportionen der
Gesamtökonomie – was nicht ohne heftige innere oder äußere Konflikte zu haben
wäre.
d) Rüstungsindustrie
Die Zahlen über das relative ökonomische Gewicht der
Rüstungsindustrie zeigen, daß Kapitalanlage, Produktion und Profite in diesem
Sektor gesamtökonomisch von reichlich untergeordneter Bedeutung sind. Der
eigenständige politische Einfluß der Rüstungsindustrie bedarf zu seiner Verstärkung
des etablierten Militärapparates, der zugehörigen Propagandaagenturen und
militanten Organisationen und verbündeter Wirtschaftszweige, wie den
Ölkonzernen, um die öffentliche Meinung und die politischen Instanzen auf
Rüstung und Krieg zu orientieren.
e) USA oder Multipolarität
Die Zahlen zeigen deutlich, daß die allseitige Hegemonie der
USA in absehbarer Zeit auch nicht von einer Koalition von Rußland, China und
anderen auf militärischem Gebiet in eine Multipolarität umgewandelt werden
könnte. Europa könnte damit nur gemeinsame Sache machen, wenn es sich zuvor
militärisch von der Nato emanzipiert hätte. Dazu müßten die konkurrierenden
Interessen größer sein, als jene der gemeinsamen imperialen Hegemonie über den
Rest der Welt.
f) Gegensätzliche und gemeinsame Interessen der Konzerne
Die Zahlen über die Verteilung und Größenordnung der
Produktion und der Konzerne auf die verschiedenen Wirtschaftszweige und vor
allem die dabei gewonnenen Profite zeigen, daß die objektiven Möglichkeiten der
Kapitalanlage und der Profitgewinnung innerhalb der Weltwirtschaft schwerlich
ein Interesse erzeugen werden, das auf die Wiederaufrichtung von politisch und
militärisch abgegrenzten Wirtschaftssphären in der Welt aus wäre. Die
gemeinsame Ausbeutung aller Produzenten, aller Rohstoffe und aller Konsumenten
scheint in allen wesentlichen Wirtschaftszweigen die Logik der Profitabilität
zu sein.
Nur bei der Ölproduktion ist der direkte durch die USA militärisch
gesicherte Zugriff auf die Produktenrente aus dem Fördermonopol von vitalem
Interesse – verkauft würde das Öl, wie Eisenerz und alles andere, auch ohne militärischen
Zwang.
In fast allen anderen Zweigen herrscht also zwischen den
Konzernen eine Art gemeinsame "Gestattungswirtschaft" – kein Grund
zur Aufregung oder gar für gegenseitige militärische Abgrenzungs-,
Ausschließungs- oder Bedrohungsphantasien. Es ist also gerade die
kapitalistische Form der Ökonomie, die das gemeinsame Interesse der großen
Konzerne an der Internationalisierung bedingt. Daß sie dazu die staatlichen
Funktionen der Nationalstaaten noch so lange fordern und fördern, wie sie
keinen Ersatz haben und diese in der Welt so effektiv sind wie bei den USA,
liegt eigentlich auf der Hand. Daß sie die Vorteile der nationalen
Zugehörigkeit in der internationalen Konkurrenz nicht auslassen, scheint
ebenfalls selbstverständlich.
Für das 20. Jahrhundert
war die Sicherstellung des Ölgeschäfts der große Hauptgewinn des Kapitals, der
in den nächsten Jahrzehnten noch eine zunehmende Rente abwerfen wird. Für das
beginnende 21. Jahrhundert versprechen sich die Konzerne, ihre Eigentümer und
ihre politischen Zuarbeiter von der Durchkapitalisierung Chinas einen weiteren
Hauptgewinn, dessen Verzinsung allerdings kleinere Dimensionen annehmen sowie
andere ökonomische Formen und politische Einflußnahmen erfordern wird. Die oben
angegebenen Zahlen und die daraus abzuleitenden Perspektiven für Kapitalanlage,
Absatzmarkt und Gewinn lassen das durchaus plausibel erscheinen. Das gemeinsame
und konkurrierende Feilschen um die Aufnahme in die WTO mit allen Haken und
Ösen zeigt sich damit als öffentliche Geschichtslektion.
-----------------
[1] Die Fülle der jüngeren
Beiträge zu dieser Debatte allein in der BRD kann hier natürlich weder
aufgelistet noch resümierend zusammengefaßt werden. In der BRD wird die Debatte
in einigen Zeitschriften kontinuierlich, teils mit Schwerpunktheften geführt,
von denen hier aus der jüngeren Zeit einige genannt werden sollen:
Prokla,
Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft
Nr.
