Sonntag, 12. Oktober 2014

Plan und Wirklichkeit in der DDR

Ökonomische Betrachtungen zum Untergang des Sozialismus in der DDR

J.Miehe
1999
Wie war das mit der Ökonomie des Sozialismus in der DDR? Am Anfang des Jahres erschien ein Buch mit dem Titel
<Plan und Wirklichkeit - zur DDR-Ökonomie>;
von Siegfried Wenzel. Es ist dieser Frage gewidmet und gibt anhand der Darstellung Anlaß bisherige Ansichten neu zu resumieren.
Wenzel gibt in seinem kurzen und nüchternen Buch, er nennt es im Untertitel <Dokumentation und Erinnerung>, einen problembezogenen Überblick zur ökonomischen Geschichte der SBZ/DDR. Dabei konzentriert er sich auf die Versuche zunächst der sowjetischen Besatzungsmacht und zunehmend der SED-Führungen mit zentraler Leitung und Planung ihre jeweiligen ökonomischen Interessen und Vorstellungen angesichts der objektiven Ausgangsverhältnisse und ihrer Veränderungen ins Werk zu setzen. Wenige sind dafür so kompetent, wie der Autor, der jahrzehntelang an hervorragender Stelle im operativen Apparat der staatlichen Plankommission der DDR tätig war. Es handelt sich also bei dem Buch durchaus um Ansichten aus dem "Inneren" der Planwirtschaft.
Über die Intention seines Buches sagt der Autor im Vorwort:
".... Viele von ihnen waren "Überzeugungstäter". Sie gingen aus von der Vision einer solidarischen Menschengemeinschaft, deren Entwicklung von Frieden, Rationalität und sozialer Ausgeglichen bestimmt wird,.... Dieses Bemühen in der praktizierten realsozialistischen Form ist im Irrtum gelandet. Die DDR ist untergegangen. Die Mehrheit des Volkes hat sich von ihr abgewandt. War es deshalb ein "umsonst gelebtes Leben",...? Es kann mit der Formel "gewagt und verloren" beschrieben werden; aber nach dem verloren kommt noch etwas, nämlich die Gewinnung von Erkenntnissen und Erfahrungen."(S.III)
Sein Buch ist ein wichtiger Beitrag dazu.

