Sonntag, 9. November 2014

Die USA erobern Europa - mit Hilfe der Ukraine - von Wolfgang Bittner

Ein kurzes Buch zum Nachlesen für die Eifrigen - vor allem aber für die Kritischen mit wenig Zeit

Es ist eine Art kritisches Tagebuch, das die Schilderung mit Belegquellen der wichtigsten Ereignisse mit der klaren Benennung der Verantwortlichen und ihrer Interessen und mit einer selten scharfen moralischen Kennzeichnung verbindet.
Und dies in einer Sprache, die klar und einfach sowie einer Gliederung, die schnelles und auch unterbrochenes Lesen für Leute mit wenig Zeit ermöglicht - also ideal für die Befestigung von aufklärender politischer Information.
Das längste Stück ist die Rede von Putin zur Aufnahme der Krim in die russische Förderation gegen Ende des Buches  - solche Politikerreden kann man selten lesen. Zur weiteren Desillusionierung über die USA wäre die kürzliche Rede von Obama vor der UNO Generalversammlung zu empfehlen, die allerdings nicht im Buch steht.
Für eine evt zweite Auflage würde man man sich eine weitreichende und eine aktuelle Zeitleiste wünschen, sowie die eine und andere Kartenskizze!

JM

Hier die ausführliche Rezension von Jenniver Munro in den NDS:

Rezension: „Die Eroberung Europas durch die USA“ –
Wolfgang Bittners faktenreiches Buch gibt Aufschluss
über die Ukraine-Krise
Wolfgang Lieb · Mittwoch den 5. November 2014
Nach mehr als zwei Jahrzehnten friedlicher Nachbarschaft und wirtschaftlicher
Kooperation durchzieht Europa wieder ein Eiserner Vorhang, verursacht durch die
Krise in der Ukraine, wo inzwischen Bürgerkrieg herrscht. Wie kam es dazu?
Wolfgang Bittner zeichnet minutiös die Entwicklung der letzten Monate nach und gibt
Aufschluss über die verhängnisvolle Einflussnahme der USA und der EU auf die
Destabilisierung des Landes. Er beschreibt, wie die Ukraine, „als Brückenland von
großer geostrategischer Bedeutung sowie als Wirtschaftsraum und Tor zu Russlands
Ressourcen“ über Jahre hinweg systematisch durch subversive Kräfte zu dem wurde,
was sie gegenwärtig ist: Kriegsschauplatz und Zentrum der Auseinandersetzungen
zwischen einer „westlichen Allianz“ und Russland. Von Jennifer Munro.
Der Autor steht mit seiner Kritik an Politik und Medien nicht allein. Er zitiert
namhafte Wissenschaftler wie Norman Birnbaum, John J. Maersheimer, Karel van
Wolferen oder Daniele Ganser, die der gleichen Meinung sind. Ebenso die auf
Ausgleich mit Russland bedachten Politiker Helmut Schmidt, Egon Bahr, Willy
Wimmer und Jack Matlock sowie die Journalisten Albrecht Müller, Gabriele Krone-
Schmalz, Jakob Augstein und Gabor Steingart.
Zum Beispiel bringt der niederländische Politikwissenschaftler Karel van Wolferen die
Situation in der Ukraine auf den Punkt, wenn er über den schmutzigen Krieg gegen
die russisch-sprechenden Ostukrainer schreibt [PDF - 122 KB], „die nicht regiert
werden möchten von einer Sammlung von Verbrechern, Abkömmlingen ukrainischer
Nazis und in den IWF und die EU verliebten Oligarchen“.
Die Entwicklung bis zur Konfrontation der „westlichen Allianz“ mit Russland im
ukrainischen Bürgerkrieg wird anhand zahlreicher Belege Schritt für Schritt bis Ende
September 2014 dokumentiert. Dabei wird nach und nach verdeutlicht, dass die
Aggression, für die Russland und insbesondere Wladimir Putin verantwortlich
gemacht wird, vom Westen ausgegangen ist und durch die desaströsen
Wirtschaftssanktionen weiter verschärft wird.
Bittner spricht von einem „Jahrhundertdesaster“. Tragisch sei vor allem die erneute
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Teilung Europas, die zur Orientierung Russlands nach China und zu einem verstärkten
Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit den übrigen BRICS-Staaten führt, nachdem
Wladimir Putin mehrmals vergeblich um eine vertrauensvolle Kooperation mit der
Europäischen Union geworben hatte. Die Konfrontation – so Bittner – sei nachweislich
von den USA inszeniert worden und könne nicht im Interesse Europas sein, das auf
die russischen Ressourcen angewiesen ist, einmal abgesehen von den über
Jahrhunderte gewachsenen kulturellen Verbindungen.
In mehreren Kapiteln wird das Ziel der US-amerikanischen Strategie analysiert, sich
die Ukraine als wirtschaftliche und militärische Ausgangsbasis im Kampf gegen
Russland einzuverleiben sowie als Führungsmacht die NATO und die EU (und vor
allem Deutschland) auf Sanktionskurs zu zwingen. Bittner vertritt die Ansicht,
Russland solle auf der politischen Bühne als globaler Akteur ausgeschaltet, Wladimir
Putin diskreditiert und die Bedeutung Russlands als Energie-, Rohstofflieferant und
Handelspartner Europas minimiert werden. Hinzu komme die von Barack Obama und
der NATO geforderte Erhöhung der Militärausgaben und eine Militarisierung der
Außenpolitik.
Demgegenüber verfüge die Bundesregierung über keine die deutschen Interessen
wahrende Außenpolitik. Außenminister Steinmeier erscheine unfähig, und Kanzlerin
Merkel unterwerfe sich offensichtlich den politischen Zielen der US-Regierung.
Einerseits unterstütze sie nachdrücklich die Sanktionspolitik, andererseits wolle sie
die Gespräche mit Wladimir Putin nicht abreißen lassen, wie sie immer wieder
beteuere – „ein seltsam widersprüchliches, bigottes Verhalten in dieser unsinnigen,
irrationalen Politik des vom Westen inszenierten Wirtschaftskrieges, der für alle
Seiten ruinös zu werden droht“.
In der Frage der Einflussnahme der USA auf die europäische Politik stimmt Bittner
weitgehend mit dem ehemaligen Staatssekretär im Verteidigungsministerium und
Vizepräsidenten der OSZE Willy Wimmer überein, der schreibt: „Washington schmeißt
Russland aus Europa hinaus und bekommt Westeuropa unter Komplett-Kontrolle. Da
mag es traditionell noch so gute Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und
Deutschland geben. Washington dreht diesen Hahn in Zukunft ab oder Moskau kriecht
zu Kreuze und liefert nicht nur das russische Erdgas und Erdöl amerikanischer
Kontrolle aus, wie es zu Zeiten von Yukos fast gelungen wäre […] Wir Westeuropäer
sollten uns nichts vormachen. Wir werden zum ‚Europäer-Gebiet‘ …“
Hochinteressant ist zudem ein Brief des ehemaligen Präsidenten des Volksbundes
deutscher Kriegsgräberfürsorge und Regierungspräsidenten von Braunschweig, Karl-
Wilhelm Lange, an Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der im Anhang
dokumentiert wird. Darin heißt es u.a.: „Unübersehbar ist jedoch, dass Ihre auf dem
Vorrang der Diplomatie beharrende Politik durch die Zuspitzung der Krise in die
Gefahr gerät, überrollt und ausgehebelt zu werden durch die Strategie der USA und
der Nato, Russland und Putin als Alleinschuldige der Krise zur Verantwortung zu
ziehen, beide zu Parias der europäischen und internationalen Politik zu machen, sie zu
isolieren und sie zugleich politisch und wirtschaftlich zu destabilisieren.“
Abschließend wünscht Wolfgang Bittner den USA „Politiker, die den Mut hätten, das
eigene Land als Interventionsfall zu erkennen, statt überall in der Welt Chaos und
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Unglück zu verbreiten“. Er hat ein außerordentlich wichtiges Buch mit vielen ins
Detail gehenden Hintergrundinformationen verfasst, sehr klar und überzeugend in
Diktion, Analyse und chronologischer Gliederung. Als unverzichtbare Lektüre auch für
Leserinnen und Leser aus Politik und Wirtschaft zu empfehlen.
Wolfgang Bittner: „Die Eroberung Europas durch die USA“, VAT Verlag André Thiele,
Mainz 2014, 148 Seiten, 12.90 Euro.
Hier ein Auszug aus Wolfgang Bittners neuem Buch [PDF - 74 KB].
Dieser Beitrag wurde publiziert am Mittwoch den 5. November 2014 um 09:56
in der Kategorie: Außen- und Sicherheitspolitik, Außenpolitik, Europapolitik,
Rezensionen.
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