118, März 00, Re-Regulierung der Weltwirtschaft
Nr
122, März 01, New Economy – neuer Kapitalismus? (dort besonders Evans:
US-Wirtschaftsboom der 90er Jahre)
Das
Argument, Zeitschrift für Philosophie und Sozialwissenschaft
Nr
217, Ende 1996, Neoliberalismus als Globalisierung
Nr
239, Anfang 2001, Periodisierung des Kapitalismus
Sozialismus
- Hamburg
Dort
wird die Debatte ohne Schwerpunkthefte kontinierlich geführt; stellvertretend
seien zwei Arbeiten zum Thema genannt: Supplement zu Heft 12/00; Therborn,
Zinn: Europa & Amerika im 21. Jahrhundert; als Buch: J. Bischoff, Mythos
des New Economy, VSA, Hamburg 2001
In
den drei vorstehenden Zeitschriften wird auch auf die Diskussion von Marxisten
zum Thema in der angelsächsischen Welt Bezug genommen. Dort und auch im
französischen Raum wird die Debatte um die Globalisierung mit einem Schwerpunkt
in Anlehnung oder Auseinandersetzung mit der sog. Regulationsschule geführt,
die mit dem Stichwort vom Fordismus in weiteren Kreisen Aufmerksamkeit erregt
hat. Dagegen findet die Diskussion um die sog. Globalisierung bei den
Marxisten, die den kommunistischen Parteien nahe stehen, vor allem in
Fortsetzung der oder Auseinandersetzung mit der Lenin`schen Imperialismustheorie
statt.
Z-Zeitschrift
für marxistische Erneuerung,
Nr.
31, Sept 97; Kapitalismus – Neoliberalismus – Globalisierung
Nr.
36, Dez 98 Globalisierung und Peripherie
Nr.
39 Sept 99; Konzentration/Monopolisierung
Nr.
45, März 01; Emanzipation und globalisierter Kapitalismus, (dort besonders
Azzara: Globalisierung und Imperialismus)
Nr.
46, Juni 01; die sehr instruktive Übersicht zur Weltwirtschaft von Hans-Joachim
Höhme, wie schon seit Juni 97
Aus
dem offiziellen Blatt des Bundestages Das Parlament, Beilage v 8. Sept 00,
Globalisierung, internationale Finanzkrisen und Finanzarchitektur
Zur
Erinnerung auch für die Abonnenten:
Marxistische
Blätter,
Heft
3-92 : Imperialismus heute
Heft
5-98 Imperialismus und >Dritte Welt<
Heft
1-00; etliche Aufsätze zum Thema außerhalb des Schwerpunktes; für die
Differenzen besonders; M. Sohn, Die erstaunliche Aktualität Lenins für die
Friedensfrage
Außerhalb
der Schwerpunkthefte W. Gerns in Heft 3-99 Heutiger Imperialismus und
antimonopolitische Strategie; Heft 3-00 Lenins Imperialismustheorie und
heutiger Kapitalismus
Besonders
prägnant hat Hans Heinz Holz die Globalisierung als Moment imperialistischer
Strategie in seinem Beitrag zum 10. Jahrestag der Kommunistischen Partei
Böhmens und Mährens dargelegt, abgedruckt in der UZ v. 16. Juni, 00, S. 15.
Auf
einige der einschlägigen ISW-Reports (Sozial-Ökologische Wirtschaftsforschung
München) soll noch hingewiesen werden:
Nr.
34 Globalisierung und Multis
Nr.
36 Süd-Globalisierung
Nr.
37/38 Weltwirtschaftskrise
Nr.
43 Juni 00, Kapitalismus im XXI Jahrhundert
Nr.
46, März 01, Abschwung oder Absturz – Krisenpotentiale und Krisenkosten in der
Weltwirtschaft,
Nr.
47 Juni 01, Nach dem Goldrausch – Der Absturz des High-Tech-Sektors und die
Folgen für die Gesellschaft
Auf
vier völlig unterschiedliche Bücher soll ebenfalls noch hingewiesen werden.
>
E Mandel, Der Spätkapitalismus, Suhrkamp 1973 ! Ein ambitionierter Versuch, die
damalige Welle von Fusionen und massive Internationalisierung in eine breit
angelegte theoretische Konzeption und empirische Untersuchung der Entwicklung
des Weltkapitalismus zu stellen. Vieles, was seit 1990 als neu ausgerufen wird,
ist dort schon gründlich dargestellt und diskutiert worden – viel deja-vu! Etliches,
wie bei anderen auch, erweist sich heute als negativer Optimismus.
>
R.C. Martinez u.a., Imperialismus heute, Neue Impulse Verlag 2000, Über den
gegenwärtigen transnationalen Kapitalismus; vorgestellt sowohl in der UZ v. 19.
Mai 00 als Leseprobe und v. 2. Juni 00 als Rezension, sowie in den Blättern Nr.
1, 01. Ein theoretischer Beitrag aus Kuba, der vor allem die Sicht aus der sog.
Peripherie auf die Hegemonie der USA entwickelt und an dem deutlich wird,
wieviel Schwierigkeiten die Übernahme der Terminologie aus der Hochzeit des
Imperialismus mit den zwei Weltkriegen für die Analyse der nachfolgenden Epoche
bsi 1989 und danach bereitet.