Die historischen Bedingungen

Was dem Sympathisanten des Sozialismus in der Ex-DDR seit langem bekannt gewesen ist, wird hier nochmal belegt. Die materiellen Entwicklungsvoraussetzungen für eine eigenständige ökonomische Entwicklung waren in Ostdeutschland bis 1949 und noch länger danach nicht gegeben und konnten während der Lebensgeschichte der DDR nur ganz unvollkommen nachgeholt werden. Die Schwierigkeit eines zusammenfassenden Urteils in dieser Frage liegt u.a. darin, daß ein Teil dieser materiellen Bedingungen Ergebnisse von politischen Entscheidungen und Entwicklungen waren, die einerseits mit der Auflösung des Anti-Hitler-Koalition und des Übergangs in den Kalten Krieg zu tun hatten und die andererseits mit der inneren Entwicklung der SU nach dem verlustreichen Krieg und dem militärischen Sieg über den deutschen Faschismus verbunden waren.
So verschärften die weiteren inneren politischen Entwicklungen in den USA und der SU und dem weltpolitischen Verhältnis zueinander die missliche Ausgangslage für die SBZ und künftige DDR. Die Stalinführung konnte sich bis 1952 offensichtlich nicht entschließen, die SBZ/DDR zu einem ökonomisch integrierten Teil des entstehenden Ostblocks zu machen. Die massiven Demontagen und später die Entnahmen aus der Produktion machten eine nachholende Industrialisierung zum Ausgleich der Disproportionen, gar eine beschleunigte Entwicklung nur unter erheblichem Konsumverzicht möglich. Auf der anderen Seite haben sich die westlichen Besatzungsmächte, unter Führung der USA, relativ früh entschlossen, die Westzonen zu einem politischen, ökonomischen und militärischen Glacis gegen die SU auszubauen. Die daraus folgenden Maßnahmen, Verweigerung von Reparationen für die SU aus den Westzonen, Verweigerung einer integrierten ökonomischen Entwicklung aller Zonen, zunehmende Kappung des für die SBZ und DDR lebenswichtigen Interzonenhandels, Einführung des Marshallplanes, ökonomische Verselbständigung der Westzonen zur Trizone mit einer eigenständigen Währung 1948, waren eine ökonomische Kriegserklärung gegen die SU als Besatzungsmacht. Damit sollte offenbar auch ein der SU unterstellter Versuch unmittelbar und langfristig Sozialismus in der SBZ einzuführen unterbunden oder zumindest behindert werden.
Erst im Rahmen der sich ändernden äußeren Umstände und auf dem Hintergrund der sich entwickelnden Strukturen in der DDR läßt sich die jeweilige ökonomische Politik der verschiedenen SED-Führungen einordnen und kritisieren. Eine vernünftige Politik sozialistischen Aufbaus schien in diesem Feld innerer und äußerer Bedingungen fast unmöglich zu sein. Darüber hinaus haben dann die politischen Führungen durch ihre Planentscheidungen den Untergang der DDR aber auch selbst mit organisiert.
Pläne und Krisen: 1951 - 1961
Der erste Fünfjahrplan von 1951 bis 1955 ging nach Wenzel vorrangig auf die Intentionen der SED-Führung zurück, wenn auch zumindest entscheidende Teile der Sowjetischen Militär-Administration (SMAD) dies vor Ort gebilligt oder gefördert haben müssen. Nach Wenzel war es das Ziel des Planprojektes, daß für die Milderung der Disproportionen der Wirtschaftsstruktur eine eigene metallurgische Basis und eine entsprechende Energieproduktion sowie eine eigene Handelsflotte geschaffen und dafür der Schwermaschinenbau als Grundlage aufgebaut werden sollten. Die Industrieproduktion sollte bis 1955 verdoppelt werden. Durch den kalten Krieg und die Währungsreform im Westen schrumpfte der Handel mit den Westzonen/BRD ständig. Das hatte verheerende Auswirkungen auf die Versorgung der Wirtschaft und der Bevölkerung in der SBZ/DDR, besonders mit Rohstoffen, Halbfabrikaten, Zulieferungen und Lebensmitteln.
Die Ziele des Planes bedeuteten eine beträchtliche Erhöhung der Akkumulation insbesondere in der Schwerindustrie, die sich erst sehr langsam amortisieren würden. Die Folge war ein sehr niedriges Wachstum der Leicht- u Konsumgüterindustrie. Das Konzept war also mit Stagnation und sogar Verschlechterung des ohnehin unzureichenden Lebensniveaus der Bevölkerung verbunden.