>
W. Wolf, Fusionsfieber, Globalisierungsmythos-Nationalstaat-Wirtschaftsblöcke,
PapyRossa Verlag, 2000; ein populär gehaltener Versuch die aktuelle ökonomische
Weltentwicklung mit viel Empirie im Rahmen der Interessen nationaler Kapitale
zu erklären. Eine kürzere Kritik stand in der UZ Nr 23 v. 8. Juni 01,.S.15,
eine ausführliche Auseinandersetzung kann im Internet unter >
http://www.unsere-zeit.de/manuskripte/ J.Miehe, Fusionsfieber statt
Globalisierungsmythos < nachgelesen werden. Dieses Buch ist so etwas wie eine
Fibel für linke "Globalisierungsgegner" und zeigt deutlich, daß eine
frühzeitige Moralisierung komplizierter, teils noch unklarer ökonomischer
Zusammenhänge, in die Irre führen kann.
>
Jörg Huffschmid, Politische Ökonomie der Finanzmärkte, VSA, Hamburg 1999.
Dieses
Buch sollten Kommunisten und andere Linken, die die Debatte über die
Internationalisierung kompetent verfolgen wollen, gründlich lesen. Es ist im
besten Sinne eine Lehrbuch, das anhand der jüngsten Entwicklungen auf den
Weltfinanzmärkten diese als grundsätzlichen Bestandteil des Weltkapitalismus
und seine Besonderheit seit den frühen 1970er Jahren darlegt, gut faßlich und
spannend. Es bewegt sich theoretisch außerhalb der angestrengten Debatten um
Postfordismus oder Imperialismus indem es Struktur, Funktion und Größenordung
der Weltfinanzmärkte erläutert. Nicht ganz nebenbei kann man sogar eine kurze
Geschichte der Entwicklungsbedingungen des Weltkapitalismus nach 45 unter der
Hegemonie der USA mitnehmen. Die politische Einordnung der Entwicklungen und
die strategischen Überlegungen zum Eingreifen zeigen, daß es sich jenseits der
aufgeregten moralischen Denunziation um ein wirklich politisches Buch handelt.
Eine kenntnisreiche Rezension findet sich in den Blättern 1-00 von M. Antesberger.
>
Zu guter Letzt soll noch eine jüngere Ausgabe des Spiegel erwähnt werden. Im
Heft 40 v. 23.Juni 01 hat die Redaktion die Ereignisse von Genua zum Anlaß
genommen das Panorama der Internationalisierung der Ökonomie zu skizzieren und
relativ kritisch zu beleuchten: Wem gehört die Welt? Kampf um den
Gobal-Kapitalismus. Das ist gleichermaßen instruktiv hinsichtlich des Maßes an
Information und an Kritik, das die Herrschenden erlauben und der Weise der
Verschleierung zu der sie sich genötigt sehen.
[2] Der vorliegende Aufsatz hat
zwar die Ökonomie des gegenwärtigen Kapitalismus zum Gegenstand, will und kann
aber nur einen engen Ausschnitt empirisch vorstellen: Wachstum und Proportionen
einiger summierter Größen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen der Welt,
ihrer Regionen und einiger Staaten. Der hier gegebene Platz erlaubt es nicht
einmal die verfügbaren Daten und deren Interpretation insgesamt vorzustellen.
Die in vielen anderen Publikationen angegebenen Zahlen zur Entwicklung des
Außenhandels, der internationalen Finanzströme, der Auslandsinvestitionen,
sowie der Produktion, des Exports, des Anlagekapitals, der Beschäftigung und
der Gewinne der ausländischen Töchter internationaler Konzerne können und
sollen hier nicht wiederholt werden. (siehe die Jahresberichte der UNCTAD:
World Investment Report) Eine zusammenfassende Darstellung der Weltwirtschaft
mit dem Verhältnis von je nationalen und von internationalen Flüssen und
Beständen ist bisher nicht vorgelegt worden und kann daher auch nicht referiert
werden. In der Einleitung und den Schlußfolgerungen sind Einschätzungen und
Urteile kurz formuliert worden, die diese empirische Lücke überspringen und den
Zusammenhang zur aktuellen Formationsentwicklung und ihrer Geschichte
aufgreifen. Seine Überlegungen dazu hat der Autor in zwei vorhergehenden
Aufsätzen etwas ausführlicher dargelegt. Für eine Einführung in das Problem,
für aktuelle Entwicklungen und die Verbindung mit den theoretischen Traditionen
der Kommunisten vergl
J.
Miehe, Globalisierung und Imperialismus; UZ; 24. Sept 1999, S. 11 f;
Bildungsthema 2 1999 der DKP: Imperialismus heute – Neue Eintwicklungen und
Tendenzen. Im Internet unter:
Für
den Zusammenhang der heutigen Entwicklung des Kapitalismus mit der Geschichte
des Imperialismus vergl.
J.
Miehe, Zur Entwicklung des Imperialismus; Marxistische Blätter, Nr 2, 2000,
S.52 f,
[3] Ein ausführliches Resumee
und eine Zuspitzung der vom ISW bisher schon vertretenen Ansichten zur
Internationalisierung hat Leo Meyer im Hearing der Programmkommission am 3.
März 01 in Berlin vorgetragen. Dort findet sich eine radikale Einschätzung der
künftigen Rolle der Nationalstaaten im Prozess der "Globalisierung".
Im Internet zu finden unter