Wenzel urteilt, das Konzept des 5-Jahrplanes habe seine Logik gehabt, jedoch hätten angesichts der gegebenen Zweigstruktur und der sowjetischen Reparationspolitik wichtige materielle Voraussetzungen dafür gefehlt, es seien Wunschziele gewesen. Anstatt die Situation nüchtern einzuschätzen und daraus entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen, hätte die SED Beschlüsse gefaßt, um diese Schwierigkeiten durch schnelleres Wachstum zu überwinden. Es hätte sich um den ersten Versuch einer Flucht nach vorn gehandelt, womit sich Subjektivismus und Voluntarismus in der Wirtschaftspolitik zum ersten Mal durchgesetzt hätten. (S.25-27)
Der 2. Parteikonferenz wurde dann nochmal eine Verschärfung dieses Kurses unter dem Stichwort der "Schaffung der Grundlagen des Aufbaus des Sozialismus" vorgeschlagen. Wenzel kennzeichnet dies als doktrinäre Verschärfung des ohnehin illusionären Kurses.
Schon Ende 52 zeigten sich dramatische Krisenerscheinungen. Die SED Führung bat um Hilfe aus der SU, sie wurde aber noch nicht gewährt. Daraufhin versuchte sie mit Sparpolitik, unter anderem Preiserhöhungen und Normenverschärfungen, die Sache in den Griff zu bekommen. Ulbricht geriet im Politbüro in die Defensive. Nachdem Stalin im März 1953 gestorben war, forderte die neue SU-Führung ultimativ eine Änderung der Wirtschaftspolitik, die dann unter dem Stichwort "Neuer Kurs" von der SED-Führung angekündigt wurde. Dabei nahm sie, gleichgerichtet mit den Vorgaben der SU-Führung, die Normenerhöhungen für die Arbeiter von der Rücknahme der vorherigen Sparmaßnahmen aus. Das verschärfte innerhalb der Arbeiterschaft die Mißstimmung zur teilweisen Opposition, die Proteste und Streiks entwickelten sich zur massenhaften Forderungen nach Änderung der Politik, der Führung und teilweise des Regimes auf der Straße. Der ökonomische und politische Rückzug kam zu spät und an der wichtigsten sozialen Stelle überhaupt nicht. Der weitere Ablauf ist bekannt.
Mit dem "Neuen Kurs" wurden die ad-hoc Maßnahmen zurückgenommen sowie die Planziele und entsprechend die Investitionspolitik geändert. Auch die SU änderte ihre ökonomische Strategie gegenüber der DDR. Sie beendete die Reparationspolitik, verringerte die Besatzungskosten, weitete die Lieferungen aus und gewährte einen erheblichen Kredit.
Dieser Vorgang ist hier so ausführlich geschildert worden, weil sich dieses Muster nach Wenzels Darstellung und Urteil in der Ulbrichtära mehrfach wiederholt. Planansätze, die gerade noch realistisch oder selbst schon illusionär sind, werden aufgrund von jeweils besonderen, teils günstigen Umständen in einem politischen Willkürakt quantitativ oder qualitativ drastisch erhöht oder erweitert. Dies führt zu Krisen in der Produktion, der Versorgung der Bevölkerung und zu politischer Instabilität, die nur mit heiklen und meist unproduktiven Maßnahmen eingedämmt werden können.
Nachdem der geänderte Plan bis 1955 relativ erfolgreich beendet wurde, wird der Plan 1956 bis 1960 wiederum relativ hoch angesetzt, um die weiter bestehenden Disproportionen der Zweigstruktur zu vermindern. Auch aufgrund des Aufstands in Ungarn kann der Plan schon 1956 nicht erfüllt werden. Es gibt mehrere kurzfristige Plankorrekturen. Die SU greift 1957 wiederum mit erheblichen zusätzlichen Lieferungen ein. Die Lage kann sich stabilisieren, aber die SED Führung beschließt dann im Gleichtakt mit der SU einen neuen 7 Jahrplan von 1959-1965. Darin kündigt sie an, den pro Kopf Verbrauch an Konsumgütern der BRD bis 1960 zu erreichen. Dies auf der Grundlage der immer noch unzureichenden Wirtschaftstruktur, der mangelnden Produktivität und der offenen Grenze. Zudem wird die Kollektivierung der Landwirtschaft durchgesetzt. Die Krise läßt nicht auf sich warten und kann nur mit dem Mauerbau unter Kontrolle gebracht werden.
Wenzel merkt dazu an: Es habe zu den Mängeln des Systems gehört, daß die Sicherung der Rohstoffbasis ab 1957/58 durch die Lieferungen der SU zum Ausgangspunkt einer weitreichenden Fehlentscheidung von Ulbricht und der SED-Führung geworden sei. (S. 37)
Die Lage stabilisiert sich erstaunlich schnell schon 1961 und verbessert sich dann ab 1962 auch aufgrund einer erneuten Ausweitung des Warenaustausches mit der SU, einer Vertiefung der Kooperation und einem erneuten erheblichen Kredit.

Internationale Arbeitsteilung und Technologie

Allerdings konnten die alten Verflechtungen Mitteldeutschlands mit dem Westen und die entsprechende Abhängigkeit der DDR nicht durch eine gleichwertige Verflechtung mit der SU und dem RGW ersetzt werden. Für die Ökonomie der BRD wurde die intensive Integration in den zunehmend arbeitsteiligen westlichen Weltmarkt zu einem starken Wachstumsmotor. Nach der Währungsreform konnte eine ähnliche selbständige Integration der DDR in den kapitalistischen Weltmarkt nicht hergestellt werden. Dieser Mangel entwickelte sich zu einem stetig größer werdenden Nachteil gegenüber der BRD. Die Integration in den östlichen Wirtschaftsraum der SU und des RGW konnte dies nicht ersetzen, da der zunehmende Bedarf der DDR-Ökonomie an technologisch hochwertigen Zulieferungen weder aus der SU noch aus dem RGW gedeckt werden konnte. Dabei kann man die Probleme der mangelnden Integration und Arbeitsteilung wegen der Form der Planung erst einmal außer Acht lassen.
Das Fehlen des Zugangs zur Mikroelektronik des kapitalistischen Weltmarktes, verschärft durch das Nato-Embargo der sog. CoCom-Liste, war letztlich einer der größeren Sargnägel für die RGW-Länder und speziell der DDR. Die prinzipielle Möglichkeit der SU, ihren enormen Binnenmarkt und ihre erheblichen Forschungskapazitäten für eine entsprechende technologische Entwicklung und Ausrüstung des RGW zu nutzen, wurde nicht einmal für die Industrie der SU umgesetzt. Die entsprechenden Produktionen für den Militärsektor der SU wurden dort eingesperrt und blieben für die Zivilproduktion unzugänglich. Eine Politik, die rein gar nichts mit der Eigentums-Verfassung oder ökonomischen Planungs- und Lenkungsproblemen des Sozialismus zu tun hatte, wie man an der zivilen kapitalistischen Nutzung der Militärforschung der USA in der dortigen Industrie sehen konnte und kann. Dies bleibt ein ökonomisch unverständlicher und unverzeihlicher strategischer Fehler der KPdSU in der Auseinandersetzung der Systeme, der erheblich mit zum Untergang des europäischen Sozialismus beigetragen hat. Der verzweifelte Versuch der DDR mit westkreditfinanzierten Investitionen nach 1985 eine eigene Produktion mikroelektronischer Bauelemente in Gang zu setzen konnte das nicht aufhalten, sondern beschleunigte eher noch den Prozeß.
Die Arbeitsteilung mit der SU verblieb auf dem Niveau des Austausches von Rohstoffen gegen Industriegüter, wobei die DDR wegen der Spezialisierung als dauerhafter Monopollieferant für manche Ausrüstungen durchaus Vorteile wegen der großen Serien erlangen konnte.

Das "Neue Ökonomische System"

1963 beschließt die SED das sog "Neue Ökonomischern System der Planung und Leitung"(NÖS). Die bisher vorrangig materielle und mengenmäßige Planung und die Leitung durch Auflagen, soll durch wertmäßige Planung und durch rentabilitätsgesteuerte Leitung ersetzt werden. Wenzel hält diese Reform für dringend erforderlich. Sie hätte die Anerkennung der Warenproduktion und die Geltung der Wertzusammenhänge im Sozialismus bedeutet. Allerdings wurde das Grundkonzept mit inkonsequenten Richtlinien beschlossen. Unter anderem wurde die auf allen Ebenen erforderliche Preisreform nicht konsequent durchgeführt, sodaß das NÖS nicht voll wirksam werden konnte. Wenzel macht noch weitere grundlegende Fragezeichen, die hier nicht ausgeführt werden können.
Der Plan bis 1965 wird offenbar relativ passabel abgeschlossen und der nächste von 1966-1970 auf realistischer Grundlage entwickelt. Der wesentliche Entwicklungsweg soll die Intensivierung aufgrund der Verwissenschaftlichung der Produktion werden.
Auf dem Parteitag von April 67 wird der schon laufende Plan mit neuen Projekten befrachtet. Jetzt sollten sog "führende Zweige" besonders beschleunigt ausgebaut werden, was natürlich nur durch administrative Zuweisung von Investitionsmitteln, die anderswo entzogen werden mußten, gelingen konnte. Sie sollten als "Lokomotiven der wiss.-techn Revolution" die Automation voranpeitschen und wiederum durch schnelles Wachstum die entstandenen Disproportionen nachträglich beseitigen. " Es triumphierte erneut Wunschdenken, ..." (S.46) "Die Kluft zwischen Anspruch und Realität wurde zu einer Hauptursache von ungenügender Effektivität und wirtschaftlichen Verlusten in volkswirtschaftlicher Größenordnung."(S.47)
Damit war das NÖS praktisch ausgehebelt, was dann in den nächsten Jahren Schritt für Schritt auch institutionell nachgeholt wird. Die Folge war wiederum eine krisenhafte Entwicklung der Produktion, der Produktivität und der Versorgung durch die entstandenen Disproportionen mit vielen Investitionsruinen und zunehmender Unruhe der Arbeiterschaft.
Dies führte dann, wie bekannt, zur Ablösung Ulbrichts als Generalsekretär durch die Mehrheit des Politbüros mit Einverständnis, wenn nicht Unterstützung der SU-Führung.

Rückkehr zur Solidität? - Sozialpolitik überfordert die Ökonomie

Die Honeckerführung wollte offenbar all die alten Fehler vermeiden. Sie kehrt konservativ zum alten Planungs- und Leitungssystem zurück und nimmt Abschied von den Versuchen, durch vorrangige und beschleunigte Akkumulation die Ökonomie der DDR zu entwickeln, zu modernisieren und gegenüber der BRD und für den Weltmarkt wettbewerbsfähig zu machen. Jetzt sollen jeweilige Produktions- und Produktivitätsfortschritte gleichmäßig und planmäßig auch in Verbesserungen der Lebensverhältnisse umgesetzt werden, "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik". Offenbar wird daraus auch eine verstärkte Motivation für effektive Arbeit erhofft. Als gemäßigtes Ziel wird langfristig ein Wachstum des Nationalproduktes von 4% angesetzt. Die Verbesserung der Lebensverhältnisse wird u.a. stark mit einer Ausweitung der direkt staatlich finanzierten Güter und Leistungen umgesetzt, der sog zweiten Lohntüte. Größtes und deutlichstes Beispiel war das Wohnungsbauprogramm, das die neuen Wohnungen zu weiterhin spottbilligen hoch subventionierten Mieten vergab. Nach Wenzel konterkarierte dies auf Dauer die Ausrichtung der Ökonomie auf Effektivität und das Leistungsprinzip.
Die notwendigen und wichtigen sozialpolitischen Maßnahmen konnten auf Dauer nicht und immer weniger aus dem eigenen Nationaleinkommen erbracht werden. Es war eine Politik auf Pump. Einerseits durch Zurückfahren der Akkumulationsrate in der Industrie, später sogar in großem Ausmaß durch Aufschiebung der Ersatzinvestitionen in Ausrüstung, Bauten und Infrastruktur - verheerend für die Entwicklung der Effektivität und später auch für die Lebensqualität selbst. Sie wurde zunehmend auch durch Verschuldung im westlichen Ausland finanziert, mit langfristig dramatischen Folgen bei Zinszahlungen, Tilgungen und internationaler Zahlungsfähigkeit.

Das Öl als Devisen- und Schuldenquelle

Die Öllieferungen der SU spielen dabei, in Abhängigkeit von den Weltmarktverhältnissen und den inneren Schwierigkeiten der SU selber, ein besondere Rolle. Mit dem ersten dramatischen Anstieg der Rohölpreise auf dem Weltmarkt bis 1974 kam die SU unverhofft in die komfortable Lage, mit dem Export von Öl Devisen auf dem kapitalistischen Weltmarkt eintauschen zu können. 1975 setzte sie, in der zunächst richtigen Erwartung weiterer Steigerungen der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt, eine neue Preisregelung mit den RGW-Partnern durch: Grundsätzliche Orientierung am Weltmarkt, Preise aufgrund des Durchschnitts der letzten fünf Jahre. Das bedeutete eine erhebliche Verteuerung für die DDR, entsprechend erheblich höhere Lieferverpflichtungen, war aber bis zum Einbruch der Rohlölpreise auf dem Weltmarkt 1986 immer noch günstiger als dort. Ende 1976 verweigerte Kossygin für die Regierung der SU eine Erhöhung der Rohöllieferungen um 2 Mill Tonnen an die DDR, die mit dem erhöhten einfachen Reexport ins westliche Ausland ihre sich zuspitzende Zahlungsbilanzsituation gegenüber dem Kapitalismus lindern wollte.
1979/80 verdoppelte die Opec die gestiegenen Rohölpreise und die SU setzte die langfristig zugesagte Lieferung von 20 Mill Tonnen auf 17,5 Mill Tonnen herab, um eigene Zahlungsbilanzprobleme zu lösen. Inzwischen waren Ölverarbeitungskapazitäten aus Japan in die DDR importiert worden, die mit dem späteren Export der Produkte hätten bezahlt werden sollen. Da sie nicht ausgelastet werden konnten und die Devisenschulden sich erhöht hatten ohne plangemäß getilgt werden zu können, verschärfte die vermehrte Zinszahlung die Lage. Als Reaktion baute die DDR die Verarbeitungskapazitäten für eine tiefere Ausnutzung des Rohöls aus, wiederum mit Technologieimporten aus dem westlichen Ausland, um aus der verbliebenen Importmenge aus der SU mehr westexportfähiges Produkt zu erschließen. Parallel dazu wurde die Energieversorgung der DDR wieder zurück auf die Verwendung der Braunkohle umgestellt, ebenfalls mit ganz erheblichen Investitionen und mit drastischer Einbuße an Effektivität und verheerenden ökologischen Wirkungen.
Letzte Station dieses komplexen Zusammenwirkens von sozialistischer Ökonomie der SU, Wirtschaftsstruktur der DDR und kapitalistischer Weltmarktentwicklung bei Öl durch die partielle Rückbildung des Neokolonialismus war der drastische Rückgang der Rohölpreise am Weltmarkt ab 1986. Die SU konnte nur noch erheblich weniger Westdevisen erwirtschaften, ihre ökonomische Krise spitzte sich zu, wie die hilflosen Reformversuche der Gorbatschow-Führung zeigten. Die DDR-Strategie einer tieferen Verarbeitung des Öles und seines Weiterexportes und sowie der dafür aufgewandten massiven Investitionen aus dem westlichen Ausland liefen nun ins Leere. Die vorher erlangten Devisenzuflüsse reduzierten sich drastisch, die DDR mußte weiter die nun gegenüber dem Weltmarkt höher liegenden Preise an die SU zahlen und sie hatte die Schulden mit den laufenden Zinsverpflichtungen in Westdevisen zu bedienen, sowie eine teuer erkaufte Energieproduktion auf Braunkohlebasis, die sich nun nicht wieder einfach auf billiges Importöl umstellen ließ.
Leider ist die Geschichte des Scheiterns der "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" lang, nämlich an die 20 Jahre mit 4 Fünfjahrplänen. Die Erklärung kann sich aber kurz fassen. Nach Wenzel blieb die Struktur der sich verschärfenden Probleme immer die gleiche: Es wurde mehr konsumiert als produziert wurde. Speziell Honecker verweigerte eine Änderung dieses Kurses bis zum bitteren Ende, das Politbüro setze ihn erst ab und eine Änderung durch, als es zu spät war, das ZK hatte keine eigene Kraft, die SU-Führung reagierte nicht entschieden, später wollte und konnte sie dies auch nicht mehr.

Das Besondere und das Allgemeine an der DDR

Es ist durchaus fraglich, ob die DDR in ihrer speziellen Lage je die Chance hatte einen stabilen ökonomischen Entwicklungspfad zu erreichen. Dabei kann man das Problem zentraler, direktiver, materieller Planung und Leitung einer entwickelten und sich differenzierenden Ökonomie zunächst außer Acht lassen. Es steht aber nach der Darstellung von Wenzel außer Frage, daß unter Ulbricht das vorwärtsgerichtete ökonomische Abenteurertum und unter Honecker der korrekturlose Konservatismus die gegebenen Probleme erheblich verschärft und auf diese Weise am Untergang der DDR mitgewirkt haben. So gesehen, scheint ökonomisch eine Zentralplanwirtschaft durchaus einigermaßen leistungsfähig und stabil sein zu können, wenn sie nur ordentlich geführt wird. Warum die kommunistischen Parteien zumindest dies nicht hinbekommen haben, auch die SED nicht, ist eine der wichtigsten Fragen an den gewesenen Sozialismus. Daß dies wohl auf Dauer gegen den Kapitalismus noch nicht ausgereicht hätte, muß man dann gesondert betrachten.
Hieraus ergibt sich das Bild einer administrativ doch leidlich effektiv geleiteten, jedoch politisch fehlgesteuerten Ökonomie, die ein unglaubliches Maß von Überlebensfähigkeit bewies. Anders gefragt: Wäre bei besseren objektiven Bedingungen und einer realistischen ökonomischen Politik Sozialismus auf mäßig entwickeltem Niveau möglich gewesen? Wenzel diskutiert dies implizit mit seiner Antwort auf die Frage, ob es in der DDR ein eigenständiges Wertsystem gegeben habe. Gab es eine eigenständige Lebensweise in der DDR, die mit anderen, materiell beschränkteren Mitteln und mit anderen Wertorientierungen der Menschen als im kapitalistischen Westen befriedigende Verhältnisse zustande gebracht hätte?
In diesen Zusammenhang gehört das andere Dilemma der Entwicklung der DDR und sicher auch der CSSR - die Nachbarschaft zur BRD als dem Glanz- und Ausstellungsstück des Kapitalismus nach 1950 in Europa. Die sog. soziale Marktwirtschaft wirkte als Aufhebung der vorherigen Alternative von tödlicher Krise des Kapitalismus ab 1929 und Sozialismus als der einzigen Überlebensmöglichkeit jenseits von Faschismus und Krieg. Die Lebensweise Westdeutschlands strahlte durch die Nachbarschaft, die Präsenz von Westberlin sowie das Fernsehen auf die DDR aus und setzte die dortige sozial-ökonomische Entwicklung unter einen Konkurrenzdruck, dem sie auch bei einer radikal besseren Politik wohl kaum hätte standhalten können. Der von Wenzel dargelegte Vergleich des Entwicklungsniveaus der DDR mit anderen kapitalistischen Ländern in Europa belegt dies schlagend. Allerdings scheinen sich die gleichen Mechanismen der Konkurrenz der Lebensweise aufgrund des unterschiedlichen Entwicklungsniveaus auch bei den anderen europäischen sozialistischen Ländern, CSSR, Ungarn und Polen jeweils auf verschiedene Weise durchgesetzt zu haben, bei der Bevölkerung oder bei den Führungsschichten, wie zuletzt in der SU.

Vom Machen des Sozialismus in der Ökonomie

Das Problem der Anpassung von Planung und Leitung einer sich entwickelnden und differenzierenden Ökonomie im Sozialismus stellte sich in der DDR schon ab Mitte der 50er Jahre und verschärfte sich zum Ende des Jahrzehnts. Wenn auch vorsichtig, verdeutlicht Wenzel, daß der Mechanismus der zentralen Planung und Leitung mit zunehmender Differenzierung ineffektiver, weil inadäquater wird. Dezentralisierung ist dann eine einfache, aber unzureichende Antwort auf das Problem. Selbständigkeit der Wirtschaftseinheiten mit relativ weitgehender Autonomie vieler Entscheidungen war die diskutierte und in der DDR mit dem NÖS praktisch versuchte Variante. Dieser sehr weitreichende Umbau der Produktionsverhältnisse wurde erstaunlicherweise unter dem Patronat von Ulbricht persönlich theoretisch entwickelt und praktisch vorangetrieben. Allerdings wurden zwei der dafür unumgänglichen weiteren Strukturmaßnahmen nicht getroffen, weil die Führung davor zurückschreckte. Das betraf zum einen eine tiefgreifende Preisreform, die die tatsächlichen Aufwendungen an gesellschaftlicher Arbeit, in lebendiger und vergegenständlichter Form, zum Ausdruck gebracht hätte. Für eine realistische Wirtschaftsrechnung von relativ autonomen Wirtschaftseinheiten ist das wohl unumgänglich, damit die tatsächlichen Wertverhältnisse in Preisen und Austausch zum Ausdruck gebracht werden. Das betraf zum anderen eine politische Reform, die eine weitgehende Einbeziehung der Bevölkerung in die Ausarbeitung des sozial-ökonomischen Kurses erfordert hätte. Mit anderen Worten also, einen Verzicht der Partei und ihrer Führung auf die Durchsetzung ihrer Vorstellungen auf direktiv-administrativem Wege.
Beides ist, wie wir wissen, weder in der DDR noch in der SU oder sonst im RGW erfolgt. Einer Veränderung der Mechanismen der gesellschaftlichen Hegemonie des Sozialismus in Politik und Ökonomie, kurz Demokratisierung, standen wohl die Traditionen der kommunistischen Linie der Arbeiterbewegung seit der Oktoberrevolution in der SU und in den anderen Ländern entgegen. Die darin enthaltene Entgegensetzung zur Sozialdemokratie in Europa, die unter dem Banner der Verteidigung der bürgerlichen Demokratie und Freiheiten gemeinsame Sache mit ihren nationalen Großbourgeoisien gemacht hatten und jetzt gegen den Sozialismus kämpften, hatte dieser Position eine nur schwer zu bezweifelnde Legitimation gegeben. Dazu kam die fast allen Teilen der Arbeiterbewegung gemeinsame autoritäre Tradition und Disziplin. Wenn beides zusammen möglicherweise auch der Hauptgrund war, so lieferte doch der strategische Kampf des Kapitalismus gegen den Sozialismus mit seinen überlegenen Kräften und höherem Entwicklungsniveau genügend Gründe für die Parteiführungen, um jede Lockerung der politischen Hegemonie abzulehnen.
Muß man nicht die völlige Unfähigkeit der Führungen der europäischen sozialistischen Länder, im Kern der SU, anstehende ökonomische Reformen wirklich in Angriff zu nehmen und durchzusetzen, mit dieser krampfhaften Aufrechterhaltung einer bestimmten Form der politischen Hegemonie nach außen und innerhalb der Partei in Verbindung bringen? Ist es anders zu erklären, daß fast alle sozialistischen Regime sich sehenden Auges in die gleichen Fallen der Verschuldung bei kapitalistischen Instanzen begeben hatten, um ihre inneren Entwicklungsprobleme aufzuschieben? Muß man nicht die fast durchgängig abenteuerlichen ökonomischen Strategien, entweder große Vorwärtssprünge oder langfristig nicht haltbare Entwicklungslinien, mit dieser tief sitzenden Fixierung auf die politisch direktive Führung der gesamten Gesellschaft durch die Partei und ihr jeweiliges persönliches Zentrum im Generalsekretär in Verbindung bringen?

Siegfried Wenzel:
Plan und Wirklichkeit - Zur DDR-Ökonomie
Dokumentation und Erinnerung
Skripta Mercaturea Verlag
St. Katarinen 1998

Die folgenden Zeilen stellen den Text von 13 Anmerkungen dar. Die zugehörigen Nrn und Stellen konnten leider nicht mit in den Blog-Text übertragen werden.

Was hier nicht geleistet werden kann und soll, ist eine kritische Zusammenfassung der bisherigen Untersuchungen und Diskussionen zum Thema. Diese fehlt bisher aus marxistischer Sicht und wird auch von Wenzel nicht vorgenommen. Er beschränkt sich auf wenige Literaturverweise zur Stützung seiner quantitativen Angaben. Auch in den MBl hat es seit 1990 zu den verschiedenen Aspekten schon Aufsätze und Auseinandersetzungen gegeben, die aber hier nicht umfassend erwähnt oder gar gewürdigt werden können. An geeigneter Stelle wird auf den einen oder anderen beispielhaft hingewiesen werden. Es fehlt also weiterhin eine Übersicht der bisherigen Publikationen und Forschungen zum Thema, bei dem die marxistischen Beiträge nur einen Teil ausmachen. Die frühere DDR-Forschung der BRD ist z.T. weiter erheblich aktiv gewesen und müßte kritisch zur Kenntnis genommen werden. Es geht dabei ja keineswegs nur um die Gewinnung eines zutreffenden Geschichtsbildes, sondern für die Marxisten besonders um die Bedeutung der DDR-Entwicklung für die Ausarbeitung von Sozialismuspositionen für die Zukunft.
"....Siegfried Wenzel (ist) der vielleicht beste Kenner der realen volkswirtschaftlichen Probleme, Zusammenhänge und Verflechtungen der DDR(..). Fast 30 Jahre stand er - formell oder "nur" faktisch - an der Spitze der Perspektivplanung und volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung in der Staatlichen Plankommission. In dieser Zeit gab es keinen Planansatz und Plan, ob Fünfjahrplan oder Jahresplan, an dem er nicht maßgeblich mitgewirkt, keine Beratung oder Auseinandersetzung zu Problemen des Planes in der Führung der SED oder im Ministerrat, an der er nicht teilgenommen hat.; " so schreibt Klaus Steinitz (verantwl f Ökonomie in der PDS-Führung) in seiner Rezension dieses Buches in SOZIALISMUS Nr 5/98, S. 53
Einen ganz anderen Einblick in das "Innere" der DDR-Ökonomie kann man in dem hochinteressanten umfangreichen Buch <Der Plan als Befehl und Fiktion; Wirtschaftsführung in der DDR, Gespräche und Analysen> gewinnen; Hrsg.: Theo Pirker, M. Rainer Lepsius, Reiner Weinert, Hans Hermann Hertle, (Westdeutscher Verlag, Opladen 1995). Abgedruckt sind ausführliche Interviews mit 11 verschiedenen Verantwortungsträgern in hohen ökonomischen Funktionen aus dem Politbüro, mit G. Mittag, H.Tisch dem ZK-Sekretariat mit Klaus Krömke, A. Schalck-Golodkowski, der Plankommission mit G Schürer, S.Wenzel, dem Ministerrat mit Wolfgang Rauchfuß, Günter Wyschowsky, den Kombinaten mit W.Biermann, Christa Bertag, der wissenschaftlichen Beratung mit Helmut Koziolek. Die Interviews wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes am Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin(West) von den Herausgebern gemacht.
So der Titel eines Erinnerungsbuches von G.Schürer, Leiter der Staatlichen Plankommission seit Mitte der 60er Jahre; leider ist das Buch wegen einer angekündigten Neuauflage im Moment nicht zu kaufen
vgl.: Jörg Roesler: Demontagen und Deindustrialisierung, Teil I; (MBl 1993, Nr 3, S. 46); mit ähnlichem Tenor und ähnlichen Zahlen.
Vergl auch Wilfried Loth, Stalins ungeliebtes Kind, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1996
Zur Vorgeschichte des 17. Juni 1953, der Rolle der 2. Parteikonferenz und der SU-Führung vertritt Kurt Gossweiler in: Hintergründe des 17.Juni 1953, (MBl 1993, Nr.3, S.77ff) eine detailliert dargelegte andere Position.
Dietrich Staritz bezeichnet es in seiner <Geschichte der DDR> (Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1996, S. 190) als weiterhin offene Frage, ob die Ulbrichtführung die Krise 1960/61 bewußt zugespitzt habe, um im Warschauer Pakt die Zustimmung zu den Abgrenzungsmaßnahmen zu erlangen.
H.Wolf versucht in seiner Broschüre (s.u Anm 11, S. 28ff) die massiven Investitionsvorhaben ab etwa 1965/66, die, strukturpolitisch begründet ("Lokomotiven d wiss-techn.Revolution"), die materielle Kraft der DDR-Ökonomie überforderten und die Mechanismen des NÖS außer Kraft setzten, dem Übergang von G Mittag in die Reihen der Gegner des NÖS zuzuschreiben, der dieses Vorgehen an Ulbricht vorbei mit unterstützt und damit auch gegen Ulbricht intrigiert habe.
In Verbindung mit der besonders von Ulbricht geförderten Entwicklung und Einführung des NÖS gibt es unter politischen und wissenschaftlichen Beteiligten, wie auch unter Jüngeren, lebhafte Kontroversen, von denen einiges sich auch in den MBl widergespiegelt hat. So argumentiert Ulrich Huar mit dem Artikel <Was hat den Sozialismus zerstört?> (MBl 1993, Nr.3,.S.84ff) überzeugend gegen eine Position von S. Wagenknecht <Marxismus und Opportunismus> (teilw. abgedruckt in MBl 1993, Nr. 2, S.80ff), daß die Ablösung von Ulbricht, der Abbruch des NÖS, sowie der Übergang zu Honecker in der Durchsetzung des Opportunismus seinen Grund gehabt hätte, indem er u.a. auf die bedrohliche Krise Ende der 60er in der DDR verweist, die von Ulbricht mit zu verantworten gewesen wäre. So ja auch Wenzel.
W. Florath wendet sich mit der Intervention <Ulbricht gleich Honecker?>(MBl 1996, Nr.3, S. 85/6) heftig gegen G. Stiehler <Historisches und Aktuelles zur Demokratie>(MBl 1996, Nr. 2, S. 81ff) dem er eine falsche Gleichsetzung der Politik und des Leitungsstils von Ulbricht und Honecker vorhält und verweist auf die positive Rolle Ulbrichts beim NÖS. In dem Beitrag <Sozialismus und die Macht heute>(MBl 1997,Nr. 2, S. 112ff) wendet er sich gegen Vorstellungen von H. Wunderlich (MBl 1996, Nr.6) zu institutionellen Regelungen sozialistischer Demokratie, die ihm sehr an bürgerliche Verfassungen angelehnt scheinen und versucht die Entwicklung des NÖS unter Ulbricht in eine lange Reihe von zunehmenden institutionellen Mitbestimmungs- oder Partizipationsregelungen der Werktätigen in der DDR in ökonomischen und politischen Bereichen unterhalb der Ebene der Führungsmacht und der strategischen Entscheidungen zu stellen.
Die besondere Rolle G. Mittags, einflußreicher Wirtschaftspolitiker in der SED-Führung in den 60ern und wieder ab Ende der 70er bis zum Ende der DDR als Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK für Wirtschaft, von ihm selbst verteidigend in seinem Buch <Um jeden Preis - im Spannungsfeld zweier Systeme> (Aufbau-Verlag, Berlin-Weimar 1991) geschildert, unterzieht H. Wolf in einer Broschüre <Hatte die DDR je eine Chance> (Sozialismus extra, VSA-Verlag, Hamburg 1991) einer vernichtenden Kritik. H. Wolf war, wie auch Wenzel positiv erwähnt, einer der wissenschaftlichen Väter der Konzeption des NÖS Anfang der 60er Jahre. Auf einige der auch bei Wenzel und oben angeführten Strukturprobleme, sowie Krisen- und Wendepunkte geht er ebenfalls kenntnisreich ein.
Vergl den Aufsatz von W. Florath in MBl 1997 2 mit einer anderen Sichtweise (s.o. Fußnote 5)
Wie die Entwicklung in China zu verstehen ist, wo die Partei seit fast zwei Jahrzehnten einen anderen Kurs mit der relativen Freigabe der Ökonomie, sogar bis zur Freigabe kapitalistischen Privateigentums unter Aufrechterhaltung ihrer Hegemonie steuert, ist noch nicht klar zu bestimmen. Handelt es sich dabei vielleicht um eine ausgedehntere Periode einer NÖP-Politik zur nachholenden Industrialisierung, die die oben diskutierten P

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